Absturznächte [abgebrochen]

By Mondlichtregen

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[ Und jeden Abend habe ich Angst, dass du nicht bei mir sein wirst ] Beginn: 11.08.2020 Ende/abgebrochen: 05... More

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Ende und Danksagung - oder so

› 1 ‹ Von Lautsprecherdurchsagen und Kugelschreiberstrichen

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By Mondlichtregen

wish i never met you - loote

Die Straßenbahn hält an und ich klammere mich an der Stange fest, wie an einem Fels in der Brandung, um nicht von der Menschenmenge mitgerissen zu werden, die an der Haltestelle am Hauptbahnhof aussteigen will.

Ich sehe, wie ein Zweiersitz frei wird und lasse mich auf den bunt gemusterten Platz am Fester fallen, bevor ihn mir ein anderer Fahrgast wegnehmen kann. Lange genug bin ich schon rumgestanden.

Ein paar neue Menschen steigen ein, doch ich achte nicht sonderlich auf sie, sondern bin damit beschäftigt, meinen dunklen Rucksack auszuziehen und meine Trinkflasche, aus der ich kurz zuvor noch einen Schluck genommen habe, hineinzustopfen. Der Reißverschluss klemmt wie immer etwas und ich fluche leise, bis ich den Rucksack endlich geschlossen hatte.

Ich hebe den Blick wieder und sehe aus dem Augenwinkel, wie jemand in einem schwarzen Kapuzenpullover durch die sich schließenden Türen noch in die Straßenbahn springt.

Der hat aber gerade noch Glück gehabt.

Er dreht seinen Kopf hektisch nach rechts und links als suche er etwas oder jemanden. Sein Blick landet auf mir - jedenfalls glaube ich das, denn die Kapuze verdeckt seine Augen - und ich senke hastig den Kopf und nestle am Reißverschluss meines abgetragenen Rucksacks herum.

Jemand lässt sich wenige Sekunden später auf den freien Platz neben mir fallen und ich fahre zusammen. Ich bin eindeutig zu schreckhaft geworden.

Zaghaft hebe ich meinen Blick und streiche mir die dunkelbraunen Strähnen aus dem Gesicht, um die Person anschauen zu können. Mir stockt der Atem, als ich in die dunklen Augen meines Sitznachbarn, die im Schatten der Kapuze liegen, sehe. Es ist der Typ von gerade eben.

»Bitte spiel mit«, flüstert er rau mit wild umherhuschenden Augen und bevor ich ihn verwirrt fragen kann, was er denn von mir wolle, hat er einen kräftigen Arm um mich gelegt und mich an seine breite Brust gezogen, die sich unter dem schwarzen Stoff hektisch hebt und senkt.

»Was soll das?«, zische ich, versuche aber nicht, mich zu befreien. Vielleicht ist es besser so.

»Spiel einfach kurz meine Freundin, ok? Bitte.« Ich höre die leise Verzweiflung aus seiner gesenkten Stimme heraus und habe urplötzlich Mitleid mit ihm, weswegen ich kurz nicke.

»Danke. Und jetzt schlaf.«

Er legt sein Kinn auf meinem Kopf ab und mit flatternden Lidern schließe ich meine Augen. Ich versuche, mich zu entspannen, was gar nicht so einfach ist, wenn man mitten in der Straßenbahn die Freundin eines Fremden spielen muss.

Doch irgendwie habe ich Mitleid mit ihm, was auch immer ihm widerfahren ist, dass er sich mitten in einer Straßenbahn verstecken muss.

Sein Duft steigt mir in die Nase. Er riecht nach salziger Brandung und der unendlichen, wilden Freiheit des Ozeans.

Langsam beruhigt sich sein Atem und sein Herz, das kräftig unter meinem Ohr schlägt, wird ebenfalls wieder ruhiger und scheint keinen Marathon mehr zu laufen.

Fast schon habe ich mich an seine Wärme und das Meer, das er mit sich bringt, gewöhnt, als er sein kantiges Kinn wieder anhebt. Meine Augen öffnen sich und ich hebe meinen Kopf von seiner kuschligen Brust. Sein Arm verschwindet von meinem Rücken und der Fremde lehnt sich zurück.

Fast schon vermisse ich seine unbekannte Wärme.

»Danke, du hast mich gerettet«, flüstert er mir mit rauer Stimme zu, nachdem er seinen Blick noch einmal durch die Straßenbahn hat wandern lassen, die gerade wieder ein paar Fahrgäste an einer Haltestelle ausgespuckt hat.

»Gern geschehen«, erwidere ich höflich, auch wenn ich immer noch nicht erkennen kann, vor was er geflohen war - oder was auch immer sein hastiges Auftreten zu bedeuten hat.

»Ich wäre dir jetzt nur dankbar, wenn du mir das Ganze auch noch erklären könntest.« Seine Mundwinkel zucken für den Bruchteil einer Sekunde nach oben, doch dann erscheint wieder seine kühle Maske von vorher, die den gehetzten Ausdruck abgelöst hat.

»Tut mir leid, aber das geht nicht. Hier... sind zu viele Leute, die es mitbekommen könnten. Tut mir leid, Engel«, wiederholt er.

Irritiert blinzele ich. »Engel? Schau mich mal an. Engel haben blaue Augen, helle Haut, blonde Wellen und sind dünn. Und ich bin wohl so ziemlich das Gegenteil davon.«

Mit meinen dunkelbraunen Haaren, dem zimtfarbenen Hautton und den schlammbraunen Augen bin ich nun wirklich nicht mit einem Engel zu vergleichen. Oder hat er etwa einen Heiligenschein entdeckt, der über meinem Kopf schwebt?

»Nein, vom Aussehen sicher nicht. Aber du hast mich gerettet, wie ein Schutzengel.« Wieder schmunzelt er und dieses Mal scheint das Lachen auch seine Augen zu erreichen, die unter der Kapuze hervorblitzen.

Eine weibliche Lautsprecherstimme verkündet den nächsten Halt.

Der Fremde hebt den Kopf. »Da muss ich raus. Sorry, Engel.«

»Warte«, rufe ich und umklammere sein Handgelenk, als er sich erheben will. Sein Blick fällt auf meine Hand und schnell ziehe ich sie zurück, als hätte ich mich verbrannt.

»Wenn du mir schon nicht verraten willst, wieso du mich kurzfristig als deine Fake-Freundin engagiert hast, dann möchte ich wenigstens deinen Namen wissen.« Um meine Unsicherheit zu verbergen, verschränke ich meine Arme vor der Brust.

»Du kannst einem ganz schön ein schlechtes Gewissen einreden, weißt du das?« Er zieht seine Augenbraue nach oben. Ich will das auch können. »Leyan. Und du, Engel?«

Dass er in jedem zweiten Satz meinen neu erfundenen Spitznamen zu benutzen scheint, stört mich seltsamerweise gar nicht mehr. Vielmehr habe ich mich schon fast daran gewöhnt.

»Siran.«

Für einen kurzen Moment blitzt etwas wie Überraschung in seinem Gesicht auf, als würde er sich an etwas lang Vergessenes erinnern. Doch dann ist es schon wieder weg und ich frage mich, ob ich es mir nicht nur eingebildet habe.

»Schöner Name«, flüstert er, als meine er es wirklich ernst. Ob dem so ist, wage ich zu bezweifeln. Ich senke den Blick auf meinen Schoß.

»Hast du ein Handy dabei?«

Seine Frage kommt so unvermittelt, dass ich ihm wieder in die Augen sehe. Stumm schüttele ich den Kopf. Leyan scheint kurz zu überlegen, dann kramt er von irgendwo her einen Kugelschreiber hervor und schnappt sich meinen linken Arm.

Mit wenigen Strichen schreibt er eine Nummer auf die Haut. Bei der Berührung seiner angenehm warmen Hände auf meinem Arm entspanne ich mich seltsamerweise ein wenig. Was ist denn heute los mit mir?

»Jetzt kannst du mich nochmal fragen, Engel«, meint er mit einem Zwinkern, bevor er von seinem Platz aufspringt und hastig die Bahn verlässt, die gerade wieder ihre Türen schließen will.

Er hat aber auch verdammt viel Glück.

Mein Blick liegt noch immer auf der Tür, selbst als die Bahn schon längst wieder fährt. Die anderen Leute müssen mich für extrem komisch halten, so wie ich auf den Fleck starre.

Aber es ist auch nachvollziehbar, finde ich. Schließlich bin ich immer noch vollkommen überrumpelt von dem Fremden, dessen Nummer nun auf meinem Unterarm steht.

Reflexartig reiße ich meinen Blick von der Tür los und hefte ihn auf die dunkelblauen Kugelschreiberstriche, die meinen einzigen Kontakt zu Leyan und damit zu meinen wohlverdienten Antworten darstellen.

Stellt sich nur noch die nervenaufreibende Frage, ob ich ihn wirklich anschreiben will. Will ich wirklich Antworten mit denen ich wahrscheinlich in Gefahr laufe, in seine Welt gezogen zu werden? Denn etwas angestellt hat er sicherlich, sonst wäre er nicht auf der Flucht - vor wem auch immer.

Zweifel kommen in mir auf. Ich weiß jetzt schon, dass Leyan mir Kopfschmerzen bereiten wird. Dann ist es ja gar nicht schlecht, dass meine Tante immer genügend Aspirin zuhause hat, denke ich optimistisch und schnappe mir meinen Rucksack, um meine Haltestelle nicht zu verpassen.

‹.•°•.›|•|‹.•°•.›

First chapter :))

Was haltet ihr davon?

Etwas mehr als 1200 Wörter nur, aber es ist auch das kürzeste bis jetzt. Die restlichen sind eher so bei 1600

Btw ich hatte, als ich die Idee zu dem Buch hatte, erstmal drei Tage lang einen Ohrwurm von dem Lied, obwohl ich es da länger nicht mehr angehört hatte hahaha

Und viel Spaß mit dem nächsten Kapitel nacher

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