Tim
...
"Ich musste mich wegdrehen, da es einfach viel zu schmerzvoll war, beide so zu sehen. Wieso musste das passieren..."
Tim
Das Holz unter meinen Füßen ächzte, als ich durch den Raum ging. Die Hände auf dem Rücken, die Finger ineinander verschränkt, blieb ich vor dem alten Kamin aus Stein stehen. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich das Bild, welches auf dem Kamin stand, betrachtete. Es wurde an Weihnachten vor einigen Jahren aufgenommen. Vier Jahre nach unserem Abschluss. Patrick hatte Manuel auf seinen Rücken hochgenommen und lachte zusammen mit ihm und jeweils einer rot leuchtenden Weihnachtsmütze in die Kamera. Am rechten Rand konnte man noch mein Bein sehen und mein verschwommenes Gesicht, denn als Freddie abgedrückt hatte, musste ich genau wie die anderen lachen. Ein Wunder, dass Freddie die Kamera trotzdem so ruhig gehalten hatte. Als Manu auf den Rücken von Patrick sprang, riss er fast den Weihnachtsbaum hinter ihm mit sich. Es ist ein wunderschönes Bild und es zeigte, wie glücklich wir alle waren.
Auf dem Bild daneben sind wir alle vier abgebildet. Wir stehen nachts vor dem beleuchteten Eiffelturm in der Stadt der Liebe: Paris. Freddie hält mich im Arm und küsst mich, daneben stehen Manu und Patrick und vereinen ebenfalls ihre Lippen. Ich muss schmunzeln. Wir hatten den Besitzer eines Cafés, in welchem wir zuvor gegessen hatten, gefragt, ob er für uns dieses Bild aufnehmen könnte. Er war ziemlich verwirrt, als wir uns vor dem Eiffelturm so in Pose brachten. Dennoch verstanden wir uns so gut mit ihm, dass wir noch jahrelang Kontakt pflegten und es auch jetzt noch tun. Selbst nachdem was mit Manu passiert war. Und auch nachdem, was Patrick zustieß. Inzwischen litt er jedoch an Demenz und jedes Mal wenn Freddie und ich ihm besuchten, erkannte er uns zuerst nicht. Ein paar Minuten später lachte er aber mit uns über vergangene Zeiten.
Mein Blick fiel auf das links davon stehende Foto. Es zeigt Freddie und mich an unserem ganz besonderen Tag. Es ist eine wunderschöne schwarz-weiß Aufnahme. Wir stehen eng aneinander geschmiegt auf der Tanzflächen. Unsere Gesichter strahlen vor Glück. Um uns herum stehen Familienmitglieder und Freunde. Hinten rechts in der Ecke kann man ein Teil vom weiß bedeckten Tisch sehen. Ich erinnere mich noch, dass wir neben uns zwei Stühle freihielten. Sie waren reserviert für Manu und Patrick. Als einige die Namensschilder sahen und wir jeden, der sich auf einen der beiden Plätze setzen wollte, auf einen anderen Platz mit seinem eigenem Namen hinweisen, wurden wir zuerst seltsam angeschaut. Am Ende akzeptierten sie es jedoch alle mit einem Lächeln auf den Lippen. Auch wenn es vielleicht verrückt klingt, aber ich konnte die Anwesenheit von den Beiden spüren. Es war ein wunderschöner Tag. Unsere Hochzeit. Ich werde sie nie vergessen.
Zwei starke Arme legten sich von hinten um meinen Bauch und zogen mich näher an seinen Körper. Er legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab.
„Denkst du wieder an die alten Zeiten?", fragte Freddie und ich drehte mich nickend zu ihm um. Er strich lächelnd mit seinem Daumen über meine Wange, ließ seine andere Hand zu meiner Hüfte gleiten und vereinte unsere Lippen. Kurz darauf lösten wir uns mit einem Lächeln im Gesicht voneinander. Ich legte meine Stirn an Freddie's Stirn.
„Wir müssen langsam los, bevor es zu dunkel wird.", flüsterte Freddie irgendwann. Ich nickte und ging einen Schritt zurück. Er griff nach meiner Hand, verschränkte unsere Finger miteinander und wir gingen in den Flur. Dort zogen wir uns unsere Schuhe und Jacken an. Ich griff nach den zwei Rosensträußen und zusammen verließen wir unser kleines Haus. Es war kein weiter Weg, also ließen wir das Auto in der Einfahrt stehen und gingen zu Fuß.
Nach kurzer Zeit betraten wir den Friedhof und gingen den gewohnten Weg, welchen ich fast schon blind kannte. Ich sah kurz zu Freddie und gab ihm einen der Sträuße. Hand in Hand beugen wir uns vor und legten die Sträuße jeweils auf ein Grab. Wir richteten uns wieder auf und ich strich mir mit der, nun wieder freien, Hand über die Augen. Auch Freddie trocknete stumm seine Tränen. Es war der 19. Mai. Ihr Tag. Zumindest hatten wir ihn zu ihrem Tag erklärt, denn an diesem Tag wollte Patrick Manu einen Antrag machen. Wir wussten, dass Manuel mit Sicherheit ja gesagt hätte, denn auch er hatte vor Patrick einen Antrag zu machen. So weit kam es leider nie. Sie wurden auseinandergerissen. Vielleicht wollte das Schicksal es so, doch aus welchem Grund? Es ergab für mich nie einen Sinn. Manu wurde krank und Patrick wurde ein Geisterfahrer zum Verhängnis.
Die Gräber lagen direkt nebeneinander und auf einem großem Grabstein standen ihre Namen. Zusätzlich zierte die Wortegruppe ewige Liebe in japanischen Schriftzeichen mit der Umschrift darunter den grauen Stein.
„Eien no ai.", flüsterte ich. Ja, ihre Liebe hält auf ewig. Was die beiden hatten, kann man nicht beschreiben. Es war und ist unglaublich. Ich schmiegte mich enger an Freddie, welcher einen Arm um mich legte und mir einen Kuss auf die Stirn gab.
Wir standen noch eine Weile so da, erzählten, was in letzter Zeit alles passiert war oder sprachen mit ihnen, als ständen sie direkt vor uns. Die meiste Zeit jedoch schwiegen wir. Hauptsächlich, weil wir Tränen zurückhielten. Es hatte inzwischen angefangen wie aus Eimern zu schütten, aber das hielt uns keines Wegs davon ab, den restlichen Abend bei den Beiden zu verbringen.
Der unglaubliche Schmerz wird nie vergehen, doch wir lernen mit ihm umzugehen.
Okay... Freunde, das wars. Das letzte Kapitel. Ich weiß es ist kürzer als normalerweise. Mit diesen Worten gerade einmal 929 Wörter.
Ich kann nur eins sagen: Danke. Wirklich. Ich danke euch. Ohne euch hätte ich nie die Motivation gefunden diese Geschichte zu beenden. ❤️
2016 hab ich das erste Kapitel veröffentlicht. 2019 veröffentliche ich das Letzte. 3 Jahre. Ich hab nie damit gerechnet, dass ich so viele Kapitel schreiben werde. Es sollte eigentlich nur eine Geschichte mit ungefähr 20 Kapiteln werden. Damals war ich 14 und nun werde ich bald 17. Krass. Was alles in dieser Zeit passiert ist.
Äh ja, auf jeden Fall: Die Geschichte ist nun vorbei. Vielleicht anders als so manch einer es sich gewünscht hat, aber es kann nicht immer nur ein Happy End geben. ^^
Ich hatte von Anfang an geplant, dass am Ende definitiv beide tot sein werden, die Art wie und warum sie sterben variierte immer mal. Das Tim am Ende jedoch alles erklären und erzählen wird, stand schon von Anfang an fest.
Schreibt mir gerne eure Meinung zum Ende oder allgemein zur Story in die Kommentare. Das würde mich mega interessieren ^^
DANKE nochmal! Ihr habt mich so krass unterstützt, danke danke danke ❤
Es sind noch einige weitere Geschichten in Planung, also wird man bald wieder von mir hören.
Also, bis irgendwann mal ❤️