Show me to trust

By Ambi63

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Vertrauen! Das Wichtigste in einer Beziehung und doch so zerbrechlich! Als Belita nach ihrem 8- monatigen Auf... More

Prolog
01. Goodbye New Zealand
02. Back for you
03. Officially
04. Trust or jealousy?
05. Keep calm and don't worry
06. Troubled
07. Blindfolded
08. I am really fed up
09. Surprises
10. Unknown destination
11. Southern Point
12. Showtime
13. Collapse
14. Remorse
15. Devastated
16. Fever
17. Cupcakes
18. Clarification of fact
19. Solutions
20. Let's do it!
21. Relief
22. Dance into the dark
23. Silence
24. Crises
26. Changes
27. Help
28. Dangerous
29. Unreasonable
30. Thieves
31. Trapped
32. Brainteaser
33. Fireproof
34. Aftermath
35. Lessons
36. Neverending Story
37. Dreamcatcher
38. One Mistake
39. Straight Ahead
40. Epilog
Thanks ♥♥♥

25. Gone

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By Ambi63

Mein Kopf war tief in einem Kissen vergraben, als meine Tränen wie ein Wasserfall zu laufen begannen. Der Schmerz, den ich empfand, konnte durch nichts gelindert werden. Wie hatte Niall nur so etwas tun können?

Er zerstörte meinen Glauben, meine Hoffnung, unsere Liebe, all das, wofür ich lebte. Mein Herz brach in zwei Teile, wie damals als ich nach Neuseeland ging, nur mit dem Unterschied, dass Niall es nie wieder zusammensetzen würde. Was war nur aus ihm geworden? Er erzählte mir Lügen und dachte, es würde nicht herauskommen. Für wie dumm hielt er mich eigentlich? Was hatte ich ihm getan, dass er mich so behandelte?

Langsam kam die Wut in mir hoch und ich griff nach meinem Handy, das direkt neben dem Kopfkissen lag, um Nialls Nummer zu wählen. In jenem Moment war es mir total egal, dass ich gleich ein ziemlich teures Gespräch nach Irland führen würde, denn ich wollte einfach nur meinen Emotionen freien Lauf lassen. Bereits nach dem ersten Klingeln meldete er sich.

„Hey, Bel. Schön, dich zu hören! Wie geht's dir denn?"

Hatte er eigentlich noch alle Tassen im Schrank, mich so etwas zu fragen? Meine Reaktion erfolgte binnen Sekunden.

„Sag mal, was bildest du dir eigentlich ein?", blökte ich ins Telefon. „Du besitzt tatsächlich die Frechheit mich zu fragen, wie es mir geht, nachdem die Bilder mit der Schlampe auf Twitter gepostet wurden, mit der du dich kürzlich getroffen hast?!"

Ich war auf hundertachtzig, kochte förmlich und wollte ihm ordentlich die Meinung sagen. Doch nun war es Niall, der mich nicht zu Wort kommen ließ.

„Denkst du nicht, dass du einfach nur übertreibst und dir erstmal anhören solltest, was ich dazu zu sagen habe?", sagte er in unwirschem Tonfall.

„Nein! Die Bilder sprechen eine eindeutige Sprache und bestärken meine Annahme, dass du sie im Park geküsst hast!"

Es war mir egal, dass ich ziemlich laut war und auch, dass ich einen sehr unfreundlichen Ton drauf hatte aber genau das verdiente er, zumindest in meinen Augen. So ließ ich nicht mit mir umspringen!

„Weißt du was, Bel? Wenn du mir so wenig vertraust, dann ist es vielleicht besser, wenn wir uns eine Auszeit nehmen!", kam es nun von Niall.

Ich konnte heraushören, dass er echt angepisst war, somit befanden wir uns auf dem gleiche Level, was den Gemütszustand betraf. Eine Auszeit! So fing es meistens an, wenn die Typen sich trennen wollten, ohne einen plausiblen Grund nennen zu müssen. Da ich aber die Schnauze gestrichen voll von seinen Erklärungen hatte, war es ein Leichtes für mich, dem zuzustimmen.

„Von mir aus gerne!", keifte ich zurück. „Ich werde sofort ausziehen, sobald ich in London eintreffe!"

Er sollte nicht denken, dass ich nun winselnd angekrochen kam und ihn um Verzeihung bitten würde, denn wenn einer das tun musste, dann war er das. Die Frage war nur, ob ich diese Entschuldigung jemals annehmen würde, denn ich war so verletzt, dass ich im Moment einfach nur Abstand wollte.

„Ok, dann weiß ich Bescheid und ich gehe davon aus, dass wir uns am Donnerstag und auch an Silvester nicht sehen werden", kam es von Niall.

Er klang irgendwie verletzt, obwohl diese Gefühlsregung wohl eher mir zustand, denn er hatte schließlich den Scheiß gebaut, nicht ich.

„Das siehst du richtig!"

Nach diesen Worten legte ich einfach auf, wischte meine Tränen aus den Augen und griff nach meiner dicken Jacke. Ich wollte einfach nur nach draußen gehen, denn in meinem Zimmer fehlte mir die Luft zum Atmen.

Mein Kopf fühlte sich an, als ob er gleich platzen würde und ich wollte niemanden sehen, geschweige denn mit jemanden sprechen. Schnell stürmte ich aus meinem Zimmer, zog im Flur meine Stiefel an und rannte nach draußen. Die Luft war kalt aber trocken und die Sonne stand hoch am Himmel. Eigentlich war es ein wunderschöner Tag, doch ich hatte keinen Blick für den klaren, eisblauen Himmel, sondern meine Gedanken wanderten zu den Ereignissen der letzten Tage.

Es tat so weh, ausgenutzt und betrogen zu werden. Noch nie in meinem Leben hatte ich ein derart demütigendes Gefühl verspürt. Dieses entzog mir sämtliche Energie. Heiße Tränen rannten schon wieder über meine Wangen und erschwerten meine Sicht, trotzdem ging ich weiter, denn ich wusste, wo mein Weg mich hinführen würde.

Wie immer, wenn ich ein Problem mit mir herumtrug, landete ich bei der alten Trauerweide, die an der Isar stand. Dort lehnte ich mich an den dicken Baumstamm und blickte auf das Wasser, welches vollkommen ruhig war.

Warum konnte ich nicht diese innere Ruhe besitzen? Ich war so aufgewühlt, mein Herz pochte laut und gestattete es mir nicht, einfach ruhig zu atmen. Die Szene, wo die schwarzhaarige Frau mit Nialls Jackett um ihre Schultern auf einer Schaukel im Park saß, verfolgte mich seit Tagen. Sie ließ mich nicht mehr los, bestimmte mein Denken und Handeln und ließ die Eifersucht hervorkommen.

Ja, ich war eifersüchtig, denn Niall war mein Freund, der jetzt vorgeschlagen hatte, dass wir uns eine Auszeit nehmen sollten. Eigentlich war er mir damit nur zuvor gekommen aber selbst das kränkte mich zutiefst. Bedeutete ich ihm wirklich so wenig? Hatte er einfach genug von mir, weil er sich einer anderen zuwandte? Fragen über Fragen durchströmten mein Gehirn, ohne dass ich eine Antwort darauf fand.

Morgen war Weihnachten, das schönste Fest des Jahres aber für mich artete es nun in das traurigste aus. Insgesamt verbrachte ich zwei Stunden an der Isar, bevor ich noch einen kurzen Abstecher zum Marienplatz machte. Planlos suchte ich einige Geschäfte auf, nur um mit die Zeit zu vertreiben und diesen Tag irgendwie herumzukriegen. Ich wollte mit niemandem über meine Probleme reden, mir war einfach nicht danach.

Als ich eine Stunde später nach Hause zurückkehrte, wurde ich von Nelia empfangen, die mit reichlich angepisstem Gesichtsausdruck vor meiner Zimmertür stand.

„Was ist das mit dir und Niall?", fragte sie provokativ. „Stimmt es, dass ihr euch eine Auszeit nehmen wollt und ich alleine nach Irland fliegen muss?"

Sie hatte also bereits mit Darragh gesprochen, der wohl von Niall über alles informiert worden war.

„Warum fragst du denn, wenn du alles schon weißt?", keifte ich ungehalten.

„Vielleicht weil ich dir helfen will?!"

Nun schüttelte ich entschlossen den Kopf.

„Du kannst mir nicht helfen, Püppi. Das geht nur Niall und mich etwas an."

„Aber..., Bel, er ist deine große Liebe! Ihr müsst das doch ausdiskutieren!", fing sie an zu jammern.

„Wir müssen gar nicht und vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir uns für eine Weile aus dem Weg gehen", sagte ich.

„Und wie wollt ihr das machen? Du hast doch in London gar keine eigene Wohnung?"

Nelia schien sich ja doch ein bisschen Sorgen zu machen, doch diese konnte ich ihr nehmen.

„Ich werde zu einer Freundin ziehen, die in einer WG lebt", erklärte ich lässig.

Irgendwie war ich in diesem Augenblick sehr froh, dass ich Carrie kennengelernt und mich mit ihr angefreundet hatte. Denn sie wollte und konnte mir wirklich helfen.

„Püppi, würdest du mich bitte alleine lassen? Ich muss mal telefonieren", forderte ich meine Schwester auf, die daraufhin wortlos das Zimmer verließ.

Seufzend griff ich nach meinem Handy, um das zweite Auslandstelefonat am heutigen Tag zu führen. Dieses Mal war Carrie meine Gesprächspartnerin, die sich sehr freute, als sie meine Stimme hörte.

„Bel, wie geht es dir denn?", erkundigte sie sich liebenswürdig.

„Na ja, es geht. Wahrscheinlich ahnst du schon, weswegen ich anrufe", begann ich nun.

„Sag mit jetzt bitte nicht, dass du dich von Niall getrennt hast", kam es erschrocken von ihr.

„Sagen wir es mal so, wir nehmen uns eine Auszeit", erwiderte ich mit Tränen in den Augen, die Carrie jedoch nicht sehen konnte.

„Ok, das heißt dann, dass du bei uns einziehen willst", schlussfolgerte sie nun.

„Ja", antwortete ich kurz und knapp.

„Ich hätte mir ja gewünscht, dass die Umstände deines Umzugs besser wären, als sie sind aber keine Sorge, ich werde dich schon aufmuntern", versprach Carrie, was ich sehr süß fand.

„Wann kommst du denn nach London zurück?", wollte sie nun wissen.

„Wahrscheinlich erst im neuen Jahr, nach Silvester", lautete meine Antwort.

„Gut, dann melde dich einfach und wir treffen uns. Du solltest dir die Wohnung vorher anschauen, aber ich denke, sie wird dir gefallen und vor allem hast du ein schönes, großes Zimmer."

„Das hört ich doch toll an", sagte ich und überlegte gleichzeitig, ob ich Carrie wegen einem Job in dem Café, in welchem sie arbeitete, ansprechen sollte. Nach kurzer Überlegung tat ich das dann auch und hörte ihre euphorische Antwort.

„Bel, wir suchen immer Leute! Ich werde das meinem Boss sofort sagen, er wird begeistert sein, wenn du dort arbeiten willst, denn er mag dich echt gerne."

Mein Aufzug gestaltete sich viel einfacher, als befürchtet und somit konnte Niall mich nicht unter Druck setzen. Ich hatte ein Zimmer in einer WG ins Aussicht und einen Job, der es mir gestattete, in London zu bleiben, denn meine Eltern übernahmen die Studiengebühren. Besser hätte es eigentlich nicht laufen können.

Doch, es hätte besser laufen können, teilte mein Unterbewusstsein mir nun mit. Denn mit Niall zusammen zu sein, war eigentlich mein Ziel gewesen. Ein Ziel, das wir beide nicht erreicht hatten.

Wieso war alles schief gelaufen? Ich fand keine Antwort auf diese Frage, fühlte stattdessen diesen wahnsinnigen Schmerz in meiner Brust. Er ließ mich trauern und besonders schlimm war es am Heiligen Abend, als wir alle gemütlich beisammen saßen. Ich vermisste Nialls Nähe, seine Stimme, die liebevoll mir sprach, die zärtliche Berührung seiner Hände und den Duft seines After Shaves. Das alles hätte ich am ersten Weihnachtsfeiertag hören, sehen und riechen können, wenn diese andere Frau nicht gewesen wäre.

Ich würde nie verstehen, dass es Menschen gab, die sich in die Beziehung anderer Leute einmischten oder diese gar zerstörten. Es tat weh, diese Erfahrung machen zu müssen und die Zeit bis ins neue Jahr verging nur schleppend. Alle außer Niall hatten mir ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr gewünscht. Liam meldete sich sogar telefonisch bei mir aber er war wie immer sehr einfühlsam und nervte nicht mit Fragen, zu denen ich im Moment keine Stellung beziehen wollte. Stattdessen schlug er vor, dass wir uns in London treffen sollten, sobald ich wieder dort sein würde. Wenigstens blieb mir mein bester Freund erhalten!

Der Tag, an dem Nelia nach Irland flog, war besonders schlimm für mich. Inzwischen wussten meine Eltern sehr wohl, dass Niall und ich eine Auszeit nahmen, doch das machte die Sache nicht einfacher oder besser, denn sie konnten mir nicht wirklich helfen. Immer wenn meine Mutter versuchte, mit mir darüber zu reden, blockte ich einfach ab. Ich war schon immer so gewesen, dass ich meine Probleme eher in mich hineinfraß, als diese mit anderen zu teilen. Niall war der einzige Mensch, dem ich mich öffnen konnte aber das war in diesem Fall wohl schlecht möglich.

Der Tag, an dem ich nach London zurückkehrte, war der schlimmste überhaupt. Ich würde Niall bald gegenüber stehen, um ihm zu sagen, dass ich nun zu Carrie ziehen würde. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er es nicht gut auffassen würde, denn er mochte Carrie nach wie vor nicht besonders, wobei ich es ihm nicht verübeln konnte.

Immerhin trug sie die Schuld daran, dass einer seiner Fans im Krankenhaus gelandet war. Auch Kathy nahm sich die Sache zwischen Niall und mir sehr zu Herzen. Wir hatten uns regelmäßig geschrieben und so war sie auf dem neuesten Stand, was unseren Beziehungsstatus anging.

Seufzend klappte ich meinen Koffer zu, in welchem ich alles Wichtige verstaut hatte, bevor mein Vater mich zum Flughafen fuhr. Als wir uns voneinander verabschiedeten, gab er mir außer einer herzlichen Umarmung, einen Rat mit auf den Weg.

„Lass bei allen deinen Entscheidungen dein Herz sprechen, denn das wird dich nie betrügen."

„Danke Paps, ich werde versuchen, das zu berücksichtigen", antwortete ich.

Doch mein Herz konnte im Moment nicht sprechen, es war zu verletzt und irgendwie auch verängstigt. Als ich ins das Flugzeug stieg, das mich nach London brachte, wurde mir ganz komisch zumute. Die große Stadt war zu meiner Heimat geworden, dennoch fühlte es sich heute anders an, dorthin zurückzufliegen.

Merkwürdigerweise verging der Flug recht schnell, wahrscheinlich, weil meine Gedanken nicht still standen. Nachdem ich meinen großen Koffer vom Band geholt hatte, ging ich durch die Passkontrolle und anschließend nach draußen. Zu meinem großen Erstaunen wartete Basil auf mich, der mich wie immer sehr herzlich begrüßte.

„Hey, Bel, hattest du einen guten Flug?", fragte er und umarmte mich.

„Danke, ja. Wartest du schon lange?", erkundigte ich mich.

„Eigentlich erst seit fünf Minuten."

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ergriff Basil meinen Koffer und rollte diesen zum Parkplatz. Die Tatsache, dass er mit seinem eigenen Wagen gekommen war, ließ mich wissen, dass ich nicht mit Nialls Anwesenheit am Flughafen zu rechnen brauchte.

Eigentlich war das auch zu erwarten gewesen, denn wir hatten uns weder geschrieben, noch hatten wir miteinander telefoniert. Unsere Auszeit hatte begonnen, obwohl ich noch nicht einmal richtig ausgezogen war.

Während der Fahrt zu Nialls Apartment war ich sehr still und schaute nur zum Fenster hinaus, um die Menschen auf den Straßen zu beobachten. Basil, der wohl bemerkte, dass es mir nicht gut ging, nervte mich nicht, sondern ließ mich einfach in Ruhe, was ich ihm hoch anrechnete. Er wusste garantiert Bescheid, was Sache war.

Nach einer guten Stunde Fahrt erreichten wir schließlich das Haus, in dem sich Nialls Apartment befand. Basil lud meinen Koffer aus und rollte diesen bis zur Eingangstür. Da sich im Inneren des Hauses ein Aufzug befand, konnte ich den Rest des Weges alleine bewältigen. So bedankte ich mich liebenswürdig für seine Hilfe und schloss anschließend die Tür auf, um kurz darauf zum Aufzug zu marschieren.

Dieser stand glücklicherweise im Erdgeschoss, so dass ich nicht warten musste, denn meine innere Unruhe wurde von Minute zu Minute größer. Was würde passieren, wenn Niall und ich uns gleich gegenüber standen? Ich wusste nicht einmal, ob er überhaupt zuhause war. Vielleicht zog er es ja vor, mir gänzlich aus dem Weg zu gehen. Aber das würde ich gleich wissen, denn der Aufzug stoppte nun in der obersten Etage, wo ich aussteigen musste.

Den Koffer hinter mir herziehend, ging ich auf die Eingangstür zu seinem Apartment zu und kramte den Schlüssel hervor. Als ich diesen ins Schloss steckte überkam mich plötzlich ein Gefühl der Beklommenheit. Meine Wut hatte sich inzwischen in Traurigkeit verwandelt und es würde mir wehtun Niall zu sehen.

Trotzdem öffnete ich tapfer die Tür, um in einer dunklen Wohnung zu stehen. Er war also nicht zuhause, es war als ob ich es vorausgesehen hätte. Mit einem erleichterten Seufzen betrat ich nun das Schlafzimmer, um meinen Koffer dort abzustellen. Anschließend suchte ich die Küche auf, holte etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und setzte mich im Wohnzimmer auf das große Sofa. Wo steckte Niall bloß?

Er hatte mir nicht einmal eine Nachricht hinterlassen und schien sich mit der Situation bestens arrangiert zu haben. Diese Auszeit kam mir vor wie eine Eiszeit, so kalt wurde mir mit einem Mal. Die Kälte kam von innen heraus, aus meinem Herzen, denn in der Wohnung war es mollig war, so, wie ich es liebte. Aber mir behagte diese Stille nicht, genauso wenig wie die Einsamkeit. So schaltete ich den Fernseher an, um wenigstens eine Geräuschkulisse um mich zu haben. Ich konzentrierte mich jedoch nicht auf das Programm, sondern griff nach meinem Handy, um Carrie anzurufen. Der Plan lautete schließlich, dass ich mich bei ihr melden sollte, sobald ich in London eingetroffen war.

„Hey, Bel! Bist du schon im Lande?", lautete ihre Frage, nachdem sie das Gespräch entgegen genommen hatte.

„Ja, bin vor zehn Minuten im Apartment eingetroffen. Niall ist nicht da, wie können also ganz in Ruhe miteinander reden", erwiderte ich, während ich mich unter der flauschigen Decke verkroch, die auf dem Sofa lag.

„Fein. Also hör gut zu. Wenn du möchtest, kannst du gleich morgen bei uns in der WG einziehen. Das Zimmer ist ja frei und wir sind froh drum, wenn wir jemanden haben, der sich noch an der Miete beteiligt."

Dass die Mieten in London nicht gerade billig waren, war mir sehr wohl bekannt, somit verstand ich Carries Anliegen durchaus. Aber um mich an der Miete beteiligen zu können, brauchte ich zunächst einen Job. Als ich Carrie darauf ansprach, meinte sie nur: „Morgen ziehst du erstmal bei uns ein und übermorgen kümmern wir uns um deinen Job. Ich habe schon mit meinem Boss gesprochen. Er freut sich, dass du im Café arbeiten willst."

Alles schien so einfach zu sein, viel leichter, als ich es mir vorgestellt hatte. Das einzige, was sich mir aufdrängte war der Gedanke, wie es wohl anfühlen würde, ohne Niall zu leben.

Nachdem ich das Gespräch mit Carrie beendet hatte, suchte ich das Schlafzimmer auf, um meinen halbleeren Koffer zu packen. Aus Deutschland hatte ich nur das Nötigste mitgebracht, weil ich wusste, dass sich in London genügend Kleidung und Schuhe befanden. Carrie und ich hatten vereinbart, dass wir uns um elf Uhr vormittags an der U-Bahn Haltestelle Oxford Street treffen würden, um dann gemeinsam zur Wohnung zu fahren, die mein neues Heim sein würde.

Ich war gerade fertig mit packen, als ich ein Geräusch hörte, welches ich als das Öffnen der Eingangstür identifizieren konnte. Demnach musste Niall nach Hause gekommen sein. Ich vernahm Schritte, die den Flur entlang gingen und dann wurde die Schlafzimmertür aufgestoßen.

„Hi", war alles, was er herausbrachte, als er in Richtung Kleiderschrank lief, seinen Pulli über den Kopf streifte und seine Jeans auszog. Dann holte er eine Jogginghose aus dem Schrank, welche er überzog. Der Anblick seines gut trainierten Körpers ließ mich beinahe schwach werden und gleichzeitig kam das Gefühl der Eifersucht wieder in mir hoch.

Der Gedanke, dass eine andere ihn berühren und mit ihm schlafen würde, bewirkte, dass ich fast durchdrehte. Ich sollte besser nicht über solche Szenarien nachdenken, sonst konnte das böse enden. Gleichgültig erwiderte ich nun sein kurzes „Hi" mit einem „Hallo."

Dann herrschte wieder Stille im Zimmer. Ich wusste, dass er mich beim Packen beobachtete, doch ich tat so, als sei er überhaupt nicht anwesend. Erst als er mir eine Frage stellte, hob ich meinen Kopf.

„Es sieht so aus, als ob du bald ausziehst, oder?"

„Morgen", erwiderte ich ungerührt.

„Und wo ziehst du hin, wenn ich fragen darf?"

Eigentlich wollte ich ihm an den Kopf werfen, dass ihn das nichts anging aber in der letzten Sekunde änderte ich meine Entscheidung und sagte nur: „Zu Carrie in die WG."

Sein lautes Schnaufen war deutlich zu vernehmen. Ich wusste, dass ihm das gar nicht gefiel aber er konnte es nicht ändern. Ich würde meinen Weg gehen und wenn er zur Vernunft gekommen war und sich bei mir entschuldigte, würde ich vermutlich auch bereit sein, wieder zu ihm zurückzukehren. Aber bis dahin wollte ich einfach nur meine Ruhe haben.

Da er Carries Adresse nicht kannte und ich auch nicht die Absicht hatte, ihm diese mitzuteilen, bestand auch nicht die Gefahr, dass Niall irgendwann dort auftauchen würde. Ich kannte seinen überaus großen Beschützerinstinkt und wunderte mich im Moment, dass er nicht nach der Adresse fragte. Aber vermutlich war er genauso sauer auf mich, wie ich auf ihn und fragte deswegen nicht nach.

„Hast du schon was von Professor Smith gehört?", fragte er plötzlich.

„Nein, wieso?", lautete meine überraschte Antwort.

Warum interessierte er sich denn noch für mein Studium? Das konnte ihm doch völlig egal sein.

„Nur so", erwiderte er und verschwand Sekunden später aus dem Zimmer. So konnte ich ihn Ruhe die letzten Sachen einpacken. Ich hatte keine Ahnung, wie wir diesen Abend überstehen sollten und so entschloss ich mich dazu, zunächst eine Dusche zu nehmen und dann schlafen zu gehen.

Das Bett war noch immer unberührt, Niall musste auf der Couch genächtigt haben, was ich schon ein bisschen merkwürdig fand, da es seine Wohnung und sein Bett war. Eigentlich hatte ich erwartet, dass wir uns zanken und anschreien würden, stattdessen zog er sich zurück und ließ mich in Ruhe. Warum brüllte er mich nicht an? Hatten wir uns so wenig zu sagen, dass wir nicht einmal miteinander streiten konnten?

In dieser Nacht schlief ich sehr schlecht, weil ich öfters wach wurde. Dieses Apartment war schließlich mein zuhause gewesen, doch ab morgen würde ich ein neues haben.

Als der Wecker mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss, hatte Niall bereits das Apartment verlassen. Seine Klamotten lagen verstreut im Wohnzimmer, genauso wie die Decke und das Kissen. Über dem großen Sessel lag ein T-Shirt und seine Laufschuhe standen neben dem Sofa. Er war also nicht Joggen gegangen, sondern zog es vor, bei meinem Auszug nicht anwesend zu sein.

Schnell sprang ich unter die Dusche, zog mich anschließend an und föhnte meine Haare trocken. Ich war so aufgeregt, dass ich nichts essen konnte und das Frühstück ausfallen ließ. Bevor ich die Wohnung endgültig verließ, ließ ich meinen Blick noch einmal durch das Wohnzimmer schweifen, um mir alles genau einzuprägen.

Das schöne, sehr gemütliche Sofa, den großen Fachbildschirm an der Wand, die Regale mit den Auszeichnungen, die Niall mit One Direction erhalten hatte und die Wand, an welcher sich seine Gitarrensammlung befand. Ich wusste nicht, ob ich jemals wieder hierher zurückkehren würde und nahm auf diese Art und Weise Abschied. Dann legte ich den Schlüssel auf den Tisch im Wohnzimmer.

Somit würde er Niall gleich ins Auge fallen und er musste nicht befürchten, dass ich diesen aus Versehen mitgenommen hatte. Als ich die Wohnungstür hinter mir zuzog, atmete ich tief durch. Wir hatten uns nicht voneinander verabschiedet, es gab keine letzten Worte, nur die Gewissheit, dass ich nun alleine war.

Mit gesenktem Kopf lief ich zur nächsten U-Bahn Haltestelle, um in Richtung Oxford Street zu fahren. Als ich dort eintraf, war Carrie noch nicht aufgetaucht. Da mir durchaus bekannt war, dass Pünktlichkeit nicht zu ihren Stärken zählte, machte ich mir darüber auch keine Gedanken. Sie würde schon irgendwann auftauchen.

Um mir die Zeit zu vertreiben, warf ich einen Blick auf mein Handy und stellte zu meiner Überraschung fest, dass ich eine Textnachricht von Niall erhalten hatte. Als ich diese las, fuhren meine Gefühle Achterbahn.

„Wenn ich gewusst hätte, wie sehr es wehtut deine Hand loszulassen, hätte ich sie nie berührt."

Die Zeilen der SMS verschwammen vor meinen Augen und alles, was ich fühlte, war ein stechender Schmerz in meinem Herzen. War es wirklich richtig, was ich tat?
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Die beiden haben sich tatsächlich eine Auszeit genommen und Bel ist ausgezogen. Wie mag das wohl jetzt weitergehen? Ich hoffe, ihr seid gespannt auf das nächste Kapitel, das am Montag kommt.
LG, Ambi xxx

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