Die Stadt der wandernden Trรคu...

By Ideenzauber

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Widmung
Prolog
1. Kapitel - Die ungeplante Variable
2. Kapitel - Wenn Legenden wenden
4. Kapitel - Jack
5. Kapitel - Wie ein Tropfen im Ozean
6. Kapitel - Gut geplant ist halb gewonnen
7. Kapitel - Dunkle Seiten im Herbarium
8. Kapitel - Vergissmeinnicht
9. Kapitel - Ein Echo am Ufer der Welt
10. Kapitel - Der Hof der ausgetrรคumten Trรคume
11. Kapitel - Hรผter & Herbarien
12. Kapitel - Folge der Blume
13. Kapitel - Nah und doch so fern
14. Kapitel - Eine Feder aus bunten Antworten
15. Kapitel - Traum-Baum Magie
16. Kapitel - Schicksalsschlag
17. Kapitel - Ein Leben ohne Fantasie
18. Kapitel - Trรคumen das Fliegen lehren
19. Kapitel - Wenn Legenden enden
Epilog
Nachwort

3. Kapitel - Stadt der wandernden Trรคume

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By Ideenzauber


"Fantasie hat keine Grenzen, Lili. Du kannst alles sein, was du willst. Solange du dort bist, ist es real. Also hab Spaß, eh dich jemand zurück in die Pflichten des realen Lebens ruft."


Es gab zwei Möglichkeiten. Nummer eins: Sie war tot - gekidnappt, Unfall in der Elbe und im Himmel oder in der Hölle gelandet (sicher war sie sich nicht). Nummer zwei: Sie war spätestens nach dem Sturz aus dem Taxi gestorben.

Jolie schlug die Augen auf. Sie blickte in den Himmel, vor dem bunte Wolken schwebten. Es war, als hätte jemand einen Regenbogen in einen Mixer gepackt, ihn anschließend gegurgelt und in den Himmel gespuckt.

Stöhnend richtete sie sich auf und zählte bis zehn. Die Zahlen beruhigten sie.

Dann fiel ihr auf, wo sie war.

"Was bitte soll das sein?" Sie rappelte sich auf. Der Boden wackelte wie Wackelpudding.

Jolie sah sich um und ihr Mund klappte auf. Von hier sah sie die unzähligen Städte besser. Ein gigantischer Wal schwebte an ihr vorbei - durch die Luft. Auf seinem Rücken trug er eine Metropole aus skurrilen Gebäuden, die nicht existieren konnten. Der bunte Palast zum Beispiel, dessen Dach in Schnörkeln nach außen lief und sich mit den umstehenden Häusern zu einem surrealistischen Konstrukt verband, müsste nach aller Logik zusammenbrechen. Ein Wasserfall lief von unten nach oben (unmöglich!) und farbige Lichter - Feen, wie sie bei genauerem Hinsehen erkannte - schwebten kichernd umher. Der Wal schlug mit seiner Flosse und gab einen dröhnend freundlichen Ton von sich. Dann kippte er zur Seite, beschrieb einen Bogen und flog davon.

Der Boden unter Jolie wackelte. Sie suchte Halt an einer Fichte, deren Nadeln jedoch aus Pusteblumen bestand. Sie stoben auseinander, als sie ihre Füße aus dem Wackelpudding-Boden befreite und auf den stabilen Boden sprang. Trotzdem schwankte der Boden weiter und Jolie erkannte, dass sich die ganze Stadt bewegte - weil sie ebenfalls auf einem Tierrücken war.

Ein Büffel mit zotteligem Fell trottete in einer Herde aus wandernden Träumen durch die Gegend. Sie alle waren riesig genug, um je eine eigene Stadt auf sich zu tragen. Jolie fühlte sich winzig, als hätte jemand ihre Umwelt mehrfach ins Quadrat gesetzt und entsprechend vergrößert.

Ihr Mund stand vor Staunen offen. Jede Stadt der Büffelherde war anders. Es gab Paläste, hunderttausend bunte Häuser, riesige Rutschen und Wirbel und Türme. Dort lebten Tiere, die einem Fantasy-Film entsprungen sein mussten. Auf der Stadt neben ihr grasten Einhörner, daneben flogen Jaguar mit Engelsflügeln durch die Luft. Ein Dinosaurier kreischte hoch über ihrem Kopf und steuerte den Büffel hinter ihr an, der von Tropenwäldern überwuchert war.

Plötzlich hob sich ein Stück des Bodens an und flog mit Jolie nach oben. Sie hielt sich irritiert fest, als sie über die Stadt und ein langes Drahtseil schwebten. Sobald sich die Möglichkeit ergab, sprang sie ab und landete auf einem quietschlila Häuschen. Von hier hatte sie direkten Blick auf eine Bühne. Der Scheinwerfer ging an und ein kleiner Junge trat hervor. Er fuhr mit den Fingern über seine E-Gitarre und die gespannten Drahtseile rund um die Stadt erzitterten. Der Ton schallte lauter durch die Stadt als möglich sein sollte.

Sofort strömten kleine Leuchtebällchen aus allen Türen und jubelten ihm zu. Die Geräuschkulisse schwoll mit jedem Ton der Melodie an. Ein Feuerwerk zerbarst über den jubelnden Fans.

Es war das beeindruckendste und absurdeste, was Jolie in ihrem Leben gesehen hatte - und es brachte Erinnerungen an ihre eigene Kindheit zurück.

"Miles!", dröhnte plötzlich eine Stimme über die Stadt und der Büffel zuckte zusammen. Sofort verstummte die Musik und Jolie entdeckte hinter der Bühne eine Leinwand. Sie streckte sich. Dort war derselbe Junge zu sehen, der aus seinen Träumereien schreckte und seinen Stift fallen ließ.

"Ja, Frau Lehmann?", fragte er unschuldig und Jolie erkannte, wo er war. Ein Klassenzimmer.

Seine Lehrerin sah ihn streng an, während die anderen Kinder kicherten. "Wenn du das Fenster interessanter als deine Aufgabe findest, kannst du sie bestimmt für uns an der Tafel lösen?"

Der Kleine schlürfte unglücklich nach vorne und Jolie hatte Mitleid. Die Scheinwerfer gingen aus - im Land der Fantasie? - und die Fans verschwanden traurig in ihren Häuschen.

Jolie dagegen sprintete durch die sich leerenden Straßen in Richtung Leinwand und versuchte kein Leuchtebällchen anzurempeln. Dort war die Schule, die Realität. Dort konnte sie zurück!

Sie hämmerte gegen den Bildschirm. "Hallo? Hört mich jemand? Ich bin gefangen in Miles Kopf! Lasst mich raus!"
Nichts geschah.

Jolie betete und flehte weiter. Langsam wurde ihr klar, dass der quatschende Teppich recht gehabt haben könnte. Das Land der Fantasie …

Wenigstens - so unfassbar es schien, bedeutete das, dass sie noch lebte.

"Okay, ich brauche einen Plan." Jolie massierte ihre Schläfen. "Fakten auf den Tisch: Ich weiß nicht, wo ich bin, aber ich bin definitiv nicht auf der Erde. Eine Parallelwelt? Mathematiker haben ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit dazu gar nicht so gering ist. Meinetwegen. Machen wir eine Bestandsaufnahme." Sie tastete nach ihrem Rucksack, doch er war verschwunden. "Kein Handy, keine Tasche und mein Tagesplaner ist auch weg. Ich habe nicht einmal einen Stift!", jammerte sie. "Wie soll ich überleben?"

Als hätte jemand ihren Ruf gehört, schrie ein Vogel im Himmel. Jolie hielt sich die Hand über die Augen, um den schimmernden Fleck zu erkennen. Es war ein Vogel aus buntem Glas. Ihr Magen machte einen Purzelbaum, als sie die Art erkannte. Es war ein Geier.

Kamen Geier nicht nur, wenn sie den Tod rochen?

"Nicht gut", murmelte sie, als weitere Geier auf sie zukamen. Jolie suchte Deckung in einem Häuschen und ignorierte das verwirrte, grüne Leuchtebällchen, das dort wohnte.

Drei Geier kreisten über die Stadt, eh sie abließen und verschwanden. Erleichtert trat Jolie nach draußen.

"Wer bist du?"

Sie stolperte zurück. "Wo kommst du bitte her? Meine Güte." Sie fasste sich an ihr Herz. "Müssen mich heute alle erschrecken?"

Ein Mann stand vor ihr. Er sah aus wie Sherlock Holmes und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. "Du gehörst nicht in Miles Stadt", stellte er fest. "Du musst gehen."

"Danke! Endlich einer, der mich versteht!"

Doch Sherlock schüttelte den Kopf. "Du musst gehen", wiederholte er. Teile des Bodens lösten sich und umzingelten Jolie. "Die Buntglasgeier haben dich im Visier - sie bedeuten Gefahr. Damit bedeutest du Gefahr. Ich beschütze Miles Stadt. Ich bringe dich raus."

Jolie wich zurück. Plötzlich kam Sherlock ihr nicht mehr so verständnisvoll vor. "Was heißt 'du bringst mich raus'? Raus in die reale Welt?", fragte sie hoffnungsvoll.

Sein Mundwinkel zuckte. "Raus aus Miles Stadt."

Ein Stück des Bodens schoss wie ein Speer auf sie zu und Jolie duckte sich. Der Typ war irre. Während sie ihn entsetzt anstarrte, traf sie ein weiteres Stück in den Kniekehlen und sie plumpste drauf. Sofort schossen sie in den Himmel. Jolie klammerte sich mit flatternden Haaren fest, als sie zwischen fliegenden Tier-Städten durchflogen. Alles verschwamm in einem Strudel aus Farben, bis sie abrupt stoppten und sie auf einem Felsen abgeworfen wurde.

"Hey, bleib hier!"

Das fliegende Bodenstück verpuffe in einem Feuerwerk und ließ Jolie mit dem Glitzer der Fantasie bestäubt zurück.

Sie war allein. Jolie schlang die Arme um sich und näherte sich der Kante. Der Felsen stand wie eine Todessäule im Nichts. Im Nebel. Die graue Masse war undurchdringlich und sie wusste nicht, wie tief es hinabging. Alle wandernden Städte marschierten durch diese Masse, doch sie hatten lange Beine, als wären sie mit Stelzen verwachsen. Wie die Elefanten auf einem Bild von Dali, das ihre Kunstlehrerin ihnen begeistert gezeigt hatte, als sie den Surrealismus - Jolies Hassthema - behandelt hatten.

Jetzt war sie hier, wo alles echt war.

Sie kniff sich erneut in den Arm und betete, dass sie nur träumte.

Dann sah sie sie: Die Buntglasgeier kamen. Fünf bunt schillernde Vögel mit schwarzen Knopfaugen hatten sie auf der Servierplatte von Felsen entdeckt. Jolie hatte keine Chance zu fliehen.

Der erste Geier landete und streckte seine Flügel, die wie ein Mosaik aus bunten Glasscherben funkelten. Ein Instinkt sagte ihr, dass die Tiere nicht nur auf den Tod warteten - sondern dessen Boten waren. Sie waren unnatürlich schön, doch in ihren Schnäbeln verbarg sich eine Reihe rasiermesserscharfe Zähne.

"Ruhig, Vögel", versuchte Jolie und wich zurück. Doch der Felsen war nicht breit.

Ein Geier kreischte und der Wind wehte auf. Jolie sah eine Regung in der Nebelmasse tief unter sich und eine Gestalt erhob sich daraus. Noch war sie zu weit entfernt, um sie genau zu erkennen, doch der lange schwarze Umhang und die Krieger-Haltung jagten ihr einen eiskalten Schauder über den Rücken.

Die Geier sangen ihre Todesballade und kamen näher.

Dann zischte etwas an Jolie vorbei und explodierte am Kopf eines Vogels.

"Verschwindet!"

Der finstere Krieger tauchte zurück in den Schutz des Nebels und verschwand. Jolie hob ihren Arm vor das Gesicht, als das nächste Wurfgeschoss explodierte und einen kreischenden Geier vom Felsen schoss. Sie hustete.

Jemand kam auf einem Teppich surfend neben ihr zum Stehen. Erst dachte sie, dass es ein weiterer Krieger war, doch er warf die Geier ab, eh er sich Jolie zuwandte.

"Ich habe es doch gesagt", jammerte der Teppich unter ihm und seine Fransen wellten sich durch die Luft. Jolie würde seine Quietschstimme überall erkennen. "Ich habe dir gesagt, versuch nicht das Taxi zu lenken!"

Aber Jolie starrte ihren Retter an. "Keine Zeit für Erklärungen", sagte der Junge. "Ich bin Jack. Du kennst mich, Jolie. Komm, ich bringe dich in Sicherheit."

Ein Geier schnappte nach ihrem Bein und sie stolperte nach vorne. Jack …? Jolie war sich sicher, dass ihre Augen ihr einen Streich spielten. Trotzdem griff sie nach seiner Hand, die sich real anfühlte, und er zog sie auf den jammernden Teppich.

"Los, los, los!", drängte dieser.

Gemeinsam flohen sie vor den Buntglasgeiern.

____________

Jolie ist endlich angekommen im Land der Fantasie! Es beginnt fantastisch. Was haltet ihr von den wandernden Städten?

Und was glaubt ihr, wie Jolies Stadt aussehen wird? :D

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