Wie Sand und Meer

By _StellaLuna_

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Marea, das Mädchen, dass nach dem Meer benannt wurde, das Mädchen, dass im Wasser mehr zu Hause ist als an La... More

Prolog
1. Kapitel - Was machst du hier?
2. Kapitel - Nichts von Bedeutung
3. Kapitel - Wo liegt das Problem?
5. Kapitel - Ja? Nein?
6. Kapitel - Alles ist los.
7. Kapitel - Die Revanche
8. Kapitel - In Ruhe?
9. Kapitel - Magnet
10. Kapitel - Na wie war's?
11. Kapitel - Was läuft denn?
12. Kapitel - High Society Scheiße
13. Kapitel - Top fit
14. Kapitel - Marea wie Meer
15. Kapitel - Die größten Idioten der Welt und meine besten Freunde
16. Kapitel - Belogen
17. Kapitel - Ich will hier weg!
18. Kapitel - Schicksal
19. Kapitel - Das Verhör
20. Kapitel - Schuld
21. Kapitel - Nicht normal
22. Kapitel - Pause
23. Kapitel - Lass los
24. Kapitel - Du hast was?
25. Kapitel - Kein Sinn
26. Kapitel - Ich kann nichts anderes.
27. Kapitel - Meine kleine Meerjungfrau
28. Kapitel - Ich vermisse ihn!
29. Kapitel - Hey May!
30. Kapitel - Praktikantenehre
31. Kapitel - Planänderung
32. Kapitel - Es war meine Schuld
33. Kapitel - Er ist zurück
34. Kapitel - Alleine
35. Kapitel - Ein Titel ist nicht alles
36. Kapitel - Bitte!
37. Kapitel - Versprochen?
38. Kapitel - Was jetzt?
39. Kapitel - Zuhause
40. Kapitel - Entscheidung
41. Kapitel - Wie geht's dir?
42. Kapitel - Das Märchen der kleinen Meerjungfrau
Epilog
Danke!
Neues Projekt

4. Kapitel - Ich habe ein Ziel

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By _StellaLuna_

Der kalte Regen prasselt erbarmungslos auf mich nieder. Typisch Londoner Wetter. Es ist schon hell, aber nur wenige Menschen sind auf der Straße. Durchgefroren komme ich endlich im Hallenbad an. Ungeduldig klingle ich am Hintereingang, der heute verschlossen ist, und Thomas macht mir auf.

„Guten Morgen!", wünscht er mir überschwänglich.

„Morgen", gebe ich lächelnd zurück. Thomas ist wirklich ein Morgenmensch, von denen es nur sehr wenige gibt. Ich kenne zumindest niemand außer ihm, der morgens schon so wach ist, gut ich kenne auch nicht besonders viele Menschen in London. Wie man so früh schon so gut gelaunt sein kann bleibt mir ein Rätsel.

Ich ziehe mich schnell um und gehe, ich verabscheue das Wort „rollen" einfach nur, in die Halle. Langsam lasse ich mich ins Wasser gleiten und beginne mich aufzuwärmen. Nach 10 Bahnen schaue ich kurz auf und sehe gerade noch wie Thomas meinen Rollstuhl in die Abstellkammer schiebt. Er weiß wie sehr ich es hasse immer dieses Ding zu sehen.

„Ich bin dann mal weg.", ruft er mir schnell zu und verschwindet dann auch. Manchmal, so wie jetzt, kommt mir der Gedanke, dass er vielleicht nur so früh hier ist um für mich die Halle aufzusperren. Warum er das machte weiß ich nicht, er ist einfach ein guter Mensch. Wahrscheinlich hat Katie ihn auch darum gebeten. Aber egal warum er das macht, ich bin ihm unendlich dankbar und ich traue mich auch nicht ihm zu fragen, diese Stunden sind mir zu heilig, als dass ich sie aufgeben könnte.

Zielstrebig ziehe ich meine Bahnen. Es ist jetzt schon über zwei Wochen her seit ich im Krankenhaus war. Mir geht es gut. Ja okay es ging mir schon mal besser. Ehrlich gesagt ich bin fertig, am Ende. Ich trainier Tag täglich zwei bis drei Stunden zudem kommen noch Kraftübungen die ich zu Hause mache. Ich will wieder gut werden, schneller werden. Ich will wieder Leistung bringen. Aber es geht nicht und das frustriert mich.

Fast schon wütend fahren meine Hände ins Wasser. Meine Lungen brennen, meine Arme schmerzen aber ich ignoriere die Signale meines Körpers. Nach weiteren 15 Bahnen halte ich endlich am Ende der Bahn an und erlaube meinem Körper eine Pause und meinen Lungen tief Luft zu hohlen.

„Du bist wirklich Ehrgeizig oder?", erschrocken fährt mein Kopf zu der Stimme um. Am Rande des Beckens steht ER. Was macht er nur wieder hier? In den letzten Wochen hat er sich doch auch nicht blicken lassen. Warum jetzt wieder?! Ich dachte ich wäre ihn los. Da bin ich wohl falsch gelegen. Obwohl ich es eigentlich nicht bestreiten kann dass ich mich ein kleines Bisschen freue, dass er hier ist, aber auch nur ein kleines Bisschen. Wirklich!

Kyle taucht ins Wasser ein und kommt auf die Bahn neben mir.

„Also warum tust du dir das an?", fragt er mich gerade heraus. Ich zucke mit den Schultern und antworte einfach, etwas außer Atem: „Ich hab ein Ziel und dieses Ziel will ich erreichen also trainiere ich."

„Und was ist dein Ziel?" Genervt verdrehe ich meine Augen.

„Besser zu werden. Und deines?", geben ich die Frage zurück.

„Ich hab kein Ziel.", antwortet er schlicht und zuckt mit seinen Schultern

„Warum stehst du dann so früh auf und kommst in die Halle um zu schwimmen?", ich kann mir die Frage einfach nicht verkneifen.

Denn ich will es wirklich wissen, den Grund warum er hier ist.

„Reha. Ich hab mir vor einem dreiviertel Jahr das Schienbein gebrochen und mein Arzt hat mir Schwimmen als schonendes Training verordnet.", antwortet er simpel und zuckt mit seinen Schultern.

Ist das sein Ernst?! Ich sehe schon dass er zur nächsten Frage ansetzten will, aber bevor er das schafft schwimme ich los. Wenigstes lässt er mich so in Ruhe. Ein simpler Bruch ist also Schuld, dass er mir so auf die Nerven geht. Für mich ist das hier alles was ich hab und er mach das so nebenbei um seine Muskulatur schonend wieder aufzubauen. Er weiß gar nicht was er hat. Was würde ich dafür geben wenn ich einfach nur meine Muskulatur aufbauen müsste, bei mir gibt es da nichts mehr aufzubauen.

Ohne aufzuschauen drehe ich am Ende der Bahn um und schwimme zurück. Ich merke wie er neben mir schwimmt. Eins, zwei, drei Luftholen. Eins, zwei, drei Luftholen. Eins, zwei, drei Luftholen. Ich konzentriere mich nur auf diesen einen Bewegungsablauf und versuche meinen Atem so ruhig wie möglich zu halten. So schwimme ich Bahn für Bahn. Monoton, gleich. Ich verliere jegliches Zeitgefühl.

Nach weiteren 24 Bahnen, ich glaube zumindest dass es 24 sind, schiele ich zu der Bahn neben mir. Er hat bis jetzt noch kein einziges Mal angehalten was beachtlich ist. Wir liefern uns ein stummes Rennen. Keiner will vor dem anderen aufgeben. Keiner will schwächer als der andere sein. Konzentriert schwimme ich weiter. Bald wird mir aber bewusst dass ich am Ende bin. Meine Arme brennen, meine Lungen stechen mit jedem Luftholen und mein Rücken bringt mich um. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich kann nicht aufgeben.

Stur mache ich weiter und ignoriere die Warnsignale meines Körpers. Langsam aber sicher komme ich an meine äußerste Grenze. Aber ich mach weiter. Immer weiter. Ich habe das Gefühl das meine Lungen platzen, aber ich ignoriere es. Meine Augen flimmern unter der Schwimmbrille, aber ich schwimme noch eine Bahn und noch eine und noch eine. Plötzlich knickt mein Arm einfach weg. Ich will ihn wieder aus dem Wasser heben aber die Kraft fehlt. Alles dreht sich. Ich greife nach dem erstbesten was ich zu fassen bekommen und halte mich an der Leine fest. Mein Atem geht stoßweise. Ich krieg keine Luft mehr. Die Welt dreht sich und ich kann sie nicht anhalten. Ich bin machtlos. Ich ersticke. Es fühlt sich so an als hätte ich Watte in den Ohren aber ich kann hören, oder glaube zumindest dass ich höre: „Alles okay?"

Ich will antworten aber meine Zunge fühlt sich so schwer an und das Einzige was ich herausbekomme bevor plötzlich alles schwarz wird ist: „Schwindelig." Es gibt doch kein schöneres letztes Wort als „Schwindelig", kommt mir noch der verbitterte Gedanken bevor sich mein Körper einfach ausschaltet ohne dass ich die Kontrolle darüber habe. Er geht einfach von On auf Off.

Langsam schaltet sich mein Gehirn wieder ein, ich schwebe. Oder viel mehr zieht mich jemand oder etwas. Und dann spüre ich wie ich aus dem Wasser gezogen werde. Was mache ich im Wasser und warum zieht mich jemand? Meine Augen flackern zunächst nur und bevor ich scharf sehen kann beginne ich zu würgen und zu husten. Wasser kommt aus meinem Mund und ich spüre wie mich jemand stütz. Immer mehr würge ich und huste das Wasser aus meinen Lungen bis ich mich endlich beruhige. Mein Blick richtet sich nach Oben und da sehe ich diese grün-grauen Augen.

„Hey.", sagt Kyle und ich kann die Erschöpfung aus seiner Stimme herhören.

„Hey.", antworte ich matt und versucht zu lächeln, was in einer kläglichen Grimasse endet.

„Geht's wieder?", fragt er vorsichtig. Ich nicke: „Und dir?"

Ein Schmunzeln sieht sich auf seine Gesicht: „Mir geht es gut, keine Sorge. Ich bin nicht derjenige der gerade fast ertrunken wäre." Ich versuche erst gar nicht mehr zu lächeln sondern konzentriere mich mehr darauf meine Atmung wieder runter Korntrolle zu bringen, was mir nicht wirklich gelingt.

„Soll ich einen Krankenwagen rufen?", fragt er besorgt. Ich versuche nicht panisch zu wirken während ich bestimmt den Kopf schüttle.

Bloß keinen Krankenwagen: „In ein paar Minuten ist alles wieder okay. Wirklich."

Darauf folgt eine betretene Stille. Aufmerksam beobachte er mich, immer dazu bereit in die Umkleide, wo wahrscheinlich sein Handy liegt, zu sprinten, falls es mir schlechter geht.

Ich spüre seinen Blick auf mir aber ich traue mich nicht in seine fürsorglichen grün-grauen Augen zu schauen. So gut es geht versuche ich meine Atmung wieder zu stabilisieren. Ich kann gar nicht fassen was grad passiert ist. Bin ich wirklich im Wasser ohnmächtig geworden? Hat mir Kyle grade wirklich das Leben gerettet? Die Antwort: Ja das hat er.

„Danke.", flüstere ich mir kratziger Stimme und schaue ihn an. Er lächelt, doch ich kann in seinen Augen die Sorge erkennen. „Mir geht es wirklich gut.", versichere ich ihn.

Er nickt: „Willst du vielleicht was trinken?" Jetzt bin ich es die nickt. Sofort springt er auf uns läuft hinaus. Sobald er aus meinem Blickfeld verschwindet schiebe ich mich auf den Beckenrand zu, sodass meine Beine ins Wasser baumeln. Ich weiß nicht genau warum, aber ich will nicht dass er weiß was mit mir nicht stimmt.

Nach nicht mal zwei Minuten kommt er mit einer Wasserflasche zurück. Er reicht sie mir mit einem Traubenzucker und setzt sich neben mich. Ich trinke und lasse dankbar den Zucker auf meiner Zunge zergehen. Sobald ich die Flasche ausgetrunken habe drehe ich mich in seine Richtung und wir mustern uns stumm gegenseitig.

„Ich bin Kyle.", meint er plötzlich und streckt mir seine Hand entgegen.

Ich ergreife sie und antworte: „Marea."

„Marea?", fragend zieht er seine linke Augenbraue in die Höhe, „Ein ungewöhnlicher Name."

Ja ich weiß und wieder einmal frage ich mich im Gedanken warum mir meine Eltern keinen normalen Namen gegeben haben: „Du kannst mich auch einfach nur May nennen."

„Also gut Marea alias May, es freut mich dich kennen zu lernen." Wir lächeln beide und wissen nicht was wir sagen sollen.

„Passiert dir das öfters dass du einfach ohnmächtig wirst?", fragt er mich und versucht spielerisch die ernste Situation aufzulockern, doch ich kann immer noch die Sorge in seinen Augen erkennen.

„Nein, normalerweise nicht. Ich glaub ich hab mich einfach überanstrengt. Ich meine ich bin ja schon eine Stunde länger hier als du." Er nickt und schaut nachdenklich durch die Gegend.

Bis er plötzlich leise sagt: „War es ...... War es meine Schuld?"

„Oh Gott nein! Auf keinen Fall!", ich schüttle energisch den Kopf und merke sofort dass das keine gute Idee ist, „Wenn ich so dumm bin und einfach nicht aufhören kann, dann ist das wohl eindeutig meine Schuld." Ich lächle ihn aufmunternd zu.

„Soll ich dich nicht vielleicht doch zu einem Arzt fahren? Nur damit er dich kurz durchchecken kann. Zur Sicherheit."

„Mir geht es wirklich gut!", versichere ich ihm zum wiederholten Mal, „Aber ich verspreche dir wenn es mir schlechter geht, fahre ich zu einem Arzt."

Er sieht mich erleichtert an: „Danke." Sein Blick fällt auf die Uhr und er schaut mich unschlüssig an.

„Musst du los?"

„Ach, das ist nicht so wichtig.", winkt er ab. Das ist gar nicht gut. Was wenn er nicht gehen will? Er wird es merken. Ich will es ihm nicht sagen! So gelassen wie möglich sage ich zu ihm: „Geh ruhig, du kannst mich wirklich alleine lassen. Mir geht es gut."

Unsicher mustert er mich: „Ganz sicher?"

Gespielt lache ich: „Ja, ich werde es überleben!" Langsam steht er auf.

Ich winke ihm: „Vielleicht sieht man sich mal wieder!"

„Kommst du nächsten Mittwoch wieder hier her?"

Ich nicke. Er beginnt sofort zu grinsen: „Dann sehen wir uns spätestens in einer Woche wieder!" Schmunzelnd schüttle ich den Kopf und schon ist er verschwunden.

Tief atme ich durch und versuche meinen Herzschlag wieder zu beruhigen. Warum bin ich nur so nervös? Nach einigen Minuten lasse ich mich wieder in das Wasser gleiten. Es ist doch wie beim Radfahren. Stürzt man soll man so schnell wie möglich wieder aufsteigen und weiterfahren, damit man nicht Angst vor dem Rad bekommt und nie wieder darauf steigt. Langsam schwimme ich eine Bahn und achte genau darauf wie mein Körper reagiert.

Kyle ist wirklich okay. Er ist nett, sympathisch und ich denke er war wirklich besorgt um mich. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen wenn ich an nächsten Mittwoch denke. Wird er wirklich kommen? Oder hat er das einfach nur so daher gesagt? Ich glaube er hat ja sicher besseres zu tun an einem Mittwochmorgen. Oder vielleicht kommt er doch? Marea Silver, hör sofort auf an ihn zu denken! Weiße ich mich scharf zu Recht. Er kommt nicht. Oder doch? Vielleicht? Nein? Ja? Nein? Vielleicht?


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