Aruna - Die Rote Wölfin

By Alounaria

500K 36.7K 11.5K

Aruna wächst behütet im Pacem Pack auf, geschützt durch das Dasein einer Alphatochter. Doch das Mädchen ist... More

Das kleine Handbuch für Inbecillis - Lykanthropen
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Venatores Aequitatis
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Sanguisuga
Arunas Handbuch
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
Das Ende - 2. Teil, Danksagung und Meinungen
Bilder & Steckbriefe (Danke ♥ )
Bilder ♥
2. Teil

36

4.3K 334 30
By Alounaria

Als die Tür erneut aufging, war ich so in dem Buch vertieft, dass ich es zunächst nicht einmal merkte.

»Alec? Mik?«

Verwirrt sah ich auf, Missy wirkte blass.

Und anscheinend schien Alec etwas zu spüren. Denn sobald er aufsah, so bald seine grauen Augen das blonde Mädchen trafen, wusste ich einfach, dass etwas Schreckliches passiert war.

Beinahe unwillkürlich spannte ich mich an, einfach weil Alec es tat.

Missys Blick traf auf mich, sie versuchte möglichst unbekümmert auszusehen.

»Ich entführ die Beiden nur kurz, ja?«, fragte sie, doch ihre Mundwinkel zuckten verräterisch nach unten, ihre Stimme zitterte.

Was war los?

Mein Blick glitt unwillkürlich zu Alec, noch nie hatte ich ihn so ernst gesehen.

Fragend blickte ich ihn an, er musterte mich kurz nickte dann stumm, während Mik mit geballten Fäusten aus dem Zimmer trat.

»Okay.«

Ich wusste nicht einmal, warum ich flüsterte.

Und dann waren sie verschwunden. Ich war vollkommen alleine in Alecs Zimmer. Und ich wusste nicht wieso, aber ich wollte nicht alleine sein.

Nicht, dass ich die Gesellschaft der beiden Idioten sonderlich genoss, doch diese Stimmung, diese Angespanntheit, die immer noch tief über dem Raum lastete, wollte ich nicht alleine ertragen.

Ich war mir sicher, dass es niemand alleine ertragen wollte.

Es vergingen zehn Minuten, ich saß unruhig auf Alecs Couch, die Bücher lange vergessen, und lauschte auf jedes Geräusch, das aus dem Flur kam.

Aus irgendeinem Grund hatten meine Finger angefangen zu zittern, doch irgendwie hatte ich es geschafft, eine Nachricht an meine Eltern zu schicken, dass es heute vermutlich später werden würde.

Schulprojekt...

Ich wusste, dass sie nicht nach mir suchen würde, morgen war Freitag und die Lehrer hatten irgendeine Fortbildung, bedeutete also keine Schule. Nicht, dass das wichtig gewesen wäre.

Nach weiteren fünf Minuten hielt ich es nicht mehr aus, es gab immer noch kein Lebenszeichen von den anderen und wäre ich sitzen geblieben, wäre ich mit Sicherheit ausgerastet, ehrlich.

Fahrig rieb ich meine Hände aneinander, schritt unruhig im Raum hin und her, draußen war es stockdunkel, doch mehr als je zuvor jagte mir die Dunkelheit Angst ein.

Hier stimmte etwas nicht.

Was war mit Missy losgewesen? Sie war vielleicht eine Ven und vielleicht zeugte das erneut von meiner Geisteskrankheit, aber sie war so nett gewesen und... und warum war sie so erschüttert?

Warum wirkte Alec so erschüttert?

Nervös fuhr ich das dunkle Holz des Schreibtisches entlang, einfach, um etwas zu tun zu haben, als ich plötzlich eine Einkerbung spürte.

Verwirrt hielt ich inne, mein Blick glitt auf die Stelle hinab. Wenn man nicht genau hinsah, erkannte man es nicht.

Ich kniff die Augen zusammen, trennte die verschiedenen Farbnuancen voneinander.

Eine Schublade!

Warum zur Hölle brauchte der versteckte Schubladen?

Okay, das war eine dumme Frage. Mir vielen ungefähr drei dutzend Möglichkeiten ein, warum einer wie er verstekte Schubladen benötigte.

Verstohlen blickte ich über meine Schulter, als erwartete ich, dass Alec in eben diesem Moment mit verschränckten Armen hinter mir stehen würde, doch da war niemand.

Ich wusste nicht, warum ich es tat. Vielleicht, weil ich Ablenkung brauchte. Vielleicht, weil ich mal wieder viel zu Neugierig war, was ungefähr alles anging. Vielleicht, weil ich wieder ein neues Geheimnis verborgen in seinem Schreibtisch vermutete. Vielleicht, weil ich einfach ich war. Letzteres fasste es wohl ziemlich gut zusammen.

Angespannt harkte ich meine Finger unter die Einkerbung, tastete nach Halt, sah ein letztes Mal über die Schulter und zog dann.

Ein schweres Geräusch ertönte, ich erstarrte, lauschte erschrocken, jeden Moment bereit, nach hinten zu springen und so zu tun, als wäre nichts gewesen.

Doch nichts passierte. Waren sie überhaupt noch im Haus?

Ich zog erneut, wartete wieder angespannt, horchte auf jedes einzelne Geräusch, nichts geschah.

Und als ich schließlich ein drittes Mal zog, gab die Schublade mit einem klackenden Geräusch nach, plötzlich hielt ich ein Teil des dunkelbraunen Tisches in meiner Hand.

Hastig sah ich mich um und legte die Abdeckung der Schublade auf den Schreibtisch, spähte dann neugierig über die Öffnung im Tisch.

Hä?

Überrascht griff ich hinein, aus irgendeinem Grund hatte ich den Atem angehalten.

Bilder? Warum Bilder?

Also jetzt keine Foto-Bilder oder so, sondern richtige Bilder. Gezeichnete Bilder.

Warum versteckte er die?

Fasziniert strich ich über das erste Bild. Warum war dieser Junge auch so verdammt gut?

Nebenbei kannte ich diese Zeichnung. Es war Callahan.

»Du bist viel zu talentiert, als das es dir gut tun würde«, nuschelte ich zu niemandem bestimmten und ließ mich vorsichtig auf Alecs Schreibtischstuhl fallen, auf dem er selbst vor kurzem noch gesessen hatte.

Neugierig blätterte ich zum nächsten Bild, betrachtete faszinierd die klaren Linien, die zu einem Gesicht verschwommen, ihn perfekt grinsend darstellten, so wie er die meiste Zeit schaute.

Mik.

Dann folgten Missy, Lila, der Braunhaarige, Siren und die anderen beiden Ven, die mit ihnen zur Schule gingen.

Es musste hart für Alec gewesen sein, heute so mit Siren umzuspringen, denn ganz offensichtlich bedeutete sie ihm doch ziemlich viel.

Ich betrachtete ihr Bild für einen Moment.

Das seidige, schwarze Haar fiel glatt auf ihre Schultern, sie lächelte wie es nur Siren konnte, ihre Augen erstrahlten geradzu.

Ja, sie war verdammt hübsch. Aber mittlerweile hatte ich das Gefühl, dass das an ihren Ven Genen lag, so, wie die alle aussahen...

Ich seufzte, schob ihr Bild dann unter den Stapel und blickte nun einer älteren Frau entgegen.

Wer war das denn? Sie war vielleicht anfang vierzig, das dunkle Haar fiel in sanften Wellen ihre Schultern hinab, die hellen Augen glühten gutmütig.

Ich legte den Kopf schief, blätterte dann weiter.

Ein kleines Mädchen.

Überrascht hob ich die Augenbrauen.

Sie konnte nicht älter als Lupa sein. Ihr rundes Gesicht erstrahlte fröhlich, das Kleid mit der kleinen Schleife schien vom Wind in Bewegung gebracht zu werden, ihre Augen funkelten aufgeregt, sie streckte die Arme nach irgendetwas aus, ihr Schulterlanges, dunkles Haar lockte sich wie wild um ihren Kopf.

Ich wusste nicht, was mit diesem Bild anders war, doch irgendwie wirkte es beinahe wie aus einer anderen Zeit.

Das Mädchen schien so... keine Ahnung - bekannt?

Nein, das machte absolut keinen Sinn.

Ich blätterte weiter. Und weiter. Und weiter. Und überall sah mir das kleine Mädchen entgegen, niemals älter als sechs Jahre alt.

Mal tanzte sie, mal lachte sie, mal stand sie vor einem riesigen See und breitete ihre kleinen Ärmchen aus.

Ich erkannte diesen See, hatte ihn bereits auf Alecs Fotos an den Wänden gesehen.

Auf dem nächsten Bild saß sie auf einer Wiese, es war Sommer, die Sonne ließ ihre kleinen Locken erstrahlen, ihr weißes Kleid breitete sich breit auf dem Boden aus, in der Hand hielt sie einige Blumen, die sie zu einer Kette zusammensteckte, während sie konzentriert auf ihre Hände hinab sah.

Irgendwoher kannte ich doch diesen konzentrierten Blick...?

»Wer bist du?«, fragte ich leise, meine Augenbrauen zogen sich zusammen, ich strich nachdenklich über das Bild.

Stirnrunzelnd drehte ich es in meinen Händen um, stockte dann.

Ich kniff meine Augen zusammen - war das Alecs Schrift? Ein Name.

Aleyna.

Mein Daumen Strich über die dunkle Tinte - wer war Aleyna?

Ich hatte kein einziges Bild von ihr hier hängen sehen.

Irgendetwas hatte dieses kleine Mädchen an sich, die Art, wie Alec sie gezeichnet hatte, wie er sie darstellte...

Ich konnte nicht sagen, was es war, ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich.

Wer bist du, Aleyna?

Ich wollte das Bild gerade wieder umdrehen, als Mein Blick auf die letzte Zeichnung fiel.

Ich stockte.

Was zum...?

Aleyna sank in meinen Händen hinab, ich starrte ungläubig auf das Bild hinab.

Halleluja. Was zum Teufel?

Ich wusste nicht, warum meine Hände zitterten, als ich es langsam hochhob, wusste es ehrlich nicht.

Meine Kehle wurde merkwürdig trocken, ich starrte mit großen Augen auf das Bild hinab.

Und ich starrte zurück.

Mein rotes Haar kräuselte sich unverwechselbaar um mein Gesicht, die Sommersprossen hoben sich dunkel von meiner Haut ab, die Narbe an meinem linken Auge, die leicht spitzen Ohren, alles...

Doch es war etwas anderes, was mich vollkommen fesselte, vollkommen aus der Bahn warf.

Es musste das Bild von damals im Wald sein, als wir uns beinahe umgebracht hätten, doch er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht auch nur irgendetwas aus dem Wald in mein Gesicht mit einzuarbeiten.

Als würde dieser Anblick an sich reichen. Und irgendwie hatte er Recht.

Die linke Hälfte meines Gesichtes lächelte unbekümmert, beinahe friedlich und ich wusste nicht, wann Alec mich so gesehehn hatte. Wann er die leichten Grübchen gesehen hatte, die Falten in meinem Augenwinkel, wenn ich lachte, das Strahlen in meinen Augen, wenn ich mich freute.

Und ich verstand nicht, wie er all dies so... so leicht auf sein Papier bringen konnte.

Doch das wirklich, wirklich eindrucksvolle war meine rechte Gesichtshälfte.

Das war ich und dann doch irgendwie nicht. Zumindest nicht, wie er mich kannte.

Es war mein Wolf.

Von der dunkelbraunen Schnauze bis hin zu dem weißen Fleck auf meiner Stirn, das aufmerksam aufgestellte Ohr, das klare, wachsame Auge.

Ich bemerkte nicht einmal, wie mein Mund aufklappte, vollkommen verzaubert blickte ich auf mich selbst herab und mit einem Mal wurde mir klar, warum Alec mir dieses Bild nicht hatte zeigen wollen.

Auch wenn es einfach... wie er mich dagestellt hatte... es war unglaublich.

Und plötzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich wusste nicht einmal warum. Es überkam mich einfach wie eine eiskalte Welle, überrannte mich.

Manchmal war ich komisch, ehrlich.

Hastig stapelte ich die Bilder wieder übereinander, penibel genau darauf bedacht jedes einzelne auf den ursprünglichen Platz zu legen, dann ließ ich sie in die versteckte Schublade zurüchfallen - wusste nun, warum sie versteckt war - und hob hastig den Deckel hoch.

Ich wusste nicht, woher dieses Gefühl auf einmal kam, aber ich fühlte mich schlecht.

Ich meine,ich stöberte hier in seinen Sachen herum, währendirgendetwas passiert war und... ach keine Ahnung.

Wie gesagt, ich war eben komisch...

Mit einem erneuten Klacken schloss sich die Schublade, mein Atem ging ungewöhnlich schnell, ich blickte auf meine Armbanduhr.

Was?

Sie waren bereits über eine halbe Stunde weg. Wie lange hatte ich mir diese Bilder denn bitte angeschaut?

Nun wurde ich allerdings wieder unruhig.

Was war da los?

Aufgewühlt setzte ich meinen Weg fort, strich mir ein paar meiner Locken aus dem Gesicht und starrte auf den dunklen Fußboden, als würde der mir irgendetwas verraten.

Okay, wenn sie in fünf Minuten nicht wieder da waren, würde ich nachgucken gehen!

Fünf Minuten vergingen.

Nichts.

Zehn.

Nichts.

Fünfzehn.

Nichts.

Und dann rappelte ich mich endlich dazu auf, meine Drohung wahrzumachen.

Auf leisen Sohlen schlich ich zur Tür, drückte die Klinke behutsam runter, mein Herz begann wie wild gegen meine Brust zu hämmern.

Hör auf, dachte ich wütend.

Alec kann es hören!

Das hat er selbst gesagt.

Ich atmete tief durch und spähte den Flur entlang. Er schien wie ausgestorben. Und trotzdem hörte ich die leisen Stimmen, die von unten kamen - vermutlich aus dem Wohnzimmer.

Aufgeregter als ich sein sollte ballte ich die Hände zu Fäusten, schloss meine Augen für einen Moment, verfluchte meine Neugierde

Und dann tat ich den ersten Schritt.

Es war beinahe, als erwartete ich, mein Fuß würde auf dem Boden aufkommen und das gesamte Haus würde in sich zusammenbrechen, als würde der ganze Flur krachend nachgeben.

Aber natürlich geschah keines von diesen banalen Dingen - obwohl das bei meinem Talent ja gar nicht mal so unwahrscheinlich gewesen wäre.

Angespannt machte ich den nächsten Schritt. Und den nächsten. Und den nächsten.

Dann erstarrte ich.

»Aber wir müssen helfen! Siren gehört zu uns, zu meiner Einheit! Wir müssen diese verdammten Biester finden!«

Alec klang Wütend.

Alec klang so unheimlich wütend, wie ich es noch nie gehört hatte.

Und dann wirkte er gleichzeitig erschöpft.

Er wollte losrennen, das wusste ich - irgendwie wusste ich das - wollte losrennen und irgendjemandem verletzten.

Irgendjemandem wehtun.

Ich erstarrte. Irgendetwas war mit Siren passiert.

Jemand seufzte, ich hörte Missy weinen - zumindest war ich mir sicher, dass es Missy war, sehen konnte ich sie von meinem Standpunkt aus nicht.

»Alec.«

Ich erstarrte.

Callahan. Was zur Hölle war hier los?

»Hör auf! Unsere Leute sind ihnen dicht auf den Fersen. Sie finden diese verdammten Wölfe, aber wenn ihr jetzt vollkommen kopflos losrennt werdet ihr Siren auch nicht helfen. Du bist der Vic, gerade du solltest das wissen!«

Es war, als würde mit einem Mal die gesamte Luft aus mir gesaugt werden.

Wölfe? Welche Wölfe? Doch nicht etwa...?

Nicht aus meinem Rudel!

Nein! Warum? Hatte einer von ihnen das Mädchen verletzt?

Aber nein... das konnte doch nicht sein?

Und wenn doch?! Siren musste sie angegriffen haben!

Ich zitterte, aufeinmal bildete sich ein dicker Kloß in meinem Hals.

Rennt, dachte ich.

Rennt! Lasst euch nicht fangen!

»Du weißt genau, dass ich das niemals wollte!«

Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich beinahe die Treppe hinuntergestürzt wäre, Alec schien völlig außer sich.

»Ich wollte niemals Vic sein!«, brüllte er und klang in diesem Moment so unglaublich verletzt, dass irgendetwas in mir anfing zu brennen.

Ich kannte dieses Gefühl nicht.

Was zur Hölle? Alec...?

Was redete er denn da?

»Ja!«, zischte Callahan ebenso aufgebracht zurück.

»Aber jetzt bist dus! Und pass auf, dass ich dich nicht gleich umbringe, damit ich es werde!«

Irgendetwas ging scheppernd zu Bruch.

»Alec!«, kreischte Lila erschrocken, dann schlug jemand gegen die Wand.

»Und ihr seid euch sicher, dass es Wölfe waren?«, knurrte der Ven dann bedrohlich leise.

Und da bekam ich es mit der Angst zu tun.

Oh nein. Oh verdammt. Oh nein.

Er war wütend und agressiv und vermutete Wölfe hinter denjenigen, die eine seiner engsten Vertrauten - Verletzt? Getötet? - hatte und ich war ein Wolf.

Und wenn Alec ausrastete, dann rastete er aus. Und zwar so richtig.

Ich begann zu zittern, die Angst überkam mich mit einem Mal.

Ich musste hier weg. Und zwar dringen. Er würde mich umbringen.

Und trotzdem konnte ich mich nicht rühren.

»Die Verletzungen lassen darauf schließen, ja. Auch wenn manche Wunden nicht zu einem Lykanthropen passen, Bisswunden aber es wurde kein toter Wolf entdeckt. Außerdem waren sie anders. Aber was sollte es sonst gewesen sein?«

»Es war kein Wolf.«

Es war, als würden alle mit einem Mal erstarren, mich eingeschlossen, ich wusste, wie sie Mik jetzt alle anstarrten.

Ungläubig, fassungslos.

Aber er hatte Recht!

Oh mein Gott, er hatte Recht!

Hybriden!

Ich liebe dich Mik, weißt du das?

In jeder anderen Situation hätte es mich geschüttelt, so etwas zu denken, ich wäre vermutlich putterrot angelaufen und hätte mich irgendwo vergraben, bevor ich vollständig den Verstand verlor.

Doch nich in diesem Moment.

Denn er hatte Recht! Es waren nicht meine Leute, mein Rudel, meine Familie. Sie waren es nicht!

»Was redest du da?«, fauchte Callahan, als wäre Mik komplett geistesgestört.

Doch Alec blieb stumm.

Mein Herz wäre beinahe versucht gewesen, einen freudigen Sprung zu machen.

Bitte Alec, bitte, denk nach!

»Hybriden.«

Ich hätte anfangen können zu heulen, ehrlich.

Alecs Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie war so klar und deutlich, dass selbst ich sie hören konnte.

Für einen Moment wurde es unheimlich still, ich hielt die Luft an, bitte glaubt ihm.

»Ich werde Bericht erstatten«, seufzte schließlich Callahan und nun traten mir tatsächlich Tränen der Erleichterung in die Augen.

Gott... Alec hätte mich zerfetzt, vermutlich.

Alles wäre vorbei gewesen. Das Dorf, meine Familie... alles.

Und mit einem Mal wurde mir plötzlich wieder klar, wie unheimlich gefährlich es war, was ich hier tat. Ich meine, Alec und Mik... und in eben jenem Moment hockte ich wohlbemerkt am Rande der Treppe eines Hauses voller Ven.

Ich musste lebensmüde sein.

»Und Siren...?«, meldete sich plötzlich Missys Schwache Stimme zu Wort, ich horchte auf.

»Siren, sie ist...?«

Callahan seufzte.

»Sie wird gerade behandelt, wenn sie aufwacht wird man euch sofort benachrichtigen.«

Es war beinahe so, als würden sie alle mit einem Mal erleichtert ausatmen und aus irgendeinem seltsamen, seltsamen Grund verflog meine Anspannung mit einem Mal.

Zwar nicht gänzlich, allerdings ein bisschen. Und das war ja schon einmal etwas.

Erst, als Lila sprach, horchte ich wieder auf.

»Deine Freundin, sie kann jetzt nicht nach Hause gehen, das wäre viel zu gefährlich.«

Ich erstarrte, die Hitze schoss in mein Gesicht, ich drückte mich noch enger an die Wand.

Sie sprachen von mir.

»Sie ist nicht meine Freundin«, zischte Alec scharf, Missy schniefte.

»Von wem redet ihr da bitte?«, fragte Callahan verwirrt.

Oh nein. Oh verdammt.

Das würde unangenehm werden.

Vermutlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich am späten Abend immer noch hier sitzen würde. Ich übrigens auch nicht.

Oh Gott...

Ich wollte gar nicht wissen, was er jetzt denken.

»Aruna.«

»Niemand.«

»Die Rothaarige.«

Oh ja super. Niemand half hier gerade aber auch wirklich nicht weiter Alec. Übrigens äußerst originelle Namen, die sie mir da gaben...

Es war beinahe, als könne ich Callahans Grinsen spüren.

»Aruna?«, fragte er beinahe gut gelaunt, ich hätte meinen Kopf am liebsten gegens Geländer gehauen, ließ das dann allerdings aus nachvollziehbaren Gründen bleiben.

Alec schien mindestens genau so genervt wie ich.

»Ja meine Güte Aruna. Ich sollte ihr Nachhilfe geben, schon vergessen?«, entgegnete er gereizt, ich feuerte ihn innerlich an.

Und dann wurde es für einen Moment wieder still, ich wollte mir Callahans Blick gar nicht vorstellen, mit dem er Alec ohne Zweifel fixierte.

»Aber Lila hat Recht. Sie kann jetzt nicht nach Hause gehen, nachher passiert dem Mädchen irgendetwas...«

Oh nein! Vergesst es! Ich werde hier ganz sicher nicht bleiben!

Doch nicht in einem Haus voller Ven! Ich würde nach Hause gehen. Ohne Zweifel.

Und warum kannst du nicht verdammt noch einmal etwas dazu sagen Alec?!

Ich bleib doch nicht hier!

»Seh ich genau so«, meldete sich dann plötzlich Mik zu Wort.

Ich bring ihn um.

»Wo ist sie überhaupt?«

Eine äußerst schlaue Frage Callahan, wirklich.

Allerdings schienen mich seine Worte ewas wachzurütteln.

Hastig richtete ich mich wieder auf, nicht, dass nachher noch einer von ihnen auf die seltendämliche Idee kam, nach mir zu schauen.

Ich hörte nicht mehr, was sie antworteten, hastete so schnell ich konnte den Flur entlang, darauf bedacht, ja kein Geräusch zu machen.

Schwer atmend schloss ich Alecs Tür schließlich wieder hinter mir und war beinahe erleichtert über das bekannte Zimmer.

Ein Tag an dem nichts aufwühlendes passierte, ehrlich, ich würde alles geben...

Auf zittrigen Beinen lief ich auf die Couch zu und ließ mich auf sie hinab fallen, bemühte mich, möglichst ahnungslos dreinzu blicken.

Ein paar Mal atmete ich tief durch, dann näherten sich plötzlich Schritte.

Okay Aruna, cool bleiben.

Als dann allerdings die Tür geöffnet wurde, war die Sache mit dem cool bleiben schneller vergessen, als das ich blinzeln konnte, ich zuckte ich so heftig zusammen, dass ich einen kleinen Sprung in die Höhe machte, Alec sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Er sah irgendwie erschöpft aus, dachte ich.

»An deinem Pokerface solltest du echt noch arbeiten«, seufzte er schließlich und ließ die Tür hinter sich zufallen.

Ich schluckte schwer.

»Du weißt ja, was los ist«, murmelte der Ven schließlich und ließ sich auf sein Bett fallen.

»Was?«, fragte ich perplex, im gleichen Moment schwante mir Übles.

Er warf mir einen Blick zu der »Verkauf mich nicht für Blöd«, sagen sollte.

»Ich kann dein Herz hören Davis. Es schlägt immer noch, als wärst du einen Marathon gelaufen.«

Ertrappt legte ich meine Hand auf meine Brust und bemerkte zu spät, was ich da eigentlich tat.

Alec sah mich kopfschüttelnd an. Selten hatte ich ihn so blass gesehen.

Und auf einmal erinnerte er mich irgendwie auf verquerte, wirklich komische Weise an mich selbst.

Damals, als Ben angegriffen worden war...

Ich seufzte schwer und senkte meinen Kopf.

»Sie wird so bald nicht aufwachen, das weißt du doch oder?«

Ich wusste nicht, warum ich sagte, was ich sagte. Die Worte kamen einfach aus meinem Mund, ich steuerte es nicht.

Alec sah auf, schnaubte verächtlich.

»Danke für deinen klaren Verstand«, knurrte er, ich senkte den Blick.

»Ich musste mich der Realität schon stellen... alles andere macht es nicht besser...«

Und erneut: Ich hatte absolut keine Ahnung, warum ich das sagte.

Eigentlich ging es Alec absolut nichts an, er hatte ja nicht einmal gefragt. Und trotzdem sprach ich einfach.

Er schnaubte, schien allerdings ganz und gar nicht gewillt über Siren zu reden. Zumindest nicht mit mir.

Und erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was gerade in ihm vorgehen musste. Ihm bedeutete dieses Mädchen etwas und wenn ich nur daran dachte, wie sie außeinander gegangen waren...

»Wir sind uns beide einig, dass es eine absolut beschissene Idee ist, dass du hier bleibst?«

Überrascht sah ich ihn an, nickte dann allerdings eifrig.

»Ja«, erwiderte ich.

»Du musst die anderen einfach ein bisschen ablenken, dann kann ich mich rausschleichen.«

Und als Alec dann plötzlich den Kopf schüttelte, öffnete ich verwirrt meinen Mund, doch es kam kein einziges Wort heraus.

Sein Blick traf mich, er sah mich ernst an, ich zuckte zurück.

»Nein.«

»Nein?«

Völlig perplex starrte ich zurück, er sah so aus, als würde er sich lieber in einem See ertränken, als Nachfolgendes zu sagen.

»Sie haben Recht.«

»Was?!«

Genervt verdrehte er die Augen.

»Wenn ich dich jetzt gehen lasse und du von einem Hybriden zerfetzt wirst, bringen sie mich alle um.«

Entsetzt starrte ich ihn an, meine Augen weiteten sich.

»Aber...«, setzte ich an, er schüttelte den Kopf.

»Ich bin kein kleines Mädchen Alec, ich kann auf mich aufpassen!«, fauchte ich, hatte wirklich, wirklich nicht vor, meine Nacht hier zu verbringen.

Alec stöhnte genervt auf.

»Weißt du, es wäre wirklich nett von dir, wenn du wenigstens einmal nicht nerven würdest.«

Beleidigt funkelte ich ihn an, er erhob sich.

»Und ich zweifel nicht daran, dass du auf dich aufpassen kannst, aber diese Kreaturen spielen in einer ganz anderen Liga.«

Ich spürte, wie mein Widerstand langsam bröckelte, doch trotzdem schüttelte ich meinen Kopf, einfach aus Prinzip.

Alec verdrehte die Augen.

»Wir beide wissen, dass du hier nicht weg kommst«, murmelte er, irgendwie müde fand ich, dann schien ihm etwas einzufallen.

Er griff in die Tasche seiner Jacke und zog dann mit spitzen Fingern ein dunkel glänzendes Teil heraus, penibel darauf bedacht, den Obsidian nicht zu berühren.

Der Rubin funkelte auf.

Mein Amulett!

»Ich glaube, das gehört dir«, murmelte Alec, ich sprang auf.

»Woher hast du das?«, fragte ich überrascht und nahm es ihm hastig ab, der Rubin war ganz warm, erzitterte unaufhaltsam.

Ich strich erleichtert über die Muster des Amuletts.

»Habs gefunden, ziemlich nervig übrigens«, murmelte Alec einfach und drehte sich dann um.

»Ich schlaf im Wohnzimmer.«

Er schien alles andere als erpicht darauf, sich noch länger mit mir zu unterhalten.

Mit großen Augen sah ich auf.

»Aber ich schlaf ganz sicher nicht in deinem Bett«, rief ich, erwachsen wie ich nun einmal war, aus und sah ihn beinahe panisch an.

Ungerührt drückte er die Klinke hinab.

»Dann schlaf halt auf der Couch. Oder dem Boden. Mir doch egal.«

Und dann war er verschwunden.

Das konnte ja wohl alles nicht wahr sein...

Warum konnte ich nicht einfach im Wohnzimmer schlafen...?

Andrerseits war das hier vielleicht sogar das kleinere Übel.

Das Wohnzimmer war wohl der meist besuchte Raum in diesem Haus und ich wollte nun wirklich nicht zur neuen Attraktion dieses Ven Haushalts werden.

Ich seufzte und rieb mir die Schläfe, konnte allerdings auch nicht leugnen, dass ich müde war.

Grummelnd trat ich an sein vermaledeites Bett und packte die Decke mit spitzen Fingern.

Ich würde da ganz sicher nicht schlafen, trotzdem rang ich mich so weit dazu durch, die dunkle Decke mit auf die Couch zu schleifen.

Natürlich musste hier auch alles so unerträglich nach ihm riechen...

Seufzend legte ich mich auf die Couch, rang einen Moment mit mir, doch schließlich breitete ich das scheußliche Ding über mir aus.

Sofort umhüllte mich sein Geruch, er war überall. Ich war mir sicher, ihn nie mehr loszuwerden.

Oh na super...

Ich war unendlich erleichter, dass mich in diesem Moment niemand sehen konnte.

Nicht zuletzt weil diese Couch nicht gerade breit war und ich da lag wie ein kleines Kind, außerdem Alecs Decke mit bösen Blicken musterte...

Und trotzdem kuschelte ich mich unsicher tiefer in die Decke - auch wenn mich allein der Gedanke, dass er bereits unter dieser Decke gelegen hatte grauste. Es war allerdings nun einmal leider so, dass ich nur schlafen konnte, wenn ich die Decke bis zum Kinn hochgezogen hatte...

Ich glaubte einfach nicht, dass ich das hier wirklich tat...

Hier lag ich also wirklich in Alecs Zimmer unter Alecs Decke und rollte mich auf Alecs Couch zusammen, auf der Alec mir vor kurzem nach Mathenachhilfe gegeben hatte...

Das konnte doch nur ein schlechter Witz sein... Erneut.

Ich seufzte schwer und als ich die Augen schließlich schloss und langsam wegdämmerte verschwand dieses verdammte Bild des Kiefernwaldes einfach nicht.

Continue Reading

You'll Also Like

334K 13.7K 94
*ABGESCHLOSSEN* ✿ DRITTES BUCH DER " a mate's call " SERIE ✿ (Kann unabhängig vom 1. und 2. Teil der Serie gelesen werden) Roh, wild und unglaub...
45.4K 4.8K 82
Die junge Ardenwyn hat schon viel verloren. Im Krieg, der das zuvor im Frieden lebende Land Espenjona für immer veränderte, starb ihre gesamte Famili...
403K 28.2K 51
Best Ranking in Fantasy: #3 "Ihr wisst nicht wer ich bin oder woher ich komme" , sagte sie mit einer sanften aber zugleich strengen Stimme. Man konnt...
Selana By Anne

Werewolf

500K 20.4K 134
Selana Anemio ist genau wie ihr Bruder Alexios ein Werwolf. Sie ziehen in eine neue Stadt und wagen wieder einen Neuanfang. Der Vergangenheit und der...