Aruna - Die Rote Wölfin

By Alounaria

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Aruna wächst behütet im Pacem Pack auf, geschützt durch das Dasein einer Alphatochter. Doch das Mädchen ist... More

Das kleine Handbuch für Inbecillis - Lykanthropen
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Venatores Aequitatis
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Sanguisuga
Arunas Handbuch
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Das Ende - 2. Teil, Danksagung und Meinungen
Bilder & Steckbriefe (Danke ♥ )
Bilder ♥
2. Teil

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By Alounaria

Ich bekam keine Luft mehr, alles schien sich zu drehen, schien zu verschwimmen.

Nur sie nicht.

Ich wollte die Augen schließen, wollte es wirklich, doch ich konnte einfach nicht. Sie waren weit aufgerissen, voller Angst, voller Panik, voller Schmerz.

Konnten sich einfach nicht von diesem Anblick lösen.

Jemand griff nach mir, ich spürte nicht einmal, wie ich hochgezogen wurde, hörte die flehenden Geräusche, die aus meinem Mund kamen kaum.

Dieser Anblick... dieser Anblick... ihre Tragen waren vor der Veranda abgestellt worden, ihre Körper hoben sich klar unter den Lacken ab und dieses Blut... dieses ganze Blut.

Mir wurde schlecht, mein Herz... mein Herz...

Es war überall, das Blut... langsam suchte es sich einen Weg über den Boden, schien beinahe auf mich zuzukommen, als würde es mich verspotten, mich höhnisch angrinsen, rot erstrahlen, um mich zu blenden.

Nur mich...

Sie atmeten nicht. Sie atmeten nicht....

Ich flehte, flehte wie ich es noch nie getan hatte, rief verzweifelt nach meinen Geschwistern, jemand drückte mich an sich, doch ich konnte nicht wegsehen... ich konnte einfach nicht...

Ylva...

Ylva... meine Ylva... tu mir das nicht an... ich brauche dich doch... ich brauche dich doch Yve... lass mich nicht alleine... Ylva... rette mich... lass mich nicht ertrinken... ich brauche doch meine große Schwester... ich brauche dich doch...

Mein Mund öffnete sich, ich hatte keine Kraft mehr, merkte nicht einmal, dass Lilith mich hielt, meine Tränen vernebelten meine Sicht, doch da waren immer noch diese Tragen...

ihre starren Körper... das Blut... dieses ganze Blut...

Und auf einmal schossen mir ihre Augen in den Kopf.

Ylvas wunderschöne, wunderschöne grünen Augen, wie sie starr nach oben oben blickten, alles Leben, alle Liebe aus ihnen erloschen...

Fenris dunkle Augen... starr... einfach... tot.

Nein!

Ich schrie.

Ich rief ihre Namen, wehrte mich gegen Liliths Griff, sie hielt mich unerbittlich fest, es war beinahe so, als würde ein kalter Wind aufkommen der alle erschaudern ließ, die Lykanthropen gingen in die Knie, alle waren da, ich konnte nicht aufhören zu schreien, die Gardisten hatten Lupa und Phelan weggebracht, meine Mutter war vor ihren Leichen zusammengebrochen, mein Vater hielt sie, Lilith wollte mich wegbringen.

»NEIN!«

Ich schrie.

Nein! NEIN!

Ich muss doch zu ihnen... ich muss ihnen doch helfen... sie brauchen doch meine Hilfe...

Fen!

Oh Fen bitte!

Bitte, du musst mich hören!

Nicht du! Nicht ihr!

Ich schaff das doch ohne dich nicht...

Fen... Fenny... bitte... bitte... Lass mich nicht alleine... nicht so Fen... nicht so...

Bitte... ich brauche euch doch, ich brauche doch meine Geschwister, ich brauche euren Rat, ich brauche eure Umarmungen, Yvy bitte, wem soll ich sonst meine Probleme anvertrauen, wenn ich das erste Mal verliebt bin...

Wer soll mich in den Arm nehmen, wenn mein Herz das erste mal gebrochen wurde... wer sollte mich dann hallten... Yvy... Fen... bitte... ihr müsst mich hören...

Ihr müsst doch...

Die heißen Tränen rannen über meine Wange, Lilith brüllte auf mich ein, ich hörte nicht, sie sollte mich in Ruhe lassen!

Sie sollte nicht sagen, dass alles wieder gut werden würde!

Denn das würde es nicht...

Nie wieder... nicht wenn Ylva... wenn Fenris...

Ich bemerkte nicht einmal, wie ich Lilith am Kinn erwischte, sie ließ mich los, ich krachte zu Boden.

»Ylva!«, schrie ich, streckte meine Arme nach ihr aus, wollte sie erreichen, wollte, dass sie mich hielt, wollte, dass sie mir über den Rücken strich und sagte, dass alles wieder gut werden würde, mein Haar küsste und versprach, dass es besser werden würde, wie sie es sonst immer tat...

Ylva... Fenris... Fen... bitte...

»Fen... Fenny... bitte...«

Ich wusste nicht, wie ich es schaffte, ich taumelte hoch, schien wie in Trance, mein Körper handelte, ohne, dass ich es steuerte...

Blut... dieses ganze Blut...

Blutrote Laken... wie es sie tränkte... dieser metallische Geruch in der Luft...

Dieser Geruch... der Geruch nach Tod.

Der Geruch nach zwei erloschenen Leben...

Und dann sackte ich wieder zusammen, die schwarzen Punkte begannen vor meinen Augen zu tanzen, mein Körper brach einfach über ihnen zusammen, ich klammerte mich an den leblosen Körper, weinte um sie, schrie nach ihnen, umklammerte Fen ganz fest, das Blut verunreinigte meine Haut, ich presste die Augen zusammen, wollte es nicht sehen, wollte einfach nicht, doch ich konnte sie doch auch nicht einfach so alleine lassen... ich musste sie doch beschützen...

Alles in mir erzitterte, sein Körper schien so kalt, ich klammerte mich an seine Brust, seine Hand lag starr auf dem Boden, dieses Blut... ich konnte ihn einfach nicht loslassen... nicht er, nicht Fen... nicht mein Fen... Ylva... Ylva... nicht Ylva...

Das Blut tränkte meine Haare, ich würgte, der Geruch machte mich schwindelig, jemand wollte mich wegzerren, ich klammerte mich an meinen Bruder, sein Körper gab einfach unter mir nach... dieses Gefühl... dieses Gefühl von seinem kalten, erschlafften Körper unter mir, Ylva so dicht neben uns, kalt und starr und...

Ich würde es nie wieder vergessen. Nie wieder.

»NEIN!«, schrie ich, »NEIN! LASST MICH! LASST MICH! SIE SIND MEINE GESCHWISTER! LASST MICH! NEIN!«

Ich musste wahnsinnig klingen. Ich fühlte mich wahnsinnig. Ich war wahnsinnig.

Mein Herz... mein Herz... es tat so weh...

Nein...

Sie durften nicht tot sein... Sie konnten einfach nicht...

Ich bekam nicht mit, was um mich herum geschah, konnte nur an sie, an das ganze Blut denken, an ihre erschlafften Körper...

»SIE ATMEN NICHT! SIE ATMEN NICHT!«

Ich kreischte.

Mein Vater packte mich, zog mich mit einem Ruck von meinem toten Bruder weg, ich klammerte mich an ihre Hände, wollte sie festhallten, das Grauen packte mich, sie waren so kalt... so kalt...

Wie Puppenhände gaben sie einfach unter meinem Druck nach, fielen erschlafft und blass und kalt auf den Boden, ich bekam keine Luft mehr, roch nur noch dieses Blut... dieses ganze Blut...

Ihre Herzen... einfach aufgehört.

Ich schrie, schlug um mich, wand mich in Tens Armen, er redete auf mich ein, ich hörte es nicht, er drückte mich einfach ganz fest an sich, Mum wurde weggezerrt, ich gab ein ersticktes Geräusch von mir, heulte auf wie ein verletztes Tier, zitterte, bebte, es war so kalt... so kalt... die Welt war so kalt...

»Dad...«, meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen, ich konnte nicht mehr schreien, mein Atem ging immer panischer, meine Brust hob und senkte sich rasend, meine Augen verdrehten sich nach hinten.

»Dad... tu doch was..

Ich flehte. Ich weinte. Ich wollte nicht mehr...

Doch nicht ohne sie...

»Aruna... Aruna beruhig dich... Beruhig dich mein Engel...«

Und dann brach ich einfach zusammen, Ten hielt mich im letzten Moment fest, meine Beine gaben nach, ich wimmerte, ich schluchzte, vergrub meinen Kopf tief an seiner Brust, er schien nicht gewillt mich loszulassen, dieses Blut... dieses Blut... es klebte an mir, beschmutzte meine Haut, lastete schwer auf ihr, schien sich geradezu in mein Innerstes zu fressen, an meinen Händen, meinem Gesicht, in den Haaren, überall... überall...

Stimmen drangen an mein Ohr, ich wollte sie nicht hören, wollte sie einfach nicht hören, wollte einfach umkippen und nie wieder aufwachen.

Nie wieder... nicht ohne sie... doch nicht ohne sie...

Ich brauchte sie doch... wie sollte ich denn ohne sie atmen?!

»Ein Ven... bei ihnen... tot...«

Ich verstand gar nicht wirklich, was der Gardist zu meinem Vater sagte, der mich immer noch fest an sich drückte, konnte es in diesem Moment einfach nicht verstehen, mein Körper schien nicht in der Lage, diese Information zu verabeiten...

Und dann wurde Fenris plötzlich angehoben.

Ich wusste nicht, was in diesem Moment mit mir geschah.

»NEIN!«, ich kreischte so wirr und wahnsinnig und verletzt und gebrochen auf, wie ich es noch nie getan hatte, riss mich von meinem Vater los, wollte zu Fen rennen, zu meinem Fen, wollte ihm helfen, sie durften ihm doch nichts tun... sie durften nicht...

die Gardisten hielten mich ab, einer packte mich um die Hüfte, hob mich einfach hoch, er weinte... er weinte...

Thomas... Thomas... Der Junge, über den sich Ylva immer so schrecklich aufgeregt hatte...

»LASS MICH LOS!«

Ich kreischte, ich schrie, ich weinte, ich kämpfte, Fenris wurde einfach weggetragen, mit panischen Augen sah ich ihm hinterher, Thomas hielt mich fest, der Druck an meinem Bauch raubte mir fast den Atem, mein Magen drehte sich um, dieses Blut... dieses Blut... überall... ich ertrug es nicht.

»YLVA!«

Ich schrie ihren Namen, als man sie packte, zappelte wie wild, völlig außer mir, Thomas schrie auf mich ein, ich hörte nicht, hörte einfach nicht.

»YLVA!«

Nein! Nein!

Ich brauche euch doch...

»Keine Angst«, schluchzte ich, wimmerte ich, keuchte ich, konnte nicht mehr schreien...

»Ihr braucht keine Angst haben... ich helfe euch...«

Meine Stimme erstarb einfach, das dunkle Blut rann meinen Arm hinab, mein ganzer Körper erbebte, dieses Blut, dieses Blut... ich hielt es nicht aus... panisch rieb ich über meine Arme, wollte es einfach loswerden, doch es schien überall... ich ertrug das nicht... ich ertrug das einfach nicht...

Lass mich los! Lass mich los!

Ich schrie Thomas an und doch verließ kein Laut meine Kehle, ich schlug nach ihm, trat nach ihm, wimmerte auf, drückte mich mit ganzer Kraft von ihm weg, mein Vater sank in die Knie, sein Kopf fiel hinab, seine Hände falteten sich Kraftlos zusammen...

Dad... Daddy... nicht... nicht...

Du musst doch stark sein... du bist doch immer stark...

Dir und Mum... euch kann doch niemals etwas anhaben...

Niemals...

Und dann traf ich Thomas mit voller Wucht im Gesicht, er keuchte auf, ließ mich einfach los, ich ging in die Knie, noch ehe sie reagieren konnten handelte ich einfach.

Ich rannte.

Ich rannte und rannte und rannte und weinte und keuchte, wimmerte und klagte, mein Herz schlug einfach nicht mehr, die kalten Schauer schüttelten mich, ich sah nichts mehr, Ylva und Fenris...

Ylva... Fenris...

Nie würden sie Alpha werden, nie würden sie die Welt sehen, wie ich sie sehen wollte, nie würde Ylva ihre Kinder kennenlernen, nie würde ich sie kennenlernen, nie würde sie die Welt mit ihren eigenen kleinen Lichtern erfüllen, nie mehr wieder würden sie die Sonne aufgehen sehen, nie mehr wieder würden sie die Welt mit ihren ausgelassenem Lachen erfüllen, nie würden sie das Meer sehen, nie die Wüste, nie das Eis, nie würde Ylva ihren Gefährten kennenlernen, die Person, die sie absolut und unwiederuflich lieben würde, nie würden sie die bunten Lichter am Himmel sehen, nie würden sie meinen Gefährten kennenlernen, Lupas und Phelans, nie würden sie ihre Neffen und Nichten sehen, würden über sie wachen während sie aufwuchsen, sie beschützen mit allem was sie hatten, wie sie mich beschützt hatten, nie würde ich ihnen den Menschen vorstellen, den ich über alles liebte...

Nie, nie, nie...

Nie mehr würden sie leben...

Ich heulte auf, heulte wie ein verletztes Kind, stolperte, niemand hielt mich auf, als ich durch den Wald krachte, ich stürzte gegen einen Baum, stolperte einfach blind weiter, knickte weg, taumelte weiter, meine Hände schlitzten sich an der rauen Rinde der Bäume ab, ich merkte es nicht, rannte einfach und rannte und rannte und rannte, wollte dieses Bild nicht sehen, konnte es einfach nicht ertragen, wie sie da gelegen hatten, rannte davon, flüchtete wie ein verdammter Feigling, mein Herz konnte einfach nicht mehr schlagen, mein Körper bebte, ich rannte und rannte, rannte dem Tod davon und trotzdem hatte er mich schon längst erreicht... dieses Bild... dieses Bild.

»Nein...«

Ich keuchte, wollte es einfach nicht mehr sehen, doch es verschwand nicht, blieb einfach, meine eigenen Sinne quälten mich, hörten einfach nicht auf...

Mein Geist quälte mich, zeigte mir Bilder von ihnen, starr und leblos, verletzt, enthauptet, die Brust aufgerissen, zerfetzt.

»Nein...«

Ich sackte in mich zusammen, fiel hinab, hatte den Abhang nicht einmal gesehen, mein Körper fand keinen Halt, völlig regungslos krachte ich hinab, rollte über den Boden, die Blätter verfingen sich in meinen Haaren, kleine Steine schlugen meine Haut auf, ich wimmerte, blieb einfach regungslos am Ende des Hanges liegen, atmete schwer, mein Körper bebte, meine Lieder schienen schwer... schwer, so schwer...

Auf dieser Lichtung war ich noch nie gewesen...

Ich blinzelte hinauf, die Sonne stand nicht mehr am Himmel, meine Hände pressten sich an meine Seite, mein Mund öffnete sich flehend, ich lag völlig schutzlos da, die Tannen begannen erst wieder ein paar Meter von mir, ich keuchte...

»Ylva... Fenris...«

Doch sie hörten nicht. Sie würden nie wieder hören.

Und dann näherten sich plötzlich Schritte.

Es war mir egal... es war mir so egal...

Sollten sie doch kommen... sollten sie mich umbringen, mich verletzen, mich foltern... ich hatte es verdient... ich hatte es so verdient... denn ich hatte sie nicht beschützt.

Nicht Ylva... nicht Fenris... nicht sie...

Ich rührte mich nicht, blieb vollkommen erstarrt liegen und doch wusste ich, wer da war, ehe ich ihn sah.

Ein erstickter Laut verließ meine Kehle.

»Alec...«, ich keuchte auf, wand meinen Kopf zur Seite und dann kniete er sich plötzlich neben mich, mein Herz erzitterte, ich blinzelte zu ihm hinauf, die Tränen vernebelten meine Sicht, alles drehte sich.

»Alec...«

Ich wusste nicht, woher diese Worte kamen, dieses Flehen.

Und dann beugte er sich tief über mich.

Er weinte. Er weinte wie ich.

Das schwarze Haar stand wirr ab, seine Augen waren rot, das grau schien beinahe erloschen, sein Gesicht war voller Schmerz verzogen, er zitterte, war nicht in der Lage, irgendetwas zu sagen, ich bebte und ich wusste nicht einmal warum ich es tat.

Meine Hand hob sich zittrig, ich griff nach ihm, wusste nicht, warum er weinte, doch in diesem Moment konnte ich einfach nicht klar denken...

Es tat weh... es tat so weh...

Ich griff sein Handgelenk, klammerte mich zittrig an ihn, sah ihn mit geweiteten Augen an, schnappte nach Luft, die Tränen rannen über sein Gesicht, nie hatte ich ihn so gesehen, er sackte beinahe hinab.

Nie hatte ich ihn so gesehen. Gebrochen. Kaputt.

Es brach mir das Herz und ich wusste nicht einmal wieso.

»Aruna...«, keuchte er, nie hatte ich gehört, wie er so gesprochen hatte... seine Stimme brach, er brach. Er war gebrochen...

Ich erzitterte, keuchte, klammerte mich noch fester an sein Handgelenk, wusste nicht einmal, warum ich es tat.

Er griff meinen Arm, hielt sich an mir fest, sackte beinahe zusammen, keuchte, seine Augen... sie waren leer... so leer...

»Ylva...«, keuchte ich, er sackte weiter hinab, es war, als würden meine Worte ihm schmerzen bereiten, ich wollte einfach nicht mehr...

»Fenris...«

Gequält schüttelte er den Kopf, die schwarzen Strähnen fielen in sein Gesicht, die klaren Tränen perlten von seinem Kinn ab und dann packte er mich plötzlich.

Ich wusste nicht warum er es tat. Und er wusste es ebenso wenig.

Ohne zu zögern klammerte ich mich an ihn, in dem Moment konnte ich nicht nach dem warum fragen.

Ich tat es einfach.

Denn ich brauchte ihn in diesem Moment.

Er drückte mich an sich, berührte mich und dann doch nicht richtig, schütze mich vor jedem Stück Haut, das er zu bieten hatte, ich erbebte.

»Mik...«

Seine Brust vibrierte, er sackte zusammen, seine Stimme war kaum ein Flüstern, ich hielt ihn fest, er hielt mich, ich wimmerte auf...

Mik... Mik...

Ich wusste es... wusste es, ohne zu fragen...

Mik war... er war... tot.

»Nein«, hauchte ich, klammerte mich noch fester an ihn - das konnte nicht wahr sein... er musste lügen... Mik... - er hockte neben meinen Beinen, umfasste meinen Oberkörper als wäre er das einzige, was ihm jemals geblieben war, sein Kopf ruhte auf meiner Schulter, seine Wärme umhüllte mich, ich brachte seinen Körper zum zittern, mein Herz raste, ich hörte ihn weinen.

Alec Venatores weinte. Alec weinte um seinen toten Ami.

Und ich - Aruna - ich weinte um meine toten Geschwister. Um Ylva. Um Fenris.

Und um den blonden Ven mit der langen Narbe über dem rechten Auge...

Wir saßen da, wir weinten gemeinsam, wir hielten uns, in dem Moment zählte nicht, wer wir waren.

In dem Moment zählte nur, wen wir verloren hatten.

»Sie...«, stammelte ich, spürte seine große Hand an meinem Rücken, sie klammerte sich in den Stoff meines T-Shirts, in diesem Moment konnte ich mir nicht einmal Gedanken darüber machen, warum es nicht wehtat.

Es schien so unwichtig... so unfassbar unwichtig...

Alec erzitterte, ich spürte sein Herz, es raste direkt neben meinem Ohr, klopfte unregelmäßig, schien beinahe schmerzhaft zu schreien.

»Ich weiß...«, stammelte er, schüttelte sich, hielt mich, erzitterte, weinte.

»Einfach...«

Ich keuchte, konnte es einfach nicht verstehen, er zischte auf, wir klammerten uns aneinander wie Ertrinkende, sein Geruch umgab mich, lullte mich ein, mein Herz begann langsam, leichter zu klopfen.

Und ich wusste absolut nicht warum...

»Es tut weh...«, keuchte ich, Alec drückte mich noch enger an sich, als würde er sonst nicht mehr atmen können, als wäre ich das einzige, was ihn hier hielt, ich krallte mich in seine Lederjacke, er erzitterte.

»Ich weiß...«, stammelte er wieder.

»Ich weiß...«

Meine Lieder schienen immer schwerer, mein Kopf fiel voller Erschöpfung gegen seine Brust, ich hatte einfach nicht mehr die Kraft aufzusehen, er hob zittrig seinen Kopf.

Hob ihn, damit er mich nicht verletzte, damit er mir nicht wehtun konnte, damit er mich nicht berührte, obwohl alles an ihm einfach nur erschlaffen wollte.

Er beschützte mich.

»Es tut so weh Alec...«, stammelte ich, mein Herz machte einen Aussetzer, die Schauer überkamen mich, wieder und wieder, ich konnte es nicht verhindern, Alec atmete unregelmäßig, wir sanken beinahe gemeinsam zu Boden, alles an ihm hatte sich angespannt, er erbebte, ich konnte seine Muskeln spüren, wie sie sich unter meiner Berührung immer wieder anspannten, entspannten, anspannten, entspannten...

Alec keuchte auf, ich klammerte mich fester an ihn, wollte einfach nicht untergehen.

Und er hielt mich einfach. Alec hielt mich einfach, nicht gewillt, mich jemals wieder loszulassen.

Und ich würde ihn nicht lolassen. Ich würde ihn nicht alleine lassen... Nicht jetzt...

Es entbehrte sich jeglicher Logik, vollkommen und unwiderruflich, doch in diesem Moment war ich vollkommen wirr, nicht in der Lage, rational zu denken.

»Er kommt nie wieder...«

Alecs Stimme brach, ungläubig, fassungslos, verletzt... und diese Trauer... diese tiefe Trauer... ich hielt es nicht aus... hielt es einfach nicht aus...

Denn ich fühlte seinen Schmerz...

Und das war der Moment, in dem ich endgültig in seinen Armen zusammenbrach, er hielt mich, hielt mich einfach ohne zu zögern, ließ nicht zu, dass ich auf dem Boden aufkam, dass ich krachend hinfiel.

Er ließ es einfach nicht zu. Er saß da. Und er ging nicht.

Wir gingen gemeinsam unter.

Und so saßen wir da.

Lykanthrop und Ven.

Wir weinten. Wir weinten gemeinsam, hielten uns, fühlten, was der andere fühlte, spürten seinen Schmerz, spürten ihn bis ins Innerste, er murmelte irgendetwas, wir saßen einfach nur da, weinten stumm, hielten uns stumm, die Nacht legte sich über unsere bebenden Körper.

Und wir ließen uns nicht los.

Denn wir trauerten um die geliebten Menschen, die uns einfach so genommen wurden. Zusammen.

In dem Moment waren wir nicht Alec und Aruna. In dem Moment waren wir zwei Individuen, die sich brauchten.

Egal wie komisch, egal wie banal, wie makaber es klang.

In diesem Moment, in diesem einen Moment brauchten wir uns.

Und wir hielten uns. Ohne zu zögern. Denn wir beide hatten die verloren, die wir am meisten geliebt hatten.

Und sie würden nie wieder kommen...

Die Nacht brach ein, meine Wangen brannten heiß, er wog uns vollkommen neben sich vor und zurück, meine Lieder schienen so schwer...

Mein Mund öffnete sich in einem letzten, stummen Flehen, ich ließ sein Handgelenk nicht los, klammerte mich an ihn wie an einen rettenden Fels in der Brandung, dann fielen meine Augen einfach zu, ich war erschöpft und müde und vollkommen am Ende.

Und seine Wärme, sein Geruch, sie lullten mich einfach ein...

Er tat nichts, hielt mich einfach, ließ mich nicht los... selbst dann, als ich vollkommen kraftlos, vollkommen erschöpft wegdämmerte, als alle Energie einfach aus mir gesaugt werden zu schien...

Als der Tod schwer auf meinen Schultern lastete und nie wieder zu gehen schien...

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