Aruna - Die Rote Wölfin

By Alounaria

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Aruna wächst behütet im Pacem Pack auf, geschützt durch das Dasein einer Alphatochter. Doch das Mädchen ist... More

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Arunas Handbuch
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Das Ende - 2. Teil, Danksagung und Meinungen
Bilder & Steckbriefe (Danke ♥ )
Bilder ♥
2. Teil

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By Alounaria

Eine weitere Sekunde stand ich noch wie erstarrt da, presste das kratzige Handtuch fest an meinen nassen Körper.

Und eine weitere. Und noch eine.

Adam lag vollkommen regungslos zwischen uns, der Bogen war neben ihm zu Boden gefallen, sein Gesicht war geradewegs auf die hellen Fliesen geknallt.

Autsch.

Na aber zum Glück hatte er durch Alecs Schlag keine Platzwunde oder so abbekommen, sonst wäre ich hier nachher noch neben ihm zu Boden gesunken...

»Willst du mir jetzt vielleicht mal sagen, was hier los ist?«, brachte Alec schließlich hervor, während er sich an den Türrahmen des Badezimmers gelehnt hatte und mich fragend musterte.

Apropos musterte.

Die Röte schoss in meine Ohren, beinahe unwillkürlich umklammerte ich das Handtuch noch fester.

Alec schien es ihm gleichen Moment zu bemerken, wie ich, doch während mein Herz Tango tanzte, mein Puls raste und mein Kopf kreischend entbrannte, zuckte er einfach mit den Schultern.

»Willst du dir vielleicht was anziehen?«, kommentierte er, ich wollte mir am liebsten die Hände vors Gesicht schlagen.

Nach kurzem Überlegen schien mir das dann allerdings doch nicht die beste Idee. Irgendwie.

»Ehm...«, stammelte ich, kreischte mich innerlich an, mich gefälligst nicht wie eine pubertierende zwölfjährige zu benehmen und nickte dann hastig.

»Ja«, presste ich zwischen meinen Zähnen hervor, schnappte mir meine Sachen, die immer noch auf dem Wäschekorb lagen und drückte mich dann an Alec vorbei, der einfach nur, beinahe amüsiert, eine Augenbraue hob.

Arsch.

Ich hastete die Treppe hoch, ignorierte das dumpfe Geräusch, mit dem Alec begann, Adam aus dem Bad zu ziehen und erst als ich die Tür zu unserem Zimmer zuschlug, konnte ich wieder vernünftig atmen.

Mit einem tiefen Seufzer beeilte ich mich, die Sachen wieder überzuziehen, während ich meinen Kopf am liebsten in kaltes Wasser gehalten hätte, um mich wenigstens ein bisschen zu beruhigen.

Wow. Selbst duschen eskalierte bei mir so vollkommen, das es komplett absurd war.

Ich musste ein Genie sein, ernsthaft. Wenn auch ein ziemlich idiotisches Genie.

Machte das überhaupt Sinn? Ach keine Ahnung, ich war aufgewühlt, okay?!

Denn, dass Adam ein Ven war bedeutete, dass ihr Clan nicht weit weg leben konnte. Und das wiederrum bedeutete Ärger.

Gewaltigen Ärger.

Und zwar nicht nur für mich, sondern auch für werten Herr Vic.

Apropos werten Herr, ich dachte der Idiot kennt sich mit den Standorten der Clans aus, wieso zur Hölle hatte er uns also mitten in ihr Nest geführt?!

Eine der vielen Fragen, die gleich ohne Zweifel aus meinem Mund brechen würde, nachdem ich mich erstmal wieder daran erinnert hatte, wie man überhaupt redete, versteht sich.

Ich atmete einmal tief durch, zog den grauen Pullover zur Vorsicht noch etwas weiter runter und  berührte dabei ausversehen die unebene Haut der Brandnarbe, ein leichter Schauer überkam mich, ich seufzte.

Irgendwann würde ich mich schon an sie gewöhnen, dachte ich.

Genau wie ich mich an die Narbe in meinem Gesicht, die Blindheit in meinem linken Auge gewöhnt hatte.

Ich meine, eigentlich veränderte sie nichts für mich, ich lebte normal, wie jeder andere, vielleicht lief ich unbewusst lieber auf der linken Seite, wenn ich mit anderen Leuten unterwegs war, aber eigentlich war es so, dass ich die Blindheit manchmal sogar vergaß.

Das klang verrückt, oder? Es war nur eben einfach... normal.

Und so würde es bei den neuen Narben auch werden. Ganz sicher.

Naja, war nur die Frage, ob sich die anderen auch an sie gewöhnen konnten, wie ich es vermutlich konnte.

Mir war schon sehr wohl bewusst, dass viele sie als hässlich abschreiben würden.

Hastig schüttelte ich den Kopf. Das war hier nun wirklich nicht das Thema.

Ich schnaubte, stieß die Tür auf, dankte dem Himmel und der Mondgöttin, dass mein Gesicht wieder eine - vermutlich - normale Farbe angenommen hatte und lief dann die Treppe hinunter.

Das nervöse auf- und zuklappen meiner Hände konnte ich dabei allerdings nicht unterdrücken, ich meine hey, immerhin hatte ich gerade immer noch erfahren, dass Adam wohl nicht unsterblich in Alec verliebt war, sondern einfach nur ein verdammter Ven war, der ihn als Vic erkannt hatte.

Naja, vielleicht war er gerade deshalb doch unsterblich in ihn verliebt.

Ich runzelte die Stirn, während ich durch den Flur lief und ausversehen einen alten, grünen Stiefel gegen die Wand pfefferte.

Dass es der Stiefel war, mit dem Alec Adam vollkommen skrupellos niedergeschlagen hatte, versuchte ich dabei geflissentlich zu ignorieren.

Auf jeden Fall war jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, wer in Alec verliebt war, aber mein Gehirn neigte nach wie vor dazu, in stressigen Situationen zu Matsch zu werden und aus meinen Ohren herauszutropfen, also...

Verwirrt blinzelnd blieb ich stehen, als ich die Küche betrat, den Anhänger meines Amuletts so fest umklammerte, dass meine Knöchel vermutlich weiß hervortraten.

»Was genau tust du da?«, fragte ich skeptisch, während Alec mit einem bewusstlosen Adam rang, der vollkommen schlaf da hing und gerade vermutlich auf die Brust des Vic sabberte.

Alec warf mir einen giftigen Seitenblick zu und schaffte es schließlich mit einem lauten Ächzen, den Jungen auf einen der Küchenstühle zu befördern.

»Der Idiot lässt sich auch vollkommen hängen«, grummelte er mehr oder weniger zu seiner Verteidigung.

Ich gab ein merkwürdiges Geräusch zwischen Belustigung und Unglauben von mir, während meine Augenbrauen mittlerweile mit Sicherheit bei meinem Haaransatz angekommen waren.

»Du weißt schon, dass er ohnmächtig ist?«, fragte ich und konnte mir dieses eine, kleine Grinsen nicht verkneifen, dass mich endgültig als geisteskranke Irre diagnostizierte.

Mal ehrlich, in einer Situation, wo vor wenigen Minuten jemand K.O. geschlagen wurde, sollte man mit Sicherheit vieles tun, aber ganz sicher nicht lachen. Aber ich war ja auch noch nie sonderlich normal gewesen.

Alec verdrehte einfach nur die Augen und versuchte den ohnmächtigen Adam irgendwie auf dem Stuhl zu behalten.

Ja, ein wahrlich harter Gegner Alec, ich seh schon.

»Halt dich lieber mit deinen dummen Kommentaren zurück und guck, ob du in den Schränken Kabelbinder findest«, grummelte Alec, ich warf ihm einen bösen Blick zu, ließ die Mauer ratternd hochfahren, bis seine Worte vollkommen zu mir durchdrangen.

Meine Augen weiteten sich.

»Du willst ihn fesseln?!«, keuchte ich ungläubig, während Adams Kopf mit einem dumpfen Geräusch gegen Alecs Brust fiel, was dem wohl eher so semi-gut gefiel, bei dem finsteren Blick, den er Adam zuwarf.

»Ich hab ihn schon ohnmächtig geschlagen, da kann ich ihn ja wohl auch noch fesseln«, meinte er schließlich schulterzuckend und drückte Adams Kopf bestimmt von sich.

Ich seufzte schwer und schlurfte schließlich eher widerwillig zur Küchenzeile rüber.

Bei Lunas göttischem Götter-Scheiß, nach all dem hier würde ich vermutlich in die Hölle kommen...

Vermutlich allein schon wegen dieser Aussage.

»Wieso habe ich das Gefühl, dass du sowas schon öfter gemacht hast?«, grummelte ich, während ich die Besteckschublade, gefüllt mit genau einer einzigen Gabel, wieder schloss.

Ich konnte geradezu spüren, wie Alec beinahe gleichgültig die Schultern zuckte.

»Ich bin ein Ven und du ein Lykanthrop, richtig?«

Ich seufzte. Auch wieder wahr.

Als Ven - nebenbei auch noch Vic - war es wohl seine Aufgabe, so etwas zu tun.

Ich hingegen war nicht wirklich daran gewöhnt, gleichaltrige niederzuschlagen und sie in deren eigenem Haus an einen ranzigen Küchenstuhl, mit noch ranzigeren Kabelbindern, die ich gerade hinter einem Stapel Müllbeutel gefunden hatte, zu fesseln, während der Vater irgendwo irgendwas einkaufen war.

Apropos Ed. Meine Augen weiteten sich, ich wirbelte zu Alec herum, der immer noch mit Adams Kopf kämpfte, welcher wohl fand, dass Alecs Brust ein ganz besonders gemütlicher Ort zum ohnmächtig sein war.

»Was ist, wenn Ed zurück kommt? Was ist, wenn er auch ein Ven ist?«, fragte ich zugegeben ein wenig panisch, Alec sah auf.

Tiefe Furchen bildeten sich auf seiner Stirn, ohne Zweifel hatte er das Zeichen der Ami bereits entdeckt.

Dann streckte er die Hand einfach auffordernd nach mir - oder besser gesagt den Kabelbindern - aus und stierte konzentriert in Adams Gesicht.

»Dann sollten wir uns jetzt lieber beeilen«, murmelte er sehr beruhigend.

Seufzend und vermutlich blass wie eine Leiche, reichte ich ihm die Kabelbinder.

Sollte er ruhig die Führung übernehmen, ob ich hier gleich einen hysterischen Anfall bekommen würde oder nicht, war immerhin auch noch nicht ganz ausdiskutiert, immerhin musste ich ja noch irgendwie einen äußerst kreativen und hilfreichen Beitrag leisten, wie immer eben, da schien ein hysterischer Kreischanfall gerade richtig.

Und während ich also so da stand, und mir überlegte, ob es wohl komisch wäre, wild kreischend im Kreis herumzurennen, band Alec Adam mit geübten Handgriffen am Stuhl fest, seufzte dann erleichtert, als er endlich von dem Jungen wegtreten konnte und stellte sich schließlich neben mich.

Sein Blick glitt zu mir, dann runzelte er die Stirn.

»Hat er dir irgendwas getan?«, fragte er und diese... Besorgnis in seiner Stimme überraschte mich irgendwie vollkommen.

Verwirrt blinzelte ich zu ihm hoch, eine tiefe Furche hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet, als würde er sich tatsächlich um mich sorgen.

Er zuckte mit den Schultern.

»Du bist normalerweise ja schon blass, jetzt siehst du aber echt nicht gesund aus.«

Ich schnaubte.

»Na vielen Dank auch«, murmelte ich, bis mir auffiel, das ich mich wie ein totales Arschloch verhielt und das obwohl er sich tatsächlich um mich zu Sorgen schien.

Ein komischer Gedanke.

Ein wenig milder sah ich also wieder zu ihm auf und schüttelte beruhigend den Kopf.

»Keine Sorge, mir geht's gut, er hat daneben geschossen.«

Überrascht hob Alec eine Braue.

»Er hat geschossen

Ich nickte einfach und sah nachdenklich auf Adams leblosen Körper hinab, mittlerweile hatte sein Kopf auf seiner eigenen Brust Ruhe gefunden und wie er da so hing, blass und zusammengesackt, erinnerte er mich irgendwie an ein kleines Kind.

Vermutlich war es dumm, vermutlich vollkommen verrückt, Mitleid mit einem Typen zu haben, der einen zuvor noch mit einem verdammten Bogen bedroht hatte, aber ich war nun einmal Aruna.

Ich seufzte schwer, während Alec mein Profil aus irgendeinem Grund weiterhin nachdenklich musterte.

»Musstest du ihn denn wirklich ausknocken?«, fragte ich schließlich mit zusammengezogenen Augenbrauen, während ich das frische Zeichen der Ami betrachtete.

Alec schnaubte.

»Seit wann bist du denn der Engel in unserer Beziehung?«

Beziehung?

»Seit wann führen wir eine Beziehung?«, stellte ich eine dumme Gegenfrage, Alec schnaubte, verdrehte die Augen, sah mich danach allerdings nicht an.

»Partnerschaft, Zusammenarbeit, was auch immer«, schnaubte er und noch ehe ich irgendetwas darauf erwidern konnte, er sich womöglich noch mehr in die Scheiße ritt, sprach er einfach weiter.

»Außerdem du Heilige, er hatte nen verdammten Bogen auf dich gerichtet, falls du das noch nicht bemerkt hast. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Lust auf eine Aruna mit aufgeschlitzter Kehle, irgendetwas musste ich ja tun.«

Ich seufzte. Irgendwie hatte er ja Recht, trotzdem hatte ich eigentlich vorgehabt an dem erst Fragen, dann Schießen Prinzip festzuhalten, was aus irgendeinem Grund schrecklich misslungen war, wie der bewusstlose Junge vor uns nur all zu deutlich zeigte.

Super...

Ich verschränkte die Arme vor der Brust, spiegelte so unbewusst Alecs Haltung und musterte Adam unsicher.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte ich schließlich, immerhin war Alec hier der Kerkermeister mit Erfahrung, nicht ich.

Für einen Moment schien Alec zu überlegen und da er wohl der gleichen Meinung war, es wäre keine gute Idee, Adam so lange zu Ohrfeigen, bis er wieder zu sich kam, lief er mit entschlossenen Schritten auf die Spüle zu, nahm sich schulterzuckend ein schmutziges Glas, von dem ich lieber nicht wissen, wollte, was da einmal drin gewesen war, geschwige denn wie lange es schon dort stand, und füllte es schließlich mit eisig kaltem Wasser.

Unter meiner stummen Beobachtung trat er wieder neben mich, ich verzog das Gesicht bei dem Anblick des wirklich ekligen, schmutzigen Wassers und noch ehe ich irgendetwas sagen konnte, ließ der Vic das Glas einfach vorschnelle, sodass sich das widerliche Wasser mit einem lauten Platsch auf dem Gesicht des Jungen vor uns verteilte.

Alec war aber schon so ein kleiner Sadist, oder?

Prustend fuhr Adam hoch, ich zuckte zurück, der Junge wollte laut hustend um sich schlagen, seine Augen weiteten sich, als er die Fesseln um seine Handgelenke und Knöchel spürte und dann erblickte er mich.

Zugegeben etwas nervös strich ich mir ein paar nasse Strähnen hinters Ohr, Adams Augen verengten sich, sein Mund presste sich zu einer schmalen Linie zusammen und ich war mir ziemlich sicher, dass er etwas sagen wollte, bis Alec sich dann plötzlich räusperte, den er aus irgendeinem Grund wohl nicht wirklich wahrgenommen hatte.

Adams Blick schoss neben mich, seine Augen weiteten sich.

»Starr sie nicht so finster an, ich bin auch noch hier, falls du es noch nicht bemerkt hast«, kommentierte Alec stumpf und so kalt wie ich es lange nicht mehr gehört hatte.

Und doch kannte ich diese Stimme. Ich meine, wie sollte ich nicht? Die erste Zeit hatte er nie anders mit mir gesprochen, als so.

»W-Was?«, stammelte Adam vollkommen verwirrt und schüttelte ungläubig den Kopf.

Dann allerdings schien ihm ein Geistesblitz zu kommen und während ich die Hände immer noch abwehrend vor meiner Brust verschränkt hatte, riss er den Kopf beinahe wild wieder zu mir.

»Sie ist einer von ihnen!«, keuchte er mit so viel Abscheu in der Stimme, dass es mich schauderte.

Na vielen Dank auch, ich habe dir wirklich viel getan...

Seine Augen huschten wild hin und her, dann erfassten sie wieder Alec.

»Du musst aufpassen Cole! Sie ist eine von den Scheiß Wölfen! Eine Missgeburt Cole!«

Autsch.

Langsam reichte es dann aber auch mal, oder?

Ich spürte förmlich, wie Alec sich neben mir anspannte und unter dem vernichtenden Blick, den er Adam daraufhin zuwarf, erstarrte der vollkommen.

»Also erstens, heiße ich Alec und nicht Cole«, knurrte der Schwarzhaarige schließlich, was Adam verwirrt blinzeln ließ.

Dann beugte er sich beinahe unmerklich vor, seine Stimme war leise, aber so voller Gift und Kälte, dass es einen betäuben konnte.

Adam erzitterte unter Alecs Präsenz.

»Und zweitens kannst du froh sein, dass sie überhaupt hier ist. Ansonsten würde ich nicht zögern deinem idiotischen Ich eine zu verpassen für diese beschissene Aussage, wie du verdammter Vollidiot es verdient hättest.«

Meine Augen weiteten sich und ich wusste ehrlich nicht, wer Alec überraschter ansah.

Wow.

Meine Finger kribbelten, mein Herz machte einen kleinen Sprung.

Wer hätte gedacht, dass Alec, der Ven schlechthin, irgendwann mal jemanden wie mich, einen Lykanthropen, in Schutz nahm?

Ich vermutlich am allerwenigsten.

Und so kam es, dass es für eine geschlagene Minute vollkommen still in der Küche war, Adam hatte wohl schon seit mindestens dreißig Sekunden vergessen, wie man richtig atmete.

»W-Was?«, krächzte er schließlich vollkommen ungläubig, blinzelte heftig, warf mir dann einen Seitenblick zu, viel mehr überrascht als Feindseelig.

Ich atmete tief aus und rieb mir die Stirn. Und wie sollten wir ihm das jetzt erklären?

Alec stierte immer noch vollkommen kalt auf den Jungen hinab, seine Miene so eisig, dass es einen frösteln konnte.

Wow, was war denn jetzt mit dem los?

»Also«, ertönte dann plötzlich wieder Alecs Stimme, ich war wohl noch viel zu überrascht, um irgendetwas zu sagen.

»Wo ist dein Clan? Wieso weiß ich nicht, dass hier in der Nähe einer lebt?«

Dass Alec nicht einmal wusste, wo hier in der Nähe überhaupt war, behielt ich wohl lieber für mich.

Adam blinzelte immer noch vollkommen verwirrt, sah zwischen Alec und mir hin und her und hin und her und hin und her, dass einem schwindelig werden konnte.

Es war offensichtlich, dass er nicht vor hatte, Alec diese Frage zu beantworten.

Also räusperte ich mich irgendwann schließlich und verknotete meine Hände ineinander, damit man ihr Zittern nicht sehen konnte, dass seit Adams Missgeburt Aussage in mir aufgekeimt war, was eigentlich total bescheuert war, weil ich nicht dumm oder naiv oder sowas war - okay, nur manchmal - und sehr wohl wusste, wie viele Menschen mich oder Leute wie mich hassten.

Adam wusste wohl selber nicht, wie er fühlen sollten und die dutzenden Gefühlsregungen in seinem Gesicht machten einen genau so schwindelig wie das ganze hin und her gucken.

»Hör zu«, begann ich schließlich und wegen seinem unentschlossenem Gesicht - Wow, Alecs Aussage musste ihn wirklich tief getroffen haben. Vielleicht, weil er Vic war - fasste ich die Entschlossenheit, weiter zu reden.

Ich räusperte mich erneut.

»Wir haben nicht vor, dir weh zu tun oder so.«

Ich warf Alec einen warnenden Blick zu, der zuckte bloß mit den Schultern. Naja, ich hatte zumindest nicht vor, ihm wehzutun, wie das da bei Alec aussah, wusste ich ehrlich gesagt nicht wirklich, aber das behielt ich wohl lieber für mich.

»Wir brauchen nur ein paar Antworten, um diese Situation zu verstehen und einschätzen zu können.«

Für einen Moment hielt ich inne, er sah mich vollkommen stumm, vollkommen erstarrt an.

Ich dachte an Alecs Worte von gestern und runzelte die Stirn.

Leute helfen nur, wenn sie etwas haben wollen.

Vielleicht traf das nicht auf alle zu, aber auf manche ganz sicher.

Vielleicht - nein, sehr wahrscheinlich - ebenfalls auf Adam.

Ich biss mir etwas nervös auf die Lippe, fing mir dabei einen bösen Blick von Alec ein, für einen Moment schoss mir die Erinnerung von damals in den Kopf, kurz nach den Sommerferien, als er mich auf die Jungentoilette geschleift hatte und mich anblaffte, dass er es hasste, wenn sich jemand auf den Lippen herum biss.

Ich verdrehte die Augen und seufzte schließlich.

»Okay, wir machen es so, wir stellen eine Frage und du antwortest ehrlich und dann darfst du eine Frage stellen und wir antworten ehrlich.«

Alec starrte mich an, als hätte ich ihnen gerade offenbart, dass ich eigentlich ein Kerl war, der bei Nacht gerne mit seinem Einhorn Thorsten durch die Lüfte flog, während Adam verblüfft blinzelte.

»Ich glaube, du hast das Prinzip des Verhöres noch nicht wirklich verstanden, Aruna«, meinte Alec schließlich mit gerunzelter Stirn und sah mich tatsächlich so an, als wäre ich ganz plötzlich von einer schweren, ansteckenden Krankheit befallen.

Dass ich nicht wirklich Emma, sondern Aruna hieß, schien Adam nicht einmal mehr wirklich zu verwirren.

Ich zuckte bloß mit den Schultern und strich mir die nassen Locken auf den Rücken.

Dann wandt ich meinen Blick zu Alec, die Verwirrung war mehr als deutlich in diesen bekannten, stahlgrauen Augen, zu erkennen.

»Und ich dachte, du hättest das Prinzip der Menschen verstanden, wie du immer sagst, Alec«, entgegnete ich einfach, Alec schnaubte, sah mich weiterhin ungläubig an, als wäre ich verrückt, was mich aus irgendeinem Grund mehr als nur ärgerte.

Für einen Moment starrten wir uns einfach nur an, bis sich plötzlich jemand räusperte.

Wir zuckten zusammen, unsere Blicke fielen im gleichen Moment auf Adam hinab, als hätten wir ihn tatsächlich für eine Sekunde vergessen, was eigentlich total bescheuert war.

Unsicher blinzelte er mich an, als traue er sich unter Alecs brennendem Blick nicht wirklich, etwas zu sagen.

Naja, immerhin war der auch immer noch irgendwie Vic.

»Ehm«, stammelte er, senkte den Blick, starrte auf seine gefesselten Beine, dann hob er den Blick plötzlich wieder.

Für den Bruchteil einer Sekunde huschte sein Blick zu Alec, beinahe augenblicklich zuckte er zusammen, dann blickte er mich an.

Es wirkte beinahe so, als hätte er mehr Angst vor Alec, als vor mir, was eigentlich total banal war, immerhin war ich hier der Lykanthrop und nicht er.

Naja, dass ich irgendwie die Nettere in unserer Beziehung war, zumindest mehr oder weniger, war allerdings irgendwie nicht wirklich überraschend.

Moment. Warum fing ich jetzt auch mit diesem bescheuerten Wort an. Zusammenarbeit, Aruna, keine Beziehung.

Mein Kopf brummte. Halleluja...

»Mir gefällt ihre Idee«, nuschelte Adam schließlich, senkte den Blick wieder, was mir erneut zeigte, dass er keiner dieser blutrünstiger, skrupelloser Ven war, was vermutlich auch daran lag, dass er kaum drei Tage einer sein konnte.

Unser Timing war aber auch mal wieder einsame Spitze...

Alec seufzte, für einen Moment sagte keiner von uns etwas, der Schwarzhaarige rieb sich die Schläfe, als hätte er furchtbare Kopfschmerzen, ich wartete irgendwie gespannt auf seine Reaktion.

Ehrlich gesagt würde ich ihm zutrauen, dass er Adam jetzt einfach so eine knallen würde, weil wir ihn so sehr frustrierten und er mich ja schlecht schlagen konnte.

Okay, konnte er schon, er würde es nur nicht machen. Vermutlich.

Schließlich ließ Alec ergeben die Schultern sinken.

Sein Blick fiel für einen Moment auf mich, ein undefinierbarer Ausdruck in seinem Gesicht, er musterte mich, ich stellte mich tapfer dieser Musterung, blieb vollkommen aufrecht stehen.

»Schön«, seufzte er schließlich.

»Dann verhören wir jetzt eben auf Aruna-Art.«

Beinahe augenblicklich hoben sich meine Mundwinkel etwas und auch wenn Alec mich warnend ansah, konnte ich mir dieses eine, kleine, triumphierende Grinsen nicht verkneifen.

Na wenigstens hörte er ein einziges Mal auf mich. Ich konnte mich nicht erinnern, wann das zum letzten Mal geschehen war, wenn ich ehrlich sein sollte.

Seufzend zog ich mir den zweiten Stuhl heran, ich für meinen Teil fände es an Adams Stelle immerhin besser, auf Augenhöhe mit den Leuten zu sein, die mich gefesselt hatten.

Für den Bruchteil einer Sekunde kam das Bild eines grausam grinsenden, narbenverzehrten Gesichts in mir auf. Cal.

Ich schluckte schwer.

Alec währenddessen schien nicht wirklich vorzuhaben, sich ebenfalls hinzusetzen.

Er stützte sich mit der linken Hand auf der Lehne meines Stuhles ab, mehr allerdings nicht.

Ich seufzte, typisch irgendwie. Allerdings war es vielleicht doch besser, bliebe er der skeptische in unserem Team, falls ich mich in Adam vollkommen irrte.

»Also«, ich räusperte mich.

»Was hat es mit dem Clan auf sich? Warum wissen wir nichts von ihm?«

Für einen Moment blickte der Junge wieder hinab, das schmutzige Wasser perlte von seinem Kinn ab, die vorderen Strähnen seines Haares klebten nass an seinem Schädel, ich rümpfte die Nase.

Ich an seiner Stelle würde es wirklich ekelhaft finden, er allerdings schien es irgendwie nicht einmal vernünftig zu bemerken.

Für einen Moment schien er zu überlegen, fragte sich wohl, ob es Verrat war, was er hier tat, aber ganz offensichtlich war er noch nicht wirklich vertraut mit den Regeln seines Clans.

Schließlich seufzte er.

»Sie sind erst vor einem Monat hergezogen. Drei Städte weiter«, erklärte er leise.

»Wieso bist du ihnen beigetreten?«, fragte Alec kalt, ich legte meinen Kopf in den Nacken, Alecs Stirn hatte sich in tiefe Falten gelegt, als er meinen Blick bemerkte, zuckte er mit den Schultern.

»Ich dachte, jetzt darf ich eine Frage stellen«, bemerkte Adam kleinlaut und noch ehe Alec etwas sagen konnte, ihn vermutlich ganz gentlemanlike anfauchen würde, nickte ich hastig.

»Natürlich.«

Wenn wir etwas erfahren wollten, wäre es wohl vorteilhaft, sich an Abmachungen zu halten.

Adam traute sich nicht, Alec anzusehen, der den Griff um meine Lehne festigte.

Er blinzelte auf seine Füße hinab.

»Also...«, begann er unsicher.

»Was hat das zu bedeuten? Wieso... ich meine... ihr beide... Ihr wisst voneinander, aber wieso geht das... in Ordnung für euch?«

Alec schien ganz offenbar ziemlich genervt und Ironie sah ihm ehrlich nicht ähnlich, aber trotzdem verhielt er sich offensichtlich komplett komisch.

Vielleicht, weil er endlich vernünftige Antworten wollten.

Er verdrehte die Augen und schnaubte.

»Weil wir uns ineinander verliebt und vor nem Jahr geheiratet haben, dann eine bezaubernde kleine Tochter bekommen haben und unser Sohn ist schon auf dem Weg, das Haus wird grad noch gebaut«, grummelte er, gleichzeitig schossen unsere ungläubigen Blicke zu ihm hoch, ich blinzelte heftig, verstand nicht, was plötzlich mit ihm los war und als Adam seinen Blick dann auch noch mit großen Augen auf meinen Bauch senkte, verschluckte ich mich beinahe an meiner eigenen Spucke und gab ein ungläubiges Geräusch von mir.

»Du bist der größte, dümmste, verdammte Idiot auf dieser verkorksten Welt, weißt du das eigentlich?«, zischte ich ungläubig, Alec zuckte trocken mit den Schultern, Adam schien vollkommen geschockt.

»Du bist schwanger?«, hauchte er mit großen, reuevollen Augen.

»Ich hätte fast ein kleines Baby getötet?!«

Adams Blick huschte angstvoll zu Alec, als hätte er wirklich Angst vor der Strafe, die ihm blühen würde, weil er beinahe den Sohn eines Vics getötet hätte.

Ich seufzte schwer und widerstand dem Bedürfnis, mir gegen die Stirn zu schlagen.

Oder Alec. Am liebsten Alec.

»Er verarscht dich nur«, knurrte ich schnaubend, Adam blinzelte mich vollkommen verwirrt an, ob er wohl wusste, dass Lykanthrop und Ven sich normalerweise nicht einmal berühren konnten?

»Wir sind weder verliebt, noch haben wir geheiratet und Kinder sind auch vollkommener Schwachsinn, genau wie das Haus.«

Adam blinzelte mich heftig an, ich trat Alec mit voller Wucht auf den Fuß - Strafe musste sein!

Der keuchte überrascht auf und zischte einen wütenden Fluch, während ich zufrieden grinste, woraufhin er finstere Löcher in meinen Hinterkopf bohrte.

Dann erinnerte ich mich daran, dass es vielleicht schlau wäre, Adam vernünftig zu antworten.

»Die Situation zwischen unseren Familien hat sich etwas... angespannt. Wir sind wohl ziemlich die einzigen, die die anderen als Menschen und nicht als Monster sehen können«, erklärte ich also, dass es tatsächlich überhaupt keinen Sinn gemacht hatte, dass wir uns am Anfang nicht sofort abgemurkst hatten, ließ ich dabei wohl besser außen vor.

»Aber«, setzte Adam verwirrt an.

»Ich dachte... Werwölfe... Sie sind kaltherzige Monster, die unschuldige Menschen angreifen, meinte Florence.«

Florence musste eine ganz schöne Arschgeige sein.

»Ich dachte, jetzt dürfen wir eine Frage stellen«, äffte Alec dann plötzlich Adam nach, ich blinzelte verwirrt zu ihm hoch.

Was zur Hölle war in den Vollpfosten gefahren?! Seit Adam aufgewacht war und den Mund aufgemacht hatte, schien er ihn geradezu zu hassen.

Halleluja, sollte mal einer aus dem schlau werden...

Ich räusperte mich.

»Wir sind nicht alle so, kaltherzige Monster meine ich. Wie ich dir gesagt habe, es gibt Unterscheidungen und schwarze Schafe gibt es sowieso überall«, verteidigte ich mich und in gewissem Maße die Lykanthropen, bevor er allerdings erneut etwas fragen konnte, redete ich weiter.

»Aber Alec hat Recht, jetzt sind wir dran. Also, warum bist du ihnen beigetreten?«

Zufrieden blickte Alec auf mich hinab, als hätte er gerade den Kampf um die Gunst seiner Mutter gewonnen.

Ich würde ihn definitiv später darauf ansprechen, welcher Teufel ihn hier geritten hatte und wieso er sich so benahm wie ein verdammtes, kleines Kind, was ihm eigentlich absolut überhaupt nicht ähnlich sah.

Wieder ließ Adam den Blick sinken.

»Das ist eine lange Geschichte«, murmelte er beinahe traurig, was mich stutzig werden ließ.

Oh nein. Bitte keine weitere, herzzerreißende Geschichte, die mir aufzeigte, dass ich der verdammten Rasse von Monstern entsprungen war.

Unempathisch, wie Alec nun einmal war, schnaubte er bloß und zuckte mit den Schultern.

»Na dann erzähl, wir haben Zeit.«

Dass das eigentlich nicht stimmte, ließen wir jetzt mal außen vor...

Um genau zu sein, hatten wir nämlich absolut keine Zeit und der Gedanke, dass Ed jeden Moment durch die Tür kommen könnte und uns in dieser äußerst eindeutigen Position vorfinden würde, ließ mich ganz hibbelig werden.

Aber ich blieb still.

Und als Adam dann wieder aufsah, als ich das Glänzen in seinen rehbraunen Augen sah, sah, wie er das Beben seiner Lippe verzweifelt verbergen wollte, schluckte ich schwer.

Verdammt.

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