Die Verlierer - Herz aus Beton

Autorstwa traumjaegerin

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[TEIL 3] Jay gehört die Unterwelt. Von der Siedlung über die Bahntrassen bis zum Görli, dort, wo sich die Dea... Więcej

1 | Meine Welt, meine Regeln
2 | Saufen in Theorie und Praxis
3 | Farbe auf das Elend
4 | Todesmut oder Idealismus
5 | Unser süßes Geheimnis
6 | Die Welt ist käuflich
7 | Tote Augen, tote Seelen
8 | Spielplatzabende
10 | Scherben und Alkohol
11 | Kontrollverlust
12 | Eklige Idylle
13 | Sicherheit
14 | Du lügst mich nicht an
15 | Kein Grund nüchtern zu bleiben
16 | Welt in Scherben
17 | Viel zu viel Blut
Triggerwarnung

9 | Flaschenpost ohne Message

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Autorstwa traumjaegerin

»Was guckst du so?«, grinste ich, als ich Fedes Blick auf mir spürte. Ich nahm einen tiefen Schluck aus meiner Bierflasche und sah das belustigte Grinsen um seine Lippen zucken.

»Jay. Das bildest du dir nur ein. Du bist nicht so atemberaubend, dass andere es nich von dir ablassen können.« Er setzte die Flasche Sterni an, ließ die Flüssigkeit den Rachen hinunterlaufen. Einen Moment lang sah ich ihm beim Schlucken zu, spürte die Erregung durch meinen Unterleib schießen, dann drehte ich meinen Kopf. Der Typ hielt eh zu viel von sich, ich brauchte jetzt nicht auch noch mit Sabbern anfangen.

Vor uns lag der dunkle Kanal. Ein paar Mülltüten schwammen im Wasser, zogen ihre geisterhaften Bahnen. In unserem Rücken floss der gleichmäßige Verkehr, irgendwo das Wummern von Technomucke. Von Zeit zu Zeit hallte Donner über die Stadt hinweg.

»Wird das wieder so ne provokante Aktion, weil du sehen willst, wie ich dich zusammenfalte?« Ich grinste und legte eine Hand in Fedes Nacken, ehe ich ihn grob an mich heranzog.

Sein rechtes Bein schwang er über mein Knie und legte es auf meinem Oberschenkel ab. Nah waren unsere Gesichter einander, während die ersten Regentropfen auf meinem Kopf landeten. Passte mir jetzt gar nicht ins Konzept, drecks Himmelspisse. Mit dem Daumen fahre ich über seinen Adamsapfel, dann küsse ich ihn auf die Wange, die dank der Bartstoppeln ganz kratzig ist. Bald finden unsere Lippen einander und ich schmecke das Bier auf seinen, während das Gewitter über uns hereinbricht. Der Donner wurde lauter und langsam spürte ich, wie meine Hände und meine Haare nass wurden.

»Komm, lass uns abhaun«, sagte ich und griff nach Fedes Hand, ehe ich ihn schwungvoll nach oben riss.

Er lachte und ich spürte die Wassertropfen, die in mein Gesicht klatschten. Riss ihn an mich heran. »Warte, unser Bier noch.« Fede nahm seine Flasche in die Hand, während ich meine exte und in die Spree schleuderte. Bisschen Flaschenpost ohne Message, dies das.


Mit nassen Haaren und meiner Jogginghose, die ihm beinahe von den Hüften rutschte, kehrte Fede nach dem Duschen in mein Zimmer zurück. Wir hatten uns zu mir verzogen, während die Stadt draußen ersoff.

Ich sah von dem Visionboard auf, durch das ich mich wie so oft klickte, und nickte ihm zu. Das Wasser tropfte aus seinen Haaren auf seinen nackten Oberkörper. Auf seine gebräunte Haut. Während ich nicht so recht meinen Blick von ihm losreißen konnte, spürte ich, wie ich mir mit meiner Zunge über die Unterlippe fuhr.

Wie selbstverständlich fischte er mein Ladekabel aus dem Müll auf meinem Schreibtisch hervor und steckte dann sein Handy in ein. Richtete sich langsam wieder auf.

Ich stand auf und blieb ein paar Zentimeter vor ihm stehen. Langsam hob er seinen Blick.

»Was wird das?« Seine Stimme klang rau, der italienische Akzent war stärker als sonst. Wie so oft, wenn die Nähe, die Leidenschaft zwischen uns fast spürbar im Raum lag.

»Ich hab selber kein Plan«, erwiderte ich.

»Typisch.« Federico lachte auf. Die Grübchen graben sich tief in seine Wangen. Die Lippen entblößten seine Zähne, ein paar davon standen schief zueinander. Bonzenkinder wären deshalb jahrelang mit ner Spange rumgerannt, aber die war nur ne Legitimation zum Zuschlagen.

»Meistens habe ich sogar einen Plan. Es sieht bloß nicht so aus.«

»Ach, echt?«, erwiderte er. Auch ich sah jetzt nicht mehr weg, ganz gleich, wie ich direkten Blickkontakt hasste. Aber hier waren wir in meiner Wohnung, die Wahrscheinlichkeit, dass mich irgendjemand überrascht verdammt gering. »Und was ist jetzt dein Plan?«

»Wir drehen uns im Kreis, Kumpel.« Ich hob die Augenbrauen.

»Hat das Bier so reingehauen? Ich drehe mich nämlich nicht.«

»Fick dich.« Ich lachte auf und stieß ihn zurück, sah ihn zwei Schritte zurücktaumeln. Noch immer ließ keiner den andern mit seinem Blick los. Was auch immer die Scheiße hier sollte, sie gefiel mir ziemlich gut.

Die Grübchen gruben sich tief in seine Wangen. Dann streckte ich meine Hand aus, strich ihm die nassen Haare aus der Stirn.

»Jay?«, fragte Fede. Seine Stimme klang krächzend.

"Was?", erwiderte ich, doch erfuhr nie, was er sagen wollte. Im selben Moment beugte er sich nämlich vor. Seine Lippen suchten meine, fanden sie.

Seine Lippen waren rau und gleichzeitig weich, die Bartstoppeln kratzten an meiner Haut.

Ich vergrub meine Hände in seinen nassen Haaren. Der Kuss begann sanft, vorsichtig. Dann wurde er schnell verlangender. Ich gab den Takt vor, dann gewann er die Überhand.

Fede schubste mich gegen die Wand. Eine Hand lag auf meiner Schulter, die andere fuhr erst über meine feuchten Haare, wanderte dann meinen Oberkörper hinunter und schließlich wieder hinauf. Streicht über meine Muskeln, ehe sie auf meinem Hals ruhen blieb. Plötzlich drückte er zu und während ich weniger Luft bekam, durchströmte Erregung meinen Körper.

Er küsste mich, dann zog er seine Lippen zurück und ließ sie über meinen Hals gleiten. Saugte daran. Biss ruckartig hinein, während er mit seinen Händen noch immer zudrückte. Er kontrollierte mich und das tat so verdammt gut.

Schmerzerfüllt stöhnte ich auf und vergrub meine Hände in seinen Haaren, die von der Nässe nur noch gewellter waren als sonst und dunkler schienen.

Ein lauter Donner hallte durch die Stadt und mit den Blitzen draußen entlud sich auch hier drinnen die Spannung. Mit einem Mal bekam ich wieder Luft, denn Fede hatte seine Hand zurückgezogen. Ehe ich richtig checkte, was passierte, hatte er mich schon aufs Bett gestoßen und ließ sich auf mich sinken. Ich spürte seine Erektion in meinem Schritt, sog scharf die Luft ein.

»Eine Sache ist mir noch wichtig«, hörte ich ihn an meinen Lippen sagen. »Wir brauchn n Safeword. Damit zwischen uns nur das passiert, was für uns beide okay ist.«

»Mhm ...«

»Zitrone?«

»Was für Zitrone, Alter?« Ich lachte, stimmte aber zu, auch wenn ich diesen ganzen Safeword-Quatsch ein wenig weird fand. Das klang so nach Sex mit Regeln. Aber gut, wenn er meinte.

»Und Jay, du brauchst nicht so zurückhaltend sein. Kleine Erinnerung, ich steh auch auf harten Sex«, grinste er mit einem spitzbübischen Ausdruck nah an meinen Lippen.

»Hab ich nich vergessen«, zischte ich und packte fest an seinen Schopf, spürte die Nässe seiner Haare, drückte ihn nach unten. Presste meine Erektion gegen sein Gesicht, ließ ihm ein paar Augenblicke keine Luft zum Atmen. Vernahm Fedes Stöhnen und wurde nur noch heißer auf ihn.

Bald flogen unsere Klamotten aus meinem Bett, hinein in das Chaos in meinem Zimmer.

Etwas Herausforderndes lag in seinem Blick, als er sich von mir wegschob und mich dann zur Seite drückte. Dann war er auch schon hinter mir. Presste seinen Schwanz gegen meinen Arsch, bewegte sich ein wenig vor und zurück. Ich vernahm seinen erregten Atem nah an meinem Ohr.

Oh, verdammt.

Wollte er weitergehen? Bisher hatten wir uns immer einen runtergeholt, geblasen, aber richtig gefickt hatten wir nie. Ich spürte das Hämmern in meiner Brust, genauso stark wie das pochende Blut in meinem Penis.

Fede küsste mich sanft auf den Hals, dann flüsterte er: »Du brauchst keine Angst haben.«

Es mochte beruhigend klingen, aber ich wusste ganz genau, dass er das nur sagte, um mich abzufucken. Weil er wie so ein elendiger Köter meine Angst erschnüffelt hatte, bevor ich sie überhaupt benennen konnte.

»Alter, als ob ich je Angst hab.«

»Gerade schon.« Er grinste und fuhr mit der Spitze seiner Zunge über die Haut an meinem Hals.

»Alter, halt mal die Fresse, Alter.«

»Alter, Alter«, äffte er mich grinsend nach und ließ seine Finger zwischen meine Arschbacken wandern, strich über mein Poloch. Mein Herz schlug schneller, meine Muskeln verkrampften sich. Ich hätte ihn noch immer wegschieben können. Die ganze Scheiße hier sein lassen.

»Entspann dich, Jay«, sagte er und strich sanft über meinen Bizeps. Er gab mir einen Kuss auf den Rücken und es hätte sich so schön anfühlen können, so gut, aber jetzt war nur noch Durcheinander in meinem Kopf.

Jemand wie ich unterwarf sich nicht.

»Scheiße, Mann, vergiss das, okay? Ich bin keine Schwuchtel, die gefickt wird!«, fuhr ich ihn an und schob ihn grob von mir, ehe ich überhaupt checkte, was ich da sagte.

»Dafür bist du aber ziemlich geil auf meinen Schwanz.« Fede sah skeptisch aus. Kurz sah ich über sein Gesicht Unsicherheit huschen, vielleicht wusste er genauso wenig wie ich mit der Situation umzugehen.

Ich sprang vom Bett und streifte mir mein Shirt über. »Das ist was anderes. Aber ich lasse mich nicht ficken, okay?«

Ich hatte keine Ahnung, woher das auf einmal herkam. So oft hatte ich mir einen runtergeholt, bei genau der Vorstellung. Wollte doch selbst weitergehen, ihm noch näher sein. Warum zur Hölle tat ich Sachen, die ich selbst noch nicht einmal wollte? Woher kam diese scheiß Angst, die mich so zu ihm sein ließ?

Und das machte es noch schlimmer. Ich hatte keine Kontrolle über das, was ich tat, und vielleicht war ich im besten Begriff, alles zwischen uns kaputt zu machen. Was auch immer das war.

»Hey, Jay. Tut mir leid«, sagte Fede und streckte die Hand nach mir aus. Sein Blick war ein wenig überfordert, und trotzdem mitfühlend. Einen Moment lang hasste ich ihn dafür. Wie konnte er mitfühlen, wenn ich selbst nicht einmal checkte, was hier passierte? »Ich wollt dich zu nichts drängen oder so.«

Grob schlug ich seine Hand weg. »Hast du nich. Ich hab einfach keinen Bock auf dich«, fuhr ich ihn an und sah, wie der Wichser todesentspannt eine Augenbraue hob. Für den war das wohl alles nichts. Ich am Breakdown und der wie bei der Massage.

»Keinen Bock nennst du das.«

Verdammt, noch ein Wort und ich hätte ihm seine drecks belustigte Attitüde aus der Fresse geprügelt.

Ich sammelte die Jogginghose, die ich Fede geliehen hatte, vom Boden auf und schmiss sie ihm kräftig in den Schoß. Dann wahllos einen Pulli von mir, der herumlag. Aber eigentlich hätte ich ihm auch seinen nassen Stuff geben können. War mir doch egal.

»Wie du meinst«, sagte Fede, schlüpfte eilig in die Hose und stapfte dann nach draußen. Im Laufen zog er sich den Sweater über. Ein paar Momente später hörte ich die Tür knallen. Da war jemand definitiv sauer.

Scheiße, scheiße, scheiße.

Was hatte ich bloß für ein verficktes Problem?

Einen Moment lang blieb ich in der Mitte meines Zimmers stehen, wie so ein NPC, der hängen geblieben ist. Da war Wut in mir, doch ich hatte keine Kraft, etwas zusammen zu schlagen. Was war gerade eben passiert? Was zur Hölle hatte sein Wunsch, mit mir zu schlafen, mit mir gemacht?

Ich ließ mich zurück auf mein Bett sinken, rutschte dann ans Fenster heran. Es war von vielen kleinen Regentropfen bedeckt, die übers Glas perlten. Danke, Wetter. Musste zu der Scheiße hier drin auch noch mitspielen. Dabei war es ein zuverlässiger Indikator für schlechte Filme, wenn es bei traurigen Szenen regnete.

Ich sah auf den Weg zwischen unserem Block und den anderen hinunter, auf die Abfallcontainer, die dort standen. Als könnte ich Fede sehen, der da lief. Schwachsinn. Keine Spur.

Nach einer Weile öffnete ich das Fenster. Bisschen frische Luft konnte nicht schaden, bisschen klardenken. Ich streckte mich nach meinen Kippen und inhalierte tief, als sie dann brannte.

Warum hatte ich Sachen gedacht und gesagt, von denen ich nicht überzeugt war? Sex hatte nichts mit Unterwerfung zu tun. Man konnte ihn auf alle möglichen Arten haben, und das machte einen kein Stück schwächer. Ich hatte genau die gleiche Scheiße rausgelabert wie irgendwelche homophoben Dreckswichser.

»Fede«, flüsterte ich in die dunkle, nasse Nacht hinaus. »Ich lieb dich doch.«

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