Aruna - Die Rote Wölfin

By Alounaria

499K 36.7K 11.5K

Aruna wächst behütet im Pacem Pack auf, geschützt durch das Dasein einer Alphatochter. Doch das Mädchen ist... More

Das kleine Handbuch für Inbecillis - Lykanthropen
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Venatores Aequitatis
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Sanguisuga
Arunas Handbuch
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
Das Ende - 2. Teil, Danksagung und Meinungen
Bilder & Steckbriefe (Danke ♥ )
Bilder ♥
2. Teil

25

4.9K 331 78
By Alounaria

Gleichmäßig donnerten meine Pfoten über den Boden, mein Herz passte sich immer weiter an, ich schloss die Augen.

Die Tannen sausten an mir vorbei, ich hörte einen Fluss ganz in meiner Nähe, die übrigen Tiere nahmen Reißaus.

Man hatte ich das vermisst...

Ich streckte meinen Kopf in die Höhe, inhalierte seufzend die Sommerluft.

Eigentlich mochte ich den Winter ja mehr, aber das hier... Ich gab es zu, solche Momente liebte ich.

Das Rauschen der Tannen, der Gesang der Vögel, die warme Sonne auf meinem Rücken...

Als ich bei den Rocks ankam, war es später Nachmittag.

Ich hatte mich nicht beeilt, hatte mich einfach treiben lassen, doch während des Aufstieges hielt ich nun die Augen offen.

Ich wusste nicht, ob das eine gute Idee gewesen war.

Zum einen ja - klar - natürlich, immerhin sollte ich auf meine Schritte achten, damit ich nicht in den Abgrund stürzte.

Andrerseits kamen so die Erinnerungen.

Wie lange war das jetzt her gewesen? Zwei Wochen? Drei? Durch meinen Krankenhausaufenthalt hatte ich übrigens jegliches Zeitgefühl verloren.

Naja, jedenfalls erschien beinahe automatisch dieses eine Bild in meinen Kopf.

Ein gewisser Ven mit tiefschwarzem Haar, vollkommen ruhig. Er hatte einfach nur da gesessen. Er hatte da gessesen und mich beobachtet und nichts gesagt. Zumindest zuerst.

Ich fragte mich, warum er nicht einfach gegangen war. Ich hätte es getan. Also wäre ich er gewesen.

Ich meine, ich musste echt erbärmlich ausgesehen haben und es machte absolut keinen Sinn, dass er nicht einfach gegangen war.

Aber womöglich war er auch einfach nur der Fragen wegen geblieben. Okay, das war wohl am wahrscheinlichsten, aber trotzdem...

Innerlich seufzte ich auf. Ich machte mir eindeutig zu viele Gedanken über diesen Kerl...

Und dabei mochte ich ihn nicht einmal. Und er mochte mich nicht. So einfach war das.

Ich wusste nicht genau, wie lange ich noch lief. Ich setzte einfach immer weiter und weiter einen Fuß vor den anderen und als ich bemerkte, wie weit oben ich bereits war, stand die Sonne erstaunlich tief.

Aber vermutlich hatte ich das nach dieser langen Auszeit einfach mal gebraucht.

Gähnend legte ich mich auf einen kleinen Vorsprung - wie damals mit Alec - und ließ meinen Kopf auf meine Vorderpfoten fallen.

Ich blinzelte und beobachtete die Sonne, wie sie sich langsam neigte.

Der Wald sah schön aus, dachte ich.

So vollkommen in Gold getaucht, Little Falls weit und breit nicht in Sicht und alles so... friedlich. Und jedes Mal, wenn ich ihn ansah, kam ein Gefühl der Heimat auf.

Ich meine, er war meine Heimat. Irgendwie.

Ich konnte mich nicht erinnern, jemals woanders gewesen zu sein. Little Falls und er. Das war meine Welt.

Meine Ohren zuckte.

Ich wusste nicht, wie es in den Großstädten war. Das Meer kannte ich nur von Fotos und auch sonst hatte ich nie Amerikas Grenzen übertreten. Oder besser gesagt Montanas Grenzen.

Und jetzt wo ich so drüber nachdachte... ich weiß nicht... war es nicht als... als hätte ich die Welt noch nicht gesehen? Richtig gesehen meine ich.

Gut, ich war vielleicht erst siebzehn, aber Ben zum Beispiel war bereits in Europa gewesen. In Italien um genau zu sein und einmal sogar in Deutschland.

Er hatte mir Bilder gezeigt. Von Berlin. Das Brandenburger Tor zum Beispiel. Noch nie hatte ich Sehenswürdigkeiten besucht.

Und die Gedanken kamen und wollten nicht gehen.

Es machte mich auf seltsame Art... beinahe... traurig.

Ich meine, ich war ein Lykanthrop und mein Schicksal war es, auf ewig in diesem Wald zu leben.

Also rein theoretisch könnte ich losziehen und mir ein neues Rudel suchen, aber sein wir ehrlich, wer würde schon eine Rote aufnehmen?

Und wieder diese Frage. Hatte es mich als schlecht markiert?

Und da traf mich die Erkenntnis.

Ich meine... ich... ich war schlecht. Ich hatte meine Familie angelogen. Mehrmals. Ich hatte mich mit einem Ven verbündet. Ich hatte sie alle in Gefahr gebracht.

Ich schluckte schwer, schloss meine Augen.

Vielleicht war das Mal eine Warnung. Was hatte Ylva gesagt? Damit es keine Schwachstelle gibt? Und in diesem Moment wurde mir wieder klar, dass ich ihre Schwachstelle war.

Auf einmal gefiel mir die Stille ganz und gar nicht mehr.

Manchmal glaubte ich, Eza und Cole konnten meine Gedanken lesen. Oder spüren, wenn ich ihre Anwesenheit brauchte.

Denn keine Minute später hörte ich sie über den steinigen Boden donnern, ihr bekannter Geruch stieg mir in die Nase.

Seufzend schloss ich die Augen, im nächsten Moment waren sie bei mir angekommen.

»Was macht ihr hier?«

Schnaubend ließ sich Eza rechts von mir fallen, Cole machte es sich auf meiner linken Seite bequem.

»Du freust dich ja, uns zu sehen«, beschwerte sich Eza, ich schmunzelte.

»Natürlich.«

»Wir haben gedacht, nach dieser anstrengenden Zeit hättest du bestimmt nichts dagegen, wenn wir dir Gesellschaft leisten.«

Ich hob den Kopf und blickte zu Cole, der sein typisches Wolfsgrinsen aufgesetzt hatte.

»Vielleicht bin ich ja gerade hier her gekommen, um Ruhe vor euch beiden Pfeifen zu haben«, merkte ich feixend an, woraufhin mir Eza plötzlich in die Seite knuffte.

»He!«, beschwerte ich mich, während Cole dämlich lachte.

»Gibt es doch zu, ohne uns würdest du vor Einsamkeit sterben«, lachte Eza, ich verdrehte die Augen.

»Bestimmt nicht. Immerhin habe ich noch Ylva und Fenris und Ben...«

Ich stockte, als sie mich beide bedeutungsvoll ansahen, was mir wohl irgendetwas sagen sollte. Ich verstand es nicht.

»Was?«, fragte ich verwirrt.

»Ben also?«, erwiderte Cole und ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie sie mit ihren Augenbrauen gezuckt hätten, wären sie in ihrer humanoiden Gestalt.

Ich schnaubte und verdrehte die Augen - verstand nun, worauf sie hinaus wollten.

»Ben ist nur ein Freund«, versicherte ich ihnen - hatte ich das nicht letztens erst mit Fenris durchgemacht? - und legte meinen Kopf wieder auf meine Pfoten.

Doch die beiden Idioten ließen nicht locker.

»Nur ein Freund also?«, grinste Eza.

»Irre ich mich oder hast du nicht letztens erst in seinem Bett geschlafen? War er nicht derjenige, der morgens immer als erstes bei dir war, als du im Krankenhaus lagst, fügte Cole feixend hinzu.

Innerlich seufzte ich schwer auf.

Warum musste jeder dieses Thema ansprechen? Darüber machte ich mir ganz ehrlich noch keine Gedanken und zu diesem Zeitpunkt konnte ich mir nicht einmal vorstellen, mich jemals wirklich zu verlieben. Immerhin hatte ich genügend andere Probleme im Kopf.

»Ja Cole, das nennt man beste Freunde«, erwiderte ich, nicht ganz ernst und versuchte nicht all zu genervt zu klingen.

Cole schmollte.

»Ich dachte wir wären deine besten Freunde.«

Eza pflichtete ihm entrüstet bei.

»Ihr«, meinte ich und sah sie verheißungsvoll an, »seid Idioten.«

Bevor sie beide das tun konnten, was sie ohne Zweifel vorgehabt hatten - ich war mir ziemlich sicher, dass es schmerzhaft für mich geendet hätte - sprang ich lachend auf und wirbelte herum.

Noch ehe sie wirklich realisieren konnten, was passierte, preschte ich los.

»Wir sehen uns dann im Dorf«, lachte ich, während ich den Berg hinab sprintete.

Natürlich ließen sie das nicht auf sich sitzen und bald schon waren sie mir dicht auf den Fersen, auch wenn ich sie nie mehr als zehn Meter an mich herankommen ließ.

Innerlich dankte ich ihnen für die Ablenkung.

Und oh ja, ohne euch wäre ich wohl ziemlich einsam. Aber das wisst ihr...

◊♠◊♠◊♠◊

»Was machst du da?«

»Packen.«

Skeptisch sah mich Cole an, der soeben zu Eza und mir gestoßen war, die sich übrigens auf meinem Bett ausgebreitet hatte.

»Warum packst du?«, fragte er verwirrt, schubste Eza, sodass sie beinahe vom Bett fiel und ließ sich auf die Stelle fallen, auf der vor Sekunden noch ihre Beine gelegen hatten.

»Hey!«

Eza gab ihm eine Kopfnuss, ich stopfte einen Pullover in den blauen Wanderrucksack.

Seufzend drehte ich mich zu Cole.

»Das Kunstprojekt schon vergessen? Morgen machen wir diesen blöden Ausflug in den Wald. Zelten

Ich verdrehte die Augen und überlegte, welcher meiner Pyjamas wohl am wenigsten peinlich wäre.

»Also ich würde ja den mit den kleinen Schmetterlingen nehmen«, grinste Eza, ich schnaubte und warf sie mit besagtem Schlafanzug ab, den sie daraufhin angeekelt von ihrem Gesicht fischte und mir die Zunge raus streckte.

»Könntet ihr Beide euch bitte kurz einmal benehmen?«, blaffte Cole uns dann plötzlich an und wir blinzelten ihn verdattert an, so ernst klang er.

»Hast du nicht gesagt, dass in deinem Projekt auch Ven drin sind?«, fragte er besorgt.

Ich seufzte. Das meinte er...

»Ja und genau deshalb muss ich ja mit. Wir können sie ja schlecht einfach so im Wald rumstromern lassen«, erläuterte ich, während mein kleiner Finger nervös zuckte.

Wenn sie wüssten, dass einer von ihnen schon längst über uns bescheid wusste - der Vic nebenbei - würden sie mir den Kopf abreißen.

Plötzlich wirkte auch Eza besorgt, ich hätte mir am liebsten gegen die Stirn geschlagen.

»Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?«, fragte sie zweifelnd, ich schnaubte und drehte mich wieder zu dem hölzernen Kleiderschrank.

»Wenn ihr hier seid, um mich zu nerven, könnt ihr auch gehen«, murrte ich missmutig und fühlte mich im nächsten Moment schuldig.

Sie machten sich eben einfach Sorgen um mich und das nicht gerade ungerechtfertigt.

Plötzlich bekam ich meinerseits den rosanen Schlafanzug an den Kopf geknallt und keine Sekunde später stand Eza mit wütendem Gesichtsausdruck vor mir, stemmte ihre Arme in die Hüfte und funkelte mich bitterböse an.

»Aruna Ray Davis!«, knurrte sie wütend, sodass ich beinahe zusammenzuckte.

»Wir sind deine Freunde und wir machen uns Sorgen um dich! Also komm mir jetzt nicht so!«

Drohend hob sie ihren Finger.

Schuldbewusst senkte ich den Kopf. Sie hatte ja Recht...

Hatte ich schon erwähnt, dass Eza manchmal ziemlich aufbrausend sein konnte? Und, dass sie mich dann immer bei meinen vollen Namen nannte?

Gut, Davis war nicht wirklich mein Nachname, aber trotzdem...

»ˈTschuldige Ez«, nuschelte ich kleinlaut und wurde dann urplötzlich in eine feste Umarmung gezogen.

Ich erstarrte, sah Cole mit großen Augen an, der nur die Schultern zuckte.

Eza umarmte nie jemanden. Niemals. Nicht sie.

Und trotzdem vergrub sie in eben diesen Moment ihren Kopf in meinem Haar und atmete schwer aus.

Unbeholfen tätschelte ich ihren Rücken.

»Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Nicht noch einmal. Das halte ich nicht aus«, flüsterte sie und das war wohl das erste mal, dass Ezaly Kayn zugab, wie viel ich ihr bedeutete - wie viel ihr überhaupt irgendjemand bedeutete.

Zumindest indirekt.

Ich schloss meine Augen und seufzte.

»Mir wird nichts passieren Eza, keine Sorge«, murmelte ich.

Nur langsam löste sich Eza von mir. Prüfend sah sie mich an, hielt mich eine Armeslänge von sich weg.

Hatte ich eigentlich schon einmal erwähnt, wie groß Eza war? Bestimmt 1.85, sie kam locker an Cole heran und neben ihr fühlte ich mich immer merkwürdig klein.

Und sie war eine Schönheit, ohne Zweifel, mit den bernsteinfarbenen Augen, die bei dem richtigen Licht beinahe golden wirkten und den erstaunlich weichen Gesichtszügen (wenn sie denn mal keine Grimassen machte) dazu die makelose, dunkle Haut.

Ich wusste nur nicht, ob sie das selber wusste.

»Versprich es mir«, meinte sie und hob auffordernd ihre dunklen Augenbrauen.

Ich versuchte ein halbwegs aufmunterndes Lächeln aufzusetzen.

»Natürlich. Ich pass schon auf mich auf.«

Und das schien Eza wenigstens ein bisschen zu beruhigen. Zufrieden ließ sie mich los, doch natürlich musste auch Cole seinen Senf dazu geben.

»Und zur Not hat sie ja auch noch Ben«, feixte er, Eza und ich verdrehten die Augen.

»Halt die Klappe«, stöhnten wir unisono, woraufhin sie mich breit angrinste.

»Ich bin ja so froh, dass du wieder da bist. Jetzt können wir ihn endlich wieder gemeinsam schikanieren«, grinste sie, woraufhin ich lachen musste.

Und während Cole sich beschwerte machte ich mich wieder daran, meine Tasche zu packen.

Vermutlich wäre ich normalerweise in einer Viertelstunde fertig gewesen, aber mit den beiden Idioten an meiner Seite dauerte das Packen eine geschlagene Stunde, nicht zuletzt, weil sie wohl der Meinung waren, es wäre besonders lustig meine Zahnbürste in einem der Kissenbezüge zu verstecken, so dass ich alleine fünf Minuten damit verschwendete, wie eine doofe im Zimmer hin und her zu wüten, während sie sich auf dem Bett kugelten wie zwei kleine Kinder.

Und als sie sich am Abend schließlich verabschiedeten und ich mich hinlegte, hatte ich zum ersten Mal Zeit, richtig über ihr Gesagtes nachzudenken.

Ich meine, sie hatten ja Recht. Einerseits war von Alec vielleicht keine Gefahr zu erwarten - hoffte ich zumindest - allerdings wusste ich nicht, wie es mit Mik stand. Auch wenn er Alecs Ami war, wie der selber bestätigt hatte.

Ich musste höllisch aufpassen, mein Amulett ja anzubehalten - auch beim schlafen - und auch so war es nicht gerade ein Zuckerschlecken, drei ganze Tage (also eigentlich vier - drei Übernachtungen) mit einem Ven - besser gesagt zwei Ven - zu verbringen, da war ich mir sicher.

Ich musste mich einfach von ihnen fernhalten, dachte ich nach einer Weile mehr oder weniger entschlossen.

Wenn mir McClair nur keinen Strich durch die Rechnung machen würde...

◊♠◊♠◊♠◊

»Bis Dienstag«, verabschiedete ich mich von meinen Eltern und verwuschelte Phelans Haare, während Ylva und Fenris sich dazu bereit erklärt hatten, mich zumindest bis zum Waldrand zu begleiten.

Es war übrigens Samstag und die Kunst AG traf sich um genau zehn Uhr an der Schule.

»Und du passt auch auf?«, fragte Ylva bestimmt zum zehnten, während wir uns unseren Weg durch den Wald bahnten.

»Jaha, ich pass auf, keine Angst«, erwiderte ich das, was ich auch die hunderte Male davor geantwortet hatte, während Fenris beinahe gegen einen Baum lief, so in Gedanken versunken war er.

»Ich verstehe echt nicht, was mit ihm los ist«, raunte ich meiner großen Schwester zu, die zuckte bloß mit den Schultern.

»Jungs«, meinte sie trocken, da schien ihr etwas einzufallen.

Warnend sah sie mich an.

»Apropos Jungs...!«

»Yve!«

Ich unterbrach sie, bevor sie sagen konnte, was ihr durch den Kopf gegangen war. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass ich es nicht hören wollte.

Unschuldig zuckte Ylva mit den Schultern und grinste scheinheilig.

»Ach kommt schon«, stöhnte ich.

»Ich bin erst siebzehn, ich brauch noch keinen Partner. Macht euch lieber erstmal selber Gedanken darum! Immerhin werdet ihr bald das Alphapaar sein und Gefährten brauchen.«

Und da stolperte Fenris plötzlich, hätte Ylva ihn nicht gehalten, wäre er mit Sicherheit auf der Nase gelandet.

»Bist du gedanklich auch mal wieder anwesend«, neckte ich ihn, während er ein paar Mal verwirrt blinzelte.

Darauf erwiderte er nichts, verdrehte einfach nur die Augen.

Was mit dem wohl los war...

Es dauerte keine zehn Minuten mehr, da waren wir an dem Punkt angekommen, an dem sie mich verlassen mussten.

Ylva umarmte mich unnötigerweise noch, als würden wir uns erst in zehn Jahren wieder sehen und auch Fenris schien es für Nötig zu halten, mir zum Abschied auf die Schulter zu klopfen.

»Ich werd schon nicht sterben«, verabschiedete ich mich und noch ehe sie irgendetwas darauf erwidern konnten, machte ich mich vom Acker und joggte mit geschulterter Tasche die Landstraße entlang - ich hütete mich davor, alleine im Bus zu fahren.

Nach weiteren zehn Minuten kam ich schließlich an der Schule an - ein merkwürdiger Anblick am Samstagmorgen.

Die meisten schienen schon da zu sein, ich spähte an dem roten Reisebus vorbei auf der Suche nach Ben.

Wollten wir nicht eigentlich einfach in den Wald gehen, wozu dieser riesige Bus?

Gut, McClair hatte nicht explizit gesagt, wo genau in den Wald und vermutlich würden wir unser Lager auch nicht einfach mitten im Wald aufschlagen, sondern auf einem Campingplatz.

Da erschien ein Reisebus wohl angemessen.

Als ich schließlich fast am Bus angekommen war, entdeckte ich einen missmutig dreinblickenden Ben, neben ihm May - die große Blondine - die sich ganz offensichtlich beschwerte.

Über was auch immer.

Ben schien jedenfalls nicht begeistert.

Ich wusste nicht, warum mich dieser Anblick zum schmunzeln brachte.

»Hey«, begrüßte ich die Beiden gut gelaunt und Ben schien unendlich erleichtert über eine Chance, May loszuwerden.

Diese sah mich kurz abschätzig an, drehte sich um und schritt schnaubend zu ihren Freundinnen.

»Was hat die denn?«

Ben seufzte schwer und rieb sich die Schläfe.

»Wenn ich das wüsste...«, murmelte er ehrlich verwirrt.

»Ich hab sie nur darauf hingewiesen, dass sie im Wald versuchen sollte, ihre Stimme zu mäßigen, weil sie sonst die Tiere verschreckt.«

Mit großen Augen sah er mich an.

»War das falsch?«

Ich verschluckte mich beinahe an meiner eigenen Schlucke und musste so laut husten, dass sich einige zu uns umdrehten, was allerdings gut so war, ansonsten wäre ich nämlich in schallendes Gelächter ausgebrochen.

Unbeholfen tätschelte Ben meinen Rücken und es dauerte mindestens zwei Minuten, bis ich mich wieder beruhigt hatte und so rot angelaufen war wie eine Tomate.

»Nein«, keuchte ich und versuchte angestrengt nicht zu lachen.

»Keine Ahnung, was sie daran gestört haben könnte.«

Entrüstet hob Ben seine Hände.

»Genau!«

Nachdenklich runzelte er die Stirn und als McClair zu der Gruppe stieß, schien er immer noch zu überlegen, was er denn falsch gemacht haben könnte.

Gemeinsam mit Ben und den anderen bereits anwesenden Schülern packte ich mein Gepäck in den Bus und stieg ein, ergatterte mir und Ben einen Platz im hinteren Teil des Busses und stritt mich mindestens fünf Minuten mit ihm darüber, wer am Fenster sitzen durfte, wobei ich letztendlich gewann, da mir sonst schlecht werden würde.

Und das war nicht einmal gelogen.

Lange Busfahrten verkraftete ich wirklich nicht so gut, ein weiterer Grund, warum ich die Bushaltestelle zugeteilt bekommen hatte, von der aus man gerade mal zehn Minuten zur Schule fahren musste.

Während wir langsam vollständig wurden, beschwerte sich Ben leise weiter über May, die - ganz zu seinem Glück, wie er meinte - im vorderen Teil des Busses saß.

Ich starrte gedankenverloren auf den Gang und fragte mich, wo Alec und Mik waren - warum zur Hölle dachte ich schon wieder an diesen verdammten Kerl?!

Ich meine, ich hätte ganz und gar nichts dagegen, wenn sie zu Hause bleiben würden, nichts desto trotz...

Ich war versucht, genervt aufzustöhnen, als sie in eben diesem Moment die paar Stufen in den Bus hinein traten und sich auf der Suche nach einem freien Platz umsahen.

Ich musste wohl ziemlich genervt ausgesehen haben, denn Ben sah mich mit gerunzelter Stirn an.

»Ich verstehe nicht, warum du sie immer noch nicht leiden kannst. Alec hat dir immerhin dein Leben gerettet«, raunte er, doch zu meinem Pech kamen die beiden Ven in eben diesem Moment an unseren Sitzen vorbei und dank Super-Ven Gehör hatten sie natürlich mitbekommen, was Ben gesagt hatte.

Alecs Blick traf meinen, aus irgendeinem Grund hielt ich für einen Moment die Luft an - warum zur Hölle?!

Jedenfalls hob besagter Ven beinahe provozierend eine Braue, als würde er sagen wollen: Hör auf deinen Freund.

Ich verdrehte die Augen, wohl im Bewusstsein, dass er es sehen konnte, woraufhin er grimmig dreinblickte.

Zicke.

Aus irgendeinem Grund knuffte Mik ihm grinsend in die Seite, was Alec nur noch düsterer schauen ließ und als ich bemerkte, dass ich sie immer noch beobachtete, drehte ich mich hastig wieder zu Ben.

Das fing ja schon einmal gut an...

Nichts desto trotz kam ich nicht drum herum mitzubekommen, wie die Brünette - mittlerweile hatte ich herausgefunden, dass sie Lucy hieß - Alec und Mik aufgeregt zu sich her winkte, da sie gemeinsam mit zwei ihrer Freundinnen die hintere Reihe für die beiden Ven freigehalten hatte.

Mik und Alec schienen genau so begeistert, wie ich, denn alle anderen Plätze schienen bereits belegt und so waren sie gezwungen, sich zu den Mädchen zu setzen.

Und so hatte ich also das unglaubliche Glück, dass Alec nun genau hinter mir saß.

Na toll...

Jetzt würde ich mich also die ganze Busfahrt beobachtet fühlen...

Schon jetzt spürte ich den bohrenden Blick auf meinen Sitz und ich konnte nur von Glück reden, dass er mich nicht wirklich sah.

Tat er eigentlich auch mal etwas anderes, als finster zu starren?

Vermutlich nicht...

Zumindest nicht, wenn es um mich ging.

Zufrieden verkündete McClair, dass nun alle anwesend sein und keine zwei Minuten später fuhr der Bus an.

Die erste Stunde unterhielt ich mich noch mit Ben - über gepunktete Küchentücher und wie eklig Cola schmeckte - und versuchte Lucys mehr als peinliche Annäherungsversuche auszublenden, während Alec finster gegen meinen Sitz starte und Mik ihm immer wieder genervt irgendetwas zuraunte.

Naja, jedenfalls war mir nach dieser Stunde so schlecht - was mit Sicherheit auch etwas mit diesen starrenden Blicken zu tun hatte - dass ich mich dazu entschied, dass es wohl das Beste wäre, die Augen zu schließen und rein gar nichts zu tun.

Ich sage ja, Busfahrten waren echt nicht meins.

Ich lehnte meinen Kopf also gegen die kalte Scheibe, während sich Ben zusammenriss, mir nicht bis zum kleinsten Detail zu erklären, woran es lag, dass manchen Menschen beim busfahren schlecht wurde.

Ich wusste nicht, wie lange ich so da saß, angestrengt versuchte meinen Mageninhalt drinnen zu behalten und mich zusammenriss, um bei den selten dämlichen Aussagen Lucys nicht laut aufzuschreien - was Alec mit Sicherheit auch gerne getan hätte - doch irgendwann dämmerte ich tatsächlich weg...

Continue Reading

You'll Also Like

32K 816 29
Kim ist schüchtern, steht seit Jahren auf Jared und bekommt einfach den Mund nicht auf. Nachdem Jared lange in der Schule fehlt und ihr Herz blutet...
Selana By Anne

Werewolf

474K 19.5K 134
Selana Anemio ist genau wie ihr Bruder Alexios ein Werwolf. Sie ziehen in eine neue Stadt und wagen wieder einen Neuanfang. Der Vergangenheit und der...
353K 30K 89
Teil 1 der Trilogie „Du hast eine gefährliche Welt betreten, Jane, und ich fürchte, ich kann dich nicht für immer beschützen." Jane Watson lebt ein...
387K 22.9K 35
Damit ihre geliebte Schwester Diane den Mann ihrer Träume heiraten kann, willigt Lady Allana Redvers ein, für ihren Vater eine Kleinigkeit zu tun: Nä...