behind the screen

Bởi 07nia11

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Tessas Leben ist alles andere als ein Traum. Ihr Vater trinkt und schlägt sie und ihre Stiefmutter behandelt... Xem Thêm

Verlosung!
Behind the Screen wird veröffentlicht!
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50 ★☆
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Dankessagung
Zusatzkapiteeeeeeel
Zusatzkapitel (dieses Mal wirklich)
Veröffentlichungen und Co.

Zusatzkapitel 2

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Bởi 07nia11

Weitere zwei Wochen waren vergangen, doch das "Ich liebe dich" war mir noch immer nicht über die Lippen gekommen.
Dabei hatte es wirklich viele Situationen gegeben, in denen ich kurz davor gewesen war. Wirklich! Eigentlich jedes Mal wenn Dyan oberkörperfrei vor mir gestanden hatte.
Oh man ich wurde so schwach wenn es um seine Bauchmuskeln ging... aber noch viel schlimmer waren diese breiten Schultern und seine Arme... seufz.
Aber zugegebenermaßen, und auch damit man nicht denkt ich wäre völlig körperfixiert, am Todestag meiner Mutter war die Versuchung am größten gewesen.
Ich hatte am Abend zuvor kein Auge zu bekommen. Gefangen in meinen Erinnerungen hatte ich wach im Bett gelegen und es nicht gewagt mich zu bewegen, um Dyan ja nicht aufzuwecken. Tatsächlich hatte ich mich in dieser Nacht das erste Mal, seitdem ich bei den Lawyers eingezogen war, wieder einsam gefühlt. Aber ich denke mal diesen Effekt hatte der Todestag der Mutter nun mal auf einen.
Außerdem kannte ich das Gefühl noch zur Genüge aus dem zurückliegenden Höllenjahr.
Problematisch wurde es erst als die vielen kleinen und größere Schnitte auf meinem Körper zu brennen begannen, als hätte man sie wieder aufgerissen und mich in eine Wanne Desinfektionsmittel gesetzt. Das kam manchmal vor. Meistens wenn meine Gedanken zu all den Ereignissen zurückglitten. Als würde mein Körper auf die schmerzhaften Erinnerungen reagieren.
Für gewöhnlich versuchte ich mich in solchen Momenten abzulenken, aber schon mal versucht dich um drei Uhr nachts abzulenken, wenn du dich nicht mal bewegen durftest?
Schlicht und ergreifend unmöglich.
Deswegen waren die Schmerzen immer schlimmer geworden, während sich die Schatten im Raum zu meinen Albträumen zu manifestieren schienen. In der einen Ecke lauerte der Tag der Beerdigung meiner Mutter. Hinter dem Sofa Kathrins Einzug. Und unter dem Bett der Tag, an dem mich mein Vater das erste Mal schlug.
Mit jeder Sekunde die ich weiter still daliegen musste, gefangen als hätte Dad noch immer alle Gewalt über mich, hatte sich meine Kehle ein Stück weiter zugeschnürt, bis ich mich fühlte, als müsste ich ersticken.
Keine Ahnung wie lange ich es noch geschafft hatte, mich zu beherrschen, mich selbst zu knechten, aber irgendwann musste ich japsend nach Luft schnappen, sonst wäre ich an dem festen Knoten in meiner Brust gestorben.
Der Laut hatte Dyan dazu veranlasst sich im Halbschlaf sofort grummelnd zu mir zu drehen. "Tess?"
Seine warmen Finger, die nach meiner Hand tasteten, fühlten sich auf meiner kalten empfindlichen Haut wie Schürhaken an, sodass ich nicht verhindern konnte, zusammenzuzucken.
In der Hoffnung ihn von meiner Reaktion auf seine Berührung abzulenken, drehte ich mich unter Schmerzen zu ihm auf die Seite und versuchte mit einer möglichst beruhigenden Stimme zu sprechen: "Alles Gut, Schatz. Versuch weiter zu schlafen."
Ich war mir absolut sicher, wäre er nicht noch halb im Schlaf gefangen, hätten bei ihm die Alarmglocken sofort geschrillt. Doch so beobachtete ich mit wild klopfendem Herzen, wie er ein weiteres Grummeln ausstieß und den Kopf tiefer im Kissen vergrub. Allerdings schloss sich gleichzeitig seine Hand auch fester um meine... und das brachte mich schließlich dazu noch einen weiteren verräterischen Laut auszustoßen. Denn... es fühlte sich so fremd an. Als würde mir diese Nacht all das Glück der letzten Wochen stehlen, mich an das Häufchen Elend erinneren, dass ich eigentlich war.
Und obwohl Dyan keine fünf Zentimeter von mir entfernt lag, fühlte es sich so an, als würden uns wieder Welten trennen.
Ich schaffte es nicht das Schluchzen zu ersticken, bevor es mir über die Lippen schlüpfte.
Und ich spürte gerade zu wie dieser kleine Laut einen Schalter in Dyan umlegte.
Mit einem Mal lag ich nicht mehr neben einem völlig verschlafenem Kerl, sondern neben dem muskelbepacktem großen Bruder, der für seine Schwester und nun auch für mich alles tun würde, um unseren Schutz zu gewehrleisten.
"Tessa?" Es lag nicht nur daran, dass er nicht mehr meinen Spitznamen benutzte, dass dieses Mal seine Stimme den ganzen Raum mit ernster Besorgnis erfüllte. Eher daran, wie ein leichtes Zittern den Namen begleitete. Als würde auch er spüren, wie weit entfernt wir von einander waren... und als würde er das schon so lange fürchten.
Es zeriss mir fast das Herz und dieses Mal unterdrückte ich mein hicksendes Schluchzen auch nicht mehr. Auch, da ich einfach nicht mehr die Kraft dazu hatte.
Zusammen mit den Tränen erfasste meinen Körper  ein so heftiges Zittern, dass ich mich zusammenrollen musste, um nicht auseinander zu fallen. Bestimmt hätten auch Dyans Arme geholfen, die er um mich schlang. Aber er war so heiß, als würde ich zu nah an einem Feuer sitzen. Und der einzige Weg nicht zu verbrennen, war mich schlagend und tretend von ihm zu lösen, auch wenn ich wusste wie tief ich ihn damit verletzte. Aber dieser Drang nach allem um mich herum zu schnappen, verklang erst, als ich verheddert in meiner Decke als Häufchen Elend auf dem Boden lag.
Den Blick hatte ich dabei fest auf die Tür gerichtet, zu feige, um Dyans Augen zu begegnen.
Ich könnte euch sagen, wie oft in der darauffolgenden Stille mich ein krampfhaftes Zucken durchfuhr, allerdings nicht, wie viel Zeit verging.
Irgendwann jedenfalls nahm ich aus dem Augenwinkel wahr, wie Dyan begann sich zu bewegen. Allerdings war ich nicht mehr in der Lage dazu, ihm zu sagen, er solle sich wieder schlafen legen, dass alles Gut sei. Mal ganz davon abgesehen, dass es wohl auch alles andere als glaubwürdig gewesen wäre.
Doch allein der Gedanke, er könne sich gleich zu mir herunterbeugen, versuchen mich zu trösten, ließ mich mich noch enger zusammenkugeln. Alles in mir hatte sich in diesem Moment gegen Kontakt mit anderen Personen gesträubt.
Allerdings ging meine Befürchtung auch nicht in Erfüllung, stattdessen stieg er mit einem großen Schritt über mich... Und verschwand aus dem Zimmer. Das Geräusch mit dem die Tür hinter ihm Zuschlag war nicht laut, aber es reichte um meine Seele zu zersplittern.
Die Welt löste sich in einen Schleier von Tränen auf und innerhalb von einer Sekunde drohte ich an dem Schluchzen zu ersticken, dass völlig stumm über meine Lippen kam. Verloren. Ich war vollkommen verloren. In der Dunkelheit dieses Zimmers, in der Dunkelheit meiner Vergangenheit. Was hat mich glauben lassen, dass ich eine Beziehung führen könnte? Wer würde schon gerne seine Zeit damit verschwenden, ein Frag zu bergen, das nichts mehr wert war?
Mein ganzer Körper schmerzte, erinnerte an all die Male, in denen er zerbrochen wurde, zerschmettert, aufgeschlitzt und ausgehöhlt. Doch am schlimmsten war meine Brust, denn sie war leer. Wie ein schwarzes Loch, dass mich langsam von innen heraus auflöste. Wie ein Embryo rollte ich mich zusammen, den Rücken zur Tür und so eng an das Bett gepresst wie möglich. Meine Stirn lag an dem kühlen Material des Gestells und der Eindruck half, um zumindest den Druck in meinem Kopf etwas zu senken, soweit, dass ich zumindest mitbekam, wie sich mir Schritte nährten.
Aber ich rührte mich nicht. Spannte mich noch nicht einmal mehr an, denn es gab in diesem Moment eh nichts mehr, dass man mir noch wegnehmen, mir noch antun konnte.
Ich fühlte mich wie ein unbeteiligter Zuschauer, als Hände mich anpackten, an mir zogen und mich aus meiner zusammengerollten Haltung entwirrten. Aber ich verstand nicht den Sinn dahinter, vielleicht weil ich es auch gar nicht versuchte. Ich lag einfach nur da, wie eine leere Hülle und ließ mit mir geschehen, was auch immer hier gerade geschah. Es ist schon komisch. Fühlte sich so Tod sein an, wenn alles mit einem Mal unbedeutend wurde? Zumindest kam es mir wie das Gegenteil von Leben vor, denn selbst der Schmerz verschwand, wurde von dem schwarzen Loch in mir eingesogen. Und Schmerz war immerhin das, was mein Leben die letzten Jahre definiert hatte. Da war nur eine kleine leise Stimme in meinem Hinterkopf...

Erinnere dich an die letzten Wochen, an die Liebe, die dein Leben erfüllt hat! Du bist nicht tot...

Aber zum ersten Mal war diese Stimme so leise, so unbedeutend, dass ihre Worte kaum bis zu mir durchdrangen. Also ließ ich alles um mich herum weiter geschehen. Ließ mich in eine Decke einpacken und aus dem Raum tragen. Ein Teil von mir wusste, dass ich die Arme kannte, die mich hoben. Dass sie mir in den letzten Wochen so vertraut geworden waren, dass ich Dyan an der Art wie er mich hielt erkannte. Aber der weit größere Teil von mir erinnerte sich an den Moment als er den Raum verließ und wusste keinen Grund weshalb er zurückgekommen sein sollte.
Wir ließen die Haustür hinter uns. Vielleicht sollte ich mich fragen, wohin er mich brachte, aber eigentlich war es auch nicht wichtig. Die Nacht hüllte mich in vertraute Dunkelheit. Ich wurde in einen Wagen gesetzt, Dyan machte sich sogar die Mühe mich anzuschnallen. Ich hätte ihm gerne mitgeteilt, dass das nicht nötig war. Ich war bereits kaputt. Aber sprechen wäre zu mühsam, das war es mir nicht wert. Also lehnte ich mich einfach nur an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen. Ich reagierte nicht darauf, wie Dyan den Motor anmachte und losfuhr.
Der Todestag meiner Mutter. Wenn ich noch ein Gefühl in meinem Körper hätte, würde sich jetzt meine Kehle zuschnüren. Es ist inzwischen so lange her, dass ich sie wirklich gesehen hatte... Würde sich das ändern, wenn ich auch starb? Gab es den Himmel?
Ich hoffte es, denn es war der einzige Ort, an dem ich mir meine Mutter vorstellen konnte.
Ich hatte kein Zeitgefühl. Es könnten Stunden oder Minuten vergangen sein, bis Dyan stehen blieb und den Motor wieder ausschielt. Ich wusste auch nicht wo wir waren. Die ganze Fahrt über hatte ich kein einziges Mal die Augen geöffnet und auch als Dyan mich nun wieder aus dem Auto hob, tat ich es nicht.
Ich fühlte mich komisch steif und kalt. Ein starker Kontrast zu Dyans warme Brust, an der ich lehnte und die mir so vertraut war, dass mein Körper auch ohne mein bewusstes Zutun sich an sie kuschelte. Eigentlich war mir nicht einmal klar, dass ich mich bewegt hatte, bis Dyans Stimme erklang. Unsicher... Beängstigt?
"Tessa? Baby? Alles wird gut ich bin bei dir... Gleich sind wir da..."
Vielleicht hatte er sich eine Reaktion erhofft, aber selbst wenn ich gewollt hätte, hätte mir in diesem Moment die Kontrolle über meinen Körper gefehlt, um ihn zu Antworten. Alles was ich konnte war weiter mich von ihm tragen lassen und lauschen. Da war ein Quietschen, wie von einem alten Tor und das Knirschen von Kies. Dann blieb Dyan stehen und setzte mich ab, auf einen kalten feuchten Grund, denn ich trotz der Decke um mich spüren konnte. Als Dyans Wärme mich von neuem verließ, schien ein Teil meiner Seele wieder in meinem Körper zurückzukommen, denn ich wollte nicht daß er ging. Ein kleines Wimmern entwich meinen Lippen und wie automatisch öffneten sich meine Lider, nur um in tiefe Dunkelheit zu starten. Allein, allein, allein...
Ich konnte die Sterne über mir sehen, doch meine Augen waren zu wenig an das fehlende Licht gewöhnt, um zu erkennen wo ich war, aber mit jeder Sekunde breitete sich von neuem Schmerz in mir aus. Strahlte von meiner Brust durch meinen ganzen Körper und erinnerte mich, dass ich noch immer auf dieser verfluchten Welt war. Alleine, anstatt endlich zu meiner Mutter zu kommen.
Ein Klicken ließ meine Augen zu einem Fleck huschen, wo ich mit einem Mal, erhellt durch eine kleine Flamme eine breite Gestalt erkennen konnte. Aber mein Gehirn arbeitete zu langsam, um sofort zu erkennen, was das Licht mir sonst noch enthüllte. Erst als ein Licht nach dem anderen, eine Kerze nach der anderen, flackernd entzündet wurde und meine Umgebung in ihren warmen Schein hüllte, verstand ich wo ich war.
Ich wurde zurück in meinen Körper geschleudert, all die Gefühle brachen wieder über mir ein und ich konnte ein lautes Nachluftschnappen nicht verkneifen. Der Laut veranlasste Dyan, sich mir wieder zu zudrehen und eingehüllt in das Licht der Kerzen auf mich zu zukommen. Die Kerzen, die das gesamte Grab meiner Mutter einhüllten. Der Anblick war... War...
Sprachlos ließ ich meinen Blick über die Szene gleiten, über die Vielfalt an Blumensträußen und -kränzen, die hier seit der Beerdigung nicht mehr in dieser Vielzahl gelegen hatten. Und an jeden Strauß war eine Karte angelehnt.
"Danke, dass du dieses unglaubliche Mädchen in die Welt gesetzt hast ~ Dan"
"Wir werden Tessa nun für dich umarmen, lieben und schützen und ihr jeden Tag zeigen, dass sie eine Familie hat ~ Ciara"
"Es erfüllt mein Herz zu sehen, dass unsere Freundschaft in unseren Kindern weiter lebt ~ Muriel"
Und... Und... Und. Es mussten ein Dutzend Karten sein, aber mehr konnte ich nicht lesen, weil Tränen meine Sicht verschleierten. Ich konnte Dyan nur noch als Schemen wahrnehmen, als er sich vor mich kniete und zärtlich mein Gesicht in die Hände nahm. "Ich wollte dir das hier eigentlich erst morgen früh zeigen, aber dich so zu sehen... Tessa, du hast so viel verloren. Und diese Frau, deine Mutter, die bei Gott ich so gerne kennen gelernt hätte, nur um zu verstehen, wie ein so bezauberndes Wesen wie du zustande kommen kann, musste viel zu früh diese Welt verlassen. Ich kann sie dir nicht zurückbringen, aber ich kann dir versprechen, dass du nie wieder alleine bist." Ich spürte seine weichen Lippen, als er mir einen Kuss auf die Stirn drückte und obwohl meine Glieder noch immer taub waren schlang ich meine Arme um Dyan, in stummer Dankbarkeit. Dafür dass er mein Leben mit mehr als Schmerz füllte.
Wir verharrten eine Ewigkeit in dieser Umarmung. Mein Blick über seine Schulter gerichtet, betrachtete ich all die Liebe die mich und meine Mutter in diesem Moment umgab, wie der Schein der Kerzen. Und ich spürte, wie mir eine Last vom Herzen fiel. Denn ich trauerte nicht mehr allein um sie.
Irgendwann löste sich Dyan dann von mir, nur um eine Decke auf dem Boden auszubreiten, sich darauf zu setzen und mich dann zwischen seine Beine zu ziehen. Er drückte mir wortlos etwas in die Hand und so saßen wir schweigend in stiller Totenwache beim Grab meiner Mutter, während ich nicht mehr den Blick von dem Bild in meinen Fingern lösen konnte. Ein Bild, dass Muriel zeigte. In einer jüngeren Version mit strahlendem Lächeln und einen Arm um meine Mutter geschlungen, die genauso fröhlich in die Kamera grinste.
Den Todestag selbst gestaltete meine Familie genauso wunderschön, sodass der sonst so  unerträgliche Schmerz sich in ein bittersüßes Ziehen verwandelte.Wir aßen den Kirschkuchen, denn ich traditionell jedes Jahr an diesem Tag backte und feierten das Leben. Aber es war dieser Moment auf den Friedhof mit Dyan, der dir Dunkelheit in mir erhellte, als hätte er auch dort eine Kerze angezündet. Und auch wenn die drei Worte, das "Ich liebe dich" sich in meine Seele gebrannt hatten, war die Nacht nicht richtig dafür gewesen, denn sie hatte meiner Mutter gegolten.
Aber seitdem habe ich meine veralteten Ansichten über Bord geworfen. Dyan musste mir nicht als erstes sagen, dass er mich liebte. Er zeigte es mir jeden Tag und es war an der Zeit, dass ich ihm etwas davon zurückgab. Also hatte ich mir dieses Mal etwas besonderes überlegt. Es war gar nicht so einfach gewesen, alles zu organisieren, ohne dass er etwas davon mitbekam, aber mit Hilfe von Marco, Cole, Ben und Dan war es mir nun endlich gelungen, alles in Dyans Zimmer vorzubereiten.
Jetzt musste er nur noch kommen. Nervös auf der Lippe kauend saß ich auf der Kante des Bettes und hatte wie so oft in letzter Zeit das gerahmte Bild von Muriel und Mom in der Hand. Es hatte seinen Platz auf Dyans Nachtisch erhalten, sodass ich jeden Abend vor dem Einschlafen auf die Gesichter der beiden blicken konnte, um mir zu verdeutlichen weshalb wir lebten. Für was wir lebten. Und wie viel Herzlichkeit diese Welt bag, neben all den Schatten die ich kannte.
"Ciara, was soll der scheiß? Ich weiß wo mein Zimmer ist!"
Dyans miesgelauntes Grummeln ließ mich aufspringen und das Bild zurückstellen, bevor ich mich auf Position begab. Die Geschwister mussten schon fast an der Tür angekommen sein, denn ich konnte Ciara genau verstehen, als sie ihren Bruder anmaulte: "Mann, jetzt spiel doch einfach mit! Da versucht deine Freundin dir eine Überraschung zu machen und du verhältst dich wie ein Esel!"
"Was...?" Doch bevor Dyan nachhaken konnte, wurde die Tür geöffnet und er in sein Zimmer hineingeschubst, nur damit Ciara hinter ihm wieder die Tür zuschlagen konnte. Dyan stand wie perplex da und ließ verwirrt den Blick schweifen, bis er sich an der einen Sache festsaugte, die heute ungewöhnlich war.
"Hey."
Mein Herz klopfte wie wild, als ich auf ihn zutrat und meine Hand in seine schob, denn um ehrlich zu sein hatte ich noch nie eine große Geste geplant. Und im Moment war ich mir auch gar nicht so sicher, ob das hier überhaupt das richtige war. Aber ich würde es durchziehen, denn verdammt er musste es endlich wissen.
"Tessa, weshalb steht eine Waage in meinem Zimmer?"
Ich folgte seinem Blick und schaute auf das antike Ding, mit seinen zwei Waagschalen und dem angelaufenen Messing. "Weil ich dir etwas sagen will."
"Und wieso dann die Waage?"
Mit meinen flattrigen Nerven nicht zu seiner Miesepetrigkeit aufgelegt, schlug ich ihm gegen dem Arm und pflichtete Ciara bei. "Mein Gott schau es dir doch erst Mal an!"
"Okay, okay, nicht gleich aggressiv werden!" Dyan warf mir ein Zwinkern zu, was mich nur schnaubend den Kopf schütteln ließ. Dieser Kerl war unmöglich.
Da er nicht meine Hand losließ, folgte ich ihm, als er auf die Waage zuging, die ich auf den Couchtisch gestellt hatte. Sie war im Ungleichgewicht, durch Zettel, die aus der rechten Schale schon fast herausquollen, während die linke Schale nicht einmal bis zur Hälfte damit gefüllt war.
Dyan streckte seine freie Hand aus und strich behutsam über das Metall.
"Was hat das zu bedeuten?"
"Nun ja, ich weiß, dass du dich fertig machst, wegen dem Verhalten deines Vaters." Ich wusste dass der Satz sofort dafür sorgen würde, dass sich Dyan verspannte, doch das nahm ich in Kauf. Denn ich musste am eigenen Leib erfahren, dass man manchen Dämonen die Stirn bieten musste, um sie zu überwinden.
"Ich weiß ,dass du dich manchmal sorgst, zu was es dich macht sein Sohn zu sein. Aber du darfst dich nicht nur als sein Blut sehen. Du bist ein eigenständiger Mensch und das soll dir diese Waage verdeutlichen."
Ich tippte leicht die linke Waagschale an. "Das hier sind all die schlimmen Sachen, an die ich mich aus den letzten Jahren erinnern kann, die du getan hast. Und das..." Jetzt deutete ich auf die volle rechte Schale, "all die guten Dinge."
Ich zog einen der Zettel aus der rechten Schale und hielt sie ihm hin. Dyan starrte ihn einen Moment fast verängstigt an, als könnten die Worte darauf ihn angreifen, aber schlussendlich nahm er ihn mir doch ab und ließ meine Hand los, um ihn zu entfalten.
"Kein Mensch ist perfekt. Wir alle haben auch schlechte Seiten an uns, aber du musst immer das Ganze betrachten. Und bei dir überwiegt das Gute bei weitem das Schlechte."
Mehr sagte ich nicht mehr. Stattdessen trat ich einen Schritt zurück und ließ Dyan Zeit. Zunächst starrte er den ersten Zettel eine Ewigkeit lang an, bevor er ihn gerade zu mit Ehrfurcht auf den Tisch legte und sich dieses Mal einen Zettel aus der linken Schale nahm. Auch was darauf stand betrachtete er lange, doch dann nahm er sich einen Zettel nach dem anderen, entfaltete sie und legte sie voller Vorsicht ab, selbst die mit seinen schlimmen Eigenschaften, als wäre alles ein Schatz. Und genau so hatte ich es mir auch gewünscht. Denn das Zusammenspiel all dieser Zettel ergab ihn. Und das war imperfekt perfekt.
Ich hätte ihn Ewigkeiten dabei beobachten können, doch als er gerade Mal bei der Hälfte angekommen war, hielt er plötzlich inne.
"Und was ist das?" Mein Puls verdoppelte sich, als er das kleine rote Band löste mit dem ein Zettel gesondert in der Mitte am Gestell der Waage hing. "Das ist, was ich dir sagen wollte..." Ich war mir nicht sicher, wie ich mich verhalten sollte. Immerhin hatte ich zuvor noch nie jemanden meine liebe gestanden und auch wenn auf dem Zettel alles stand, kam ich mir doch seltsam vor, einfach stumm neben ihm zu stehen. Deshalb platzte ich, sobald er den Zettel entrollt hatte, einfach damit heraus.
"Ich liebe dich!"
Danach starrte ich Dyan wie ein verschrecktes Reh an. Mein Herz hatte ausgesetzt und es schien mir so, als wäre es von seiner Reaktion abhängig, ob es je wieder anfing zu schlagen. Er hob den Blick, die Lippen zu einem belustigten schiefen Grinsen verzogen und sagte... Nichts.
"U...und? Hast du dazu nichts zu sagen?"
Ich war vielleicht kein Experte was Beziehungen und Liebe anging, aber ich war mir trotzdem relativ sicher, dass das der Punkt war, an dem auch Dyan mir seine unendliche Liebe gestehen musste. Aber alles was er tat war langsam anzufangen den Kopf zu schüttlen. Wie... Nein?
"Du Dummi."
Okay, mein Herz würde nicht mehr anfangen zu schlagen. Dummi, das war alles was er zu mir zu sagen hatte?
Mein Kopf musste feuerrot angelaufen sein, aber ich gab mir nicht die Blamage,ihn sehen zu lassen wie sehr er mich damit verunsichert hatte.
"Oh danke." Mein Stimme klang trocken, kein Hauch von der Verzweiflung, die eigentlich in mir aufgeflammt war. Waren wir jetzt trotzdem... Noch zusammen? Oder bedeutete, dass er mir nicht sagen konnte, dass er mich liebt auch, dass er auch nicht länger in einer Beziehung mit mir sein wollte? Ich ballte die Hände zu Fäuste und zwang mich unbeteiligt den Blick durch den Raum schweifen zu lassen.
"Ja, du Dummi. Schon seit Wochen mühst du dich mit diesen Worten ab, dabei habe ich dir meine Liebe ungefähr jede Nacht seit dem du hier bist gestanden."
Überrascht schoss mein Blick zu ihm zurück. "Was? Aber du hast nie zu mir gesagt..."
"Doch habe ich." Dyan schloss mit einem Schritt die Lücke zwischen uns und legte seine Hände sanft um mein Gesicht. "Zugegebenermaßen könnte es sein, dass du jedes Mal dabei geschlafen hast." Ein verschmitztes Lächeln brachte seine Augen zum Funkeln, während mir die Kinnlade runterfiel. Was soll das denn jetzt heißen? Er hatte also meinem schlafenden Ich gesagt, dass er mich liebt, aber die Worte noch nie hervorgebracht, während ich sie vielleicht auch Mal bewusst wahrgenommen hätte?
"Aber, das zählt doch nicht! Wie soll ich das denn wissen, wenn du ..."
Ein kurzer Kuss lies mich verstummen und mich ihn nur weiter vorwurfsvoll anstarren.
"Liebe definiert sich nicht über Worte. Ich zeige dir viel lieber was ich für dich empfinde, als dass ich dich auf eine Ebene mit Pizza und all den anderen Dingen bringe, über die ich sage, dass ich sie liebe. Denn selbst alle Pizza dieser Welt könnte dich nicht ersetzen."
Ich war für einen Moment hin und her gerissen, sauer zu sein weil er Essen mit in dieses Gespräch einbrachte oder tief gerührt von seinen Worten zu sein. Aber die Entscheidung war eigentlich ganz leicht, sobald sein Blick meinen festhielt.
"Okay", ich legte meine Hände über seine und musterte sein Gesicht, prägte mir den Bogen seiner Augenbrauen, den Schwung seiner Lippen und die Kanten seines Kiefers ein. "Dann lass es mich so ausdrücken: Ich...", ich stellte mich auf Zehenspitzen und schloss die letzten Zentimeter zwischen unseren Lippen, um ihn mit all den Gefühlen zu küssen, die ich für ihn empfand. Dann löste ich mich wieder von ihm und grinste ihn neckisch an, während ich den Satz zuende führte: "...dich."
Auch Dyan fing an zu grinsen und ich konnte nicht anders als über sein bezauberndes Lächeln zu streicheln. "Gut, denn ich...", Zärtlich küsste er meine Fingerspitzen, die noch immer auf seinen Lippen ruhten, "...dich auch."
Und weil diese kleine Geste ihm anscheinend noch nicht gereicht hatte, nahm er meine Hand beiseite, um mich in einen Kuss zu vertiefen, der mehr als tausend Worte sagte.

Ja,ich bin von den Toten wieder auferstanden ;)

Ich befürchte dieses Kapitel bin ich euch viel zu lange schuldig geblieben ❤️

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