PURPLE RAIN

Oleh agustofwind

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❝And baby, for you, I would fall from grace, just to touch your face❞ Jimin würde alles dafür tun, die verlor... Lebih Banyak

foreword - all we have is now
chapter one - (don't fear) the reaper
chapter two - i want to break free
chapter three - crime of the century
chapter four - surrender
chapter five - comfortably numb
chapter six - fox on the run
chapter seven - yesterday
chapter eight - piano man
chapter nine - breakfast in america
chapter ten - stairway to heaven
chapter eleven - burnin' for you
chapter twelve - hotel california
chapter thirteen - somebody to love
chapter fourteen - lucky man
chapter fifteen - a whiter shade of pale
chapter sixteen - everybody knows
chapter seventeen - this town ain't big enough for the both of us
chapter eighteen - bye bye baby
chapter nineteen - both sides now
chapter twenty - heroes
chapter twenty-one - lake shore drive
chapter twenty-two - rhiannon
chapter twenty-three - california dreamin'
chapter twenty-four - enjoy the silence
chapter twenty-five - when i was young
chapter twenty-six - when doves cry
chapter twenty-seven - don't give up
chapter twenty-eight - oh! you pretty things
chapter twenty-nine - paint it black
chapter thirty - nowhere man
chapter thirty-one - hallelujah
epilogue - two years later
acknowledgement

chapter thirty-two - purple rain

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Oleh agustofwind




track no. 32 ♫
purple rain;
by prince


- — -

ZU JIMINS HEILLOSER ÜBERRASCHUNG versammelte sich der restliche Clan nicht etwa in Baekhyuns Schlupfwinkel in seinem befestigten Hochhaus, sondern in einer Werkstatt ein paar Kilometer außerhalb des Industriegebiets, unmittelbar am Han-Fluss. Von außen wirkte der Ort wie eine heruntergekommene Lagerhalle, aber kaum, dass Yoongi seinen Lamborghini vor die zerbeulte Wellblechjalousie manövriert hatte, öffnete sich diese mit einem abrupten Ruck und das Innere einer neonerleuchteten, weitaus weniger brüchigen Werkstatt, als man vermuten würde, kam zum Vorschein.

Namjoon stand am Tor, sein Gesicht in einer unüblichen ernsten Mimik, seine Arme vor der Brust verschränkt, während er sich mit einem eiligen Blick über das Dach des Autos hinweg versicherte, dass sie alleine gekommen waren. Kaum, dass Yoongi den Lamborghini in den erleuchteten Innenraum gefahren hatte, würgte er den Motor ab und bedeutete Jimin mit einem stummen Blick, ihm aus dem Auto zu folgen.

Die Werkstatt war bis auf die paar Kkangpae offenbar nicht in Betrieb, denn bei genaueren Hinsehen entpuppte sich der Innenraum als vollkommen desertiert und bis auf den Frontbereich kaum erleuchtet—an der hinteren Wand glomm ein Neonschild mit chinesischer Aufschrift, darunter befand sich eine halb abgeräumte Werkbank mit verschiedenen verbeulten und zersplitterten Instrumenten. Unmittelbar davor saß Jeongguk, dessen Gesichtsfarbe nach wie vor totenblass zu nennen war, mit dem Rücken an der Werkbank. Der provisorische Verband, den Jimin um seinen Arm geschlungen hatte, war einem professionellen, sauberen und ordentlich angebrachten Druckverband gewichen, den Seokjin im Augenblick mit allergrößter Genauigkeit vollendete. Jeongguks Augen waren halb geschlossen, aber Jimin war ungemein erleichtert zu sehen, dass er offensichtlich bei Bewusstsein zu sein schien. Seine dunklen, wuscheligen Haare fielen ihm in verschwitzten Strähnen über seine Stirn und unter seinen Augen prangten dunkle Ringe, die aufgrund seiner schneeweißen Hautfarbe umso erschreckender wirkten. Als er Jimin jedoch aus dem Auto aussteigen sah, schien sein Blick sich merklich aufzuhellen und er hob seinen gesunden Arm, um ihm durch die Garage hinweg zuzuwinken. Seokjin, der nach wie vor an ihm zugange war, schien das überhaupt nicht zu passen und er herrschte ihn unwirsch an, bevor er dem Verband an seiner Schulter den letzten Schliff verpasste.

Hinter Namjoon, auf einem umgekippten Ölfass, saß Hoseok, der seine Ellbogen auf die Knie gestützt hatte und unentwegt auf sein Handy zu starren schien, als erwartete, dass Taehyungs Name wie durch ein Wunder auf dem Bildschirm auftauchen würde—dass er ihn aus irgendeiner sicheren Zone anriefe und ihm versicherte, dass alles in Ordnung sei. Dass er es aus den Klauen der Yakuza geschafft hätte—auf diese mühelose Taehyung-Art-und-Weise, die vielleicht ein paar blutige Schrammen auf seinem Gesicht involvierte, aber letzten Endes mit einem unweigerlich breiten Grinsen erzählt werden würde, als gäbe es kaum etwas Simpleres, als sich aus dem Inneren des Feindes herauszuschlagen.

Aber irgendetwas sagte Jimin, dass dies heute nicht so sein würde. Taehyung war ungemein erfahren, kunstfertig und stark—aber er war nicht allmächtig—nicht im Auge dieser unmenschlichen Bedrohung, die sich auf sie alle niedergesenkt hatte.

Als Yoongi aus dem Auto stieg, blickte Hoseok sofort auf und Jimins Herz verzog sich vor Mitleid, als er die ungemeine Fahlheit seiner Wangen feststellte. Hoseok sah aus wie der Tod. Seine schwarzen Augen waren leer und frei von jeglichem Glanz, selbst sein braun gelocktes Haar schien den Schimmer verloren zu haben, der ihm üblicherweise anhaftete, während jede seine Bewegungen ungemein fahrig erschien—als habe er vergessen, wie man die Arme ineinander verschränkte, oder sich schlichtweg von einer umgekippten Öltonne erhob.

„Und?", fragte er, bevor Yoongi überhaupt die Möglichkeit hatte, ein Wort zu sagen. Der Clanleader hatte nur einen kurzen Blick mit Namjoon getauscht, der ihm auf höchst non-verbale, beinahe telepathische Art und Weise vermutlich das gesagt hatte, dass Yoongi bereits wusste: es war schlimmer, als sie zugeben wollten.

„Wir finden ihn, Hobie." Es war das gleiche, das Yoongi auch zu Jimin gesagt hatte, aber der Mechaniker wirkte kaum versöhnt.

„Ihr wisst, dass ich meinen Verstand verliere, oder?", fragte er mit rauer Stimme, seine Lippen uneben und aufgeschürft unter seinen Zähnen, mit denen er sie offensichtlich ausgiebig malträtiert hatte. Sein Blick zuckte zu Jimin, als könnte ihm dieser wie durch ein Wunder sagen, wie sie am schnellsten zu Taehyung durchstoßen konnten.

„Beruhig dich, Hoseok", sagte Yoongi und es klang dabei keinesfalls so jovial oder herablassend, wie seine Worte interpretiert werden konnten—aber dennoch schien Hoseok beinahe an die Decke zu gehen.

„Ich soll mich beruhigen?", fauchte er und machte einen Schritt auf Yoongi zu, sodass er ihn einen halben Kopf überragte. „Du erwartest ernsthaft von mir, dass—"

„Ich erwarte... Disziplin", erwiderte Yoongi kühl. „Keinem von uns, am allerwenigsten Tae, ist geholfen, wenn du... hier herumschreist und uns eine Szene machst."

Falls Jimin die nächste Explosion von Seiten Hoseoks erwartet hatte, so irrte er sich. Der Mechaniker presste die Lippen aufeinander und stürmte in eine abgelegene Ecke davon, wo er sich auf den Boden sinken ließ und sein Handy ein erneutes Mal in die Mangel nahm. Am liebsten hätte Jimin sich ihm angeschlossen, aber just in diesem Augenblick strich Yoongis Finger wie zufällig über seinen Handrücken und er verharrte sofort auf der Stelle, um sich mit einem schwachen Lächeln zu seinem Clanleader umzudrehen.

„Wir haben das Loft verloren", sagte Yoongi schließlich und augenblicklich richteten sich alle Augen im Raum auf ihn. Jimin fühlte sich ein wenig fehl am Platz; seine Finger so gut wie mit Yoongis verschlungen, sodass er neben ihm stand wie ein Stellvertreter, und nicht die neueste Erweiterung dieses Clans. „Die Yakuza haben unser Hauptquartier aufgespürt, Jimin und Jeongguk dabei... mehr oder weniger schwer verletzt und Taehyung gefangen genommen. Wir wissen alle, dass Tae zäh und kaum zu brechen ist, aber... wir dürfen nicht unterschätzen, mit wem wir es zu tun haben. Die... Mörder meiner Familie. Die Mörder von Jimins Vater. Jimins Schwester. Jeder von uns hat bereits unglaublich viel an die Yakuza verloren, und... ich glaube, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass wir dies nicht unerwidert lassen."

Der Druck von Yoongis Fingern um seine verstärkte sich einen Augenblick lang und Jimin strich mit seiner Fingerkuppe über die Stelle, um die sich sein Tattoo schlang.

Yoongis Blick zuckte zu ihm herüber und Jimin schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, das dieser nach einer knappen Sekunde erwiderte und somit seinen rasenden Herzschlag auf eine Weise beruhigte, die er sonst nicht für möglich gehalten hätte.

„Es ist außerdem essentiell, dass wir schnell handeln", fuhr Yoongi fort. „Zuerst ist es wichtig, dass wir die Motive der Yakuza glasklar etablieren. Es geht ihnen um Rache; natürlich, das Interview hat sie stark getroffen—immerhin ist so ihre Maske der Verborgenheit zunichte gemacht worden—und es ist ebenfalls mit bestimmter Sicherheit zu sagen, dass sie... Jimin wollen." Bei seinen letzten Worten verlangsamte sich seine Stimme, als sein Blick erneut zu Jimin herüberschwenkte.

„Was macht dich so sicher?", fragte Hoseok von seinem Rückzugsort am anderen Ende der Garage. „Wer sagt, dass sie nicht einfach Taehyung als deine rechte Hand und als das Gesicht der... Bang Tan Pa töten wollen? Um ein Exempel zu statuieren. Ein Zeichen zu setzen. Was weiß ich."

Yoongi presste seine Lippen zusammen. „Ich sage nicht, dass Taehyung außer Lebensgefahr ist. Sobald sie sich wirklich dessen bewusst sind, was sie mit Taehyung in ihre Finger bekommen haben, wird es nicht lange dauern, bis ein schießwütiger Yakuza auf dumme Ideen kommt. Deswegen; das schnelle Handeln."

Seine Worte schienen Hoseok nicht wirklich zu beruhigen, aber Jimin bemerkte, dass er der Ehrlichkeit seines Leaders dankbar war. Jimin selbst hätte die Worte vielleicht ein wenig schonender verpackt; aber letzten Endes nützte Taehyung die düstere Wahrheit wohl mehr als freundliche, aufpolierte Worte.

„Aber warum Jimin?", fragte jetzt auch Seokjin, der sich von Jeongguk abwandte, um Yoongi durchdringend zu fixieren. „Wieso nicht du, Yoon? Du hast singulär die meisten Todesopfer unter den Yakuza auf deiner Kappe... und dass sie bittere Rache wollen, ist nicht... unwahrscheinlich."

Yoongi neigte den Kopf und Jimin war überrascht festzustellen, dass er seine Finger noch immer nicht aus seinen gelöst hatte, selbst, als der gesamte Clan mehr als nur einmal auf die ineinander verschränkten Hände geblickt hatte und sich dessen zweifellos bewusst geworden war. „Natürlich. Rache. Wieso nicht? Aber in solch einem Moment? Die Yakuza verfolgt seit Jahren ein bestimmtes Ziel. Eine unterschwellige Infiltration dieses Landes. Die Betonung liegt jedoch nun einmal auf unterschwellig, auf versteckt und geheim. Das Interview war das Schlimmste, das wir ihnen hätten antun können. Welche Infiltrationen geschieht schon im Offenen? Wenn alle Parteien Bescheid wissen?"

Jimins Lippen öffneten sich eine Spur, als er Yoongi mit überrascht aufgerissenen Augen fixierte. „Die... Vorbereitungen auf den Kampf, die Streifzüge, bei denen unsere Leute auf die Yakuza getroffen ist... sie waren nur Vorwand? Viel Aufwand um gar nichts? Während sich deine gesamte Aufmerksamkeit immer nur auf dieses Interview beschränkt hat."

Yoongi schenkte ihm ein schwaches Lächeln. „Glaubst du, wieso wollte ich diese Dokumente so dringend? Die anderen Clans wären mir vermutlich auch so gefolgt, sie hatten mein Wort als Kkangpae und Leader. Aber die breite Öffentlichkeit, diejenigen, die wirklich den Unterschied machen können, nicht nur im Untergrund, sondern mit Gesetzgebungen, mit Neuwahlen, mit Aufständen—sie sind diejenigen, die wir wirklich überzeugen mussten. Mit ihnen auf unserer Seite ist die Yakuza tatsächlich machtlos."

Jimin verstand sofort. „Sie wollen mich, damit ich den Schaden rückgängig machen kann. Weil alles an meinem Wort hängt. Wenn sie mich diskreditieren, mir irgendeinen Skandal anhängen, wie sie es mit meinem Vater getan haben, dann... bin ich nur ein verrückter Ex-Gangnamjunge, der nicht verkraftet hat, alles zu verlieren."

„So ist es", sagte Yoongi und Jimin bildete sich beinahe ein, dass seine Hand für den Bruchteil eines Augenblicks in seiner zuckte; als rang er mit sich, sie gleichzeitig wegzuziehen, wie fester um ihn zu schlingen. „Du bist ihre letzte Chance auf den alten, bombensicheren Plan. Noch ist das Interview frisch; der Skandal hat sich nicht wirklich festgesetzt—und dir etwas anzuhängen wird einfach, vor allem mit deinem Tod."

„Okay", sagte Jimin. „Dann lasse ich mich nicht gefangen nehmen."

Yoongi schnaubte unbelustigt. „Ach, Jimin."

„Was?"

„Es geht um Taehyung. Ich muss dich nur eine Sekunde aus den Augen lassen und du marschierst mit Mistgabel und Fackel zu den Yakuza, um ihn da rauszuholen." Yoongi löste seine Finger nun endgültig aus seinen, vermied es aber nicht, ihn weiterhin durchdringend zu fixieren. Jimin bekam langsam das Gefühl, als ob er alleine mit Yoongi in einem Raum wäre; die anderen Clanmitglieder hüllten sich in nachdenkliches Schweigen, das offensichtlich all das zu berücksichtigen schien, das Yoongi soeben herausgebracht hatte. Jimin konnte nicht sagen, inwieweit die anderen den tieferen Plan durchschaut hatten, den Yoongi verfolgte, aber er konnte sich durchaus vorstellen, dass er der einzige gewesen war, der die Wichtigkeit seiner Schlüsselrolle in alledem nicht auf Anhieb verstanden hatte.

Er öffnete den Mund, um Yoongi zu widersprechen; ihm felsenfest zu versichern, dass er dies garantiert nicht geschehen würde; doch dann tauchte Taehyungs Gesicht vor seinem inneren Augen auf—die hellen, fransigen Locken, die ihm über die Stirn fielen, über die braunen, großen Augen, die ihn so oft mit unendlich viel Liebe und Zärtlichkeit angeblickt hatten. Seine geschwungenen, perfekt geformten Lippen, die sich seit der ersten Sekunde ihrer Bekanntschaft zu spöttischen, sardonischen oder tief ehrlichen Lächeln verzogen hatten. Er dachte daran, wie er Taehyung zum ersten Mal tatsächlich gesehen hatte; im Octagon, ein gesamter Raum zwischen ihnen, der nicht groß genug gewesen war, um die stumme Anziehung, die zwischen ihnen geherrscht hatte, zu ersticken.

Jimin hatte niemals an das Konzept eines Seelenverwandten geglaubt, aber je länger an Taehyung dachte, an alles, das er für ihn getan hatte, die tausenden Male, die er stumm und vollkommen ohne Hintergedanken in seinen Armen verbracht hatte—desto deutlicher wurde ihm bewusst, dass er tatsächlich einer der Glücklichen war.

Einer der Glücklichen, der seine Seele in einem anderen Körper gespiegelt gefunden hatte—und nicht nur gespiegelt, sondern erwidert, gekontert und erweitert—auf eine Weise, die jeden seiner Atemzügen neben Taehyung zu einer einzigen, harmonischen Resonanz machte und die ihn ebenso erstickte, wenn er nur den halben Gedanken daran wagte, wie es wäre, wenn Taehyung von ihm fortgerissen werden würde.

Wenn Taehyung aufhören würde, in seinem Leben zu existieren, dann würde er wahrlich in Verzweiflung stürzen—es war so unweigerlich.

„Du hast Recht", sagte er also und fixierte Yoongi stumm, ohne unter seinem durchdringenden Blick zu schwanken. „Du hast so Recht, Yoongi. Ich würde mein Leben für Taehyung geben. Und das ist das, was ich tun werde, wenn es sein muss."

Pures Entsetzen huschte über Yoongis Gesicht, wurde in seinen dunklen Augen aufgegriffen, sodass sein Herz einen schmerzhaften Schlinger machte. „Nein!", zischte der Clanleader und Jimin hatte ihn niemals so außer sich gesehen; die Dunkelheit seiner Pupillen lehnte sich gegen das Schwarz seiner Iriden auf und Jimin erkannte zum allerersten Mal eine Schattierung darin. „Ich fessle dich, wenn es sein muss. Du wirst nicht für Taehyung sterben. Er würde es weder wollen, noch zulassen, du weißt das, oder?"

„Das ist mir egal", widersprach Jimin und verschränkte die Arme vor der Brust. Die eisige Wut, die Yoongi in rhythmischen Wellen absonderte, war genug, um ihn erschaudern zu lassen.

„Nein, Jimin, das wirst du nicht tun", bekam Yoongi unerwartete Unterstützung. Es war Hoseok, der sich aus seiner Ecke hervorgetreten war und die Hände einer resignierten Manier ineinander geschlungen hatte. „Taehyung würde sein Leben verabscheuen, wenn er wüsste, dass es zum Preis von deinem eingelöst wurde. Er würde sich von abwenden, weil wir nicht verhindert haben, dass du dieses Opfer bringst und dann ist er wieder alleine. Es würde ihn umbringen, Jiminie."

Yoongi nickte knapp. „Danke, Hoseok. Deine Rationalität ist erfrischend."

Der Mechaniker verengte die Augen. „Manchmal, wirklich ganz, ganz selten, sehe ich, wieso sie deine Seele für verloren erklären."

„Ich hasse nichts mehr als wenn jemand versucht, mir meine Autonomie abzuerkennen", sagte Jimin, der mit wachsender Wut zwischen den beiden hin und herblickte. „Wenn ich das Opfer für meinen besten Freund zu bringen bereit bin, dann hat keiner von euch beiden ein Recht, mir das abzusprechen."

„Ich bin dein Leader, Jimin", knurrte Yoongi mit dunkler, rauer Stimme und Jimin zuckte erschrocken einen halben Schritt zurück, sodass er mit dem Rücken beinahe gegen eine Werkbank stieß. Keine Sekunde später wurde Yoongi bewusst, dass er gerade beinahe die Kontrolle über sich verloren hatte und ein Ausdruck tiefster Reue überschattete seine Züge. „Jimin..."

„Jimin mich nicht", fauchte er und schlang seine Hände um die Kante der Tischplatte, um irgendwie den Halt zu finden. „Du kannst deine Position nicht verwenden, um über mich zu bestimmen, wenn... mein Gewissen gegen dich antritt, Yoongi. Dagegen bist du machtlos, in jeder Hinsicht."

„Hey, Leute", schaltete Seokjin sich ein, der von Jeongguk weggetreten war und zu Namjoon aufgeschlossen hatte, dem er beruhigend die Hand auf die Schulter legte. „Wir verlieren wertvolle Zeit. Die Taehyung ganz bestimmt nicht hat. Unser primäres Problem ist, dass wir keine Ahnung haben, wo sie ihn festhalten. Alle Rettungspläne erweisen sich als relativ sinnlos, wenn wir nicht einmal seinen Aufenthaltsort kennen."

Yoongi winkte ab. „Das können wir sehr schnell herausfinden."

Seokjin hob beide Augenbrauen. „Ach. Und wann hast du geplant, uns davon zu erzählen?"

Yoongi zog sein Handy aus der Hosentasche und hielt es in die Höhe, sodass Seokjin darauf sehen konnte. „Du weißt ganz genau, wen wir anrufen müssen."

Der Kunststudent wurde blass und seine Finger verkrampften sich in Namjoons Schulter. „Das gefällt mir nicht, Yoon. Kein bisschen. Du weißt so gut wie ich, dass das genauso gut in die Hose gehen kann. Wie immer, wenn er involviert ist."

„Wenn der Preis stimmt, würde er seine eigenen Mutter verraten."

„Oh, nein", stöhnte Jimin. „Nicht die Gucci-Spinne."

Yoongi warf ihm einen unlesbaren Blick zu, während er sein Handy entsperrte und mit raschen Fingern in seinen Kontakten zu suchen begann. Keine Sekunde später hatte er auf den Kontakt gedrückt und sich das Handy ans Ohr gehalten. Jimin hörte das Knacken des Lautsprechers leise, als Hyungwon offensichtlich nach dem zweiten Klingeln abhob und er vernahm das tiefe Grollen seiner Stimme durch den kleinen Lautsprecher, aber es war schlichtweg zu leise, als dass er kohärente Wörter ausmachen könnte.

„Ja", sagte Yoongi in dem Moment und es klang widerwilliger denn je. „Genau deswegen rufe ich an."

Offensichtlich erwiderte Hyungwon etwas und Yoongis Augen weiteten sich eine Spur, ehe sein Blick wieder auf Jimin landete. „Muss das sein?", fragte er dann brüsk. „Okay, okay. Ist gut."

Er nahm sich das Handy vom Ohr und hielt es Jimin hin, während seine Hand den Lautsprecher abdeckte, und dieser hob überrascht beide Augenbrauen. „Er will mit dir sprechen. Sei nett. Wir brauchen ihn."

Jimin nahm das Handy mit zitternden Fingern entgegen. Alleine die Aussicht auf ein zermürbendes Gespräch mit der Gucci-Spinne, Händler aller Informationen, die man lieber begraben halten sollte, erquickte ihn nicht sonderlich. Er hatte sogar gehofft, seine Stimme niemals wieder hören zu müssen; nicht, nachdem er sie das letzte Mal düstere Drohungen ausstoßen hatte hören.

„Hallo?", fragte er zögerlich in das Handy und er wurde prompt von einem leisen Lachen begrüßt, bei dem es ihm kalt über die Wirbelsäule hinablief.

„Park Jimin", sagte Hyungwon und Jimin hatte sofort sein Gesicht wieder vor Augen; allen voran die schmale, elegante Nase, die spöttisch verzogenen Lippen, und die bösartig funkelnden Augen, die sich selbst jetzt in seine Seele zu bohren schienen. „Wer hätte gedacht, dass wir so bald schon wieder voneinander hören werden?"

Er presste die Lippen aufeinander, während er versuchte, die eisige Berechnung in seinen Worten auszublenden, die seinem Herz eine kleinere Attacke bescherten. Oh, er hatte vergessen, wie sehr er die Spinne hasste.

„Vermutlich du", gab er deshalb zurück und hätte sich in der nächsten Sekunde am liebsten auf die Zunge gebissen. Unangebrachter Sarkasmus war nichts, das er äußern sollte, wenn Taehyungs Leben auf dem Spiel stand.

„Goldrichtig, Jimin", erwiderte Hyungwon und Jimin bildete sich beinahe ein, sein schmieriges Grinsen in seiner Stimme zu hören. „Auch, wenn ich die Situation nicht als ganz so... dramatisch antizipiert habe. Dein bester Freund und Seelenverwandter ist verschwunden, kommt mir da zu Ohren?"

„Ja", knurrte er.

„Das ist ja ganz dramatisch", seufzte Hyungwon und Jimin konnte nicht anders, als seine Zähne aufeinanderzubeißen. „Weißt du, ihr habt was Griechisches an euch, ihr beiden. Patroclus und Achilles, wenn man es so will."

„Wie bitte?", fragte er verstört.

„Eine ganz tragische kleine Histoire. Patroclus stirbt, Achilles rächt ihn, indem er seinen Mörder tötet und wird dafür im Gegenzug selbst vernichtet. So ein mächtiger und gefürchteter Krieger, einfach tot, das musst du dir mal vorstellen. Weil er Patroclus so sehr geliebt hat. Das ist schon... bitter."

„Ich finde nichts Schlimmes daran", sagte Jimin. „Nur der Krieg. Das ist dasjenige, das zu bedauern ist."

„Ach ja." Hyungwon klang nachdenklich. „Der unvermeidliche große Krieg. Griechen gegen Trojaner, Römer gegen Barbaren, Spartaner gegen... ach, was weiß ich, und jetzt, Yakuza gegen Kkangpae—oder wie ich es nenne, Pest gegen Cholera."

„Ganz schön große Worte für jemanden, der von Krieg profitiert", erwiderte Jimin und er hörte vier Leute um sich herum simultan aufstöhnen, aber Hyungwon ließ ein leises Lachen hören.

„Weißt du, Jimin, ich mag dich. Klar, du bist schrecklich nervtötend, selbstgefällig, eingebildet und ein ziemlicher Feigling, wenn's drauf ankommt, aber du bist ehrlich. Das ist eine Tugend, die man ach zu selten sieht."

„Ich... glaube nicht, dass man es mit Schmeicheleien weit bringt."

„Und das von einem Politikersohn, Jimin, ich bin pikiert!" Er hörte, wie Hyungwon ein erneutes Mal leise kicherte. „Weil ich heute in guter Stimmung bist und du mich amüsierst, möchte ich dir Taehyungs Aufenthaltsort nicht vorenthalten. Allerdings möchte ich ein einziges, kleines Geheimnis hören. Einfach aus persönlicher Interesse."

„Okay", sagte Jimin gepresst und hob seinen Blick, um Yoongis zu begegnen. Er nickte stumm, um ihm zu verdeutlichen, dass er auf dem richtigen Weg war. „Du kriegst alles, was du willst."

„Das ist aber großzügig, Kleiner", zwitscherte Hyungwon. „Weißt du noch, als wir uns das letzte Mal gesehen haben? Der Assassine hatte einen Brief von deinem Leader für mich dabei, in dem ein Geheimnis stand. Ein sehr großes und gutes, wie ich feststellen musste. Weißt du wieso?"

„Nein."

„Weil Purple Rain sich Schwäche eingestanden hat. Deinetwegen."

„Meinetwegen?", fragte Jimin überrascht.

„Oh, ja. Sein Geheimnis umfasste einen kurzen Satz. Willst du ihn hören?"

„I-ich weiß es nicht." Er schluckte, während sein Blick erneut zu Yoongi zuckte, der ihn fragend anblickte.

„Natürlich willst du es", gurrte sein Gesprächspartner mit einem winzigen Kichern in der Stimme. „Er schrieb: Ich habe wieder Angst. Kannst du dir einen Reim daraus machen?"

„J-ja", erwiderte er leise.

„Angst, Jimin. Nicht vor irgendjemanden. Sondern um jemanden. Weil er... dich liebt. Jemanden, der so schwach und erbärmlich ist, das er nicht auf sich selbst Acht geben kann. Weißt du, ich war beinahe enttäuscht. Er hätte lange genug leben können, um ein erstklassiger Bösewicht zu werden. Aber du hast ihn ja ruinieren müssen. Das ist so... langweilig."

„Wieso erzählst du mir das?"

„Weil ich will, dass du weißt, wie viel Schmerz dein Tod ihm bereiten wird, wenn du stirbst. Dass dir in jenen letzten, einsamen Sekunden auf dieser Erde bewusst ist, wie sehr sein Leben an deines gekettet ist."

Jimin wusste, dass er in diesem Augenblick vieles hätte antworten können. Hyungwon zu versichern, dass er nicht sterben würde. Dass sein Tod nicht weltbewegend sei, aber zeitgleich wurde ihm eine einzige, brennende Wahrheit bewusst—er log niemals; und jedes einzelne seiner Worte war ein Dogma in dieser Welt.

Er durfte nicht sterben. Nicht nur, weil Taehyung sein Leben als zu teuer bezahlt ansehen würde, als dass es noch lebenswert sei, sondern weil er Yoongi zurücklassen würde.

„Ich will nur eines wissen, Jimin", sagte Hyungwon, plötzlich unglaublich ernst. „Hast du Angst?"

Zuerst wollte er mit einem jähen „Ja" antworten, ihm sagen, dass die Aussicht auf Taehyungs oder seinen Tod ihm eine gewisse Angst einflößte; zumindest, bis ihm bewusst wurde, dass es nicht dasjenige war, das er hören wollte.

Hast du Angst? Um jemanden. Nicht vor.

Ja, und er hatte Angst. Brennende, verzehrende, alles konsumierende Angst. Er hatte Angst um Yoongi. Sie setzte so bald an; in allem, das der Ältere für ihn war und immer gewesen war, gemacht worden war, irgendwann im Alter von neunzehn. Er hatte Angst um die Reinheit seiner Seele, um die Freiheit seines Geistes. Er hatte Angst um alles, das Min Yoongi ausmachte.

Er hob den Blick und sah ihn an, wie er knapp zwei Meter von ihm entfernt vor ihm stand und seinen Blick stumm erwiderte. Er sah diese Schönheit in der Bestimmtheit seiner Postur, die Weichheit in der zusammengezogenen Stirn. Er sah, wie seine Finger sich ineinander schlangen, während er Jimin stumm beobachtete.

Plötzlich sah er nicht den furchtlosen Clanleader vor sich, der durch Rache und Wut getrieben wurde, der alle Clans dieses Landes in seinem Rücken vereinigt hatte, und der einen Plan verfolgte, der über Jahre herangereift war.

Er sah einen Jungen, der alles verloren hatte. Der ihn viel zu sehr an sich selbst erinnerte, als dass er nicht schmerzhafte Angst um ihn verspüren konnte.

Auch, wenn er ihm bereits gesagt; plötzlich wurde ihm noch einmal bewusst, wie sehr er Yoongi liebte. Er liebte ihn so unglaublich, dass er sein Leben für ihn geben würde—ohne Frage und Widerspruch.

„Ja", sagte er schließlich. „Und ich habe verstanden warum."

„Wirklich?", erklang Hyungwons Stimme, viel zu aufgeweckt für die Gravität der Situation. „Erleuchte mich."

„Weil ich... die Kontrolle aus der Hand gegeben habe", sagte er langsam. „Weil ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht zuerst an mich denke."

„Und?", fragte Hyungwon. „Ist das nicht grässlich? Du bist schwach geworden, weil du liebst. Weil du sie alle so sehr liebst, Jimin. Du hast all deine Autonomie aus der Hand gegeben. Du bist Achilles vor den Mauern vor Troja, als er gekommen ist, um Patroclus zu rächen."

„Er hat Hector besiegt", trotzte Jimin.

„Nur um später von Paris erschlagen zu werden. Ach, diese allgegenwärtige, viel besungene Liebe." Hyungwon seufzte. „Ich habe schon so viele großartige Männer daran zu Grunde gehen sehen und ich will dich beinahe dafür hassen, dass du Min Yoongis Untergang bist... aber, in gewisser Weise muss ich sagen, dass du mich rührst, Kleiner. Du hast etwas Erfrischendes an dir; irgendetwas in Verbindung mit deiner großen Klappe und der Tatsache, dass ich in diesem Spiel irgendwie doch Purple Rain die Daumen drücke."

„Ich..."

„Nein, sei still, Kleiner. Ich will das nicht bereuen. Dein Freund ist bei dem besten Freund deines Vaters. Jang Sungho. Ich glaube, ich muss dir die Adresse nicht diktieren."

Jimins Herz tat einen abrupten Sprung und er nickte hastig in Yoongis Richtung.

„Aber ich muss dich warnen. Deine Mutter ist dort. Und ich glaube wirklich, dass ihre Gefühle für dich nicht allzu herzlich ausfallen."

„Danke, Hyungwon", sagte Jimin und er wollte das Handy beinahe von seinem Ohr reißen, als er die Stimme des Informationenhändlers ein letztes Mal erklingen hörte.

„Ich habe bei unserem letzten Abschied gesagt, dass ich mir wünsche, dass ihr aneinander zerbrecht; Purple Rain und du, meine ich." Er machte eine Pause, als könnte er nicht glauben, dass er die nächsten Worte tatsächlich aussprach. „Tut mir den Gefallen... und stürzt euch nicht in den Ruin, ja? Patroclus und Achilles brauchen nun wirklich keine Zugabe."

- — -

Jimin war in seinem gesamten Leben noch nie so wütend gewesen, wie in dem Augenblick, in dem die Rücklichter von Yoongis Reventón in der Nacht verschwanden.

Er hatte eigentlich keinen anderen Ausgang erwartet; aber die Tatsache, dass Yoongi ihn dennoch mit einem Kabelbinder gegen die Werkbank fesselte, während er seinen Beschimpfungen mit einem von Selbsthass gefurchten Gesicht ausgewichen war, ließ einen unbeschreiblichen Zorn in ihm aufkochen.

Wären ihre Rollen getauscht gewesen, so hätte er garantiert auf dieselbe Art und Weise gehandelt und Jimin musste sagen, dass dies der einzige Grund war, wieso er den Clanleader noch nicht in die Hölle gewünscht hatte.

„Fick dich, Yoongi!", schrie er dem Auto hinterher, während sich das Garagentor hinter dem Lamborghini herabsenkte und er in vollkommener Einsamkeit zurückgelassen wurde. „Und Seokjin, wo wir schon dabei sind! Namjoon erst recht. Hoseok auch! Ihr könnt mich alle mal, ihr selbstgerechter Haufen von... herzlosen—"

„Sie können dich nicht hören", sagte Jeongguk trocken, der sich auf seiner provisorischen Matratze zusammenrollte und ihm einen genervten Blick zuwarf. „Außerdem kannst du Yoongi nicht wirklich verübeln, dass er—"

„Doch." Jimin verschränkte die Arme vor der Brust; versuchte es zumindest, bis ihm bewusst wurde, dass er gegen eine Werkbank gefesselt war, und dabei beinahe sein rechtes Handgelenk auskugelte. „Ich... bin längst nicht so hilflos, wie er annimmt. Du hättest ruhig für mich in die Bresche springen können. Ich habe dir immerhin das Leben gerettet."

„Du hast wahllos in eine Menge geschossen, von der ich ein Teil war." Jeongguk klang höchst unbeeindruckt. „Ich nenne das nicht Lebensretten, wenn mein Leben dadurch erheblich in Gefahr war."

„Wow, du hast ja Ansprüche." Jimin presste seine Lippen aufeinander. „Taehyung ist dein bester Freund. Hast du kein Bedürfnis, dich irgendwie in die Schlacht zu stürzen, um ihn aus den Krallen eures Feindes zu befreien?"

„Erstens", sagte Jeongguk und wandte sich Jimin mit einem überaus genervten Gesichtsausdruck zu, „habe ich denen Titelanspruch auf seinen besten Freund verloren, seit du bei uns aufgetaucht bist und zweitens..." Er hob seinen bandagierten Arm, dessen weißer Verband sich bis zu seiner Schulter zog. „Zweitens bin ich gerade nicht einmal in der Lage eine Gabel zu heben, ohne mich selbst zu verletzen."

„Nutzlos", fluchte Jimin.

„Entschuldige?"

Er wollte gerade zu seiner Antwort ansetzen, als das Garagentor hinter ihnen plötzlich ein abruptes Quietschen von sich gab, als wollte es sich wieder öffnen und Jimin gefror das Blut in den Adern. Wenn jemand von den Yakuza in der Nähe gewesen war, dann musste er nur die Tür öffnen und Jeongguk und ihn mit einem einzigen Messerstrich töten—dafür hatte Yoongi bestens gesorgt.

Er wirbelte zu dem Tor herum, und zu seiner allergrößten Überraschung trat keine Sekunde später eine elegante, schlanke Gestalt über die Schwelle, dessen graues Haar in der Dunkelheit beinahe weißlich erschien.

Baekhyuns Blick wurde sofort von Jimin angezogen, der versuchte, sich an der Werkbank in die Höhe zu ziehen, sodass er dem Exekutor auf Augenhöhe begegnen konnte. Jeongguk gab sich ebenfalls Mühe, sich in die Luft zu stemmen, doch sein gesunder Arm versagte auf halber Höhe und er fiel auf die Unterlage zurück.

Der Neuankömmling zog ein Messer aus seiner Tasche, dass er knapp neben Jimins Gesicht aufschnappen ließ, sodass dieser erschreckt zusammenzuckte. Keine Sekunde später machte er sich daran, die Fesseln um sein Handgelenk aufzuhobeln, indem er mehrmals mit brutaler Kraft auf das Plastik einhieb, bis der Kabelbinder schließlich unter dem Druck nachgab und sich von seinem Handgelenk löste.

„Komm", sagte er dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

„W-wohin?" Jimin beeilte sich, auf die Beine zu kommen, während Taehyung einen raschen Blick auf Jeongguk warf, den er offenbar für verloren erklärte.

„Du willst Taehyung retten, oder?" Baekhyun wirkte uncharakteristisch ernst, während er sich zu Jimin umwandte, der den Exekutor mit stummer Verwirrung musterte. „Nun, ich gebe dir eine Möglichkeit, das zu tun."

„Wieso?", wollte er misstrauisch wissen, aber Baekhyun schien offensichtlich keine Zeit für Fragen zu haben, denn er warf einen letzten Blick über die Schulter, als wollte er sich versichern, dass die Garage wirklich desertiert war.

„Yoongi wird dich umbringen, das weißt du, oder?", sagte Jeongguk vom Boden, der es nun geschafft hatte, sich aufzustemmen, um sowohl Jimin, wie auch Baekhyun mit vorwurfsvollen Blicken zu durchbohren. „Du kannst dich nicht einfach einem direkten Befehl widersetzen und dabei—"

„Und tschüss Jeongguk", sagte Baekhyun und zog Jimin am Ärmel seiner Jacke vor die Tür, bevor er das Tor mit einer einzigen beiläufigen Betätigung einer Fernbedienung in seiner Hand wieder schloss, sodass das verbeulte Wellblech sich über den schwach erleuchteten Eingang senkte. Erst jetzt bemerkte Jimin, dass er einen schwarzen Geländewagen vor der Tür auf der Straße geparkt hatte, der bei seinem Herannahen sofort in hellem Licht erstrahlte und Jimin so bedeutete, auf der Beifahrerseite einzusteigen. Baekhyun sagte nach wie vor kein Wort, und so folgte Jimin ihm stumm zum Auto, ließ zu, dass der Ältere die Türen abschloss, kaum, dass er eingestiegen war, und den Motor kaum eine halbe Sekunde später anließ und in einem rasenden Tempo von der Garage hinfort setzte.

Sein Gesicht wies eine blassere Farbe auf als sonst, aber Jimin konnte nicht wirklich sicher behaupten, dass dies nicht eine optische Täuschung war, die durch die vorbeiziehenden Lichter der Straßenbeleuchtung hervorgerufen wurde.

„Was tust du?", paraphrasierte er seine Frage und Baekhyung blickte von der Straße auf, während er seine Lippen aufeinander presste.

„Ich mache etwas gut", sagte er zögerlich.

Baekhyun wirkte tief in sich gekehrt; so, als kreisten seine Gedanken viel zu schnell umher, ohne, dass er ihr Herr werden konnte—und Jimin ahnte, dass er ihn nicht unterbrechen sollte. Deshalb wandte er seinen Blick aus dem Fenster und betrachtete die Straßenlichter dabei, wie sie in stummer Gleichmäßigkeit vor seinem Fenster vorbeizogen und sich immer heller gegen den Nachthimmel auflehnten, je näher sie der Innenstadt kamen.

„Du... willst Taehyung da rausholen, oder?", fragte Jimin und Baekhyun gab ein zustimmendes Summen von sich, das fern von seiner üblichen Eingebildetheit verlief, und eigenartig kleinlaut klang. „Und ich bin deine einzige Chance darauf."

„Ich habe mir gedacht, dass du dich freiwillig anbietest", erwiderte Baekhyun und Jimin gab ein wenig belustigtes Schnauben von sich. „Für den Ernstfall hatte ich mehrere Fesseln dabei; aber du enttäuscht mich nicht."

„Wieso ist dir... Taehyung so wichtig?", fragte Jimin weiter, ohne auf die Tatsache einzugehen, dass er gerade als Opfer deklariert worden war. Er hatte nichts anderes für sich vorgesehen, wenn er sich ehrlich war.

Darauf schien Baekhyun keine schnelle Antwort zu finden und er schlang seine Finger enger um das Lenkrad, sodass die Knochen sich unter der Haut auflehnten und gegen die Blässe seiner Hände ankämpften. Er besaß ähnlich hübsche Hände wie Yoongi; wenngleich sie noch eine Spur eleganter zu nennen waren, eine Winzigkeit spinnenartiger. „Ich... habe ihn enttäuscht", sagte Baekhyun schließlich. „Ich habe ihn verraten und für meine Zwecke missbraucht, als er sich nichts sehnlicher gewünscht hat, als einen großen Bruder."

„Du kommst mir nicht vor wie jemand, der lange Reue hegt", erwiderte Jimin kühl.

„Das stimmt. Aber Taehyung ist anders." Er presste seine Lippen aufeinander. „Wenn er heute stirbt, dann tut er das als Instrument. Als Mittel für jemand anderes; für einen größeren Plan, in dem er keine Rolle spielt. Nichts wäre schrecklicher."

„Du klingst, als würde er dir etwas bedeuten."

„Alles, Jimin." Baekhyun klang wirklich schmerzerfüllt, während er seine Augen unnachgiebig auf die Straße fixierte und es nicht wagte, seinen Blick von ihm abzuwenden. „Wenn ich in meinem Leben jemals jemanden geliebt, dann war das Taehyung. Er ist wie ein kleiner Bruder für mich; und ich habe ihn so grässlich im Stich gelassen. Weil ich die Protokolle meines Postens über einen verängstigten Jungen gestellt habe."

„Du hast eine tolle Art, ihm das zu zeigen", schnaubte er. „Er hat... Angst vor dir, weißt du das? Kim Taehyung, der sonst nichts anderes auf dieser Welt fürchtet, zuckt zusammen, wenn er deinen Namen hört."

„Ich habe... grässliche Dinge getan." Baekhyun klang abwesend und Jimin löste seinen Blick von der Straße, um sein Profil zu fixieren; die schmale, elegante Nase und der wunderhübsch geschwungene Mund, der ihn in gewisser Hinsicht an Taehyung erinnerte. Es wirkte tatsächlich kurzzeitig so, als könnte Baekhyun sein großer Bruder sein; oder noch besser—die zukünftige Version seiner Selbst; etwas älter, etwas gezeichneter von den Dingen, die unaussprechlich waren und vor allem viel weniger empathieerfüllt. Jimin hoffte mit jeder Faser seines Herzens, dass Taehyung niemals diesen Pfad einschlagen würde. Derjenige eines Menschen, der bitter geworden war. Der zu wenige hatte retten können.

„Ich schätze, das hast du", sagte Jimin. Er überlegte ein paar Sekunden lang, ob er die nächsten Worte äußern sollte, dann besann er sich dessen, dass Baekhyun keine Zurückhaltung verdiente. „Wieso Jihyun? Wieso mein Bruder? Er ist nichts gegen Taehyung; ein launisches Kind, dem man ein Messer in die Hand gegeben hat."

„Er ist... formbar", sagte Baekhyun vorsichtig. „In seiner Position der Wut, der Elternlosigkeit und der Tatsache, dass er dich als Übel dieser Welt sieht, habe ich... so viele Möglichkeiten, ihn zu einem zweiten Taehyung zu machen. Natürlich; das Original ist unnachahmbar—aber Jihyun hat ein Potential, das ich lange nicht mehr gesehen habe." Er befeuchtete seine Lippen, während er Jimin einen vorsichtigen Seitenblick zuwarf, als erwartete er wütende Widerworte. Als diese ausblieben, fügte er hinzu: „Außerdem... hatte Taehyung eine einzige Schwäche. Er hat zu sehr geliebt. Es hat ihn schwach und angreifbar gemacht. Jihyun besitzt dieses Defizit nicht."

„Natürlich... liebt er", warf Jimin sofort ein, aber seine Stimme verlor mit jeder Silbe an Sicherheit, während er an seinen kleinen Bruder dachte, der seit dem Alter von drei Jahren kaum einmal Empathie verlauten hatte lassen. Bis auf diesen einen Augenblick am Strand von Busan, in dem er Jimin angefleht hatte, dass sie niemals wieder nach Hause zurückkehrten und für immer im Sand und Meer lebten, hatte er niemals Sehnsucht aufgezeigt; brennende Leidenschaft über irgendetwas. Nur Wut. So viel Wut.

„Tut er das?" Baekhyun klang zweifelnd und Jimins Widerworte blieben ihm im Hals stecken. Es war nicht unplausibel, dass Baekhyun Recht hatte—alles in allem, war dort immer etwas Eigenartiges an seinem Bruder gewesen, das weder ihn, noch Jisoo markiert hatte. Jisoo!

„Er hat unsere Schwester geliebt."

„Das stimmt", sagte Baekhyun affirmativ. „Und ihr Tod wird ihn auf ewig motivieren."

Jimin versuchte, seine aufkochende Wut zu bändigen, die unter seiner Haut pochte und zischend und fauchend drohte, sich auf ihn zu stürzen und ihn zu eigen zu machen. „Wow", sagte er dann bitter, als er Syntax und Stimme wieder unter Kontrolle hatte. „Du hast wirklich die Angewohnheit, Menschenleben gedankenlos zu instrumentalisieren."

„Solange... sie dem richtigen Zweck zugute kommen, sehe ich nichts Falsches daran,"

„Jede ethische Sittenlehre—"

„Genau wie dein Leader", unterbrach Baekhyun ihn kopfschüttelnd, die Winzigkeit eines Grinsens in seinen Mundwinkeln. „Ihr seid beide Idealisten. Kein Wunder, dass ihr euch so makellos ergänzt—Yoongi hat wohl wirklich sein Gegenstück gefunden."

Jimin setzte gerade zu seiner Antwort an, als Baekhyun das Auto plötzlich verlangsamte und ihm bewusst wurde, dass sie sich nur noch einen halben Block von Jang Sunghos Hochhaus befanden; dasjenige, das er das letzte Mal vor gefühlten Äonen betreten hatte, als Yoongi nichts gewesen war als ein bedrohlicher Name in seinem Hinterkopf. Als die Yakuza kaum etwas bedeutet hatte.

„All die Zeit waren sie direkt vor unserer Nase", schnaubte Jimin, während Baekhyun die Türen entriegelte und leichtfüßig auf den Asphalt der Straße sprang.

„Ein gesamter Wolkenkratzer", stimmte Baekhyun zu. „In der Mitte unserer Hauptstadt. Ich muss zugeben, sie haben Stil."

Jimin schnaubte ungläubig und trat ebenfalls auf die Straße; während Baekhyun das Auto hinter ihnen absperrte und ihm bedeutete, ihm über die unbefahrene Straße zu folgen, auf diejenige Seite, an der sich der Wolkenkratzer hervortat wie eine düstere Gestalt der Verderbnis, die unweigerlich über sie herein brechen würde.

„Wie kommen wir hinein?", murmelte Jimin, während er Baekhyuns hoher, dunkler Silhouette über den Gehweg folgte, in den Schatten eines Vorsprungs hinein. „Yoongi und die anderen... müssen wohl auch einen Weg gefunden haben."

„Hinein ist nicht das Problem", murmelte Baekhyun, der sich über den Vorsprung lehnte und vorsichtig über die andere Seite blickte, als erwartete eine Patrouille der Yakuza, die keine Sekunde später aus einer der Türen zu Fuße des Gebäudes hervorbrächen. Sie befanden sich unmittelbar am Rande des Wolkenkratzer, in ihren Rücken bereits die Höhe der Mauern und darin keine Möglichkeit, sie zu überwinden. „Vielmehr müssen wir darauf achten, dass wir... danach unbeschadet herauskommen."

„Wolltest du mich nicht ausliefern?", fragte Jimin bissig, während Baekhyun sich von der desertierten Frontseite des Gebäudes abwandte und sich gegen eine der schweren Stahltüren lehnte, die den seitlichen Teil der Grundrisses markierten, als wollten sie ihre hässliche Funktionalität nicht jedem Besucher sofort zumuten.

„Nicht, wenn es sich nicht unbedingt verhindern lässt." Baekhyun verdrehte die Augen, als er Jimins überraschten Gesichtsausdruck in der Dunkelheit erkannte. „Hör mal, Kleiner, ich bin nicht gerade euphorisch darüber, einen mehr oder weniger unschuldigen Zwanzigjährigen ausliefern. Außerdem..." Er ließ das Ende seines Satzes im Sand verlaufen, aber Jimin wurde sich der Syntax trotzdem bewusst.

„Außerdem würde Taehyung sein Leben als Bürde ansehen, wenn es mit meinem bezahlt werden würde", beendete er seinen Satz müde und Baekhyun nickte lediglich, während er den Türrahmen mit seinen Fingern abzutasten begann. Es war eigenartig zu sehen, inwieweit Taehyungs Charakter offensichtlich universell determiniert war; als gäbe es eine einzige Auslage seiner Handlungsmöglichkeiten, die jeder bereits kannte.

„Dann bin ich hier, weil... ich ein unbeschreiblich guter Kämpfer bin, dessen Unterstützung du unbedingt brauchst?", fragte er halb im Scherz und Baekhyun verzog das Gesicht.

„Nein, du fleischgewordene Belastung. Du bist hier, weil Taehyung dir vertraut, aber mir nicht. Weil er vermutlich... nicht in der besten Verfassung sein wird, wenn wir ihn finden und... und du zu ihm durchdringen musst."

„A-aber", stotterte Jimin sofort, „i-ich kann das nicht. Das ist Hoseoks Aufgabe."

„Du ahnungsloser Idiot", schnaubte Baekhyun, während er eine dünne, metallisch glänzende Karte aus seiner Tasche zog und sie vorsichtig ertastend in den Spalt zwischen Tür und Rahmen setzte, ehe er langsam damit herabfuhr. „Du bist Taehyungs Anker, genauso wie Hoseok es ist. Er vertraut niemanden auf dieser Welt, außer euch beiden. Und Yoongi, auch wenn dieser zu anders ist, als dass er zu ihm durchdringen könnte."

„Aber... wenn du mich nicht ausliefern willst, wieso lässt du nicht einfach Yoongi, Hoseok, Seokjin und Namjoon ihren Job machen; und Taehyung aus dem Gebäude rausholen."

„Weil Yoongi beim ersten Anzeichen von Yakuza vergisst, wieso er hierher gekommen ist und ein Massaker anfängt. Die anderen werden ihm folgen; und Taehyung bleibt auf der Strecke. Glaub' mir, es ist das beste, wenn wir das übernehmen."

Just in diesem Augenblick gab die Tür ein zufriedenstellendes Klicken von sich, als Baekhyun mit der Karte beim Schloss angelangt war und die Klinke sprang förmlich in seine Hand, während die schwere Metalltüre aufschwang und ein schwach erleuchtetes Treppenhaus eröffnete.

Baekhyun warf einen letzen Blick über den Vorsprung, um eine mögliche Patrouille zu erahnen, ehe er Jimin mit einem hastigen Schubs ins Innere des Gebäudes beförderte und die Tür sofort hinter sich zuzog.

„Nach oben", presste er hervor und sprintete den ersten Satz Treppen nach oben; Jimin unmittelbar auf seinen Fersen.

„Woher weißt du, wo Taehyung ist?", keuchte Jimin nach sicherlich fünfzehn Stockwerken, die sie stumm zurückgelegt hatten. Die Muskeln in seinen Oberschenkeln brannten, als stünden sie in Flammen, während er bei jeder Treppenstufe, die er zurücklegte, seine Hand fester in das Geländer krallte. Baekhyun vor ihm schien keine Schwierigkeiten zu haben, die unmenschliche Geschwindigkeit beizubehalten und Jimin ertappte sich dabei, wie er mit jeder verstreichenden Sekunde weiter zurückfiel.

„Ich weiß es nicht", sagte Baekhyun gepresst, während er auf dem Treppenabsatz stehen blieb, damit Jimin ihn einholen konnte. „Aber ich habe eine ziemlich gute Vermutung."

„Penthouse, oder?", stöhnte Jimin.

„Oh, ja."

In den nächsten paar Minuten übte er sich in stummer, schmerzerfüllter Meditation, die diejenige Tatsache miteinbezog, dass seine Muskeln mit jeder Sekunde zu einem pochenden Crescendo ihrer Determination anschwollen, ihn erlahmen zu lassen; wie er irgendwann den Umstand auszublenden versuchte, dass er ein atmender, stoffwechselnder Mensch war, dessen Muskeln ihm im Augenblick den Dienst versagen wollten.

Selbst Baekhyun wirkte erschöpft, als sie irgendwann den letzten Treppenabsatz erreichten, und er lehnte sich einen Moment mit geschlossenen Augen gegen die Wand, um nach Luft zu schnappen, während Jimin sich mit schmerzverzogenen Lippen auf die oberste Stufe fallen ließ und sein überhitztes Gesicht in seinen Armen vergrub.

„Bist... du so weit?", fragte Baekhyun schließlich erstaunlich empathisch, während Jimin sich mühsam aufrappelte und lediglich stumm nicken konnte. Aus dem Inneren seiner Jacke zog der fremde Kkangpae eine schmale Pistole hervor, die er in den Anschlag anhob, während er Jimin mit angespannten Ausdruck zunickte.

„Halte dich hinter mich", murmelte er dann. „Und pass auf, dass du an mir dran bleibst."

Jimin starrte besorgt auf die winzige Pistole in der Hand des Älteren, die kaum genug Kugeln für eine mäßig interessante Partie von russischem Roulette zu beinhalten schien. „Ich... bleibe hinter dir."

Baekhyun nickte, ehe er die Tür mit seinem Fuß aufstieß und im Inneren des hellerleuchteten Flurs verschwand. Jimin gab sich Mühe, ein, zwei Mal tief durchzuatmen, bevor er dem älteren Kkangpae in die Höhle des Löwen folgte.

Er wurde sofort von grellem Licht empfangen, das nach der schummrigen Düsterheit im Treppenhaus seine Pupillen auf eine ganz unsägliche Weise zu malträtieren schien. Es dauerte zwei Sekundenbruchteile, bis er sich an die vertraut dekadente Inneneinrichtung des Penthouses gewöhnte, die mitsamt marmorner Springbrunnen und tausender teurer Granitplatten an Wänden und Boden ein familiäres Bild in ihm hervorriefen.

Sie waren senkrecht zu dem Fahrstuhl aus der Mauer gebrochen; auf der Längsseite des Raumes, die der riesigen Fensterfassade gegenüber stand. Im Vergleich zum letzten Mal waren die Fenster diesmal geschlossen und eine stickige Wärme herrschte im Raum, die sich an den glatten Marmorplatten hinabzog und sie beinahe mit Feuchtigkeit zu benetzen schien.

In der Mitte der Halle plätscherte der Brunnen in dem steinernen Bassin, das sich als das prominente Detail in diesem Raum hervortat, und Jimin mit unsäglichen Unmut erfüllte.

Dennoch konnte er nicht sagen, dass er außer Baekhyun jemanden im Inneren des Raumes erkannte; keine Wachen, die ihren wertvollsten Gefangenen beschützten; aber auch keine Leichen auf dem Boden, die auf das gewaltsame Eindringen seines Clans hinwiesen. Lediglich Stille.

Baekhyun wandte sich zu Jimin um und bedeutete ihm stumm, ihm in den Flur zu folgen, der sich zur rechten Seite des Raumes hervortat und unweigerlich in Richtung des Glashauses führte, das Taehyung vor Äonen mit seinem gesamten Gewicht zerstört hatte, als er durch das Dach in die Mitte des Raumes gestürzt war, um ihm eine Rettung in letzter Sekunde zu ermöglichen.

Jimin spürte eine unbestimmte Sorge in sich aufsteigen, während er Baekhyun in die Dunkelheit folgte—die starke Beleuchtung, die im Wohnraum vorgeherrscht hatte, verschwand mit jeder Sekunde in der Düsterheit der Mauern, und aus der Richtung, in der das Glashaus lag, warf eine unbestimmte Lichtquelle tanzende Reflexionen gegen die Mauern des Ganges.

Baekhyun bedeutete ihm stumm, auf der Stelle zu verharren und legte seine Finger auf die Lippen, ehe er vorsichtig um die Ecke lugte und sich keine Sekunde später zurückzog; ein entsetzter Gesichtsausdruck auf seinem Gesicht.

„Jimin", hauchte er, während er seine Hände zu beiden Seiten auf seiner Schultern legte und ihn stumm fixierte. „Versprich mir, dass du nichts Dummes und Unüberlegtes tust, okay? Ganz gleich, was du gleich siehst."

Er konnte nicht anders, als sich an Baekhyun vorbeizudrängen und durch den letzten Abschnitt des Verbindungsgangs in Richtung des Glashauses vorzudringen, sein Herzschlag ein einziges, wildes Pochen in seiner Brust.

Als sein Blick in die Mitte des Raumes fiel, presste er sich seine Hand vor den Mund, da er sonst unweigerlich geschrien hätte. Er meinte, vor Schmerz, Besorgnis und Angst zu vergehen, als sein Augenmerk auf dasjenige fiel, das sich im Zentrum des Raumes hervortat.

Eine massive Eisenkette war in das Zenit des reparierten Glashauses eingelassen, die sich in gerader Linie nach unten zog und sich an ihrem Ende um die Füße eines offensichtlich bewusstlosen Mannes schlang, der sich langsam um seine eigene Achse drehte.

Er brauchte zu lange, um das blutverkrustete Gesicht zu erkennen, das von schmutzigen, verklebten Haarsträhnen, die wohl einmal blond gewesen waren, verdeckt wurde.

Taehyung schien offensichtlich bewusstlos zu sein; aus seinem geschlossenen Mund tropfte das Blut, das in einem kontinuierlichen Rinnsal in seine Haare lief und sie rot färbte. Seine Augen waren geschlossen und seine rechte Gesichtshälfte zierte ein tiefer, violett schimmernder Bluterguss, der an den Rändern in tiefe Schnitte ausfranste. Sein Hals war aufgerieben, als habe sich nur Minuten zuvor eine Kette darum befunden, die ihn gefügig machen sollte.

Das Grässlichste waren jedoch nicht die offensichtlichen Spuren der Misshandlung, die Taehyungs wunderschönes, selbst in seiner Ohnmacht schmerzvoll verzogenes Gesicht markierten; sondern dasjenige, das seine Peiniger mit seinem Oberkörper angestellt hatten.

Seine gebräunte, sanft schimmernde Haut war von roten Striemen durchzogen, die sich sowohl über seinen Rücken verteilten, wie auch über seinen Oberkörper, und die markanten, getönten Muskeln dabei schmerzlich hervorstehen ließen. Selbst in seiner Ohnmacht schien Taehyung schrecklichen Schmerz zu empfinden und der Gedanke brachte Jimin beinahe um den Verstand.

Es war offensichtlich, dass kein Mittel zu grausam gewesen war, um sich Taehyung Untertan zu machen—und etwas an den Ausmaßen der Verletzungen, die er aufwies, ließ Jimin vermuten, dass sie dafür unendlich lange gebraucht hatten.

Er trat an die grausame Konstruktion heran, die sich von der Decke bis knapp zwei Meter über den Boden zog, seine Zunge gelähmt in seinem Mund, während er stumm in Taehyungs unruhiges Gesicht blickte, das just in diesem Augenblick unmittelbar vor ihm zu verharren kam.

Abgesehen von Taehyungs lebloser Gestalt war der Raum leer; ein Feuer brannte in ebendem Kamin, den Jimin zur Genüge kannte; aber das Sofa, das Sungho das letzte Mal wie einen Thron gebraucht hatte, als Jimin vor ihm beinahe sein Leben an eine übermäßig scharfe Katana verloren hatte, war vollkommen leer.

„Wir müssen ihn da runter holen", äußerte Jimin, seine Sprache verwaschen in seiner stummen Panik, die seinen Körper jede Sekunde weiter zu durchziehen schien. Baekhyun trat heran und legte seine Finger an Taehyungs Hals, um seinen Puls zu fühlen.

Dann drehte er sich mit einem grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht um. „Er ist am Leben."

Jimin fiel der größte Stein vom Herzen, während er Taehyungs Hände, die an seinem Rücken gefesselt waren, mit fahrigen, ungeschickten Fingern zu befreien versuchte. Keine Sekunde später schob sich ein Dolch in sein Blickfeld, den Baekhyun ihm stumm hinhielt. Ohne sich zu ihm umzuwenden, ergriff Jimin das Messer und gab Acht, abseits von Taehyungs Handgelenken durch die Seile zu hobeln, um seine Finger zu befreien.

Baekhyun machte sich indes daran, den Raum zu derjenigen Aufhängung zu durchqueren, an der die Metallkette befestigt war. Offensichtlich schien man sich einem Hebelsystem zu bedienen und der Kkangpae brauchte kaum eine halbe Sekunde, um sich des Schalters bewusst zu werden, der von Nöten war, um Taehyung langsam gen Boden zu senken. Jimin fiel auf die Knie, um seinen Kopf in seinem Schoß betten zu können, während Taehyungs muskulöser, übel zugerichteter Körper in seiner Länge auf dem Boden zu liegen kam.

Taehyung stöhnte beinahe unhörbar, als er sein Unterbewusstsein die Veränderung in seiner Position wahrzunehmen schien und Jimin gab sich Mühe, keine der Wunden zu berühren, die sich über die Gesamtheit seines Gesichts zogen. Er strich seinem besten Freund die blutverkrusteten Haare aus der Stirn und entblößte dabei nur einen weiteren Hautabschnitt voller kleiner Schnittwunden, die so weit gingen, dass sie einer seiner Augenbrauen teilten.

Noch bevor er sich beherrschen konnte, musste Jimin bemerken, dass wütende, heiße Tränen in seine Augen getreten waren, während er seinen bewusstlosen Freund in seinen hilflosen Armen hielt. Dies war allein seine Schuld. Jede Nuance, jede noch so schreckliche Bedeutung an dieser Situation war auf ihn zurückzuführen. Weil er so schwach war, das andere mit ihrer körperlichen Gesundheit, mit ihrem Leben bezahlen mussten, um ihn in Sicherheit zu verwahren.

Am Rande seines Bewusstseins bemerkte er, wie Baekhyun die Fesseln um Taehyungs Fußgelenke öffnete und die schwere Metallkette davon löste; behutsam und vorsichtig, als wollte er ihm auf keinen Fall eine zusätzliche Schattierung an Schmerz zufügen.

„Ch-Chim." Ein gebrochenes Flüstern an seinem Ohr ließ Jimin herumfahren und unmittelbar in Taehyungs halb geöffnete Augen blicken, die er sich offensichtlich unter größter Anstrengung geöffnet hatte. „Du... du bist hier."

Er klang so ungemein ungläubig, dass Jimins Herz einen neuen Knacks erfuhr. Er strich krampfhaft über Taehyungs steifes, verkrustetes Haar, das sich unter hunderten Bezeugungen seiner Verletzung beinahe wie als Echo weich unter seiner Fingerkuppen anfühlte.

„Ich bin hier", wiederholte er leise, während Taehyung sofortige Mühen unternahm, sich aufzurichten; nur um gelähmt auf der Stelle zu verharren, als ihm bewusst wurde, wie viel Schmerz ihn im Augenblick quälte. Sein Gesicht war dermaßen entstellt unter den tausenden Schwellungen und Schnitten, dass Jimin nur mit äußerste Mühe diejenigen Züge erkannte, die er so liebte.

Taehyung sah, zum ersten Mal, seit Jimin ihn kannte, wirklich gebrochen aus. Diese Realisation lag nicht in seinen Verletzungen, in den Misshandlungen, die seinen Körper markierten, sondern in seinen Augen—die sich stumpf und dunkel in Jimins bohrten.

„I-ich dachte, ich s-sei allein", flüsterte er, als bereitete ihm jedes Wort höllische Schmerzen. „Aber du bist hier, Chim."

„Ich würde für dich überallhin gehen, Tae", gab Jimin ebenso leise zurück; so ungemein ruhig, als wollte er nicht, dass irgendjemand Fremdes von ihren geflüsterten Worten Wind bekam. Als existierte diese Wahrheit alleine zwischen ihnen und würde durch Beteiligung nur falsifiziert werden.

„Es... tut so weh, Chim." Taehyungs Stimme war ein einziges, raues Kratzen in seiner Kehle; fern von dem tiefen Tenor, der ihn üblicherweise kleidete.

„Ich weiß, Tae. Wir bringen dich in Sicherheit." Jimin konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ihn der Zustand seines besten Freundes mitnahm und an seiner Seele zehrte, als sei es sein Körper, der mit tausenden Verletzungen übersät war. „Kannst du aufstehen?"

„Wir müssen ihn stützen", sagte Baekhyun just in dem Augenblick, kaum, dass er neben ihnen auftauchte und Taehyung zuckte sofort zusammen.

„I-ich dachte, du wärst mit Yoongi hier." Es gelang ihm nun doch, sich gewaltsam in eine aufrechte Position zu stemmen, und Jimin bemerkte mit einiger Besorgnis, wie das Blut aus manchen beinahe geschlossenen Striemen wieder hervorzusickern begann und die Länge seines Oberkörpers hinabrann. „W-was macht er hier?"

„Er... ist gekommen, um dich hier rauszuholen, Tae", sagte Jimin vorsichtig, während Baekhyun, der offenbar mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet hatte, stumm seine Lippen zusammenpresste, während er Jimin bedeutete, Taehyung auf die Beine zu ziehen.

„Was?", gab sein bester Freund zweifelnd zurück, seine Stimme ein ungläubiges Wispern. Er legte seinen Arm um Jimins Schulter, als dieser sich beeilte, ihm zu Hilfe zu eilen, um ihn auf die Beine zu hieven. „Ich... vertrau' ihm nicht. Wo ist Yoon? Hobie? Oder Jeongguk?"

Jimin schluckte. „S-sie sollten auch hier sein. Aber wir haben sie verloren. Wir waren als Erste bei dir. Ich glaube, sie müssen noch irgendwo in diesem Gebäude sein."

Taehyung wirkte keineswegs überzeugt, aber der Schmerz in seinem Oberkörper schien genug zu sein, um seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Umstand seiner unerträglichen Pein zu ziehen. Es gelang Baekhyun, ungesehen Taehyungs andere Seite zu erreichen, und seinen schweren Arm aufzufangen.

Mit ihrer Hilfe war Taehyung erstaunlich schnell darin, seine Balance wiederzufinden und die ersten paar Schritte, so wackelig sie auch sein mochten, sie waren rascher, als jeder von ihnen antizipiert hatten.

„Okay", murmelte Baekhyun, der unter der Anstrengung, Taehyungs gesamtes Körpergewicht zu stützen, sämtliche überschüssige Energie zu verlieren schien. „Wir nehmen den Aufzug. Es ist schlichtweg unmöglich, dass wir die hundert Stockwerke in diesem Zustand überleben."

Jimin nickte. „Was ich noch fragen wollte, Baekhyun—wie kommt es, dass ihn niemand bewacht hat? Dass er einfach... vollkommen ohne Patrouille in diesem Raum gefangen gehalten wurde? Hält die Yakuza es für so unmöglich, dass jemand ihre Grenzen übertritt?"

Baekhyun schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es bisher nur so einfach hatten, weil jemand wollte, dass wir so weit kommen. Das ist der Grund, wieso ich gesagt habe, dass das Hineinkommen nicht die Herausforderung an der Angelegenheit ist."

„Oh, nein", stöhnte Jimin, während sie das Glashaus langsam, aber sicher zurückließen und den engen, schwach erleuchteten Korridor in Richtung der Haupthalle durchquerten. „Ich—"

Sein Lament wurde durch eine hastig erhobene Hand von Seiten Baekhyuns erstickt, der plötzlich höchst alarmiert schien und Jimin mit einem stummen Blick bedeutete, Taehyungs gesamtes Gewicht zu übernehmen.

„Was ist los?", wollte er wissen, aber kaum, dass er seine Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm bewusst, was Baekhyun gehört haben musste, denn als sie in den Hauptraum zurücktraten, war dieser keineswegs desertiert.

Eine stumme, unüberwindbare Mauer aus bewaffneten Offensivkämpfern hatte sich ihnen in den Weg geworfen—und Jimin war nicht einmal wirklich überrascht. Er hatte nicht erwartet, dass sie ohne Schwierigkeiten aus dieser Hölle entfliehen würden—nicht, wenn für die Yakuza mit seinem Überleben alles auf dem Spiel stand.

Keiner von ihnen bewegte sich, während Jimin mit Taehyung über der Schulter hinter Baekhyun zurückfiel, der als einziger von ihnen langsam, aber sicher auf die stumme Menge der bewaffneten Yakuza zuschritt, als wollte er sehen, wie weit er das Spiel treiben konnte.

„Guten Abend", sagte er dann höflich, während er sich mit einer geradezu spöttischen Referenz vor den Yakuza verbeugte. „Ich fürchte, wir müssen hier durch."

Als keiner von ihnen auch nur mit einem zuckenden Muskel reagierte, bemerkte Jimin, wie Baekhyun ihm hinter seinem Rücken mit einem verborgenen Zeichen bedeutete, ihm langsam, aber sicher in die Mitte des Raumes zu folgen, sodass er nun unmittelbar hinter Baekhyun aufragte.

Taehyung sagte nach wie vor kein Wort, aber Jimin hörte seinen mühsam kontrollierten Atem an seinem Ohr und er bildete sich ein, dass sein Arm von seinem Blut immer weiter durchnässt wurde.

„Er ist es, den ihr wollt, oder?", fragte Baekhyun mit erhobener Stimme, und deutete mit einer beiläufigen Handbewegung auf Jimin, der neben Taehyung stand und versuchte, unter seinem Gewicht nicht zusammenzubrechen. „Lasst Taehyung und mich gehen. Wir sind nicht eure zu töten. Nicht heute. Nehmt nur Jimin."

„Nein!" Taehyungs Stimme, die vor Schmerz zwar gepresst klang, hallte erstaunlich laut durch den Raum, aber Jimin blickte ihn flehend an und seine Finger fanden sein Handgelenk, strichen über seinen Puls, über das sich das Gangtattoo zog. Vertrau mir, Taehyung.

Baekhyun zerrte Jimin von Taehyung fort und gab ihm einen Schubs in den Rücken, sodass er mehrere Schritte nach vorne stolperte und vor den nach wie vor unbewegten Yakuza zu stehen kam.

„Was soll das?", fragte er hohl, während er sich zu Baekhyun umwandte. „Hast du nicht gesagt, dass du mich nicht auslieferst?"

„Tja", gab dieser kühl zurück. „Der Plan hat sich soeben geändert."

„Ich wusste, dass man euch nicht trauen kann", spuckte Jimin aus und seine Augen durchbohrten Baekhyuns aufrechte Gestalt mit so viel Toxizität, wie er nur hineinzulegen vermochte. „Euer Wort ist nur so viel wert, wie eure Rolle in dieser Gesellschaft. Kkangpae; lediglich ein trauriges Synonym für den Abschaum dieser Welt."

„Sagt derjenige, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, seinen Verbrecher-Vater zu rächen." Baekhyun, der Taehyung mit all seiner Kraft stützte, schoss einen spöttischen Blick auf ihn ab. „Park Jimin, Meister der Heuchelei."

Jimin machte ein paar Schritte rückwärts, während er Baekhyun nach wie vor unnachgiebig fixierte. „Oh, Byun. Du widerst mich an. Du hast dich selbst zum König der Ratten in diesem Abwasserkanal gemacht und bildest dir auch noch etwas darauf ein."

Bald war er mit dem Rücken an der Reihe der Yakuza. Er tat einen letzten, tiefen Atemzug und wappnete sich.

„Jetzt, Jimin!", rief Baekhyun just in diesem Moment, während er die Pistole hinter seinem Rücken hervorzog und auf die Decke richtete. Jimin verwendete sein gesamtes Gewicht und den Moment der vollkommenen Überraschung dazu, sich durch die erste Reihe der Yakuza zu rammen, während sich hinter ihm ein Schuss löste und nur eine Sekunde später das eisige Wasser der Sprenkelanlage auf sie niederging wie ein Gewitter.

Seine Finger fanden den Knopf des Fahrstuhls, dessen Türen sich quälend langsam öffneten, während Baekhyun, links und rechts wild um sich schießend, seine letzte Kraft dazu verwendete, durch die Lücke in der Reihe, die Jimin geschlagen hatte, zu rennen, den erstaunlich flinken Taehyung nur einen halben Meter hinter sich. Ein Yakuza warf sich ihnen unmittelbar in den Weg und Baekhyun stieß Taehyung von sich weg, sodass dieser mit stolpernden Schritten auf Jimin zufiel, der sich allergrößte Mühe gab, ihn aufzufangen und gemeinsam mit ihm in den Fahrstuhl zurückzufallen. Sein Rücken donnerte gegen die Rückwand, während Taehyung in der Mitte des Fahrstuhls zu Boden ging.

Jimin rappelte sich auf und seine Finger hieben wie wahnsinnig auf das Symbol zum Schließen der Türen ein, keine Sekunde nachdem Baekhyun den Yakuza von sich fortgerungen hatte und ebenso wie er zuvor in den Fahrstuhl zurückstolperte; wobei er sich jedoch auf den Beinen zu halten vermochte.

Er machte einen Schritt zurück und schoss aus dem Fahrstuhl auf die herannahenden Yakuza, die den plötzlichen Niederschlag aus der Sprenkelanlage offensichtlich endlich überwunden hatten. Gerade, als keine Schüsse mehr erklangen, sondern nur noch das Klicken des leeren Magazins, schlossen sich die Türen vor ihnen und der Fahrstuhl sackte die ersten Meter abrupt hinab.

Jimin zog sich an der Haltestange in die Höhe, ehe er sich beinahe unmittelbar Taehyung zuwandte, der sich gegen die hintere Wand des Fahrstuhls lehnte und angestrengt ein und ausatmete; seine fahle Haut nur ein weiteres Zeichen dessen, wie kurz er vor einer erneuten Ohnmacht stand.

„Oh, nein", sagte er leise, sein Blick auf die andere Seite des Fahrstuhls gerichtet und Jimin wirbelte sofort herum.

Baekhyun blickte eigenartig teilnahmslos auf seine Brust, die vor dunkelroten Blut schimmerte, das sich langsam über seine schwarze Jacke verteilte und offensichtlich aus einer tiefen Wunde knapp über seinem Herzen zu kommen schien; seine gesamte Kleidung war an dieser Stelle aufgerissen, als habe sich eine Katana nur Sekunden zuvor mit brutaler Wut in seinen Oberkörper gebohrt.

Er musste von einem Schwert erwischt worden sein, als er den Yakuza abgerungen hatte, der sich ihm in den Weg geworfen hatte—schlichtweg mit einem einzigen Strich, der sich gegen seinen ungeschützten Oberkörper gerichtet hatte.

„Oh, mein Gott", stieß Jimin aus und setzte auf Baekhyun zu, just in dem Augenblick, in dem dieser auf seine Knie fiel, sein Atem röchelnd und gequält. Innerhalb von Sekundenbruchteilen verlor sein Gesicht jegliche Farbe, sodass es nur wenige Augenblicke später die Schattierung seiner Haare aufwies. Baekhyun presste seine Hand auf die Brust, als wollte er das Blut durch schiere Willenskraft davon abhalten, aus seinem durchbohrten Herzen auszutreten.

Er hatte noch nie so viel Blut gesehen.

Baekhyun verzog das Gesicht, ehe er sich gegen die seitliche Wand des Fahrstuhls lehnte und mit einem ungläubigen Ausdruck auf das Blut blickte, das sich überall hin zu verteilen schien.

„Oh, fuck." Er starrte auf seine Finger, als übte das dunkle Blut eine Faszination auf ihn aus. „Das war... nicht geplant."

„Du stirbst nicht", drohte ihm Jimin und presste nun seine eigenen Hände gegen die unrettbar tödliche Wunde, die in Baekhyuns Brust klaffte. „Wir bekommen das hin. Sobald wir unten sind, schleppen wir uns auf die Straße. Wir finden jemanden, der uns helfen kann, hast du verstanden?"

Aber Baekhyun ließ nur ein humorloses Grinsen sehen, das vielmehr wie eine schmerzverzerrte Grimasse wirkte. „Ach, Jimin. Du bist so ein guter, selbstloser Mensch. Bitte vergiss das niemals." Dann wandte er sich Taehyung zu, der ihn stumm und mit ängstlich aufgerissenen Augen anstarrte, als könnte er nicht glauben, dass diese Szene sich wirklich so abspielte. Baekhyun, sterbend. Er, im Fokus seiner letzten Aufmerksamkeit.

„Ich... habe so viel falsch gemacht, Taehyungie", flüsterte er, und plötzlich war da Blut an seinen Lippen. „Es tut mir so Leid. Du warst für mich so wichtig. Ich wollte nichts als das Beste für dich. Ich hoffe... ich habe dir das hinreichend beweisen können."

Er war so blass, so unglaublich blass und fahl und Taehyung stemmte sich von der Wand fort, um Baekhyuns Hand zu ergreifen, die schlaff neben ihm auf dem Boden des Fahrstuhls lag. Ein schwaches, beinahe glückliches Lächeln formte sich auf Baekhyuns Lippen, die blutrot und schimmernd glänzten.

„D-Danke, Hyung", flüsterte Taehyung und Jimin erkannte nichts als Weichheit in seinem Blick. Er hätte Baekhyun kein besseres Abschiedsgeschenk bereiten können, denn die glückselige Versöhnung in seinen dunklen Augen war unverkennbar—und sie lag noch darin, als nur Sekunden später das Licht in ihnen erlosch.

Taehyung presste sich fassungslos eine Hand vor den Mund, während er Baekhyuns leblose Finger losließ und sich wieder gegen die hintere Bande des Fahrstuhls sinken ließ; offensichtlich von seiner letzten Kraft beraubt.

Jimin sagte kein Wort, während er mühsam auf die Beine kam und sich sofort in die Richtung der Aufzugstür wandte; die sich just in diesem Augenblick wieder öffnete; diesmal jedoch in die Ansicht des Foyers, das er schon einmal auf der Flucht vor Yakuza durchquert hatte.

Er schrie leise auf, als die Türen sich nicht nur in einen großen Raum öffneten, sondern unmittelbar in das Gesicht eines Verbündeten, den er niemals erwartet hätte.

Hoseok stand vor ihm; ein langes Messer in der rechten Hand, und ein grimmiger, unnachgiebiger Ausdruck in seinen Augen. Kaum, dass er Jimin im Inneren des Aufzugs erkannte, klappte ihm die Kinnlade hinab.

„Was zur Hölle?" Er starrte ihn konsterniert an, als hoffte er auf eine Illusion, auf eine optische Täuschung, die ihn als Fälschung enttarnen würde. „Wie kommst du hierher? Hat Jeongguk dich befreit? Yoongi wird uns alle umbringen, wenn er—"

„Keine Zeit", gab er brüsk von sich.

„Taehyung ist offenbar im Penthouse. Ich muss sofort nach oben..." Hoseok schwang sich das Messer über seine Schulter und wollte sich an ihm vorbei in den Fahrstuhl drängen, als sein Blick auf seinen Freund fiel, der an der hinteren Wand des Aufzugs lehnte und fassungslos zu ihm aufblickte.

Oh."

„Hilf mir." Jimin kniete sich neben Taehyung auf den Boden, sodass dieser seinen Arm um ihn schlingen konnte und ihn so zum wiederholten Male auf die Beine zog.

Hoseok beeilte sich, Taehyungs andere Seite zu übernehmen und gemeinsam hievten sie aus dem Inneren des Fahrstuhls, während Jimin sich noch einmal umdrehte, um Baekhyuns leblosen Körper aus dem Metallgehäuse zu heben und vorsichtig auf den Boden zu betten.

„Was... ist passiert?", fragte Hoseok, während seine Finger ungläubig über Taehyungs Gesicht strichen, über die Feinheiten seiner Wangenknochen, die in diesem Augenblick unter dutzenden blutenden Verletzungen verborgen waren.

„Er hat uns gerettet", flüsterte Taehyung, dessen Stimme kaum an Stärke gewonnen hatte. „Aber... er wurde verwundet."

„Oh, mein Gott", murmelte Hoseok. „Das ist... so—"

„Wir haben keine Zeit", drängte Jimin. „Wo sind die anderen? Wo ist Yoongi?"

Hoseok verzog das Gesicht, während er Taehyungs gesamtes Gewicht auf seiner Schulter balancierte. „Irgendwo in diesem Labyrinth von Gebäude. Ich habe ihn verloren, als wir uns auf der Suche nach Tae getrennt haben."

Jimin spürte, wie die brennende Sorge erneut von ihm Besitz ergreifen wollte—es konnte doch nicht sein, dass er Taehyung aus den Klauen dieser Ungeheuer befreit hatte, wenn er im selben Augenblick denjenigen, der ihm am allermeisten auf dieser Welt bedeutete, irgendwo in der Ungewissheit verlor.

„Ihr beide, ihr verschwindet von hier", befahl er Hoseok, der einen schwach protestierenden Taehyung stützte. „Ich werde Yoongi suchen."

„Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist", widersprach Hoseok zögernd, aber Jimin stieß ein tiefes Grollen aus.

„Doch", knurrte er. „Ich suche Yoongi. Ihr beide haut ab. Sofort. Tae braucht dringend medizinische Hilfe."

Er wandte sich auf der Stelle um, indem er mehrmals auf den Rufknopf für den Fahrstuhl hieb, während Taehyung von einem nach wie vor ungemein widerwilligen Hoseok über den Marmorboden in Richtung Ausgang gezerrt wurde.

„Wo hast du Yoongi das letzte Mal gesehen?"

„Neunzigstes Stockwerk. Wir sind in eine kleine Gruppe von Offensivkämpfer geraten, die uns voneinander getrennt haben." Hoseok blickte ihn flehentlich an, die absolute Unsicherheit in jeder Form seiner Postur. „Jimin, bist du wirklich sicher, dass du—"

„Ja", sagte er bestimmt. „Ich finde Yoongi."

„Pass auf dich auf, okay?"

Er nickte knapp, während Taehyung ihm einen letzten stummen Blick zuwarf, als wollte er ihn anflehen, mit ihnen nach draußen zu kommen; aber entweder wusste er, dass Widerworte sinnlos waren, oder er hatte schlichtweg nicht genug Kraft, um eine Bitte zu formulieren.

Der Aufzug kehrte mit einem hohen, glockenhellen Klingen der sich öffnenden Türen ins Foyer zurück und Jimin schlüpfte hinein, ohne sich einmal umzuwenden. Seine Finger fanden den Knopf für das neunzigste Stockwerk wie von selbst und er verschränkte seine Hände nervös hinter dem Rücken, während er versuchte, nicht auf das Blut zu blicken, das auf dem Boden des Fahrstuhls verteilt war.

Er schien sich wirklich in Baekhyun getäuscht zu haben. Es lag durchaus eine tragische Ironie darin, dass es der Moment seines Todes gewesen war, der seine wahren Farben gezeigt hatte.

Ein paar Sekunden später öffneten sich die Türen in das desertierte Inneres eines Bürostockwerks, das aufgrund der späten Stunde weder Personal noch elektrisches Licht zu präsentieren schien; und Jimin konnte nur Schemen ausmachen, die entlang des spartanisch erleuchtenden Raumes zu Schatten verliefen. Es war eine unheimliche Atmosphäre, derer er am liebsten sofort ausgewichen wäre, indem er rückwärts in den Fahrstuhl zurücktrat, doch die Türen schlossen sich bereits hinter ihm und verboten ihm somit, es sich einfach zu machen.

Jimin ließ den Büroraum links liegen und tastete sich stattdessen durch den anliegenden Korridor, der immer weiter und weiter in eine Richtung zu führen schien, die ihm wie die falsche erschien.

Etwas lag am Ende seines Weges, etwas, dem er vermutlich nicht begegnen wollte, wenn er sich ehrlich war. Geister der Vergangenheit, vermutlich, oder etwas ähnlich Zermürbendes. Er wollte nichts mehr, als Yoongi zu finden, als ihn in seine Arme zu schließen, seine verhältnismäßig kleine Hand in seiner großen verschwinden zu lassen und dieses Höllenloch zu verlassen; mit nichts außer ein paar Kratzern und üblen Erinnerungen.

Ein paar Minuten lang hörte er nichts als das Geräusch seiner eigenen Schritte auf dem mit Filz ausgelegten Korridorboden; die Weite der tatsächlichen Abwesenheit von Yoongi veranlasste ihn irgendwann, sich einzugestehen, dass er vielleicht auf dem falschen Pfad war.

Gerade, als er überlegte, umzukehren, tat sich in der Dunkelheit des Ganges eine Anomalie hervor, die ihn wie angewurzelt auf der Stelle verharren ließ. Unter einer der Türen, die in der Düsterheit kaum zu erkennen waren, schien Licht hervor; ein schmales Goldstreif unmittelbar auf dem Boden.

Er durchquerte den Korridor so leise, wie er vermochte, während er unmittelbar vor der Tür stehen blieb und durch das Holz lauschte, was sich wohl auf der anderen Seite verbergen mochte.

Als hätte sie ihn in der vollkommenen Dunkelheit des Ganges beobachtet, ertönte plötzlich eine Stimme von der anderen Seite der Türe: „Komm herein, Jimin."

In jedem anderen Fall hätte er auf der Stelle kehrt gemacht und wäre in die entgegengesetzte Richtung verschwunden—aber die Tatsache, dass er die Stimme seiner Mutter hörte, ließ ihn kühn werden und das Gegenteil provozieren. Er legte seine Handflächen gegen die Tür und drückte sie vorsichtig auf, sodass das goldene Licht aus dem Inneren dieses Zimmers den Flur erleuchtete und ihn, der er nun in dessen Lichtkegel stand, in ein warmes, weiches Licht tauchte.

Durch ein riesiges Fenster an der Längsseite des Raumes fiel das milchige Licht einer niemals erlöschenden Großstadt auf seine Mutter, die mit dem Rücken zu ihm an der Fensterfront stand und sich nicht zu ihm umwandte. Es roch eigenartig stickig in dem Raum; ein dumpfer Geruch wie nach bitteren Mandeln.

Seine Mutter trug einen roten Kimono; so wie es bei festlichen Anlässen früher getan hatte—wenn sein Vater sie nicht gebeten hatte, in einen koreanischen Hanbok zu schlüpfen und ihr schwarzes, seidiges Haar, fiel in dunklen Wellen über ihren Rücken, als sie sich zu ihm umwandte.

„Jimin", begrüßte sie ihn und in diesem Augenblick wusste er, dass er einen Fehler begangen hatte. Dass er geradewegs in eine Falle getappt war, die doch geradewegs für ihn ersonnen worden war.

Eomma", erwiderte er, und von allen Beleidigungen, die er hätte wählen können; die Wahrheit schien seine Mutter am meisten zu treffen, denn ein düsterer Ausdruck erglomm in ihren Augen. Sie schien wirklich nicht gerne daran erinnert zu werden, dass sie eine Mutter war—Mutter von zwei Kkangpae und einer Toten; und das als ranghöchste Yakuza. „Warum... bin ich hier?"

Sie schenkte ihm ein feines Lächeln, das ihn an eine Guillotine erinnerte; nur Sekunden, bevor sie herabschnellte und jeden unweigerlich enthauptete, der ihrer Gunst ausgesetzt war. „Es ist schön zu sehen, dass du immerhin zu erkennen scheinst, wie wenig Autonomie du an dieser Sache zu tragen hast."

„Du wirst mich töten, oder?", fragte er und bemerkte eigenartig teilnahmslos, wie gleichgültig ihm die Aussicht auf seinen frühzeitigen Tod doch war. Taehyung war in Sicherheit; und Yoongi war zäh und schlau genug, um dies vermutlich ebenfalls zu sein. Er hatte mit seinem Leben all das bewirkt, das in seiner Macht lag und das versöhnte ihn.

Seine Mutter erwiderte nichts, sondern blickte ihn stumm an; ihre Augen auf sein Gesicht gerichtet, als gäbe es nichts an ihm, das Empathie in ihr hervorrufen könnte, oder Mitleid.

„Ja", sagte sie dann, beinahe leichtfertig. „Ich werde dich töten. Meine letzte... Tat."

Er verstand sofort. „Du opferst dich."

„Mutter und Sohn, hilflose Opfer grausamer Kkangpae, die eine Verschwörung ersonnen haben, damit die Macht dieses Landes in ihre Hände gerät." Seine Mutter lächelte schwach, als sei der nächste Teil ihres Plans dasjenige, das ihr die meiste Freude bereitete. „Der Sohn wurde in einen Clan gezogen, weil ihm vorgegaukelt wurde, dass... ihn jemand lieben könnte. Aber er war nur eine Spielfigur in diesem großen, grausamen Schach für Purple Rain; dem ultimativen... Schurken in dieser Angelegenheit."

„Du willst so tun, als hätte ich, blind vor Liebe, allem zugestimmt, was Purple Rain mir aufoktroyiert?" Jimin lachte. „Oh. Eomma. Du kennst mich so schlecht."

„Wer kennt denn schon das wahre Sein?" Sie zuckte mit den Schultern. „In dieser Welt ist Sein... ohnehin nur Schein, Jimin."

Sie musste schon immer verrückt gewesen sein; anders konnte er sich ihren melodiösen, entrückten Ton nicht erklären, der ihre Worte schmeichelte und dennoch unendlich vertraut klang. Eine Mutter, die ihren Sohn hasste, weil er die Personifikation dessen war, zu dem sie gezwungen worden war—eine Verfleischlichung derjenigen Ideale, die sie immer abgelehnt hatte.

Wäre er nicht ein so guter und müheloser Hasser, könnte sie ihm beinahe Leid tun.

„Irgendwann...", sagte Jimin, „irgendwann will ich wissen, wieso du das alles getan hast. Weil dir in deiner Erziehung das Gehirn gewaschen wurde? Weil du verrückt bist? Weil dir... so unendlich langweilig ist, dass du lieber das Leben von Millionen von Menschen aufs Spiel setzt, als dass du einmal ein klein wenig Selbstreferenz betreibst?"

„Motive sind so... irrelevant", murmelte sie und drehte wieder von ihm ab, während sie sich wieder der Aussicht aus dem Fenster zuwandte, gegen das der Regen peitschte, der sich in der vergangenen Minuten vollkommen überraschend auf die Stadt niedergesenkt haben musste.

Jimin spürte, wie ein scharfer Schmerz durch seine Lunge schoss, während er einen Schritt nach vorne wagte, ehe er verwirrt auf der Stelle stehen blieb und ein paar Mal rasch hintereinander blinzelte. Seine Sicht schien kurz zu verschwimmen, während die milchigen Lichter vor dem Fenster aufgrund seiner tränenden Augen einen winzigen Augenblick beinahe rein erschienen. Sein Hals pochte und kratzte; es war, als atmete er feine Glassplitter ein, die sich in den Bronchien und den Lungenbläschen ablagerten und es ihm unmöglich machten, nach Luft zu ringen, ohne vor Schmerz zu erstarren.

„W-was hast du getan?", keuchte er, während er auf die Knie fiel und seinen Hals mit beiden Händen umklammerte. Er wollte sich seine Lunge aus der Brust husten; er wollte das Toxin, das sich auf seine Schleimhäute gelegt hatte, wieder loswerden, indem er eigenständig an seiner Kehle riss und den Schmerz eindämpfte.

Sie brauchte ihm keine Antwort zu geben. Sie vergiftete ihn, so wie sie sich vergiftete. In wenigen Minuten würden sie beide tot sein, um eine Narrative zu erfüllen, die ihren verkehrten Idealen gleichkam. Er musste sagen, jetzt, wo es doch so weit war, hasste er den Gedanken für etwas sterben zu müssen, das so tief verdorben war.

Er verlor das Bewusstsein wohl schneller, als er es antizipiert hatte und vor seinem inneren Auge verlief die Welt zu den buntesten Farben. Zu dem Grün von weiten Wiesen auf dem Land. Dem Blau von dem Meer vor Busan, an dem er den glücklichen Teil seiner Kindheit verbracht hatte. Das Gelb von Jisoos Regenmantel, der die Sonne in dunkle Tage gebracht hatte. Und das Violett von Regen.

War Regen überhaupt violett?

Er hätte es nicht sagen können. Er wusste nur, dass er plötzlich im Regen lag, sein Gesicht durchnässt von tausenden Tropfen, die vom Himmel auf ihn herabfielen. Der Regen war violett, er war lila, er war purpurn und er tropfte über sein Gesicht, über seine Wangen, seine Lider, seine Lippen. Er wusste nur, dass er nicht alleine war.

Er wusste nur, dass er in den Armen eines wunderschönen Jungen lag, während der Regen so vehement auf ihn fiel, als wollte er ihn ersticken. Der Junge flüsterte etwas von... hübschen Dingen, von einem Leben zu zweit, und alledem Bitteren, das sich in dieser unerreichbaren Geisterwelt namens Zukunft befand.

Ja, manchmal war Regen tatsächlich violett, stellte er fest. Und manchmal, ganz selten, da war er wirklich einfach nur Regen.

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