Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wusste nicht, wie sie das wieder hinbekommen würde. Sie wusste nicht, ob sie diese Arbeit jemals wieder zurückbekommen möchte.
Eine Sechs bekam sie auf keinen Fall. Eine Fünf war eher unwahrscheinlich. Eine Vier wäre am wahrscheinlichsten. Eine Drei wäre unglaublich. Aber etwas darüber? Bei einer sehr wichtigen Arbeit? Nein, das würde sie nicht bekommen.
Das war wohl die erste Arbeit, bei der sie ernsthaft daran dachte, dass sie nicht gerade so eine Vier bekommen könnte. Und dieser Gedanke war schrecklich, grausam, beängstigend.
Was wird wohl ihre Mutter dazu sagen? Immerhin war Lejana gestern noch von zu Hause weggegangen, um mit Yoongi zu reden. Und dann kam eins zum anderen und die beide haben dort geschlafen. Lernen war da nicht.
Langsam lief sie durch die Flure der Schule. Da sie zwei Stunden lang geschrieben hat, hatte sie nun genügend Zeit, um sich in einer Ecke zu verstecken und hoffen, dass es keine schlechte Note wird.
Yoongi hatte gerade Sport gehabt, weswegen er nicht vor dem Raum auf sie wartete. Und zum ersten Mal genoss sie seine fehlende Anwesenheit. Sie wollte nicht, dass er sie mit Tränen in den Augen sah und ihm erklären müsste, dass sie die Klassenarbeit nur versaut hatte, weil sie bei ihm war.
Die ganze Pause über hatte sie sich auf der Mädchentoilette versteckt und leise vor sich hin geweint. Yoongi hatte sie bestimmt die ganze Pause gesucht, aber ihr war das egal. Sie brauchte diesmal nicht ihren Freund, um glücklich zu sein, sondern mindestens eine Drei.
Als es zum Unterricht klingelte, wischte sich Lejana ihre Tränen weg und ging raus auf den Flur. Niemand war hier zu sehen. Wieso auch? Alle waren im Unterricht. Da wo sie auch sein sollte.
Langsam lief sie in Richtung ihres Raums. Sie wollte eigentlich nicht in das Klassenzimmer. Sie wollte in gar kein Klassenzimmer. Sie wollte einfach hier auf dem Flur bleiben und weinen.
"Lejana?", fragte auf einmal eine Stimme hinter ihr. Sie musste sich nicht umdrehen. Denn seine kannte sie. Aber wieso war er hier? Wieso war er nicht im Unterricht? Und wieso hatte er überhaupt nach ihr gesucht?
Sie senkte ihren Blick zu Boden und drehte sich nicht um. Dabei schloss sie die Augen. Denn sie spürte, wie sich wieder Tränen in ihren Augen sammeln.
"Lejana, was ist denn los?", fragte ihr Klassenkamerad besorgt und hockte sich vor sie hin. Jungkook machte sich wirklich Sorgen um sie. Schon beim verlassen des Raumes vorhin war ihm aufgefallen, dass etwas mit ihr nicht stimmte.
Vorsichtig öffnete sie ihre Augen, um direkt ins Jungkooks zu sehen. Ganz langsam ließ sie sich auf ihre Knie fallen und fing an zu weinen. Sie konnte einfach nicht anders.
Jungkook brach es fast das Herz, sie so zu sehen. Er war sogar leicht überfordert mit der Situation. Aber sie auf dem Boden zu lassen, kam schon einmal nicht infrage. Deshalb nahm er ihre Hände, stellte sich wieder hin und half ihr hoch.
Lejana konnte kaum auf ihren Beinen stehen, was ihr Gegenüber bemerkte. Er ließ ihre Hände los und nahm sie in den Arm. Wenn Yoongi schon nicht für sie da war, musste er es sein. Er fühlte sich dazu irgendwie verpflichtet.
Die Jüngere war froh, dass Jungkook hier war. Denn er würde sich nicht schlecht fühlen, wenn sie sagte, dass Yoongi irgendwie schuld daran hatte, dass sie eine Vier bekommen wird. Sie war aber auch selber schuld. Wieso hatte sie nicht früher mit dem Lernen begonnen?
"Lejana, kann ich dich für einen kurzen Moment allein lassen? Ich komme gleich wieder, versprochen", fragte er, nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte. Sie nickte und löste sich von ihrem Klassenkameraden. Dieser betrat kurz den Raum, in dem die beiden Unterricht hatten und kam kurze Zeit wieder.
"Komm mit, wir beide werden dir mal etwas zu essen besorgen." Jungkook lächelte sie leicht an und sie versuchte zurück zu lächeln, was ihr fast gar nicht gelang.
Gemeinsam gingen beide in die Cafeteria und Jungkook bestellte einen Tee und eine Brezel. Zusammen setzten sie sich an den hintersten Tisch dort. Lejana bedankte sich bei Jungkook und dieser nickte nur. Denn für ihn war das alles selbstverständlich.
Die Schwarzhaarige sah sich den Tee und die Brezel an, verspürte aber keinen Drang etwas zu trinken oder etwas zu essen.
"Willst du gar nichts davon?", fragte der Junge neben ihr und sie zuckte nur mit den Schultern. "Du musst ja nicht. Es ist ja deine Entscheidung."
Ja, es war ihre Entscheidung. Sie hätte gestern Yoongi sagen können, dass sie zurück nach Hause muss, um zu lernen. Sie hätte heute früher aufstehen können, um sich die Notizen ihrer Schwester auszuleihen. Aber sie hatte es nicht getan. Yoongi war ihr wichtiger gewesen. Und eigentlich war Yoongi ihr immer wichtig. Deshalb konnte ihr diese Note doch egal sein.
Nein, konnte sie nicht. Das ging nicht. Sie stand 1,6 in diesem Fach. Eine Vier in diesem Fach in einer Klassenarbeit, würde alles kaputt machen.
"Lejana, was ist denn passiert, dass du erneut anfängst zu weinen?", fragte Jungkook das Mädchen, dessen Tränen für ihn etwas waren, dass ihn selber traurig werden ließ.
"I-Ich habe die Klassenarbeit versaut...", antwortete sie leise und kraftlos unter Tränen. Jungkook drehte sich etwas weiter zu ihr. "Aber du lernst doch immer so fleißig. Was war denn diesmal anders?"
Lejana schluchzte laut auf und senkte ihren Kopf. Er wusste zwar nicht, was mit ihr los war, aber es schien ihr ziemlich nah zu gehen. Für einige Augenblicke zögerte er, aber dann legte Jungkook einen Arm um seine weinende Klassenkameradin und zog sie leicht zu sich.
Noch während sie weinte, fragte sie den Jungen neben sich: "J-Jungkook? Würd-Würdest du... a-alles st-stehen und liegen la-lassen... w-wenn... es um deine w-wahre Liebe geht?"
Er überlegte. Eine ganze Weile lang. Heute hatte er eigentlich eine Hausaufgabe so ordentlich gemacht, dass er sie auf Note vorstellen wollte. Aber für Lejana war er gerade nicht im Unterricht und versuchte mindestens eine Zwei zu bekommen, die er eigentlich ganz gut gebrauchen könnte.
"Ja, wahrscheinlich schon. Hast du so etwas in der Art getan?", fragte er vorsichtig. Er wollte nicht, dass sie erneut in Tränen ausbrach, wo sie sich während seiner Denkpause langsam beruhigt hatte.
"Ja", antwortete sie und bemerkte, wie die Tränen auch schon wiederkamen, "mir war es wichtiger, mir das Problem meines Freundes anzuhören und dann auch noch mit ihm zu schlafen, anstatt für die Klassenarbeit zu lernen."
Jungkooks Augen weiteten sich. Sein Herz blieb stehen. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
Lejana hatte mit Yoongi geschlafen? Interpretiert er das falsch und sie meinte nur, dass sie einfach zusammen eingeschlafen sind oder war das passiert, was er nicht hoffte?
Sie war gerade mal 16 Jahre alt. Sie war jünger als er, unerfahrender. Sie war unschuldig und hatte garantiert nicht vorgehabt, das schon so früh zu erleben.
Er fragte sich, wie Yoongi auf diese furchtbare Idee kam. Er war einfach fassungslos enttäuscht. Das hatte er von seinem Freund nicht erwartet. Alles, aber nicht das.
Jungkook drückte die Jüngere etwas von sich weg und sah ihr in die Augen. Voller Ernsthaftigkeit und auch etwas Angst fragte er leise: "Hast du wirklich schon mit Yoongi... geschlafen?"
Lejana wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hatten es schon zweimal getan. Und in diesem Moment war auch alles perfekt, aber nun?
Sie wusste, dass es nicht die beste Idee war, vor einer Klassenarbeit so etwas zu machen, obwohl man lernen müsste. Aber es ist passiert und ändern konnte man daran nichts mehr.
Deshalb senkte Lejana ihren Blick. "Ja, aber es war nicht das erste Mal, keine Sorge..."
"Keine Sorge?!", begann Jungkook und sah sie entsetzt an. "Lejana, ich mache mir nichts anderes als Sorgen. Wieso hast du ihm nicht gesagt, dass du noch lernen musst?"
"Weil ich es bereist wusste", antwortete auf einmal jemand hinter den beiden. Erschrocken fuhren beide auseinander und sahen zu Lejanas Freund hinüber.
"Ich wusste, dass sie eine Klassenarbeit schreibt. Aber es ist nun einmal dazu gekommen, Jungkook. Immerhin habe ich das Vergnügen gehabt, mit ihr schlafen zu können." Yoongi lächelte den Jüngeren hinterhältig an.
"Und jetzt kannst du auch gehen. Lejana ist meine Freundin, nicht deine." Jungkook biss sich kurz auf seine Unterlippe, stand dann auf und verließ die Cafeteria.
Lejana schaute ihm hinterher. Als er nicht mehr in ihrem Blickfeld war, sah sie zu ihrem Freund, der sich bereits neben sie gesetzt hatte. "Lejana", begann er und nahm ihre Hände. "Vielleicht hätten wir das wirklich nicht machen sollen." Seine Stimme war ruhig und seine Augen waren reuevoll.
"Aber bitte bedenke, dass das nur eine Klassenarbeit war. Du bist eine so tolle Schülerin, du kannst selbst mit einer Fünf in der Klassenarbeit noch am Ende die Note Eins haben", versicherte er ihr und gab ihr einen Kuss.
Dann stand er auf und zog sie mit hoch. "Aber nun solltest du in deinen Unterricht gehen. Du willst doch auch weiter eine tolle Schülerin sein, oder?" Lejana nickte.
Yoongi hatte recht. Es war eine Klassenarbeit. Diese wird nicht gleich ihr ganzes Leben ruinieren. Und selbst wenn, sie hatte ja noch ihren Freund an ihrer Seite.
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1522 Wörter
Mal ein längeres Kapitel mit mehr Handlung. Wird ja langsam richtig spannend hier. Besondres zwischen Jungkook und Yoongi könnte es noch interessant werden. Aber da muss ich mir noch was Nettes einfallen lassen.
~🌹LY🌹~