Aruna - Die Rote Wölfin

By Alounaria

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Aruna wächst behütet im Pacem Pack auf, geschützt durch das Dasein einer Alphatochter. Doch das Mädchen ist... More

Das kleine Handbuch für Inbecillis - Lykanthropen
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Venatores Aequitatis
Das kleine Handbuch für Inbecillis - Sanguisuga
Arunas Handbuch
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Das Ende - 2. Teil, Danksagung und Meinungen
Bilder & Steckbriefe (Danke ♥ )
Bilder ♥
2. Teil

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By Alounaria

»Ich weiß, was du bist«, wiederholte Alec mit Nachdruck, als müsse er irgendjemanden überzeugen.

Ich war mir sicher, dass es nicht ich war.

Mit schwitzigen Händen schielte ich auf den Silberdolch, gefährlich nah an meinem Hals. Dort, wo auch das Amulett hing.

Meine Nähe musste ihm ziemliche Kopfschmerzen bereiten, er ließ es sich allerdings nicht anmerken. Alec ignorierte das Amulett vollkommen, auch wenn ich sah, wie sein Blick kurz hinab huschte.

Ich versuchte, etwas zu erwidern, doch er hielt mir weiterhin den Mund zu.

Meine Hände waren frei, doch meine Beine wurden gegen die Wand gepresst. Ich könnte vielleicht...

Andrerseits, eine falsche Bewegung und das Silber steckte in meinem Hals. Das konnte ich nicht riskieren...

Allerdings musste ich doch...

»Okay Werwolf. Ich nehme jetzt meine Hand von deinem Mund. Wenn du schreist, steckt der Dolch in deiner Kehle, kapiert?!«

Ich zuckte zusammen.

Beinahe schien es so, als würde seine Stimme zittern. Hatte er etwa noch nie einen Lykanthropen bedroht? Aber er war doch der Vic? Er hatte bestimmt schon welche getötet.

Fragend sah er mich an und erst jetzt bemerkte ich den Sturm, der in seinen Augen tobte. Ich war mir sicher, noch nie solch ein Grau gesehen zu haben. Ich wusste nicht, was an ihm anders war, aber irgendwie...

»Verstanden?!«

Ich zuckte zusammen. Wieder.

Gott, worüber dachte ich hier überhaupt nach? Immerhin wurde ich hier mit einem verdammten Messer bedroht!

Wie gesagt, wenn ich Panik bekam, wurde mein Gehirn zu Matsch.

Was erwartete Alec? Dass ich nickte? Bestimmt nicht, so nah wie der Dolch an meiner Haut klebte, würde ich mir von ganz alleine die Kehle aufschlitzen.

Ich zog eine Braue hoch und starrte ihn bemüht spöttisch an.

Er muss denken, dass ich keine Angst habe! Auch wenn ich mir sicher war, dass mein schneller Atem mich verriet. Oder mein rasendes Herz. So nah wie er bei mir stand, konnte er es mit Sicherheit spüren.

Alec schien zu verstehen, starrte mich finster an und entfernte langsam seinen Arm.

Für einen kurzen Moment kam mir der Gedanke, in eben diesen hinein zu beißen, sodass er so sehr abgelenkt war, dass ich türmen konnte, doch die Gefahr, dass meine Zähne durch den Stoff der Lederjacke stechen würden, war zu groß.

Ich hatte nämlich nicht vor, zu sterben, auch wenn jetzt vermutlich nicht die besten Voraussetzungen herrschten.

Mit einem Ruck entfernte er schließlich seinen Arm von meinem Mund, doch beinahe augenblicklich packte er meine Handgelenke und drückte sie gegen die Wand. Dabei berührte einer seiner Finger für einen Moment meine Haut und sofort durchzuckte mich ein brennender Schmerz, der mich aufschreien ließ, ich spürte, wie die Haut wegätzte.

Gequält keuchte ich auf und kniff die Augen zusammen.

Es war beinahe so, als würde ein Funken der Reue über Alecs Gesicht huschen, doch im nächsten Moment war da wieder diese Berechnung.

Halt die Klappe, sagte sein Blick.

Arschloch.

Für einen Moment kämpfte ich tatsächlich mit den Tränen, doch als ich spürte, wie die Heilung langsam einsetzte, schaffte ich es irgendwie, mich zusammenzureißen.

Verätzungen, die durch Ven entstanden, heilten nur bis zu einem gewissen Punkt, dann verhielten sie sich wie normale Wunden.

Wie sollte ich das bitte vor meiner Familie verstecken? Aber was dachte ich hier überhaupt? Als ob der Vic mich einfach so davonkommen lassen würde.

Andrerseits... wieso ließ er mich dann sprechen?

Apropos sprechen, reiß dich jetzt verdammt noch mal zusammen Aruna! Konzentrier dich!

»Lass mich los du Idiot!«, knurrte ich und funkelte ihn wütend an.

Ein Teil von mir feuerte mich leise an. Ja! Zeigs ihm! Du hast keine Angst!

Ein Anderer lag heulend in der Ecke.

Nun war es Alec, der spöttisch die Augenbrauen hob, während ihm diese verdammten Strähnen immer und immer wieder vor die Augen fielen, sodass man das Bedürfnis hatte, sie wegzustreichen. Ernsthaft, dass war sowas von nervig!

»Du weißt, dass ich dich nicht loslassen werde, also sparen wir uns das alberne Gerede und kommen zur Sache«, erwiderte er kalt.

Nur mit großer Mühe hielt ich mich zurück, schwer zu schlucken und kniff die Augen bemüht finster zusammen.

»Was willst du hier?«, fragten wir dann plötzlich beide gleichzeitig und ich hätte vermutlich gelacht über diese Albernheit, würde ein falscher Atemzug nicht den Tod bedeuten.

Kurz trat so etwas wie Überraschung in Alecs Gesicht, während ich mir überlegte, ob es vielleicht eine gute Idee wäre, ihm ins Gesicht zu spucken. War es natürlich nicht. Aber ihr wisst schon, rational denken in schwierigen Situationen...

»Ich habe das Messer, ich stelle die Fragen, Wolf!«, riss mich Alec dann plötzlich aus meinen äußerst unangebrachten Gedanken.

Gut, da hatte er vielleicht Recht...

Fiebrig überlegte ich, was ich sagen konnte, ohne mein Rudel zu verraten. Ich musste alles darum geben, dass er nichts von ihnen erfuhr!

Und dann sagte ich das Dämlichste, was mir einfiel.

»Ich gehe hier zur Schule. Außerdem ist es äußerst unfreundlich, Wolf oder Werwolf zu sagen.«

Ich hätte mich ohrfeigen können. Echt.

Für einen Augenblick huschte so etwas wie Belustigung über Alecs Gesicht, was mich beinahe zusammenzucken ließ. Wo kam die denn jetzt her?

»Ach ja? Wie soll ich dich dann nennen?«, fragte er, seine Augen blitzten schelmisch auf.

Wie Lupas, wenn sie...

Verdammt, konzentrier dich! Dieses Monster kannst du ja wohl kaum mit deiner kleinen Schwester vergleichen!

Auffordernd sah Alec mich an. Er wollte wirklich einen Namen haben.

Okay, Mist. Meinen Richtigen konnte ich ihm nicht nennen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihm etwas unheimlich privates, beinahe verletzliches preiszugeben, wenn er ihn erfuhr und das wollte ich nicht.

Gut, das klang selbst in meinen Ohren bescheuert. Aber so war es nun mal.

Bemüht gleichgültig sah ich ihn an, während meine Gedanken rasten.

»Emma«, schoss es dann zu schnell und vermutlich zu trotzig aus mir heraus.

Keine Ahnung, wie ich auf den Namen kam. Ich kannte keine Emma, war noch nie einer begegnet.

Alec schien mir genau so wenig zu glauben, wie ich.

»Du siehst nicht aus, wie eine Emma«, meinte er und drückte meine Handgelenke noch etwas enger zusammen.

Gott sei dank hatte ich heute Morgen den Pullover angezogen, auch wenn es warm war.

Das änderte allerdings nichts daran, dass seine Aussage verdammt dämlich war. Wie sah denn bitte eine Emma aus?! Der war doch bescheuert...

»Du siehst auch nicht aus, wie ein Alec«, platzte es aus mir heraus, mein Mund handelte definitiv schneller, als mein Verstand und hätte er mich nicht gehalten, hätte ich mir mit Sicherheit die Hand vor den Mund geschlagen.

Seine Miene verfinsterte sich noch mehr.

»Woher kennst du meinen Namen?«, fragte er bedrohlich leise.

Wäre es Cole, der so etwas fragte, hätte ich etwas wie »bist du dumm?«, geantwortet.

Aber er war nicht Cole. Und deshalb tat ich es nicht.

Hatte er etwa vergessen, wie Mik ihn gerufen hatte? Ich bestimmt nicht.

Trotzdem hielt ich meine Klappe. Erstens, würde mir vermutlich nur wieder etwas Dummes rausrutschen und zweitens war es vielleicht besser, wenn ich ihm so wenig sagte, wie ich konnte.

Schließlich schien auch ihm ein Licht aufzugehen, während ich versuchte, meinen Kopf etwas nach rechts zu drehen, damit ich ihn vernünftig sehen konnte.

Natürlich war das nicht wirklich von Erfolg gekrönt, der Dolch ließ es einfach nicht zu.

Allerdings schien Alec meinen miserablen Versuch zu bemerken und hätte ich es nicht besser gewusst, schien mir beinahe so, als würde der Dolch ein wenig zurückweichen.

»Was hast du da gemacht?«, fragte er dann plötzlich.

Beinahe ungläubig starrte ich ihn an.

In seiner Stimme klang ehrliche Neugierde. In dieser Situation gab es hundert andere Dinge, die er als Ven hätte fragen sollen, hätte fragen müssen und da fragte er sowas?!

Das schien auch ihm aufzugehen, denn sofort wurden seine Augen wieder kalt. Die Frage allerdings nahm er trotzdem nicht zurück.

»Geht dich überhaupt nichts an«, fauchte ich ihn daher an.

Stimmte ja. Ein dunkles Kapitel in meinem Leben, das ich selber lieber ungelesen ließ.

Nun war da wieder der Spott.

»Nun, ich denke, es geht mich sehr wohl etwas an, Emma

Demonstrativ ließ er seine Augen über das Messer gleiten, sodass seine dunklen Wimpern sie für einen Moment verbargen.

Beinahe wäre ich versucht gewesen, tief auszuatmen.

Die strengten mich an, ernsthaft.

Er war vielleicht ein guter Ven (vielleicht auch nicht, wenn man bedachte, dass ich noch lebte), aber seine Gefühle konnte er echt miserabel verbergen. Ehrlich, von diesen ganzen Stimmungsschwankungen wurde einem ja schwindelig.

»War es einer aus deinem Rudel? Und leugne es ja nicht, ich erkennen eine Klauen-Narbe, wenn ich sie sehe. Was hast du angestellt?«

Ich konnte nicht verhindern, dass ich bei der Erwähnung des Wortes Rudel die Luft anhielt.

Scheiße, verdammt, scheiße!

Ich musste mein Rudel schützen! Er durfte nichts erfahren.

»Ich habe kein Rudel!«, knurrte ich und bei der Verleugnung durchfuhr ein kleiner Stich mein Herz.

Und als Alec mich mit diesem das-glaubst-du-ja-selber-nicht Blick ansah und beinahe herablassend die Augenbrauen hob, tat ich etwas, was mir so sehr widerstrebte, dass ich mich am liebsten übergeben hätte.

»Ein Gebissener. Es war ein Gebissener. Kurz nach der Verwandlung.«

Meine Stimme klang verräterisch zittrig, war nicht mehr als ein Hauchen.

Aber wie war das? Ein Fünkchen Wahrheit, damit die Lüge glaubwürdig erschien.

Irgendetwas in Alecs Gesicht veränderte sich. Ich wusste nicht, was es war. Ehrlich nicht. Aber er schien verändert.

»Wieso sollten sie so etwas tun? Ihre eigenen Leute angreifen?«

Ich atmete tief durch.

Reiß dich zusammen! Wenn du jetzt anfängst zu heulen, bring ich dich um!

Oder mich. Wie auch immer.

»Die sind nicht meine Leute! Ich habe keine Leute! Außerdem sind nicht alle Lykanthropen gut«, keifte ich und versuchte mich unauffällig etwas zu bewegen.

Vergeblich. Natürlich.

Alec schien überrascht.

»Du unterscheidest zwischen guten und schlechten Werwölfen? Es gibt nur...«, dann stockte er und runzelte die Stirn.

Kaum merklich schüttelte er den Kopf und bevor ich etwas erwidern konnte, sprach er weiter.

»Ist auch vollkommen egal, was du denkst. Wenn du kein Rudel hast, wer waren dann die beiden Wölfe, die dich im Wald geschützt haben, hm? Du bist kein Alphaerbe, aber die beiden ganz sicher.«

Der kalte Schweiß trat mir auf meine Stirn.

Nein. Ylva. Fenris.

Ich musste mir irgendetwas einfallen lassen und das verdammt schnell, er durfte nicht merken, dass ich log.

Ich schluckte.

Dann atmete ich tief durch und sammelte meine Gedanken, um ihm die Lüge aufzutischen.

»Ja, das waren Alphaerben und ich bin keine. Sie waren auf Durchreise, keine Ahnung wohin, ich kenne nichtmal ihre Namen. Vermutlich zu einem anderen Rudel um einen geeigneten Partner zu finden oder so. Ich lebe alleine hier in dem Wald und sie haben seit etwa einer Woche mit mir gejagt, um sich etwas auszuruhen, bis sie weiter gehen. Unter Lykanthropen hilf man sich eben.«

Wow. Beinahe wäre ich versucht gewesen, mir auf die Schulter zu klopfen. Die Lüge war gar nicht mal so schlecht. Und meine Stimme hatte kaum gezittert. Nur ein bisschen.

Wenn ich es nicht besser wüsste, schien es beinahe so, als würde Alec seinen Griff um meine Handgelenke etwas lockern.

»Wieso lebst du alleine?«, fragte er und wieder schaffte er es nicht ganz, die Neugierde zu verbergen.

»Ich dachte Werwölfe brauchen ein Rudel.«

Mich ärgerte es, dass er immer wieder »Werwölfe« sagte. Aber das verriet ich ihm natürlich nicht.

Jetzt überkam mich wieder diese leichte Panik und jegliches Lob über meine Lüge verschwand.

Ja, warum lebte ich alleine?

Es stimmte, ein Lykanthrop ohne Rudel war einfach nicht... komplett.

Plötzlich versteifte sich Alec, seine Augen kniffen sich zusammen, der Dolch rückte gefährlich nah. Auch ich erstarrte wieder, was war denn jetzt?

Wann hatte ich mich überhaupt so entspannt?

»Warte! Was meinst du mit jagen?!«

Entsetzt starrte ich ihn an. Ich wusste, was er dachte.

»Nein!«, kreischte ich schon fast panisch, ich wusste nicht woher diese Hysterie auf einmal kam.

»Doch keine Menschen! Rotwild, Kaninchen so was eben! Wenn du willst mach ich dir ˈne Liste, aber nein verdammt, ich jage doch keine Menschen! Ich habe noch nie einen angerührt, so was mach ich nicht! Ich bin doch kein Mörder!«

Meine Stimme überschlug sich, während ich immer panischer, immer schneller redete.

Er musste mir glauben! Er musste einfach!

Und dann rückte Alec den Dolch plötzlich wieder etwas ab.

Er gab nicht zu, dass er mir glaubte, aber ich konnte es ihm ansehen. Hoffte ich zumindest. Warum sollte er sonst den Dolch wegnehmen? Zumindest etwas.

Eine unheimliche Stille kehrte über uns ein. Sie bereitete mir eine Gänsehaut und plötzlich erschien seine Nähe geradezu erdrückend und mir fiel das atmen seltsam schwer.

»Lässt du mich jetzt los?«, fragte ich und bemühte meine Stimme möglichst fest und kalt klingen zu lassen.

Gelang mir natürlich wieder eher semi-gut.

Seine Augen klärten sich wieder und, an was auch immer er gerade gedacht hatte, ich hatte es mit einem Mal zerschlagen. Er zuckte sogar etwas zusammen.

»Nein! Ich meine, du bist trotzdem ein Lykanthrop, ich sollte dich zu meinem Clan bringen und...«

Seine Stimme erstarb und ich versuchte mit aller Mühe die erneut aufkeimende Panik zu unterdrücken.

Konzentrier dich! Sag etwas Schlaues!

»Aber das machst du nicht! Hättest du das gewollt, würdest du nicht so genau darauf achten, mich nicht zu verletzen!«

Okay, diese Aussage war vielleicht nicht ganz so schlau wie erhofft.

Alec schnaubte.

Trotzdem sah ich, wie irgendetwas in ihm zusammenbrach.

Als würde der eine Gedanke über den Anderen siegen.

»Wer sagt denn bitte, dass ich darauf achte, dich nicht zu verletzten?«, meinte er bemüht herablassend, doch nun witterte ich meine Chance.

»Ich. Und du weißt das genau so gut. Du hättest mindestens ein dutzend Möglichkeiten gehabt, mich umzubringen und hast es doch nicht getan. Gestern an der Quelle zum Beispiel, du hättest einfach schießen müssen und...«

Alec sah mich drohend an und ich verstummte.

Übertreib es nicht, warnte mich sein Blick.

Und dann ließ er den Dolch sinken. Er wirkte beinahe etwas verzweifelt.

»Okay. Ich weiß echt nicht, warum ich das tue und ich werde mich vermutlich dafür hassen, aber ich gebe dir eine Chance.«

Vor Freude hätte ich anfangen können zu heulen. Ernsthaft.

Alecs Miene blieb finster. Er fluchte leise, verärgert über sich selbst und mich und vermutlich über alles andere. Unruhig fuhr er sich durch das tiefschwarze Haar, was nur zu Folge hatte, dass es noch wüster erschien. Aber auf irgendeine verquerte Weise stand es ihm... Im nächsten Moment wunderte ich mich mal wieder über meine banalen Gedanken.

Der Junge hätte echt eine Bürste gebrauchen können, mehr nicht!

Dann holte Alec plötzlich tief Luft und sah mich eindringlich an.

»Verhalte dich unauffällig! Die anderen werden nicht so freundlich sein wie ich!«

Das es nicht gerade als freundlich galt, jemanden mit einem Messer zu bedrohen, behielt ich lieber für mich.

»Ich behalte dich im Auge! Ein falscher Schritt und diesmal zögere ich nicht, dir den verdammten Pfeil in den Rücken zu jagen!«

Er stockte.

»Oder ins Herz.«

Wieder hielt ich mich davon ab, schwer zu schlucken, nickte dann langsam.

»Verstanden. Ihr lasst mich in Ruhe und ich lasse euch in Ruhe.«

Und dann, endlich – endlich – rückte er von mir ab und ich widerstand dem Verlangen, heulend an der Wand hinunter zu rutschen.

Endlich konnte ich wieder klare Luft atmen und jetzt erst bemerkte ich, wie erdrückend seine Wärme gewesen war.

Oder sein Geruch.

Eine Mischung aus der kalten Herbstluft und Kiefern... Ich schüttelte - innerlich fluchend - den Kopf um solch merkwürdigen Gedanken zu vertreiben. Jetzt sollte ich mich lieber darauf konzentrieren, schleunigst zu verschwinden, bevor er seine Meinung doch noch änderte.

»Gut, und jetzt hau ab, bevor ich meine Entscheidung bereue.«

Es widerstrebte mir, wie er mit mir sprach, aber darüber sollte ich mich nun wirklich nicht beschweren.

Ich wirbelte herum und lief hastig los, mein wirres Haar wurde von einem Windstoß erfasst und stob nach hinten. Mein Herz raste. Raste und raste und raste und mein Atem ging stoßweise. Ich hatte jetzt wirklich, wirklich das Bedürfnis zu heulen.

»Ach und Emma

Ich erstarrte, verkrampfte mich und wagte es nicht, noch einmal nach hinten zu gucken.

Ich war mir sicher, dass ich seinen Anblick nicht ertragen würde. Ehrlich.

Ich spürte seinen eisernen Blick aus den stahlgrauen Augen, wie er sich in meinen Rücken bohrte.

»Ich hasse es, wenn man mich anlügt.«

Dann hörte ich, wie er schnellen Schrittes davon lief.

Ich schluckte, ein Kloß bildete sich in meinem Hals.

Mir war klar, dass er auf den falschen Namen anspielte.

Plötzlich begann ich zu zittern. Am liebsten hätte ich mich einfach auf den Boden geschmissen und wäre nie wieder aufgestanden.

Was hatte ich mir da nur eingebrockt?

Es war, als würde mein Körper jetzt erst richtig realisieren, was passiert war.

Scheiße.

Verdammte Scheiße! Wie sollte ich das bitte alles für mich behalten, wo es doch geradezu aus mir rausspringen wollte!?

Denn ich wusste, ich würde es nicht übers Herz bringen, meiner Familie etwas zu erzählen... und nein verdammt, ich wusste immer noch nicht warum.

Es war das beschissen Normalste, Logischste, Vernünftigste, was ich machen sollte, doch ich konnte nicht...ich konnte einfach nicht.

Irgendetwas hielt mich davon ab...

Ich meine, Alec würde nichts von mir verraten, hatte er zumindest gesagt, und wäre es da nicht nur fair wenn... Aber warum sollte ich fair sein? Ich meine er war ein Ven und...

Ach verdammt, das war doch zum verzweifeln.

Noch nie hatte ich mich so hilflos gefühlt...

Ich schloss die Augen und bemühte mich mit aller Kraft, nicht einfach hier und jetzt in Tränen auszubrechen.

Nicht, dass er das auch noch sah...

Ich hatte eindeutig schon zu viel preisgegeben.

Ich brauchte jetzt dringend Ablenkung. Tief atmete ich ein und setzte dann zittrig meinen Weg fort.

Ben würde mich umbringen.

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