ℬinbir Gece🌙

By 7cherry7

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🌜ᴡᴀᴛᴛʏs ɢᴇᴡɪɴɴᴇʀ ²⁰¹⁸ - ᴅɪᴇ ᴠᴇʀÄɴᴅᴇʀᴇʀ🌛 Die Unantastbarkeit zwischen dem Mond und der Sonne, des Wassers un... More

🌜WATTYS 2018🌛
Binbir Gece 🌙
Die 1000 Nacht
[ℰrster Akt ]
1➳ À la Mona Lisa
2➳ Tiefblau
3➳ Der Unbekannte
4➳ Schockstarre
5➳ Chaos
6➳ Wiedersehen
8➳ Klippenmädchen
9➳ Das trügerische Märchenbild
10➳ Ich liebe sie nicht
11➳ Die verbannte Sternschnuppe
12➳ Freundschaftsanfrage
13➳ Blind Date
14➳ Schenke mir den Sonnenuntergang
15➳ Der Psarianos-Clan
16➳ Wunder

7➳ Treue vs. Fremdgehen

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By 7cherry7

2015
Üsküdar|Istanbul
{3 Jahre zuvor}

Arzu

𝕾ich in einen Rauschzustand zu versetzen war keine Option. Es war eine Entscheidung, die jeder Mensch freiwillig in Erwägung zog. Ich hatte nie verstanden, warum Menschen sich dieser Wahl -in dem Wissen, was es mit ihnen anstellen würde, bewusst stellten, warum sie darauf aus waren ihren Körper zu vergiften, sich selbst in dem verhängnisvollen müpfigen Sumpf runterziehen ließen. Doch gerade, als ich mit leicht verschwommenen Blick auf das Glas in meiner Hand starrte, dessen Inhalt so faszinierend glitzerte, dass es glatt schon einem wolkenlosen Sternenhimmel glich, da hatte ich das Gefühl diese Art von Menschen erstmals zu verstehen.

Sie vergaßen. Oder zumindest hofften sie zu vergessen.

Ich versuchte es auch. Ich gab mir Mühe, legte keine Pause ein, nahm ein Glas nach dem anderen entgegen, ziellos und ohne Limit. Verschwand dieses dumpfe Gefühl in mir ? Die Verzweiflung, die mich zerfraß, weil ich nichts in der Hand hatte, damit das Schicksal eine 180 Grad Wendung vollführte ? Nicht im geringsten.

Schicksal.

Wie sehr ich an dieses magische Wort glaubte, immer geglaubt hatte. Ich wusste, dass es abergläubisch war, dass es für viele so etwas wie eine göttliche Fügung nicht gab, doch für mich war er immer mein Schicksal gewesen. Er würde mein Schicksal bleiben, er musste es.

Niedergeschlagen und völlig ausgepowert bückte ich mich unseriös über den Tresen. Meine Arme baumelten stumpf an den Holzbalken runter. Mein fast leeres Glas stand genau vor mir. Ich hatte nicht einmal die sonderliche Lust aufzubringen meine wilde Haarmähne von der Stirn zu streichen, oder sie zu einem anständigen Zopf zusammenzubinden. Es war mir gleichgültig. Alles war mir gleichgültig.

In dem Augenblick, wo die Gleichgültigkeit mehr denn je Besitz über meine Sinne nahm, erkannte ich die Reflexion meines übermüdeten erschöpften Gesichts auf dem Glas und von diesem getroffen, wandte ich schnell meine betrübten Augen davon ab und richtete sie auf die vielen Wodkaflaschen, die an den Regalen hinter der Bar aufgestellt waren und von einem azurblauen Neonblau umgeben waren.

Verdammt...
Ich war so ein Wrack, gestand ich mir ein und biss mir auf die Unterlippe, da das altbekannte Zucken meiner Lippen, wenn ich kurz davor war in Tränen auszubrechen, sich zu bekennen gab.

Mit diesem Gedanken huschte mein Blick wenige Sitze weiter weg über die bordeauxroten runden Sitzflächen mit den hohen Hockerbeine, anschließend sie an der Person verharrte, die das genaue Gegenteil vom meinem eigenen Ebenbild darstellte.

Derweilen ich vor mich hin vegetierte, wie immer schlicht gekleidet, relativ unpassend für diese schicke extravagante Bar und geschlagener nicht wirken konnte, war die Person mir Gegenüber gefasst und absolut wachsam, wie als würde er die ganze Welt dominieren. Der ausgesprochen gut harmonisierende Anzug, der seinen eindrucksvollen Körper schmeichelhaft betonte, war enger um seine breiten athletischen Arme umschlossen, derweilen er nach vorne gebeugt, den muskulösen Rücken dabei komplett ausgestreckt ebenfalls an der kaum besetzen Bar Platz genommen hatte und sein Glas mit der Handinnenfläche umzingelte.

Ich beobachtete ihn, wie immer seit dem Abend, als er mir wegen diesem betrunkenen Kerl, der mich belästigt hatte zur Hilfe geeilt war... oder so ähnlich.

Denn schlau wurde ich aus der ganzen Angelegenheit selber nicht wirklich. Ich wollte mich bedanken, aus Höflichkeit dafür, dass er die Courage besessen und nicht tatenlos zugesehen hatte. Wie vom Donner gerührt, als er bemerkte, was ich da vor hatte, hatte er mir barsch das Wort abgeschnitten und gemeint, er wolle kein weiteren Mücks aus meinem Munde hören. Ich verstummte augenblicklich und seit jeher observierte lediglich.

Er war wie immer distanziert. Und obwohl wir nicht viel miteinander sprachen, was an dem ungelungenen Start lag, den ich ablieferte, saß ich doch jeden Abend auf meinem Platz und er auf seinem Platz und bevor ich eingreifen konnte spendierte er mir jedes mal die Drinks. Einen nach den anderen.

Ob es mir unangenehm war ? Auf jeden Fall.

Anscheinend sah man mir mehr als an, dass ich mir das alles nicht leisten konnte und absolut Pleite war. Interessierte mich das hingegen ? Kein bisschen. Zu Beginn war ich skeptisch gewesen, hatte mich gefragt, warum mir so ein Kerl, wie er, etwas spendierte. Doch nachdem ich beobachtet hatte, wie er eine Frau nach der anderen abserviert, wusste ich, dass er mich zum Teil auch als Alibi verwendete, damit die unzähligen hübschen Frauen sich von seinem, puren Attraktivität ausstrahlenden, Aussehen fernhielten. Es machte mir nicht im geringsten etwas aus auf diese Weise ausgenutzt zu werden. Schließlich konnte ich trotzdem in Ruhe meinen Alkohol vertilgern.

Beschwipst und nicht mehr zu 100% bei Bewusstsein, legte ich den Kopf schief und winkte dümmlich grinsend den Barkeeper zu mir, um ihn mit meinen komischen Handbewegungen anzudeuten mein Glas wieder aufzufüllen. Ehe er mich jedoch überhaupt erreichen konnte, mischte er sich plötzlich in unsere konkludente Übereinstimmung ein.

Er hatte nicht einmal zu mir rübergeblickt oder gar mitbekommen, was ich wollte, als er mit ernst klingendem Befehlston in der Stimme sagte:

»Das reicht für heute. Machen Sie ihr einen starken Kaffee pur mit etwas Milch und zwei Würfeln Zucker.«

Mein Blick huschte unmittelbar zu ihm. Ich zog die Stirn in Falten. Was sollte das denn jetzt werden ?

»Ich war noch nicht fertig«, schmollte ich verärgert und leicht aus der Bahn geworfen, dass er sprach, rum.

»Für heute haben Sie eindeutig ihr Limit überschritten«, sagte er kritisch, nippte aber selbst an seinem Glas rum. Sehr überzeugend.

»Mir geht es suppperrrr. Das hat gerade angefangen richtig Spaß zu machen. Wer gibt ihnen das Recht sich in meine Entscheidungen einzumischen ?« Plötzlich bekam ich Schluckauf. Beschämt darüber, verwarf ich die restlichen Worte, die mir auf def Zunge lagen und wartete gespannt auf die Reaktion meines Gegenübes, der immer noch entschlossen darin war, keinen Blick in meine Richtung zu werfen.

War ich wirklich so verloren, sah ich wirklich so schäbig aus, dass er mich nicht einmal ansehen wollte ? Ich wurde stocksauer durch die wahsninns Arroganz, die er ausstrahlte.

»Nein«, antwortete er, als ich unbemerkt wieder nach meinem Glas greifen wollte.

Wie hatte er das nur gesehen ?

Ich ließ mich undamenhaft zurück in meinen Sessel plumsen und murmelte ein:

»Pff Spielverderber«, und bevor ich genervt den Blick abwenden konnte, erkannte ich, wie eine kleine Regung sich kaum merklich auf seinen Mundwinkeln erkennbar machte.

Moment Mal hatte er mich gehört? Fand er die Szene, die sich hier gerade abspielte etwa amüsant ? Wow, dieser Kerl vor mir war doch kein ferngesteuerter Roboter.

Dies ließ mich für einen kurzen Augenblick regungslos stimmen, um diese neu gewonnene Erkenntnis, dass er imstande war mehr als nur ein paar Silben von sich zu geben, zu verdauen. Während uns das Schweigen umhüllte, brachte mir der Barkeeper einen Kaffee und ich entschied mich durch diesen verlockenden Duft und vielleicht auch etwas von seiner einschüchternden Präzenz geleitet, dem nachzugehen, sodass ich langsam die Hände, um die warme Brühe schloss und daraus trank, wohingegen meine Augen immer noch auf seine Statur angeheftet war.

Wie hieß er eigentlich überhaupt ?Stammt er von hier ?, stellte ich mir unvermittelt die Frage, als ich seine ausdrucksstarken Augen erfasste, die gefangen waren von einer Reihe geschwungenen wunderschönen Wimpern.

»Trinken Sie. Dann wird es Ihnen besser gehen.«

Ertappt, errötete ich, als er offensichtlich bemerkte hatte, dass ich ihn musterte und dabei den Kaffee völlig außen vor gelassen hatte. Wie unangenehm.

Nachdem ich schweigend dem nachging, um die peinliche Situation so gut es eben ging zu überspielen, spürte ich mit jedem weiteren Schluck, der meinen Hals hinunterlief, dass ich langsam wieder zu mir kam. Ich war noch nicht ganz bei Sinnen, aber zumindest würde ich nicht herumlallen, wenn ich wieder zum Sprechen ansetzte. Gerade machte ich den Mund auf, weil ich endlich den Mut dazu gewonnen hatte ihn anzusprechen, da tauchte plötzlich an der Theke dicht neben ihm eine Blondine auf, die meine Worte in Keim ersticken ließ.

Die schlaksige Blonsine, die abrupt auf der Bildfläche auftauchte, hatte ein körperbetontes kurzes Kleid an, dass ihr knapp unter die Oberschenkel reichte und ihre beneidenswerten langen Beine betonte. Sie war auffällig geschminkt und hatte wundervolles langes Haar, dass sanft über ihren Rücken verlief. Wow ! Sie sah einfach toll aus, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu freizügig. Ich blickte an mir runter und fragte mich im nächsten Moment was ich hier überhaupt tat. Warum saß ich hier und das jeden Abend mit diesem wildfremden Mann, dessen Namen und Herkunft ich nicht einmal kannte. Er wirkte wohlhabend, aber womit und wo verdiente er sein Geld ? Handelte er auf dem Schwarzmarkt oder im Untergrund ? Nichts als lauter Fragezeichen schwirrten in meinem Kopf herum, als ich die beiden aus der Ferne betrachtete.

Die junge Frau bückte sich über die Theke, streckte dabei bewusst ihren wohlgeformten Hintern aus, was durch das Kleid unübersehbar ins Blickfeld rückte und warf ihm immer wieder verstohlene Blicke zu, derweilen sie dem Barkeeper einige Bestellungen aufgab. Es war offensichtlich, dass sie seine Aufmerksamkeit haben wollte, dass sie sehnsüchtig darauf wartete, dass er sie ansprach. Sie warf immer wieder laut seufzend ihr Haar über den Rücken, doch er hob nicht ein einziges Mal den Blick an.

Gebannt betrachtete ich das ganze Szenario vor mir. Sein Desinteresse faszinierte mich auf mir unerklärliche Weise und ich wollte aus Neugierde wissen, wie die Sache ausgehen würde.

»Hey... Ich habe dich noch nie zuvor in dieser Bar gesehen. Bist du geschäftlich hier ?«

Ich hielt inne. Sie hatte ihn angesprochen! Oh Gott, sie hatte es getan, obwohl er ihr kaum Beachtung geschenkt hatte. Als sie gesprochen hatte klang sie so selbstsicher, wie als würde er jetzt, wenn er sie und ihre Schönheit zu sehen bekam, ganz bestimmt einen Schritt auf sie zumachen.

Doch das selbstgefällige Grinsen verblasste auf dem Gesicht der jungen Blondine, als er seine Glas anhob und sich Zeit lassend daraus trank, wie als wollte er sie absichtlich zur Folter spannen. Dann drehte er sich mit dem Glas zu ihr um.

»Ja, geschäftlich. Wie Sie sehen können habe ich viel zu tun.« Demonstrativ tippte er auf sein Whiskeyglas, was nicht deutlicher seine Abneigung zutage bringen konnte.

»Wenn Sie mich also nun in ihre Ruhe lassen könnten. Schönen Abend noch.«

Ich hielt den Atem an. Ungläubig darüber, von was einer Szene ich Zeuge geworden bin. Auch die angesprochene Dame schien ebenso verblüfft und schockiert zu sein, wie ich, denn mit zerknirschtem Gesichtsausdruck, der sich dann in einen arroganten wandelte, drehte sie ihm abrupt den Rücken zu und verschwand.

Ich konnte mich nicht davon abhalten zu sichern, bei der Szene die sie schob, nur weil sie eine Abfuhr nicht einstecken konnte. Derweilen hob ich meine Kaffetasse an, die mir dann aber genau an den Lippen verharrte, als ich bemerkte, dass er den Blick wieder auf mich gerichtet hatte.

Seine Augen wirkten plötzlich so hart, dunkel... beinahe verloren.
Es war als würde ihm mein Lächeln aus dem Konzept bringen, denn er runzelte unmerklich die Stirn. Ich legte vorsichtig meine Tasse ab.

»Finden Sie das erheiternd ?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Doch als ich aufmerksam lauschte, konnte ich weder klar behaupten, dass es anklagend noch wütend gemeint war. Er schien wirklich interessiert an einer Antwort zu sein.

Ich zuckte zusammen, zog es aber dann doch vor den Mund aufzumachen. Mein Lachen dämpfte leicht ab, doch brach ich nun den  vorhandenen Blickkontakt zwischen uns ab.

Ich zuckte mit den Schultern.

»Es ist irgendwie merkwürdig mitanzusehen... Jeden Abend werden sie von mehreren wunderschönen jungen Frauen angesprochen, die sie offensichtlich begehren und doch weisen sie jede einzelne von ihnen jedes Mal aufs neue ab und sitzen hier.«

»Ich erinnere mich daran, sie seit meiner Ankunft nicht abgewiesen zu haben. Oder sind Sie etwa keine Frau ?«, antwortete er plötzlich und ich konnte nicht deuten, ob er dies scherzhaft meinte oder nicht. Sein durchdringender Blick veranlasste mich dazu nicht weiter still dazusitzen. Unsicher lächelte ich.

»Ja... aber ich bin ich... schauen Sie mich Mal an, ich bin nicht wie diese Frauen, nicht Mal annähernd«, sagte ich und blickte auf meine konventionelle und langweilige Kleidung nieder. Ganz bestimmt nicht.

Er antwortete nicht. Ich hatte sogar das Gefühl, als hätten meine Worte einen falschen Schalter bei ihm betätigt, denn meine Worte schienen ihn just zornig zu stimmen, als seine Augen immer dunkler wurden und eine kalte Maske sich auf seine Züge legte. Diese überspielen wollend und unwissend darüber, was ich falsch gemacht hatte, spielte ich nervös am meinem Ring, ehe mein Blick auf sein Verlobungsring fiel. Jetzt verstand ich das stetige Abblocken seinerseits gegenüber all den Frauen.

Ein warmes Lächeln entstand daraufhin auf meinen Zügen.

»Sie müssen ihre Verlobte wirklich sehr lieben...«, sagte ich und deutete damit implizit nochmal auf den Fakt hin, dass es bis jetzt jede Frau abgewiesen hat.

Ein spöttischer Laut erklang, fast schon knurrend und verärgert. Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas und ließ urplötzlich das Glas so laut auf die Holzplatte knallen, dass ich in meinem Hocker leicht aufsprang.

»Ich halte mich nicht aus bedingungsloser Liebe zurück. Da irren Sie sich.«

Seine Augen waren nun wieder auf meine gerichtet und Sie glühten in dem Feuer, das in seinen Augen zum Leben erweckt wurde.

»Es liegt nicht daran, dass ich es nicht kann, sondern schlichtweg an der Tatsache, dass ich diese Frauen nicht will.«

Demonstrativ hob er den Ringfinger an und tippte abfällig darauf.

»Dieser Ring hier würde mich von nichts abhalten, was ich nicht will.«

Mir blieb der Mund einen Spalt offen stehen. Unglauben machte sich in mir bereit, als ich verstand, was er meinte. Ihn kümmerte es nicht, ob er verlobt war oder nicht. Wenn ihm danach war, würde er fremd gehen, so einfach war es.

Meine Wangen errötete, vor Scham als auch vor Wut. Ich wollte mir nicht einmal ausmalen, wie seine Geliebte zuhause auf ihn wartete und Hochzeitsvorbereitungen erledigte, derweilen er sich begnügte. Ich spürte wie sich die Fassungslosigkeit in pure Abneigung wandelte.

»Sie schauen mich so an als hätten Sie ein Gespenst gesehen...", gab er fast schon belustigt von sich.

»Wie... Wie können sie so etwas tun ?«, gab ich erstickt von mir.

»Wie können Sie dem Menschen, der Sie liebt so etwas antun. Wie können Sie die Liebe so sehr zertrampeln.«

»Liebe ist die reinste Illusion. Die Liebe existiert nicht. Die Menschen bilden sich solch einen Schwachsinn nur ein und glauben dieses Gefühl zu empfinden, das sie auch mit bloßem Sex erlangen können.«

Ich stutzte und blickte bestürzt von seiner Sichtweise auf mein Glas nieder, ehe ich den Mut fasste ihm erneut in die Augen zu blicken.

»Und warum sind Sie dann verlobt, wenn Sie sie nicht lieben ?«

Er antwortete nicht, anscheinend hatte er meinen harten Tonfall herausgehört, denn nun drehte er den Blick wieder zu mir.

»Was ist mit Ihnen ? Sie halten mir hier einen Vortrag von Liebe und maßloser Treue. Und warum sind Sie hier? Tag täglich ? Warum sind Sie nicht bei ihrem Mann ? Oder... lieben sie ihn etwa doch nicht, wie Sie es sich weiß zu machen versuchen ?«"

Ich riss empört die Augen auf. Wie konnte er es wagen ! Wie konnte er in so einem provokanten Ton mit mir sprechen und Andeutungen machen, dass ich hier auf der Suche nach neuer Gesellschaft war. Wie konnte er meine Liebe zu Edis dermaßen in Frage stellen ? Er kannte mich nicht einmal !

»Was fällt Ihnen ein ! Sie kenne mich und meinen Mann nicht. Wie...«

»Sie lieben ihn nicht, stimmt's ?« Schadenfreude flackerte urplötzlich in seinen Augen auf, was  bei mir den Kragen endgültig zu platzen brachte.

»Edis ist mein Leben. Mein ganzes Leben. Er ist derjenige, der mich zum aufblühen bringt, der mich mit Leben und Freude erfüllt. Er ist alles was ich brauche, alles was ich habe und je im Leben möchte. Er ist die Medizin meiner Seele. Niemand... Niemand kann man Liebe zu ihm hinterfragen Das dulde ich nicht.«

Vor Wut schnell auf und ab hob sich meine Brust und insgeheim hasste ich es, dass er mich so in Rage brachte und ich ihm dies kenntlich machte. Das war's, hier würde ich nie wieder hinkommen. Wenn schon dann nur über meine Leiche.

Ich schnappte meine Tasche neben mir und sprang vom Hocker, als ich auch schon, spürte wie sich die Welt um mich herum drehte und der Alkohol seine Wirkung entfaltete. Gerade drohte ich das Gleichgewicht zu verlieren, als sich wie aus dem Nichts ein Arm bestimmend um meine Taille krallte und ich dabei hart gegen eine Brust stieß. Ich öffnete die Augen und blickte in sein Gesicht. Fast schon atemlos blickte er mich an und ich wagte es nicht Wort heraus zu bringen, weil ich ihn zum ersten Mal so von Nahen sah. Seine ausgeprägten Wangenknochen und die einzelne Bartstopeln ließen den Mann in der Nähe viel attraktiver wirken, als er schon den Eindruck übermittelte. Sein dunkler, schwerwiegender Aftershave umgarnte mich.

Ich krallte mich ungeschickt an seinem Jacket fest, obwohl ich ihn am liebsten von mir gestoßen hätte. Doch meine Beine fühlten sich wie Wagelpudding an und ich würde keinen gescheiten Schritt nach vorne setzen können ohne mit dem Gesicht auf dem Boden zu landen.

»Sie sind zu betrunken Arzu...«

Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer als er meinen Namen mit heiser, rauer Stimme aussprach. Aus seinem Munde wirkte mein Name so anders, so einzigartig.

Stoßweise brachte ich heraus:

»Woher... woher kennen sie meinen Namen ?«

Ein Schmunzeln legte sich über seinen Lippen und dieser Stimmungsumschwung brachte mich sichtlich aus dem Konzept.

»Sie sind nicht das erste Mal betrunken.«

Ich schluckte, anschließend ich am ganzen Körper zitternd herausbrachte:

»Aber ich kenne ihren Namen nicht.«

Wieder ein leichtes Kräuseln seiner Lippen.

»Emran. Mein Name ist Emran.«

Ich nickte, außerstande zu reagieren, doch langsam bückte er sich vor und flüsterte mir tief in die Augen blicken zu:

»Ich habe auf die Gesellschaft der Frauen verzichtet Arzu, weil ich sie nicht wollte. Doch ihre Gesellschaft, die will ich.«

Seine Augen verdunkelten sich. Ich atmete schwer, da ich seine Worte nicht ganz entziffern konnte und sie instinktiv auch nicht entziffern wollte. Nur die Worte, die er vorhin gesagt hatte schwirrten in meinem Kopf herum.

Ich entriss mich abrupt aus seinem Griff, blickte ihn ein letzte Mal hart schluckend und völlig durchwühlt an, ehe ich einige Schritte nach hinten machte und dann eilig aus Lokal stürmte, derweilen seine Worte mich verfolgen.

Es liegt nicht daran, dass ich es nicht kann, sondern schlichtweg an der Tatsache, dass ich diese Frauen nicht will.

Doch ihre Gesellschaft, die will ich.

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