Animagus - II - Harry Potter...

By alienor

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| Die Vergangenheit ist nur der Anfang. | Emily kehrt zurück nach Hogwarts für ihr 3. Jahr. Dieses Jahr ist S... More

1. Bei den Dursleys
[Rumtreiber] Sirius Black
2. Geständnis
3. Dementoren
4. Seidenschnabel
5. Der Angriff von Black
6. Absturz
7. Der mysteriöse Hund
8. Ein Spiel und ein Streich
9. Erkenntnisse über einen Verräter
[Rumtreiber] James Potter
11. Begegnung im Verbotenen Wald
12. Antworten
13. Sieg
14. Katze, Ratte, Hund und Löwin
[Rumtreiber] Remus Lupin
15. Vier Rumtreiber...
16. ... Drei Überlebende...
17. ... Zwei unschuldige Männer...
18. ...Ein wahrer Verräter...
[Rumtreiber] Peter Pettigrew
19. Vollmond
20. Durch die Zeit
21. Nachspiel
22. Zurück nach London
23. Eine gute Nachricht
24. Die Weltmeisterschaft
25. Die schlechtesten Momente und die besten
26. Rückkehr, Ankündigungen und Party
27. Mad-Eye Moody
28. Der Feuerkelch und die vier Champions
29. Reaktion
30. Ein Lichtblick
31. Von Drachen, Elfen und Vorurteilen
32. Erkenntnisse
33. Aufregung
34. Weihnachten
35. Yule Ball
36. Schöne Nacht
37. Glücklich
38. Des Rätsels Lösung
39. Die zweite Aufgabe
40. Sophia Jones
41. Die Ruhe vor dem Sturm
42. Im Auge des Sturms
43. Stürmisch
44. Wahn und Traum
45. Die dritte Aufgabe
46. Gift
47. Zwischen
48. Erwachen
49. Nexum inter geminos
50. Eine neue Zeit

10. Gespräch mit Lupin

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By alienor

10. Gespräch mit Lupin

Am Weihnachtsmorgen wachte Emily schon früh auf. Vor ihrem Bett lag ein kleiner Stapel Geschenke. Hermine schien noch zu schlafen, also hüpfte Emily aus dem Bett und lief zu Hermines Bett hinüber. Sie riss die Vorhänge offen und rief laut: "Fröhliche Weihnachten, Mione."

Hermine grummelte etwas und drehte sich wieder um. Doch Emily ließ sie nicht so leicht davon kommen. Sie griff nach der Decke und zog sie mit einem Ruck weg. "Los, Mione. Es ist Weihnachten!" Als Hermine immer noch nicht reagierte, sprang Emily auf das Bett und begann ihre Freundin zu kitzeln.

Hermine wachte nun endgültig auf und attackierte Emily ebenfalls. Keine der beiden war bereit aufzugeben und so rollten sie lachend von Bett runter und fielen mit einem lauten Krachen auf den Boden. Atemlos lagen sie auf dem Boden und hielten sich die Rippen, die vor lauter Lachen schon wehtaten.

"Fröhliche Weihnachten, Em."

"Fröhliche Weihnachten, Mione. Sollen wir jetzt Geschenke auspacken?"

"Ja. Die Jungs sind bestimmt noch nicht wach."

Die beiden Mädchen rappelten sich wieder auf und machten sich über ihre Geschenke her. Von Mrs Weasley bekam Emily einen Pullover, in rot mit dem Gryffindorlöwen vorne drauf. Dann von Mione Die Chroniken von Narnia und von Ron Süßigkeiten aus dem Honigtopf. Leo und Inga hatten zusammen gelegt und ihr neue Farben geschenkt.

Unter den anderen Geschenken kam ein langes, dünnes Paket zum Vorschein. Hastig riss Emily das Papier ab und ein schmaler, dunkler Besen erschien. Ihr Blick wanderte von der Registrierungsnummer am Griff zu den perfekt gebundenen Zweigen. Sie konnte kaum fassen, dass ein echter Feuerblitz ihr gehörte.

"Wer hat dir denn den Besen geschickt?", fragte Hermine neugierig.

"Keine Ahnung", sagte Emily und sah auf den Boden. "Sollen wir zu den Jungen hinüber gehen?" Hermine nickte und Emily zog sich ihren neuen Pullover über, dann nahm sie ihren Feuerblitz und Hermine Krummschwanz.

"Fröhliche Weihnachten", rief Emily laut als sie in den Schlafsaal der Jungen traten.

"Fröhliche Weihnachten", sagte Harry und ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. Vor ihm lag ebenfalls ein Feuerblitz. Sein Blick fiel auf den Feuerblitz in Emilys Hand und seine Augen weiteten sich erstaunt. "Du auch?"

Emily nickte und ließ sich neben Harry auf das Bett fallen. "Wahnsinn, oder?"

"Weißt du wer ihn euch geschickt hat?", fragte Ron neugierig. Emily zuckte als Antwort nur mit den Schultern.

"Ich weiß nicht", sagte Hermine langsam. "Ist es nicht ein bisschen komisch, dass ihr beide so einen guten Besen bekommen habt? Und wer würde euch beiden so etwas Teures schicken und sagt noch nicht mal, dass es von ihm ist?"

"Wen kümmert das?", fragte Ron. "Kann ich ihn mir mal ausleihen?"

"Ich denke nicht, dass jemand diesen Besen fliegen sollte", erwiderte Hermine.

Plötzlich sprang Krummschwanz auf Rons Brust. Anscheinend hatte sich dort Krätze verborgen, der jetzt versuchte zu fliehen. Ron trat nach Krummschwanz, aber traf dabei nur Harrys Koffer, der offen sprang. Das Taschenspickoskop rollte hervor und schrillte laut. In den ganzen Chaos fing Ron Krätze wieder ein und Harry das Spickoskop. In aller Ehrlichkeit, Emily hätte nichts dagegen wenn Krummschwanz Krätze gefangen hätte, aber sie sagte es nicht.

Der Vorfall trug nicht gerade zur Weihnachtsstimmung bei. Hermine sperrte Krummschwanz in ihrem Schlafsaal ein, auch wenn Emily ihn später wieder frei ließ. Ron war dennoch wütend und die beiden sprachen nicht mehr miteinander. Das Mittagessen in der Großen Halle war wundervoll, auch wenn Trelawney vorhersagte, dass wenn dreizehn speisen, der erste, der aufstand, als erstes sterben würde. Emily verstand warum Fred und George gesagt hatten, dass Wahrsagen sinnlos war, vor allem wenn solch lächerliche Vorhersagen entstanden.

Als sie danach im Gemeinschaftsraum saßen und Harry und Ron Harrys Feuerblitz bewunderten, kam plötzlich McGonagall hinein. "Das ist er, oder? Miss Granger hat mich gerade informiert, dass Sie beide einen Besen bekommen haben, Potter und Miss Evans."

Emily und Harry sahen zu Hermine, die ihr rotes Gesicht hinter einem Buch zu verbergen versuchte.

"Darf ich?", fragte McGonagall, doch ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie Harrys Besen in die Hand. "Da war keine Karte dabei? Keine Nachricht?"

"Nein", sagte Harry und Emily schüttelte den Kopf.

"Ich fürchte ich muss die Besen mitnehmen", sagte McGonagall. "Sie werden auf Flüche untersucht. Madam Hooch und Professor Flitwick werden sich darum kümmern. Miss Evans, würden Sie bitte Ihren Besen holen."

Emily nickte und stapfte die Treppe hoch und holte ihren Besen aus dem Schlafsaal. So gern sie auch damit fliegen wollte, so sehr sah sie auch was Hermine bewegte. Etwas widerwillig reichte sie McGonagall den Feuerblitz und die Lehrerin verließ den Gemeinschaftsraum mit den beiden Besen. Emily und Harry würden sie wieder bekommen, sobald sie sicher waren, dass die Besen fluchfrei waren.

"Warum bist du zu McGonagall gelaufen?", fragte Ron Hermine.

Hermine legte ihr Buch zur Seite und stand auf. "Weil ich dachte- und Professor McGonagall stimmt mir zu - dass die Besen von Sirius Black geschickt wurden."

*

Ron und Hermine sprachen für den Rest der Ferien nicht mehr miteinander. Auch Harry war deutlich kühler zu Hermine, während Emily nun mehr Zeit mit Hermine verbrachte. Sie konnte Hermines Verhalten verstehen, obwohl sie lieber ihren Feuerblitz behalten hätte.Sie stellte die beiden Jungen zur Rede als Hermine gerade mal wieder in der Bibliothek war.

"Harry, Hermine hat sich nur Sorgen um dich gemacht", begann Emily. "Sie wollte dir nichts Böses."

"Musste sie dann ausgerechnet zu McGonagall rennen?", mischte sich Ron ein. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah Emily skeptisch an.

"Ja, musste sie", widersprach Emily. "Wer sonst sollte den Besen prüfen? Du? Auch wenn ich mir sicher bin, dass die Besen nicht verhext sind, hat Hermine richtig gehandelt."

"Hmm", murmelte Harry. Er sah noch nicht ganz überzeugt aus.

"Mensch, stell dich nicht so an. Dir hätte ernsthaft etwas passieren können, wenn der Besen verhext wäre. Schon mal darüber nach gedacht? Du hättest-" Sie musste kurz schlucken bevor sie weitersprechen konnte. "Dir hätte alles mögliche passieren können." Sie seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. "Vertragt euch wieder mit Hermine, ja?"

Nach dieser Unterhaltung waren die beiden Jungen wieder etwas freundlicher zu Hermine, auch wenn sie es ihr immer noch übel nahmen, dass die Besen konfisziert wurden. Hermine und Emily verbrachten den größten Teil ihrer Zeit in der Bibliothek und suchten nach Präzedenzfällen, Hinweisen und Argumenten für Seidenschnabels Verhandlung.

***

In der ersten Woche nach den Ferien hatten die Zwillinge auch ihre erste Stunde mit Lupin zur Verteidigung gegen die Dementoren. Lupin hatte einen weiteren Irrwicht eingefangen, weil er das nächste war zu einem wirklichen Dementor.

"So, der Zauber den ich euch beibringen werde, ist sehr fortgeschrittene Magie. Es ist der Patronunszauber.", erklärte Lupin. "Wenn er funktioniert, dann beschwört er einen Patronus herauf, eine Art Anti-Dementor. Ein Wächter der als Schild zwischen euch und dem Dementor wirkt. Der Patronus ist eine Art positive Kraft."

"Wie sieht ein Patronus aus?", fragte Emily.

"Jeder Zauberer hat einen besonderen Patronus."

"Und wie beschwört man ihn?", fragte Harry.

"Mit einer Beschwörung, die nur funktioniert wenn man sich mit all seiner Kraft auf eine einzelne, sehr glückliche Erinnerung konzentriert."

Emily überlegte was sie als glückliche Erinnerung nehmen sollte. Der Sommer bei den Weasleys. Das erste Mal auf einen Besen, die Sternschnuppennacht. Dann die Nacht als sie erfahren hatte, dass Harry ihr Bruder war. Sie lächelte, das war eine gute Erinnerung.

"Die Beschwörung lautet-", Lupin räusperte sich. "Expecto Patronum."

"Expecto Patronum", wiederholte Emily leise.

"Harry, möchtest du anfangen?", fragte Lupin. Harry nickte und Emily stellte sich an den Rand. Lupin öffnete die Kiste, in der der Irrwicht gefangen war, und sofort schwebte ein Dementor heraus. Emily spürte die bekannte Kälte in ihrer Brust und sah wie Harry gegen den Dementor ankämpfte. Plötzlich gingen die Lampen aus und die Kälte schien immer eisiger zu werden. Harry schwankte und fiel plötzlich zu Boden.

Emily stürzte vorwärts und erstarrte. Sie stand nun dem Irrwicht gegenüber. Der Irrwicht war nun nicht mehr ein Dementor, sondern Harrys toter Körper. Dann Hermine, Fred und George. Ron, Leo, Inga, Ginny, Linus, die Weasleys, sogar für einen kurzen Augenblick Remus. Alle tot und sie stand daneben und weinte. All ihre Freunde waren tot, weil sie sie nicht hatte beschützen können. Tränen traten aus ihren Augen und liefen über ihre Wangen, während sie zitternd ihren Zauberstab hob und sagte: "Riddikulus."

Sie schwankte und brüllte laut: "Riddikulus." Nach einander standen die Körper wieder auf und dann trat Lupin zwischen Emily und den Irrwicht. Sofort verwandelte sich der Irrwicht in den silbrigen Vollmond, doch Lupin scheuchte den Irrwicht zurück in die Kiste. Emily konnte einfach nur dastehen und sah auf die Kiste wo jetzt der Irrwicht sicher verstaut war. Währenddessen half Lupin Harry wieder auf und reichte beiden einen Schokofrosch.

Mit immer noch zitternden Händen nahm sie den Frosch und biss ein Stück ab. Sie konnte immer noch nicht fassen was sie gerade gesehen hatte. Vor ihren Augen sah sie immer wieder die leblosen Körper all jener die ihr etwas bedeuteten. Lupin packte ihre Schulter und brachte sie so dazu ihn anzusehen. "Alles in Ordnung, Emily?"

"H-mm ja", sagte Emily. Sie hörte selber ihre Unsicherheit in ihrer Stimme. "Alles in Ordnung."

Harry kam herüber und zog sie in eine Umarmung. Seine Nähe half ihr die schrecklichen Bilder zu vertreiben. Sanft strich er ihr über die Haare und murmelte beruhigende Worte. Harry war hier, sagte sie sich selbst wieder und wieder. "Können wir weitermachen?", fragte Emily leise und löste die Umarmung. "Auch wenn mein Irrwicht kein Dementor ist."

"Bist du dir wirklich sicher?", fragte Lupin. Doch Emily nickte energisch. "Meinetwegen, aber halte dich im Hintergrund, so dass der Irrwicht dich nicht sieht. Probiere es mit dem Patronus gleichzeitig mit Harry. So könnte es klappen."

Emily wischte sich die Tränen vom Gesicht und stellte sich wieder in die Ecke, so dass sie die Kiste gut im Blick hatte. Harry hob seinen Zauberstab und Lupin öffnete die Kiste. Ein Dementor schwebte heraus und die Kälte überkam wieder den Raum. Emily konzentrierte sich auf ihre glückliche Erinnerung und rief: "Expecto Patronum." Ein silbriger Nebel schoss aus ihrem Zauberstab in Richtung des Dementors, doch dann hörte Emily eine Stimme aus der Ferne.

Lily, nimm die Zwillinge und geh. Er ist es! Geh! Lauf! Ich halte ihn auf.

Schwankend sank sie neben Harry auf den Boden. Sie keuchte auf, sie hatte gerade ihren Vater gehört. Er hatte sich geopfert um ihnen mehr Zeit zu verschaffen. Harry war immer noch bewusstlos und sie versuchte ihn aufzuwecken.

"Ich habe meinen Vater gehört. Das war das erste Mal, dass ich ihn gehört habe", sagte Harry und setzte sich wieder auf.

"Du hast James gehört?", fragte Lupin. Emily verstand, auch für ihn musste es schwer sein, immerhin war James einer seiner Freunde gewesen.

"Ja, Sie kannten meinen Vater?"

"Habe ich", sagte Lupin. "Wir waren Freunde in Hogwarts. Vielleicht sollten wir aufhören."

"Nein, ein letzter Versuch", widersprach Harry und stand auf.

"In Ordnung", sagte Lupin und alle stellten sich wieder auf ihre Position. Emily dachte an die Weihnachtsnacht vor zwei Jahren zurück und rief: "Expecto Patronum." Der silbrige Nebel aus ihrem Zauberstab vermischte sich mit Harrys und sie hörte nur noch aus weiter Ferne die Stimmen. Auch die Kälte war nicht mehr so schlimm. Der Nebel hing zwischen den Zwillingen und dem Dementor, dann sprang Lupin vor und zwang den Irrwicht zurück in die Kiste.

"Sehr gut. Das war ein guter Anfang. Hier-" Er reichte ihnen eine dicke Tafel Schokolade. "Esst, sonst bekomme ich Ärger mit Madam Pomfrey."

Emily nahm sich ein Stück und half Lupin dabei die Lampen zu entzünden, die vorhin ausgegangen waren. Lupin betrachte sie erstaunt, Emily hatte gerade zauberstablose Magie benutzt um die Kerzen wieder zu entzünden. An sich relativ leicht, aber für eine Drittklässlerin erstaunlich.

"Professor Lupin?", fragte Harry plötzlich. "Wenn Sie meinen Vater kannten, dann kannten sie auch Sirius Black, oder?"

Lupin drehte sich schnell um. "Wie kommst darauf?"

"Nichts, ich weiß nur, dass sie Freunde in Hogwarts waren."

"Ja, ich kannte ihn", sagte Lupin. "Ich dachte es zumindest. Du solltest besser gehen, Harry. Es ist schon spät. Emily, würdest du noch hierbleiben?"

Harry sah Emily verwundert an, doch sie zuckte nur mit den Schultern. Wahrscheinlich hing es mit dem Irrwicht oder so zusammen. Harry verließ den Klassenraum und Emily blieb zurück. Lupin lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und rieb sich die Schläfen.

"Dein Irrwicht ist also kein Dementor", sagte Lupin. "Sondern dass deine Freunde sterben."

"Nein", sagte Emily langsam. "Nicht ganz. Sie sterben weil ich sie nicht beschützen kann."

"Weil du sie nicht beschützen kannst? Wie kommst du darauf?", hakte Lupin verwundert nach.

Emily raufte sich mit der Hand durch die Haare. Sie konnte es sich selber nicht ganz erklären warum sie immer das Gefühl hatte die anderen zu beschützen. "Linus, ein Junge aus dem Waisenhaus, er konnte sich nicht selber verteidigen. Er war zu klein und zu schwach. Also habe ich es getan. Wenn mir ein Fehler passierte, mussten wir beide bezahlen. Er musste leiden wenn ich etwas falsch gemacht habe." Ihre Stimme klang wie aus weiter Ferne.

"Ich bin Harrys Schwester, auch wenn es nicht viele wissen. Doch so ein Geheimnis wird nicht ewig sicher sein. Er ist der Junge der lebt. Er wird immer in Gefahr sein. Wenn es eine Möglichkeit gibt ihn zu schützen, dann tue ich das auch. Jeder der mit uns zu tun hat, gerät irgendwie immer in Gefahr, habe ich das Gefühl. Was wenn dann etwas passiert? Einfach nur weil sie meine Freunde sind? Damit könnte ich nicht leben. Sie sollen nicht dafür leiden, dass ich bin wer ich bin. Also muss ich sie beschützen."

Lupin hörte erschüttert zu während es aus Emily heraus brach. Er hätte niemals gedacht, dass sich sowas in ihr verbarg. Aber er hatte ja auch keine Ahnung gehabt wie ihr Leben aussah. Er blickte zu Emily. Sie sah in diesem Moment soviel jünger aus. Das rote Haar schien im Kerzenschein wie dunkle Flammen. Schatten flackerten über ihre Gestalt, so klein und zerbrechlich. Ein Trugschluss, wie Lupin erkannte. In dem kleinen Körper steckte ein großer Geist.

Vorsichtig geleitete er Emily zu einem der Sessel und drückte sie sanft hinein. Dann reichte er ihr ein Stück Schokolade, sein Allheilmittel, wie James und Sirius damals immer gescherzt hatten. Er zog sich den anderen Sessel heran und setzte sich ihr gegenüber. Gedankenverloren knabberte Emily an der Schokolade. Lupin spürte dass noch mehr dahinter steckte. Er hoffte, dass Emily reden würde. Es war nicht gut wenn sie alles ihn sich hinein fraß. So stark sie auch sein mochte.

"Ich habe das letzte Foto gesehen", sagte Emily plötzlich. "In dem Album, dass Hagrid uns geschenkt hat. Es ist von Halloween gewesen."

Lupin ahnte welches Foto sie meinte. Lily hat ihm eins per Eule geschickt, obwohl er eigentlich als der Verräter im Orden galt. Es war das letzte Mal, dass er von ihnen gehört hatte. In seinem Schlafzimmer lag es immer noch. Er war es auch gewesen, der Hagrid die Kopie geschickt hatte, als er danach gefragt hatte.

"Sie sahen so glücklich aus", fuhr Emily fort. "So voller Leben. Was es so schlimm macht ist, dass sie nur ein paar Stunden später tot waren. Sie starben weil sie Harry und mich beschützt haben. Sie sind nur wegen uns tot. Niemand soll mehr sterben weil man mich beschützen muss. Niemand soll sterben oder in Gefahr sein wegen mir. Ich kann nicht ändern wer ich bin, aber dafür müssen nicht andere leiden. Ich könnte es mir nicht verzeihen." Sie schien wieder in die Realität zurück zu schnappen, denn ein Schauder durchlief ihren Körper.

Sie stand wieder auf und wollte gehen. "Verzeihung Professor. Ich wollte Sie nicht damit belästigen. Ich weiß auch nicht, es ist mir einfach hinaus gerutscht. Danke für die Schokolade."

Lupin griff nach ihrer Hand und zog Emily wieder auf den Sessel zurück. "Emily. Bleib hier. Es ist gut, dass du alles gesagt hast. Du kannst nicht einfach alles in dich hinein fressen, so stark kann kein Mensch sein. Es ist nicht gut wenn man zuvieles mit sich herum trägt." Er seufzte leise. Damit hatte er nur zu gut Erfahrung. Wie erleichtert er damals gewesen war als die anderen es heraus gefunden hatten. Kein Versteckspiel mehr. Und als sie ihn dann auch noch akzeptiert hatten...

"Du bist stark, Emily", sagte Lupin.

Emily sah ihn mit großen Augen an. Noch niemand hatte ihr gesagt, dass sie stark war. Sie war immer die Kleine, das Püppchen gewesen. Sie wollte stark sein. Für sich, für andere. Sie wollte mit ihren Problemen alleine fertig werden. Starke Menschen brauchten keine Hilfe.

"Doch auch du kannst nicht alles alleine schaffen. Es ist ehrenvoll, dass du deine Freunde beschützen willst. Doch du musst dich deswegen nicht so sehr unter Druck setzen. Sie können alle sehr gut auf sich selber aufpassen."

"Aber ich konnte Harry nicht beschützen als wir den Stein geholt haben!", brach es aus ihr heraus. Sie klang aufgebracht. "Und dieses Jahr hat Dumbledore mich sogar damit beauftragt ihn zu schützen."

"Und du setzt dich viel zu sehr unter Druck! Harry ist in den Mauern von Hogwarts sicher. Und was damals mit euch passiert ist, lag außerhalb deiner Macht. Du kannst nichts dafür. Mächtigere Zauberer als du sind an Du-Weißt-Schon-Wem gescheitert!" In Gedanken schüttelte er den Kopf. Wie konnte Dumbledore Emily damit beauftragen ihren Bruder zu schützen? Sie war viel zu jung dafür, sie brauchte doch noch selbst den Schutz.

"Aber meine Eltern-"

Lupin unterbrach sie wieder. "Du trägst daran keine Schuld. Sie wurden ermordet. Sie sind gestorben um euch zu schützen. Sie haben gekämpft. Das ist das größte Geschenk was sie euch geben konnten. Sie sind gestorben, aber nicht wegen euch. Du-Weißt-Schon-Wer trägt die ganze Schuld daran. Er hat sie getötet, nicht du. Du brauchst keine Schuld zu fühlen." Er sah sie sanft an. "Verstehst du?"

"Ich vermisse sie", sagte sie langsam. Eine einzelne Träne rann aus ihren Augen über die blasse Wange. Emily kümmerte sich nicht darum. "Ich habe sie nie gekannt, ich habe elf Jahre lang sogar nicht gewusst, dass sie überhaupt meine Eltern gewesen sind. Die ganze Zeit hatte ich nur ein diffuses Bild von ihnen. Auch als ich das erste Mal davon erfahren habe, war es nicht so schlimm. Und jetzt sehe ich die Bilder vor mir...."

Sie rang verzweifelt nach Worten. "Sehe wie unser Leben war. Was würde ich dafür geben, sie nur einmal zu sehen. Nicht nur auf Bildern, sondern wirklich. Ich weiß fast nichts über sie. Das einzige was mir immer bleibt ist, dass alle sagen, dass ich Lily so ähnlich bin, dass ich ihre Augen habe. Und, dass sie für Harry und mich gestorben ist."

"Ich kann nicht an meine Eltern erinnern. Alles was mir bleibt sind die Bilder. Dabei vermisse ich sie doch so." Jetzt fielen die Tränen in rascher Folge und ihr schmaler Körper bebte.

So langsam verstand Lupin. Es war nie Zeit zum Trauern gewesen. Emily war mit der Tatsache aufgewachsen, dass ihre Eltern tot waren. Dann musste sie erfahren, dass sie Harrys Zwillingsschwester war und dass ihre Eltern immer noch tot waren. Doch jetzt sah sie die Bilder mit neuen Augen, denn Sirius hatte alles wieder hervor gebracht.

Er vermutete, dass sie von irgendwo her erfahren hatte, dass Sirius Lily und James verraten hatte. Er war Schuld an dem Tod ihrer Eltern. Und dadurch, dass Remus an die Schule kam, bestand zum ersten Mal eine Verbindung zu ihren Eltern, eine Chance etwas über sie zu erfahren. Jetzt zum ersten Mal weinte Emily um ihre Eltern. Es steckte wahrscheinlich schon viel zu lange in ihr.

Vorsichtig stand Lupin auf und zog Emily in seine Arme. Er ließ eine Wolldecke herbei fliegen und wickelte das weinende Mädchen hinein. Ihre Haut war ganz kalt. Er setzte sich wieder und ließ die Flammen in Kamin hoch steigen. Das letzte Mal hatte er Emily in den Armen gehalten als sie nicht viel mehr als ein Jahr alt gewesen war. Soviel Zeit war vergangen, soviel war passiert.

Sanft strich er ihr über das rote Haar, während sie sich an seiner Schulter ausweinte. Emily war für ihn immer wie eine Tochter gewesen, die Tochter, die er nie gehabt hatte und die er nie haben würde. Er erinnerte sich daran, wie sie stolz zum ersten Mal Moony gesagt hatte, noch bevor sie Tatze sagen konnte oder Krone. Wie er aus dem Märchenbuch vorgelesen hatte, dass er ihr geschenkt hatte.

Er war sich sicher gewesen, dass sie ihn haargenau verstanden hatte. Aber sie war damals auch schon stur und stark gewesen. Sie wollte alles immer selber probieren und sich nicht helfen lassen. Nicht die Prinzessin sein, sondern lieber gleich selber den Prinzen retten. Er hatte es noch nie mit ansehen können wenn sie weinte. Auch jetzt nicht. Es tat ihm in der Seele weh.

Emily vergrub ihr Gesicht an Lupins Schulter. Der raue Stoff der Decke kratzte ein bisschen, aber das störte sie nicht. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie weinte sonst nie, doch jetzt konnte sie ihre Tränen nicht stoppen. In diesem Moment schien alles so überwältigend. Sie weinte um ihre Eltern, um die verlorene Zeit, um Lupin, der seine besten Freunde in dieser Nacht verloren hatte. Die warme Hand, die immer wieder über ihr Haar strich war beruhigend. Sie fühlte sich merkwürdig beschützt. Es sollte sich eigentlich komisch anfühlen, dass sie sich an der Schulter eines Lehrers ausheulte, aber das war es nicht.

In diesem Augenblick war Lupin nur ein Freund. Ein bisschen wie der Pate, den sie eigentlich haben sollten. Langsam verebbten ihre Schluchzer und sie wurde ruhiger. Sie wusste selber nicht warum sie so zusammen gebrochen war, es war nicht ihre Art. Vielleicht lag es am Irrwicht, der ihr ihre größte Angst gezeigt hatte. Vielleicht auch an dem letzten Foto, die letzten glücklichen Momente. Vielleicht auch daran, dass Lupin eine Verbindung in ihre Vergangenheit darstellte. Sie wusst es nicht, aber sie fühlte sich merkwürdig erleichtert. Es war als ob eine schwere Last von ihr gefallen war. Sie würde immer um ihre Eltern trauern, aber das Schlimmste war vorbei. Ihr war nicht bewusst gewesen wie sehr es sie belastet hatte.

Langsam richtete sie sich wieder auf. Mit dem Ärmel rieb sie sich über das verheulte Gesicht. Ihre Wangen trugen deutliche Spuren und ihre Augen war rot gerändert. Lupin lächelte. "Gehts wieder besser?" Aus seiner Stimme sprach Besorgnis.

Emily nickte. "Ja. Es tut mir Leid, dass ich Sie gestört habe."

"Wenn wir unter uns sind, kannst du mich auch Remus nennen", bot er ihr an. "Du musst dich nicht entschuldigen. Es schien mir, dass du es brauchtest. Zögere nicht in Zukunft wenn du Hilfe brauchst. Du kannst immer zu mir kommen, auch Harry."

"Ich weiß nicht was über mich gekommen ist-"

"Was sagte ich gerade? Keine Entschuldigungen", widersprach Lupin.

"In Ordnung, ich versuche daran zu denken", versprach Emily. "Ich sollte besser wieder gehen. Es muss schon spät sein."

"Ich bringe dich zurück zum Turm", sagte Lupin. "Ich kann dich schlecht nachts alleine durch das Schloss laufen lassen. Nicht, dass du das nicht könntest, aber ich möchte nicht, dass du Nachsitzen musst", fügte er schnell hinzu.

Emily rappelte sich wieder auf und wickelte sich aus der Decke. Lupin stand ebenfalls wieder und zusammen machten sie sich auf den Weg zurück. Das Schloss lag still und dunkel vor ihnen, so leer und verlassen wie nur selten. Beide schwiegen während sie durch die Gänge wanderten. Doch es war eine angenehme Stille, es brauchte keine Worte. Am Porträt der Fetten Dame verabschiedete sich Lupin von Emily.

"Würden Sie - Du- mir vielleicht von meinen Eltern erzählen?", fragte Emily schüchtern. In ihren Augen lag ein Hoffnungsschimmer.

Remus lächelte. "Gerne. Aber bring auch Harry mit. Ja? Gute Nacht und schlaf gut."

"Gute Nacht." Einem Impuls folgend lief Emily auf ihn zu und umarmte ihn. "Danke für alles."

"Nicht zu danken, aber jetzt hopp ins Bett mit dir."

Emily drehte sich um und kletterte in den Gemeinschaftsraum. Remus wartete bis sich das Porträt wieder schloss und kehrte dann zurück zu seinen Räumen.

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Ich hoffe es hat euch gefallen. So etwas entsteht wenn man um Mitternacht noch am Schreiben ist, obwohl man eigentlich besser schlafen sollte und man dabei in Endlosschleife In The Air Tonight hört. Es ist länger geworden als geplant, aber ich konnte einfach nicht aufhören und euch stört, dass wahrscheinlich eh nicht, oder?

Das Gespräch mit Lupin war eigentlich auch nicht geplant, es ist mir einfach so aus den Fingern geflossen :) Aber ich mag Lupin einfach so gerne :)

Falls sich jemand wundert was auf dem letzten Foto zu sehen ist, muss auf das nächste Kapitel warten. Dann kommt der zweite Rumtreiber-Teil :)

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