„Meistens belehrt erst der Verlust uns über den Wert der Dinge."
~Arthur Schopenhauer
CÉCILIA
Ich verließ seit paar Tagen nicht mein Zimmer. Das einzige, was ich tat, war es aus dem Fenster zu schauen. Ich tat rein gar nichts. Aurora und der Rest der Familie machten sich Sorgen um mich, denn Aurora ging nicht zur Arbeit. Sie schaute einmal in der Stunde nach mir. Genau wie Mary.
Ich nahm tief Luft. Mary schrieb und rief mich täglich an und fragte, wie es mir geht. Ich hätte niemals gedacht, dass sie mir so wichtig werden würde. Sie fehlte mir bereits nach einer Woche.
Die Tür ging auf und Aurora kam ins Zimmer. „Guten Morgen, Gioia mia.", und wie jeden Morgen riß sie die Gardinen auf und lächelt mich an.
(Mein Schatz)
„Heute stehst du auf, Cécilia.", sie öffnet meinen Kleiderschrank und sucht etwas aus. „Wir warten auf dich unten."
Ich wollte protestieren, doch diesmal war kein Raum dafür, weshalb ich widerwillig aufstand und mich fertig machte. Ich sah schrecklich aus, doch das war nichts Neues. Mein inneres sowohl mein äußeres fühlten sich schrecklich. Einatmend lief ich die Treppen runter. Es roch nach Waffeln. „Cécilia!", lächelnd schaute Stella mich an. „Frühstückst du heute mit uns?"
Ich nickte. Ob ich etwas in mein Magen kriegen würde, wusste ich noch nicht. „Fährst du mich auch zur Schule?"
„Stella. Nathaniel fährt dich. Du magst ihn doch, oder nicht? Gestern meintest du, dass er lustig ist. Ich hole dich später ab und wir fahren zusammen ins Kino", sagte ihr Papa lächelnd.
„Nathaniel arbeitet eigentlich mit Francesco im Unternehmen, aber momentan können wir nur ihm vertrauen nach Lorenzo", erklärt Aurora mir und ich nickte wissend.
„Unternehmen, gutes Stichwort. Cécilia, arbeite mit uns", sagte Francesco. „Wir haben auch eine Position. Ich habe gehört, was du mit De..."
„Ich möchte seinen Namen nicht hören", unterbrach ich ihn ausatmend. „Noch nicht."
„Wir bestehen darauf, dass du im Unternehmen arbeitest."
„Ich kann auch wie früher einfach auf Stella aufpassen."
„Cécilia", seufzte Francesco. „Wir wollen nur das Beste für dich. Du bist auch unsere Tochter wie Stella. Überlege es dir, bitte."
Ich seufzte. „Okay."
Wir setzten uns alle an den Esstisch, wo Stella bereits auf uns wartete. Ich fühlte mich wohl hier. Doch die Leere in mir nach der Trennung war ein Gefühl, welches ich vorher noch nie kannte.
„Hast du heute Ballet?", fragte ich Stella.
„Jaa. Willst du mitkommen?", fragte sie mich lächelnd und als ich in ihre leuchtenden Augen schaute, wusste ich das ich es nicht verneinen konnte.
„Jaa", grinste ich.
„Es tut dir bestimmt gut herauszugehen", lächelte Aurora und zustimmend lächelte ich sie an. Nachdem Frühstück verzogen sich alle zurück und gerade als ich die Treppen hinauf gehen wollte, hörte ich den Fernseher.
„Devin Desmond. Schluss mit seiner Freundin! Der berühmte Geschäftsmann wurde letzte Nacht im Club gesichtet. Mehr dazu gleich nach der Werbung."
„Oh mein Gott!", hörte ich die Haushälterin Emma sagen, als sie mich sah. "Es tut mir leid! Ich...", versuchte sie sich zu erklären.
"Alles gut", atmete ich aus und ging schnell hinauf.
Ich schloss die Tür hinter mir zu und schnappte mein iPad. Ich gab seinen Namen in die Suchliste. Ich musste es einfach wissen.
....Seine neue Geliebte...
...Unbekannte Schönheit...
...Er ist nicht umsonst der bekannteste Junggeselle auf der Welt...
...Seine Beziehung endet und die nächste fängt direkt an...
...Hat er Cécilia betrogen?...
...Was ist der Trennungsgrund?...
...Alte und neue Liebe...
...Eine Schönheit nach der anderen für Devin Desmond...
...Alles ohne Gefühle...
Ich merkte gar nicht, dass ich wieder weinte. Es gab so viele Schlagzeilen und Kommentare. Ich schaute in den Spiegel, dem ich gegenüber stand.
Es reicht, Cécilia.
Du musst nach vorne schauen.
Er tut es auch. Für mich selbst musste ich das tun.
Ich musste meinen Wert erkennen.
Also sprang ich unter die Dusche, frisierte danach meine lockigen Haare und schminkte mich nach einer Woche zum ersten Mal. Ich zog mir später meine hohen Lederstiefel an und ein schwarzes Kleid.
Ich griff nach meiner dunkelblauen Jacke und ging herunter. „Stella! Ich bin fertig", rief ich und Aurora kam gerade um die Ecke.
„Mein Schatz! Du siehst toll aus", lächelte Aurora mich an.
„Dankeschön", lächelte ich.
„Genauso möchte ich dich sehen.", sie drückt mich fest an sich. „Du bist ein starkes Mädchen. Du warst es schon immer."
Sie hatte recht. Ich bin stark. Ich habe so vieles geschafft. Die Trennung mit ihm wird mich nicht kaputt machen. Es durfte mich einfach nicht fertig machen.
„Ich schaue mal nach Stella."
„Okay. Ich warte draußen vor der Tür."
Ich blickte als ich herausging ein letztes Mal in den Spiegel und lächelte. „Ich schaffe das", flüsterte ich mir selbst zu. Als ich rausging, sah ich einen Mann vor dem Auto stehen, höchstwahrscheinlich war das Nathaniel.
Er war jünger als ich gedacht habe. Ich dachte, dass er schon viel älter ist, aber ich schätze, dass dieser Mann Ende dreißig war. Er hatte schwarze Haare. Von der Seite wirkte sein Gesicht sehr markant. Er trug ein hellblaues Hemd, eine schwarze Jeans und eine Sonnenbrille.
Ich räusperte mich, weil ich nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte. Er schaute hoch und sieht dabei durch die Brille in meine Augen.
„Frau Lawrence.", mit einer fließenden Bewegung nimmt er die Brille ab. Ich näherte mich ihm.
„Cécilia, einfach nur, Cécilia", sagte ich lächelnd und reichte ihm meine Hand. „Nathaniel, richtig?", ich schaute in seine hellbraunen Augen.
Er drückt lächelnd meine Hand. „Nate, einfach nur, Nate", wiederholt er meine Worte.
Ich lächelte. Stella kam genau richtig aus dem Haus und grinst uns an. „Ich wollte ihn dir vorstellen, Cécilia. Ich weiß jetzt wie das geht."
„Wie geht das denn, Zicke?", fragte Nate lächelnd.
„Darf ich vorstellen, das ist Cécilia", sagte sie stolz und grinst Nate an.
„Und Cécilia, das ist Nate, aber eigentlich heißt er Nathaniel.", wir lachten alle und mir fiel auf, dass ich zum ersten Mal nach einer Woche lachte ohne mich dazu zu zwingen. Wir stiegen alle drei ins Auto und Nate fuhr los. Stella sprach die ganze Zeit, weshalb es überhaupt nicht unangenehm wurde und dafür war ich sehr dankbar.
„Ich bin hier, falls etwas sein sollte", sagte Nate als wir vor der Tanzschule waren. Dankend nickte ich ihm und lief mit Stella hinein.
„Magst du ihn, Cécilia?"
„Nate?", fragte ich nach und sie nickte hastig.
„Ja, also, er ist nett. Ich kenne ihn doch gar nicht."
„Mama meinte, als du nach Frankreich gezogen bist, dass du das aus Liebe machst. Kannst du aus Liebe jetzt für immer bei uns in Italien bleiben? Bitte, Cécilia."
„Ich bin doch jetzt hier", lächelte ich und versuchte über den Teil mit der Liebe nicht nachzudenken.
„Du hast dich verliebt und bist gegangen. Verlieb dich hier und bleibe für immer hier."
Ich lächelte. „Du magst ihn doch eigentlich."
„Ich mag Devin nicht mehr. Er bringt dich zum Weinen. Ich höre das aus meinem Zimmer, Céce."