Die Stadt der wandernden Trรคu...

By Ideenzauber

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Widmung
Prolog
1. Kapitel - Die ungeplante Variable
2. Kapitel - Wenn Legenden wenden
3. Kapitel - Stadt der wandernden Trรคume
5. Kapitel - Wie ein Tropfen im Ozean
6. Kapitel - Gut geplant ist halb gewonnen
7. Kapitel - Dunkle Seiten im Herbarium
8. Kapitel - Vergissmeinnicht
9. Kapitel - Ein Echo am Ufer der Welt
10. Kapitel - Der Hof der ausgetrรคumten Trรคume
11. Kapitel - Hรผter & Herbarien
12. Kapitel - Folge der Blume
13. Kapitel - Nah und doch so fern
14. Kapitel - Eine Feder aus bunten Antworten
15. Kapitel - Traum-Baum Magie
16. Kapitel - Schicksalsschlag
17. Kapitel - Ein Leben ohne Fantasie
18. Kapitel - Trรคumen das Fliegen lehren
19. Kapitel - Wenn Legenden enden
Epilog
Nachwort

4. Kapitel - Jack

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By Ideenzauber

"Die anderen Kinder sind doof … sie wollen nicht mit mir spielen. Aber du spielst mit mir, oder Jack? Hihi. Ja, du bist auch mein allerbester Freund! Mach dir nichts draus, dass die anderen dich nicht sehen - wie gesagt, die sind doof."


Der Teppich jammerte den ganzen Flug über. "Ich habe dich gewarnt! Jetzt haben dich die Buntglasgeier gefunden und es wird nicht lange dauern, bis die Herbarianer Wind davon bekommen. Bei all meinen Fransen! Das wird schief gehen!"

"Hör auf dich aufzuregen!", unterbrach Jack ihn. "Nichts wird schief gehen. Wir müssen nur … umdenken."

Der Teppich flog unzufrieden eine scharfe Kurve. Jolie schnappte nach Atem und klammerte sich fest an ihren Retter, der genauso wie in ihrer Erinnerung aussah - nur älter. Wie lange war das her? Sie hatte es aufgegeben, an ihrem Verstand zu zweifeln.

"Herbarianer?", war die Frage, die sie stellte, auch wenn das Volumen ihres Kopfes mit hunderten anderen gefüllt war. "Der dunkle Typ?"

"Ohh! Sie haben sie schon entdeckt!", klagte der Teppich, als wäre es ihr Todesurteil.

Jolie sah Jack nur von hinten, doch sein verspannter Kiefer zeigte ihr, dass die Herbarianer nichts Gutes bedeuteten. "Wer sind die Herbarianer?", fragte sie.

"Gleich. Erst müssen wir die Buntglasgeier abhängen."

"Sie verfolgen uns?" Jolie wagte es kaum sich umzudrehen, weil jeder Millimeter Bewegung sich anfühlte, als würde sie gleich abstürzen. Ihr Herz klopfte. Der Teppich kreiselte wagemutig um die fliegenden Städte und unter Flossen hindurch, sodass Jolie keine Geier sah.

"Festhalten. Es geht runter", warnte Jack und Jolie hätte sich am liebsten an ihn geklebt, als sie rasant und fast im rechten Winkel nach unten drehten. Das war schlimmer als jede Achterbahn, obwohl sie sie als Kind geliebt hatte. Viel schlimmer.

Sie presste die Augen fest zusammen, bis sie langsamer wurden und anhielten.

"Du kannst die Augen öffnen."

Jolie zögerte. Als sie sie vorsichtig aufschlug, vergaß sie zu atmen. "Wow."

Jack sprang vom Teppich und half ihr auf einen Ast des schimmernden Baumes. Er war so groß wie der Eiffelturm und seine gigantische Baumkrone funkelte. Die Äste waren durchsichtig, aus reinem Kristall, und jedes Blatt war ein weiterer Baum, dessen Blätter vor dem regenbogenfarbenen Himmel wie tausende Farbtupfen leuchteten.

"Hierher kommen die Geier nicht", erklärte Jack. "Das ist die Traum-Baum-Manufaktur."

Jolies Mund klappte zu und sie verschränkte zitternd die Arme. "Ich will eine Erklärung." Eigentlich sollte ihre Stimme fest und selbstsicher klingen, doch sie klang wie ein unsicheres Kind. Jolie verfluchte sich dafür.

Jack nickte. "Die bekommst du", versprach er sanft. "Tut mir leid, dass der Anfang dich überfordert hat."

"Er hat mich nicht überfordert!", verteidigte sie sich.

Der Teppich schnaubte so laut, dass die Traum-Bäume klirrten.

Der Ton klang wie ein Windspiel an einem warmen Sommertag. Jolie ließ sich neben Jack auf dem dicken Ast nieder. Sie schlang ihre Arme um sich und musterte ihn zwischen ihren wirren Haarsträhnen von der Seite. Er musterte sie ebenfalls und ihre Blicke trafen sich.

"Es ist lange her", sagte Jack, im selben Moment, als Jolie fragte: "Wie ist das möglich?"

Jack deutete zwischen die Äste der Traum-Baum-Manufaktur hindurch, wo Städte wanderten und schwebten. "Das ist das Reich der Fantasie. Hier ist alles versammelt, was sich jemals jemand ausgedacht hat."

"Unmöglich", widersprach Jolie aus dem logischen Teil ihres Verstandes.

"Tatsächlich? Fantasie ist auch nur eine Art von Energie. Du bist doch klug: Kann Energie jemals verloren gehen?", fragte Jack mit hochgezogener Augenbraue.

"Nein, es gibt den Energieerhaltungssatz", kam ihre Antwort wie aus der Pistole geschossen.

"Genau. Also, Jolie, wenn du dir einmal etwas ausdenkst, ist die Energie da. Auch wenn du sie vergisst, wird sie immer da sein. Du hast sie zum Leben erweckt. Die Frage ist nur, wo geht sie hin?" Jack breitete die Arme aus, als wollte er das Reich der Fantasie umarmen.

Jolie verschränkte die Arme. "Ach, auf einmal gelten hier die normalen Regeln, oder was?"

Er seufzte. "Ich versuche es dir nur so zu erklären, wie du es verstehen kannst. Ich will es dir leichter machen."

"Es macht es natürlich so viel leichter, mit meinem imaginären Freund, den ich mir mit acht Jahren ausgedacht habe und der mich jetzt ungefragt gekidnappt hat, in einem funkelnden Baum zu sitzen, wenn Buntglasgeier und weiß der Geier was für Herbarianer mich verfolgen!"

"Du bist sauer", stellte Jack fest. "Das ist gut. Los, sei sauer, denn das ist dein gutes Recht." Sein Gesicht blieb neutral, als sie ihn anfunkelte. "Aber dann erinnere dich auch daran, wer mit dreizehn entschieden hat, dass sie keinen Fantasie-Freund mehr braucht, weil die anderen, realen Kinder so viel cooler sind. Wer von heute auf morgen alles vergessen hat."

Jolies Herz plumpste in ihren Magen und beide knäulten sich unsanft mit den verdrängten Erinnerungen zusammen. Er hatte recht. Mit den Erinnerungen kamen alle weggedrückten Emotionen, wie eine unbändige Flut hinter einem zu dünnen Damm.

Einem Damm, der durch die heutigen Geschehnisse angeknackst war.

Jolie vergrub das Gesicht in den Händen. "Tut mir leid", murmelte sie. Sie wusste nicht, was mit ihr los war - aber es war zu viel. "Ich glaube, mich überfordert das gerade. Ich …"

Jack rutschte näher, wie früher, als sie gemeinsam geschaukelt hatten. Er sagte kein Wort, als sie schluchzte und die Fassung verlor. Sie weinte an seiner Schulter, weil die Welt keinen Sinn ergab, und doch auf kindliche Weise irgendwie ihren Sinn wiedergefunden hatte.

Irgendwann schniefte Jolie. "Danke."

"Kein Problem. Dafür sind Freunde da."

Das waren sie gewesen - Freunde. Anscheinend hatte die Freundschaft auch fast fünf Jahre des Vergessens überdauert.

"Ihr seid so süß wie damals, meine Fäden möchten sich übergeben."

"Halt die Fransen, Teppich", sagte Jack.

Jolie kicherte. "Also, alles was ich mir ausgedacht habe - einschließlich euch beide - ist hier", griff sie die Erklärung zögerlich auf.

"Herzlichen Dank", fiel der Teppich dazwischen, "dass Aladdin dein Lieblingsfilm war und nicht Cinderella oder so. Sonst hätte ich das unschöne Dasein als Schuh gefristet."

Jack schüttelte belustigt den Kopf und ließ die Beine vom Ast baumeln. "Konkreter gesagt ist alles in deiner Stadt. Sie wandert durch das Reich, wie alle Städte."

"Welche ist es?", wollte Jolie wissen. Eine Stadt, so bunt wie bei Miles? Voller Natur wie der Tropen-Büffel? So fantastisch wie der fliegende Wal?

"Später. Zuerst brauchst du Grundlagenwissen, um hier zurecht zu kommen. Soll ich es dir erzählen oder kann ich es dir zeigen - oder verfällst du dann wieder in Panik?"

"Nein, ich glaube es geht." Jolie erhob sich auf wackeligen Beinen.

Der Teppich, der sich bequem um den Ast gewickelt hatte, stöhnte. "Ihr wollt wieder fliegen, oder?"

"Ja, bitte", sagte Jack.

Jolie fühlte sich zwiegespalten. Ein Teil in ihr hielt immer noch alles für absurd. Der andere Teil akzeptierte es. Warum sollte es kein Reich der Fantasie geben? Jetzt, wo sie hier war ...

"Wohin bringt ihr mich? Und … wie komme ich eigentlich zurück?"

"Du willst schon zurück?", fragte Jack erschrocken. Die tausenden Kristalle warfen regenbogenartige Punkte auf ihn und Jolie musste zugeben, dass sie ihn vermisst hatte.

"Nein", gab sie zu und lächelte zaghaft, fast schüchtern. "Ihr habt mein inneres Kind neugierig gemacht - jetzt will ich erstmal das Reich erkunden. Danach bringt ihr mich nach Hause, oder?" Sie sah zwischen den beiden hin und her, die plötzlich ertappt aussahen. Konnte ein Teppich ertappt aussehen?

Jack sah sie entschuldigend an. "Darüber müssen wir nochmal reden."

"Was soll das heißen?" Jolies Herz übersprang einen Schlag, nur um rasend schnell weiterzuklopfen. "Bitte sag mir, dass es einen Weg zurück gibt."

Jack biss sich auf die Lippe.

"Bitte, tu mir den Gefallen und sag, dass es einen Weg zurück in meine Realität gibt!"

"Wir haben einst versprochen, immer die Wahrheit zu sagen. Ich werde dich nicht anlügen", antwortete er. "Ich habe das Taxi beauftragt, dich herzuholen. Es kann als Einziges die Grenze zur echten Welt überqueren - es kann dich als Einziges zurückbringen. Du kennst die Legende."

Das Taxi war nirgends zu sehen.

"Es bringt mich nicht dorthin, wo ich hin will …"

"... sondern wo du hin musst, ich weiß. Du willst zurück - aber erst wenn du musst, wird es kommen. Noch musst du hier bleiben und uns helfen."

Jolie wandte sich von ihm ab. Sie zitterte. "Du wusstest, dass ich zurück will, aber nicht kann, bevor ich euch geholfen habe", sagte sie. "Das ist Erpressung."

"Sie wird uns nicht helfen, oder?", jammerte der Teppich. "Das war's! Wir werden alle ster-"

"Psst! Lass ihr einen Moment", flüsterte Jack. Die nächsten Worte sprach er lauter zu Jolies Rücken. "Das ist eine Bitte - in Erinnerung an all die guten Zeiten, die wir als Kinder hatten. Eine Stunde, Jolie. Lass dich eine Stunde darauf ein und vielleicht genügt das. Wenn nicht, dann gehe ich eigenständig das Taxi suchen, und wenn ich selber ein Neues bauen muss! Ich verspreche dir, dass ich dich zurück bringe."

Jolie drehte sich um. Sie sah das Flehen in seinem Blick. Die aufrichtigen Augen.

In Erinnerung an all die guten Zeiten, die sie als Kinder hatten. Sie hatte ihre besten Freunde vergessen - wenn sie Hilfe brauchten und das Taxi sie hergebracht hatte, weil sie hierher musste, dann musste Jolie etwas tun.

Sie konnte sich zumindest für eine kurze Weile darauf einlassen, oder?

"Eine Stunde. Zeigt mir, was ich wissen muss, und dann treten wir den Herbarianer in ihre dunklen Nicht-Buntglas-Hintern. Darum geht es, habe ich recht?" Sie grinste, als beide sie überrascht ansahen. "Wusste ich's doch, ich habe fast immer recht. Worauf wartet ihr zwei noch?"

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