Alter Freund

By MetaruKitsune

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In wildem Gewitter durch dunkle Wälder gejagt, ist Kilian auf der Flucht vor der Vergangenheit - und sie will... More

Tribute von Wattpad

Alter Freund

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By MetaruKitsune

       

Keuchend bricht er durch das regennasse Geäst des alten Waldes, der sein Anwesen umgibt. Er hört seinen Jäger nicht so weit hinter sich folgen, wie es ihm lieb gewesen wäre. Und jener keucht nicht, als platze die Lunge demnächst. Kilian ist es sich nicht mehr gewohnt, ein hohes Tempo über eine längere Strecke zu halten. Ein junger Ast peitscht ihm über die Stirn und lässt die Haut aufreissen. Das Blut, vermischt mit dem Regen, fliesst ihm beinahe in die Augen. Er muss weiter, immer weiter. Der Tod ist ihm auf den Fersen und er kann ihn nicht besiegen. Kilian hatte es einmal versucht und ist dabei gescheitert.

Schlitternd versucht er auf dem aufgeweichten Boden Halt zu finden. Das Gewitter dauerte bereits seit zwei Tagen an. Irgendwo über ihm zuckt ein weiterer Blitz über den schwarzen Himmel, der direkt folgende Donner lässt den Boden erbeben. Er muss fliehen.

Ein weiteres Donnern, das keinen so natürlichen Ursprung hat. Die abgefeuerte Kugel schlägt unmittelbar neben ihm in den Stamm einer Buche ein. Ihm fehlt die Luft für einen Aufschrei.

„Du kannst rennen, du kannst fliehen, Kilian, aber du wirst mir nicht entkommen", brüllt ihm sein Jäger hinterher. Panik droht ihm den letzten Atem zu stehlen. Das ist keine Situation, aus der er sich irgendwie freikaufen könnte. Nein. Die Attentäter, die er ausgesandt hatte, wurden als Leiche in einer Gosse geborgen. Der, den sie unscheinbar hätten töten sollen, der ist jetzt hinter ihm und holt auf. Kilian beschleunigt seinen Schritt und bereut es direkt. Schmerzhaft prallt sein Kopf auf den Boden auf. Er versucht vergeblich, sich aufzurappeln und rutscht noch einmal aus. Nichts bietet ihm einen Halt. Und wo zum Teufel ist er? Wenn er je dachte, dass er den Wald kennt, so belehrt ihn eben dieser eines Besseren. Die vertrauten Pfade hat er längst hinter sich gelassen und sein Glück im Unterholz versucht. Der Regen rauscht immer lauter auf das durchnässte Blätterdach und die Panik beraubt ihm sämtlicher Klarheit. Die Zweige knacken und er sieht in die eiskalten Augen des Verfolgers. Warum trägt er immer noch seinen Hut?, schiesst ihm der Gedanke durch den Kopf. Mit bedrohlich langsamen Schritten nähert sich ihm Elias. Verzweifelt versucht Kilian, sich rückwärts in die vage Sicherheit zu robben. Er spürt immer mehr nassen Stein unter den kalten Fingern.

Elias legt den Kopf schräg und grinst freudlos.

„Was willst du von mir?", brüllt Kilian jetzt. Die Steine werden zu grobem Fels und er hievt sich auf die zitternden Beine.

„Das weisst du genau, alter Freund", sagt Elias mit so unheimlich ruhiger Stimme, als sprächen sie über die aktuellen Wetterkapriolen. Ein weiterer Donner lässt die Felsen vibrieren.

„Wir haben alle geglaubt, du seist tot!"

„Für einen Toten sehe ich aber sehr lebendig aus", stellt das Gegenüber trocken fest. Mit dem Lauf des Revolvers deutet er auf Kilian. „Und das hast du gewusst, als du mich dort in den Bergen zurückgelassen hast. Du hast alles an dich genommen, was uns gehört hätte. Du hast dir alles unter den Nagel gerissen, obwohl du selbst bereits mehr als genug hattest. Selbst Evelyn, obwohl du wusstest, dass ich um ihre Hand bitten wollte."

„Das habe ich nicht gewusst! Sonst hätte ich dich nicht..."

„Was? Du hättest mich nicht im Stich gelassen? Lüg mich nicht an, Kilian. Ich kenne dich mein ganzes Leben lang. Hast du sie mit deinen Lügen getröstet? Ihre Hoffnung an mein Überleben so lange vergiftet, bis sie dich statt meiner gewählt hat? Wie lange hast du sie manipuliert, bis sie mich aufgegeben hat?"

„Wenn du überlebt hast, warum bist du erst jetzt zurück? Warum bist du dann nicht eher zurückgekommen und hast sie geheiratet?", kontert Kilian und wischt sich über das nasse Gesicht.

„Bist du jemals den ganzen Weg zu Fuss gelaufen, weil du alleine für das Essen kaum Geld hattest, geschweige denn für ein Pferd? Dass einzig die Hoffnung, die Liebe deines Lebens wieder in die Arme zu schliessen der Grund ist, warum du überlebt und den Rückweg geschafft hast? Nein. Denn du, alter Freund, du hattest immer genug Geld. Aber Geld macht schwach, Geld macht angreifbar und Geld macht gierig. Du hast den Hals nie vollgekriegt, du wolltest immer mehr von allem." Nur wenige Schritte trennt sie.

„Darum willst du mich jetzt hier im Wald erschiessen?" Die wenige Sicherheit von gerade eben ist wie vom Winde verweht. Elias schüttelt langsam den Kopf und grinst wieder dieses freudlose Grinsen.

„Nein. Das wäre viel zu einfach. Du hast keine Ahnung, wo wir sind, nicht wahr? Folge den Felsen ein wenig mehr nach Norden und versuch nicht, wieder wegzulaufen. Nächstes Mal, wenn ich schiesse, treffe ich. Los!" Mit dem Revolver deutet er die Richtung an und widerwillig gehorcht ihm Kilian. Er fühlt sich nicht wohl, mit dem Rücken zu Elias vorzulaufen. Er muss ihm vertrauen, dass er noch immer seine Ehre besitzt und niemanden hinterrücks erschiesst. Der anstrengende Marsch durch noch mehr Unterholz und über Felsen führen sie zurück auf einen Pfad. Bereits nach einigen Schritten durchfährt ihn der Schreck. Diesen Weg kennt er nur zu gut. Wie angewurzelt bleibt er stehen.

„Lauf", befiehlt Elias ruhig. Der zweite Schuss verfehlt seinen Fuss nur um eine Handbreit. Er zuckt zusammen und geht widerwillig weiter. Die Hütte. Er bringt ihn zur Hütte. Zu Evelyn und den Kindern. Beim ersten Gerücht über Elias' Rückkehr hat er sie davon überzeugen können, dass ein paar Tage abseits des Trubels den dreien guttun würde. Bis dahin wollte er alles erledigt, alle Spuren verwischt und eisernes Schweigen verlangt haben.

„Ich bin seit einiger Zeit zurück, Kilian. Und ich habe dich beobachtet. Ich selbst war es, der die Gerüchte in Umlauf gebracht hat. Dachtest du, dass sie es nie erfahren würde? Du hast dich getäuscht." Ein paar Lichter brennen, das sieht er schon vor Weitem. Selbst der dichte Regenschleier kann das nicht verbergen. Ihm selbst ist sämtliches Zeitgefühl abhandengekommen.

Mit jedem Schritt, den sie sich der Hütte nähern, wächst die Angst. Sie breitet sich immer weiter aus, lässt die Adern gefrieren und sein Herz unregelmässig schlagen. Langsam öffnet er die Tür zu seiner Waldhütte. Die Wärme des Kamins schlägt ihm ins kalte, schmutzige Gesicht und im Spiegel, der direkt neben der Garderobe erhascht, sieht er seine eigenen, angsterfüllten Augen. Wie ein Kaninchen vor einer Schlange. Die sonst immer ordentlichen, schwarzen Haare hängen in nassen Strähnen über das blutverschmierte Gesicht.

„Evelyn? Liebling, bist du noch wach?", ruft er zittrig ins Innere. Keine Antwort. Vielleicht ein gutes Zeichen. Hier gibt es genug, womit er sich wehren kann. Elias schliesst hinter ihnen die Tür und drängt ihn weiter.

„Setz dich. Das Gewitter wird bald etwas nachlassen", ordnet Elias an. Er muss gehorchen. Die tickende Wanduhr verrät ihm, dass der Morgen bereits angebrochen ist. Sein alter Freund setzt sich direkt ihm gegenüber in seinen Lieblingssessel.

„Du wartest auf das Ende des Gewitters?", fragt er vorsichtig. Elias schweigt. Stattdessen holt er aus der Innentasche etwas hervor. Eine Zigarette. Das Streichholz entflammt, entzündet das Ende der Zigarette und wird achtlos auf den teuren Teppich fallengelassen. Ein abgenutzter Stiefel erstickt die kleine Flamme. Lange müssen sie nicht warten. Aus dem hinteren Teil der Hütte sind Geräusche zu vernehmen. Jemand kommt.

„Kilian? Liebling, bist du das? Was machst du um..." Die hübsche Frau in ihrem weissen, weiten Nachthemd will nicht ganz in die illustre Szene passen, die sich ihr beim Kamin bietet. Sie erstarrt mitten im Schritt und sieht die beiden Männer ungläubig an.

„Du", wispert sie und wird beim Anblick von Elias kreidebleich. „Du lebst?"

Die Hand, welche die Zigarette festhält, macht eine vage Bewegung. „Sieht ganz so aus. Weck die Kinder, Eve." Sie ist unfähig, sich überhaupt zu bewegen. Genervt seufzt Elias auf.

„Wenn du die Kinder nicht holst, dann schiesse ich."

„Darling, hol bitte die Kinder", bittet Kilian sie und sie nickt schwach. „Egal, was du planst, verschone bitte meine Kinder!", fleht er jetzt den Tränen nahe. Elias erspart sich selbst diese Antwort.

Minuten später sind alle versammelt. Selbst den Jüngsten wird die Bedrohlichkeit der Situation schnell klar und sie sagen kein Wort. So haben sie ihren Vater nie gesehen.

„Euer Vater ist ein Schwein", durchbricht Elias die Stille und alle zucken zusammen. „Er hat mich im Glauben zurückgelassen, dass ich verrecken werde. Aber euer Vater ist dumm und hat mich unterschätzt, wie ihr seht. Nicht nur wollte er mich einfach sterben lassen, er hat mich bestohlen. Er hat mein Pferd mitgenommen, mein Hab und Gut und selbst eure Mutter hat er mir weggenommen. Er wusste, dass ich sie heiraten wollte, sobald ich zurückgekommen wäre. In seiner endlosen Gier hat er mich, seinen ältesten Freund, dem Tod überlassen wollen. Kilian, du hättest mich erschiessen sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest. Jetzt ist es zu spät."

„Lass meinen Papa in Ruhe!", wendet sich der Ältere der Kinder an ihn. Seine Schwester klammert sich an ihre Mutter und weint leise.

„Das mit den Manieren kommt ganz nach ihm. Junge, du hast erst zu sprechen, wenn du dazu aufgefordert wirst!", ruft er laut genug, dass der Junge sich brav wieder hinsetzt. Elias nickt kurz und wendet sich wieder Kilian zu.

„Nun, was machen wir jetzt mit dir?" Kilians blickt huscht immer wieder von seiner Familie über den Revolver hin zu Elias.

„Mach mit mir, was du willst, aber verschone meine Familie! Sie trägt keine Schuld!" Elias lacht auf.

„Stimmt, deine Brut kann nichts dafür. Aber von dir, Eve, habe ich mehr Vertrauen in mich erwartet. Kaum wird dir erzählt, ich sei ein toter Mann, fickst du den, der dir diese Lügen auftischt. Wie lange hast du gewartet, ehe du dich zu ihm gelegt und ihm die Kinder geboren hast, die mich so wüst beschimpfen? Wenigstens ein paar Tage?"

„Ich habe lange auf dich gewartet", erwidert Evelyn kühl und legt schützend die Arme um ihre Kinder.

„Nicht lange genug", sagt er und lässt die tiefe Traurigkeit durchblicken, die in ihm schlummert. Er hatte sie immer geliebt, erinnert sich an jene letzten Tage, ehe Kilian und er losgezogen sind. Jünger, unschuldiger und unbeschwerter. Die Jahre, in denen er nach seiner Rückkehr die Familie beobachtet hatte, hatten tiefe Falten in sein Gesicht gegraben. Jede Hoffnung, dass sie trotz der Ehe immer noch auf ihn wartete, liess ihn lange ausharren und wurde zu wachsendem Groll. 

Der Lauf zuckt nur kurz in eine andere Richtung, der Schuss übertönt selbst den Donner und der tödliche Kuss der Kugel gräbt ein tiefes Loch in den Kopf des Jungen. Evelyn schreit schrill auf, das Mädchen weint und Kilian starrt fassungslos auf die Leiche. Das Blut taucht alles, was es berührt, in sein unverkennbares Rot.

„Warum hast du das getan?", kreischt Evelyn hysterisch. Der nächste Schuss löscht das Leben des zweiten Kindes aus. Jetzt bricht Evelyn komplett zusammen und fällt ohnmächtig vom Sofa auf den Boden. Kilian weicht ein Stück zurück, um sich zu übergeben.

„Wieso?", bringt er zwischendurch krächzend hervor. 

„Du hast mir in deiner Gier alles genommen, was ich liebte. Es ist nur fair, wenn ich dir wenigstens ein wenig von dem nehme, was dir offenbar so wichtig ist." Der lange Mantel raschelt kurz, als sich Elias zu seiner vollen Grösse aufbaut.

„Sie sind doch unschuldig!", heult Kilian auf und beugt sich weinend über die toten Körper. 

„Wenn du noch an deinen Gott glaubst, dann sind sie jetzt bei ihm. Komm, alter Freund, wir sind noch nicht fertig", sagt er sanft.

„Was willst du mir denn jetzt noch nehmen?" Schluchzend sieht er den Mörder seiner Kinder an. Evelyn. Eiskalt läuft es ihm über den Rücken. Evelyn! „Nein! Nimm mich an ihrer Stelle!"

„Versuch nicht, den Helden zu geben. Heb sie hoch, Kilian. Trag sie."

„Lass sie am Leben, Elias! Du liebst sie doch! Wie kannst du ihr das antun?" Aber der Angesprochen verweigert die Antwort nur ein weiteres Mal.

Zwei Kugeln sind noch übrig. Und Elias ist nach wie vor ein verdammt guter Schütze. Mit diesen zwei Kugeln stellt es für ihn kein Problem dar, sich die beiden vom Hals zu schaffen. Kilian weiss das wohl besser als jeder andere. Sie haben viele Jahre gemeinsam geübt und leere Dosen von Viehzäunen geschossen. Elias ist ein Naturtalent. Scherzhaft meinte er zu der Zeit noch, dass sein Freund mit dem Revolver in der Hand geboren wurde. Jetzt wünscht er sich, dass er nicht so treffsicher ist.

Widerwillig bückt er sich, um Evelyn aufzuheben. Wortlos bedeutet ihm Elias, sie nach draussen zu bringen. Obwohl das Gewitter langsam nachlässt, ist der Regenfall immer noch stark genug, um die Sicht zu beeinträchtigen und das Licht zu schlucken. Angespannt steht er da, seine Frau in den Armen und wartet auf weitere Anweisungen. Was, wenn Elias ihm jetzt einfach in den Rücken schiesst?

„Was nun?", fragt Kilian langsam.

„Hinter die Hütte." Er gehorcht ihm. Mit vorsichtigen Schritten sucht er im schwachen Licht den ausgetretenen Weg, der ihn hinter seine Hütte und zum kleinen Schuppen bringt, in dem sie hauptsächlich das Feuerholz trocken lagern. Er sieht, dass die Tür nur angelehnt ist. Ein ungutes Gefühl beschleicht ihn. Was hat Elias nur vor? Wenn er sie töten will, warum erschiesst er sie nicht wie seine Kinder?

„Fessel sie jetzt an den Pfosten. Hände auf den Rücken und festknoten. Los." Verwirrt schüttelt Kilian den Kopf und dreht sich um.

„Was hast du vor?" Elias lächelt ihn kalt an.

„Tu, was ich dir sage, Kilian." Tausend Gedanken schiessen ihm durch den Kopf. Was hat er vor? Will er sie hier einsperren und verhungern lassen? Oder will er ihr noch Schlimmeres antun? Was kann es Schlimmeres geben, nachdem sie zusehen musste, wie er beide Kinder ermordet hat? Aber er muss das Spiel mitspielen. Alles sträubt sich in ihm dagegen, als er Evelyn an den tragenden Pfosten in der Mitte fesselt. Kaum zieht er das Seil fest, kommt sie zu sich.

„Was...was ist los?", fragt sie verwirrt und sieht sich um. „Kilian? Was tust du da?"

„Er will es so", brummt er und wirft Elias düstere Blicke zu. Er nickt zufrieden und wirft ihm etwas vor die Füsse. Ein Revolver. Deutlich abgenutzt, aber vermutlich immer noch gut in Schuss. Elias mag ungepflegte Waffen nicht. Vorsichtig bückt er sich, sieht ihn sich an. In der Trommel ist nur eine einzige Kugel.

„Du hast jetzt genau drei Möglichkeiten. Du hast die Chance, mich zu erschiessen. Da ich weiss, dass du ein schlechter Schütze bist, wird die Kugel vergeudet und ihr sterbt beide. Du kannst Evelyn erschiessen und selbst am Leben bleiben. Oder du erschiesst dich selber, aber du kannst dir nicht sicher sein, dass ich sie nicht trotzdem töte."

„Oh Gott", stöhnt Evelyn auf und beginnt wieder zu weinen.

„Was soll das bringen?", fragt Kilian wütend. „Das sind doch keine Möglichkeiten!"

„Das ist alles, was ich dir anbieten kann", erwidert Elias schulterzuckend. „Ich habe zwei Kugeln, du nur eine. Entscheide dich jetzt, sonst entscheide ich."

Der Revolver wiegt schwer in den zitternden Händen. Egal, wofür er sich entscheidet, Evelyn würde mit Sicherheit sterben. Unter der besten Voraussetzung würde nur er überleben. Aber war das dann noch ein Leben? Er will keinen geliebten Menschen mehr sterben sehen. Seine grösste Chance besteht nur darin, Elias zu erschiessen. Ein Versuch. Er hat nur einen Versuch. Er öffnet die Trommel, sieht auf die einzelne Kugel. Er schliesst sie und spannt den Hahn. Elias weiss vermutlich nicht, dass er in all den Jahren sein Schiesstraining nicht vernachlässigt hat. Er ist gut geworden, einer der besten Schützen in ihrer kleinen Heimat. Vielleicht ist das Glück auf seiner Seite.

Blitzschnell richtet er den Lauf auf seinen alten Freund und zieht den Abzug. Die Kugel verfehlt Elias nur um Haaresbreite und beisst sich ins Holz. Die Reaktion ist schneller, als er erwartet hat. Er lacht laut auf.

„Du hast nicht gedacht, dass ich in dir immer noch wie in einem Buch lesen kann. Aber du hast deinen Mann gestanden und es versucht." Kaum kommt er am Ende des Satzes an, schiesst er selbst. Evelyn bleibt nicht einmal die Gelegenheit, entsetzt zu schreien. Das obliegt jetzt Kilian. Ein weiteres, tödliches Mal in der Stirn eines geliebten Menschen.

„Das ist der Preis für deine Gier, alter Freund. Du hättest Evelyn nicht verloren, hättest du besser gezielt. Behalte dein Leben."

„Ich werde dich aufhängen lassen!", schreit Kilian in blindem Zorn und stürmt auf Elias zu. Geschickt tritt jener zur Seite und der Angreifende landet bäuchlings auf dem Boden. „Du wirst deine Strafe für diese Morde erhalten", tobt er weiter.

„Und wie willst du das anstellen? Es ist immerhin dein Revolver, der sie erschossen hat." Er kniet sich neben Kilian hin und zeigt ihm die Waffe mit der allzu vertrauten Gravur. „Du hast seinen Verlust nicht einmal bemerkt. Dass ich zurückgekehrt bin, war nie mehr als ein Gerücht. Keiner hat mich gesehen. Sie werden dich für einen Verrückten halten. Und trotzdem, aus Angst vor mir hast du deine Familie in den Wald verbannt und sie dort gnadenlos abgeschlachtet, ehe ein Gespenst es tun konnte."

Entsetzt starrt Kilian die Waffe an. Grob wird er am Kragen gepackt und nach oben gerissen.

„Wenn du dich umbringst, kann ich das verstehen. Dann sehen wir uns in der Hölle wieder, alter Freund. Selbstmord ist eine Sünde. Sogar eine viel Schlimmere, als jemand anderen zu töten. Wenn du deiner Familie im Himmel wieder begegnen willst, lass es. Du wirst nie wieder frei sein, alter Freund. Nie mehr", wispert Elias ihm zu und lässt ihn los. Etwas landet neben seinem Gesicht im Matsch. Der Revolver mit der letzten Kugel. Er greift danach und setzt sich auf dem nassen Boden auf. Elias und die andere Waffe sind beide verschwunden. Alles, was er sehen kann, ist seine tote Frau. Weinend hält er sich den Lauf an die Schläfe. Nein, nicht heute. Die letzte Kugel will er für Elias aufsparen. Die letzte Kugel gebührt dem Mörder seiner Familie.

Entschlossen rappelt er sich auf. Er würde das Gespenst so lange jagen, bis er es findet und es hinrichten kann.

„Im Namen meiner Familie, ich werde dich finden, alter Freund."

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