TRUST ISSUES (Toxic Traits Ba...

By SEPETERS

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Liliah ist im letzten Jahr auf der High-School, als sie gezwungen wird in den kleinen Ort Oakdale in Louisian... More

Prolog
Kapitel 1 - Der Anfang vom Ende
Kapitel 2 - Frohes neues Jahr
Kapitel 3 - Wer bin ich?
Kapitel 4 - Eis
Kapitel 5 - Blessings
Kapitel 6 - Hashbrowns und Weed
Kapitel 7 - Alles eine Frage der Einstellung
Kapitel 8 - Spielchen
Kapitel 9 - Glücklicher allein?
Kapitel 10 - Wonach suchst du hier?
Kapitel 11 - Sweet Sixteen
Kapitel 12 - Meine Sonne
Kapitel 13 - High-School König
Kapitel 14 - Meine Inspiration
Kapitel 15 - Stärken und Schwächen
Kapitel 16 - Dankbarkeit über Erfolg
Kapitel 17 - Die Probe
Kapitel 18 - Entscheidungen
Kapitel 19 - Allein
Kapitel 20 - Konsequenzen
Kapitel 21 - Freunde und Feinde
Kapitel 22 - Geheimnisse
Kapitel 24 - Nur ein Tanz
Kapitel 25 - Mi Casa Es Su Casa
Kapitel 26 - Etwas, das mir gehört
Kapitel 27 - Ängste
Kapitel 28 - Ganz Unten
Kapitel 29 - Aufwärts
Kapitel 30 - Neue Chancen, gleiche Fehler
Kapitel 31 - Vertrauen und andere verrückte Dinge
Kapitel 32 - Geduld
Kapitel 33 - Do You Dare?
Kapitel 34 - Ganz Oben
Kapitel 35 - Wellen
Kapitel 36 - Fliegen und Fallen
Kapitel 37 - Bitte kein Country!
Kapitel 38 - Late Night Session
Kapitel 39 - Katerstimmung
Kapitel 40 - Wahrheit und Pflicht
Kapitel 41 - Das Raum-Zeit-Kontinuum
Kapitel 42 - Leistungsdruck
Kapitel 43 - Second Degree Felony
Kapitel 44 - Romeo und Julia Situation
Kapitel 45 - Spring Break Bi***es
Kapitel 46 - Stories
Kapitel 47 - Falsche Freunde und wahre Feinde
Kapitel 48 - Eine Reise
Kapitel 49 - Somewhere South
Kapitel 50 - Monokel-Welten
Kapitel 51 - Neues Ende
Kapitel 52 - Ertrinken und Erwachen
Kapitel 53 - Oh du meine Güte!
Kapitel 54 - noch nie in meinem Leben...
Kapitel 55 - Homecoming
Kapitel 56 - Go Warriors!
Kapitel 57 - Wie im Film
Kapitel 58 - Ruhige Zeiten
Kapitel 59 - Bucket List
Kapitel 60 - Last Minute
Epilog

Kapitel 23 - Die Hochzeit

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By SEPETERS




Als ich versuche die kleine Lasche über meine Ferse zu ziehen muss ich mich am Schreibtisch festhalten um nicht umzufallen. Ich hasse hohe Schuhe. Und ich hasse Sandalen. Schlimm genug also, dass meine Schuhe für diesen Tag eine Kombination aus beidem sind. Die unheimliche Fratze mit den hochgesteckten Haaren, die mich im Spiegel beobachtet, macht es nicht gerade besser. Das bin ich nicht. Ich meine- ich wünschte ich wäre diese Person im Spiegel. Chloe hat meine Haare um meinen Kopf herum geflochten, mein Make Up gemacht und meine Nägel lackiert. Auch die halbhohen Pumps gehören ihr und drücken jetzt schon.

>Lily, du siehst so hübsch aus.< Chloe taucht langsam wieder aus der Haarspray-Wolke auf und muss das Husten unterdrücken.

Es stimmt, ich sehe heute tatsächlich hübsch aus. Ich mache eine halbe Drehung vor dem kleinen Spiegel über meinem Waschbecken und betrachte meinen Rückenausschnitt. Es fällt genau so, dass mein kleines Tattoo am Schulterblatt sichtbar wird. No risk -no story. Es ist eins von denen, die ich mir gemeinsam mit Coops habe machen lassen und ich bin unendlich glücklich darüber, dass ich die Erinnerungen an ihn immer bei mir trage.

>Kelly ist da, ich glaube du solltest los. Hier.< fordernd drückt sie mir den Lipgloss in die Hand, den sie eben auf meine Lippen aufgetupft hat.

>Okay, danke Chloe.< ich ringe mir ein Lächeln ab, aber das Bewegen meines Gesichts fühlt sich mit den ganzen Schichten an Make up jetzt schwerfällig an.

>Und hier ein Taschentuch...für, du weißt schon.<

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ich bin keine sentimentale Person. Und bestimmt keine- die bei öffentlichen Liebesbekundungen in Tränen ausbrechen würde. Ich schätze, dass das Gefäß für diese Tränen schon lange in mir zerbrochen ist.

>Nur für den Fall...< Chloe zwinkert mir kurz zu und ich kann sehen, wie ihre Augen glitzern. Ihr Blick ist stolz und fürsorglich, und in diesem Moment sieht sie Cheryl sehr ähnlich, wenn sie Dexter beim spielen zu schaut.

Ich nicke ihr zu und umarme sie kurz, bevor ich an ihr vorbei die Treppe nach oben stapfe. Naja eigentlich stolpere ich sie eher nach oben. Diese Schuhe sind die Pest- aber leider haben wir im gesamten Haus nichts Besseres gefunden, das zu meinem Outfit passen könnte. Als ich auf die Veranda trete, steht Kelly neben ihrem Auto. Es ist geschmückt mit weißen und grünen Blumen und sie steht in einem Petticoat-Kleid mit Efeu-Druck daneben. Ihre Haare sind teilweise eingeflochten, der Rest liegt wellig und wild auf ihrem Rücken.

>Okay, Wow, Lily wo hast du dieses Kleid her. Der Wahnsinn. Dreh dich mal.<Unbeholfen stöckle ich auf der Stelle und halte meine Arme dabei in die Luft. Es muss vollkommen bescheuert aussehen.

>Perfekt, komm steig ein, deine Cousine hat die Deko eben schon eingeladen.< Mit einem Zwinkern öffnet sie mir die Beifahrertür und ich versuche mich so auf dem Beifahrersitz zu drapieren ohne das mein Kleid faltig wird oder zu viel von meiner unpassenden Unterwäsche offenbart.

Schon als wir das Tor erreichen, beginnt der Blumenschmuck, der ähnlich wie auf Kellys Auto sich wie ein Spalier bis hin zum Hauptgebäude der Farm ausstreckt. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel allein die Pflanzen gekostet haben müssen. Der Tag heute ist angenehm warm, es weht ein leichter Wind und die ersten Frühlingsblumen beginnen zu blühen. Kelly führt mich mit der Tischdekoration hinter das Haupthaus in einen traumhaften Garten. Er ist weitläufig mit einem Naturpool aus Bruchstein, einem Teich und diversen Springbrunnen, die alle von dichten Sträuchern eingerahmt werden. Ein paar Gäste sind bereits eingetroffen und fügen sich mit der grünen Garderobe perfekt in das Bild ein. Es ist so beruhigend dieses Szenario zu betrachten. Es ist so vollkommen. Als wir bei den runden, hellen Tischen ankommen, beginne ich, meine Deko und die Tischkarten zu verteilen und Kelly verschwindet ins Haus.

Dieser Ort hat etwas magisches. Das leise Zwitschern der Vögel, die Sonne, die durch die Blätter scheint und ein eigenes Bild malt. Die sanfte Melodie des Lachens der Gäste, das in der Luft liegt. Ich nehme ein paar Atemzüge um so viel wie es geht davon in mir aufzunehmen.

>Schön, nicht wahr?< Die warme und vertraute Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich umfasse die Lehne eines Stuhls und drehe mich langsam herum.

>Ich habe schon gedacht, du hättest unser kleines Dorf hier zurückgelassen...< Seitdem ich ihn gesehen habe, halte ich die Luft an. Vielleicht bin ich dann unsichtbar- oder auch einfach nicht dazu in der Lage etwas dummes zu sagen.

>Ich schätze, da liegst du falsch. Leider...< ich löse meinen Blick von Marlow, auch wenn es mir schwer fällt. Ich bin mir nicht sicher, ob er auch wegen der Hochzeit hier ist. Den Dresscode erfüllt er mit seiner grauen Hose und dem lockeren, gekrempelten Leinenhemd zumindest nicht.

>Verrätst du mir, wo du gesteckt hast?< ich sehe aus dem Augenwinkel, wie er die Hände in seinen Hosentaschen vergräbt und den Kopf schief legt, während er mich bei dem Arrangement der Tischkarten beobachtet.

Nach ein paar hörbaren Atemzügen und seinem bohrenden Blick ringe ich mich zu einer Antwort durch. Mein Schweigen scheint ihn scheinbar nicht zum verschwinden zu bewegen.

>Nein...verrätst du mir, was du hier zu suchen hast? Unter den Gästen bist du nicht, das wüsste ich.< Demonstrativ wechsle ich zu einem weiteren Tisch und stelle meine Tischkarte neben die von Kelly.

>Stimmt wohl, ich bin der Fahrer für meinen Bruder und seine Freundin. Und wenn du willst auch für dich, wenn du dich entschließen solltest, nicht ständig vor mir weg zu laufen...und ich arbeite...< Auch wenn er sich um einen sicheren Tonfall bemüht, schwingt etwas Verlegenheit in seinem Ton mit.

>Nein Danke, ich nehme einen Uber.< Ich unterstreiche meine Aussage mit einem kurzen Lächeln und gehe an ihm vorbei zum Buffet.

Warum kann er mich denn nicht einfach in Ruhe lassen?

Vorspeisen, Sitzordnung, Buffetschilder...mit einem geistigen Haken versehe ich die Liste in meinem Kopf, während ich die dazugehörigen Schilder auf ihren Platz stelle. Das Buffet klingt wirklich gut, allerdings hat sich mein Magen auf die Größe einer Erbse zusammengezogen, seitdem Marlow hier ist und jeden meiner Handgriffe beobachtet.

>Parker...wirst du die Probe morgen auch sausen lassen?< Plötzlich taucht er nah neben mir auf und versucht mir den kleinen Stapel Teller abzunehmen, die ich in meinen Händen halte. Seine warmen Hände ruhen auf meinen und sein Blick wandert über mein Gesicht. Schwerfällig ringe ich mich zu Blickkontakt zu ihm durch und lasse beinahe die Teller fallen, aber sein Griff ist fest genug, damit sie nicht klirrend auf dem Boden landen.

>Ich...ich wusste nicht, dass morgen Probe ist, tut mir Leid.< schnell wende ich meinen Blick ab und entreiße ihm die Teller. Sofort überziehen sich meine Arme mit Gänsehaut. Seine zufälligen Berührungen machen mich noch total unzurechnungsfähig. Ich kann hören, wie Marlow enttäuscht ausatmet, trotzdem lasse ich ihn stehen und steuere einen der hinteren Tische an.

>Was ist das zwischen dir und Marlow? Ständig sehe ich euch zusammen und ihr wirkt so vertraut, aber in der Schule meidest du ihn wie eine ansteckende Krankheit.< Kelly taucht neben mir auf und ihre Stimme dringt so laut an mein Ohr, dass ich das Gesicht verziehe.

>Nichts ist zwischen mir und Marlow. Er taucht einfach ständig auf...<

Abschätzig zieht Kelly ihre Augenbrauen hoch, wodurch ihre Augen ungewöhnlich groß erscheinen.

>Marlow Wallis läuft niemandem hinterher. Aber irgendetwas an dir scheint ihn zu interessieren. Er beobachtet uns die ganze Zeit...< sie kichert und wandert mit ihrem Blick zwischen mir und Marlow, der immer noch neben dem Buffet steht, hin und her.

>Warst du es nicht, die meinte, dass er das nur macht, weil ich die neue hier bin? Da hast du doch schon deine Antwort!< Okay. Meine Stimme ist laut und ungewöhnlich gereizt, was das Grinsen in Kellys Gesicht sofort versteinern lässt.

>Ist ja schon gut Lily...aber warum kommt er dann...<

>Parker, können wir bitte kurz über die Probe reden? Kelly, ich entführe sie wirklich nur für ein paar Minuten.<

>Viel Glück...< entgegnet Kelly mit einem sarkastischen Unterton, als sie beginnt mit einem Stabfeuerzeug die Kerzen auf den Tischen zu entzünden und uns allein lässt.

Schützend verschränke ich die Arme vor der Brust und schaue vorsichtig zu Marlow hoch. Er fährt sich durchs Haar und eine Wehe von seinem Parfüm weht zu mir herüber. Sofort halte ich die Luft an, als könnte ich den Duft so länger in meiner Nase halten. Er nimmt mir die Teller aus der Hand und schiebt mich behutsam mit der anderen Hand zwischen meinen Schulterblättern ins Haus und schließlich in...die Abstellkammer?

>Was soll das, Marlow?< ich klammere die Arme stärker vor der Brust zusammen und ziehe die Augenbrauen hoch.

>Ich möchte mit dir sprechen und so kann ich es hoffentlich vermeiden, dass du wieder vor mir weg läufst.< Leise verschließt er die Tür und zieht an der Schnur, die das Licht der Kammer anschaltet.

>Wenn du nicht über das was unter der Tribüne passiert ist reden möchtest, kann ich das verstehen...aber<

>Ich möchte nicht darüber reden.< unterbreche ich ihn forsch. Es fällt mir schwer, in so einem Ton mit ihm zu sprechen, aber es ist am Besten so. Für ihn- weil er mich dann hoffentlich in Ruhe lässt und weiterhin sein perfektes Leben führt, und für mich, weil ich ihn dann hoffentlich vergessen kann. Ihn und alles was er in mir auslöst.

>Okay, das akzeptiere ich. Kommst du aber bitte zur Probe morgen? Wir haben Homecoming bekommen und so viel Zeit ist nicht mehr bis dahin.<

>Vielleicht hast du bemerkt, dass ich ganz andere Probleme hier habe als dieser blöde Musikkurs oder irgendwelche Veranstaltungen. Also rechne lieber nicht mit mir. Ist besser für dich.< ich funkle ihn noch einmal mit Nachdruck an, als ich versuche mich an ihm vorbei zu schieben. Er bewegt sich nicht von der Stelle und ich reiße bei meinem Versuch zur Tür zu gelangen ein paar Dosen Mais und Bohnen mit.

>Lauf doch nicht wieder weg, Parker. Verdammt noch mal.<

Das Verständnis, das eben noch in seiner Stimme lag, ist jetzt verschwunden.

>Es ist mir egal, was die anderen über dich sagen. Ich weiß was passiert ist. Und wenn ich eins gelernt habe, dann dass man es niemals verhindern kann, was die anderen über einen Reden. Denn man kann das Denken und Handeln von anderen Menschen nicht beeinflussen.<

Wichtig ist, dass du in den Spiegel schauen kannst und zufrieden bist, mit dem was du da siehst. Es sind die gleichen Worte, die ich schon unzählige Male von Cooper gehört habe. Ich verharre in meiner Position. Meine rechte Schulter flankiert seine Brust und ich kann die Bewegung seiner Atmung spüren.

>Jemand der mir früher sehr wichtig war, hat das auch immer gesagt...< flüstere ich. Das Selbstbewusstsein und die Stärke meiner Stimme ist vollständig verschwunden.

>dann muss diese Person wirklich klug sein...< behutsam berührt Marlow meine Schultern und dreht sich zu mir. Die Kammer ist lang und schmal und wir sind gezwungen so nah beieinander zu stehen, dass wir den Atem des anderen spüren können.

>Ich weiß es nicht...< hauche ich unter dem krampfenden Gefühl in meinem Bauch.

>Wenn ich dir ein Geheimnis von mir erzähle, verrätst du mir eins von deinen?< Seine Augen glänzen im Licht der Glühbirne und ich würde gerne meine Arme um ihn legen, so wie ich es schon einmal getan habe.

>Marlow, ich bin bei weitem nicht so interessant, dass...<

>Verrätst du mir eins? Eins meiner Wahl?< unterbricht er mich. Mechanisch nicke ich.

>Okay gut.< Wie ein Kind streckt er mir seinen kleinen Finger entgegen. Als sich unsere Hände berühren, verdoppelt sich die Schnelligkeit meines Herzschlags. Warum lasse ich mich darauf ein? Warum habe ich das Gefühl, dass ich bei dem Marlow hier in der Abstellkammer so sicher zu sein, dass ich ich selbst sein kann, aber wenn ich ihm in der Schule begegne ist er wie ein anderer Mensch? Wie kann jemand einerseits so viel Sicherheit ausstrahlen, aber auf der anderen Seite genau das sein, was ich am meisten auf der Welt verabscheue?

Ein ignoranter, oberflächlicher Kerl, der lieber beliebt ist, als sich den Konsequenzen bewusst zu sein.

>Ich wusste, dass du letzte Woche eine Panikattacke hattest, weil...< er stockt. Oh nein. Warum fängt er jetzt damit an? >...Weil auch ich immer mal wieder welche habe. Seit letztem Sommer. Immer wieder. Und ich glaube, wenn ich das was passiert ist, ungeschehen machen könnte, dann würden sie endlich verschwinden.<

Seine Mundwinkel zucken nervös, aber sein Blick ist ruhig. Er vertraut mir. Ich starre ihn unentwegt an. Er? Marlow? Panikattacken?

>Was ist passiert?< flüstere ich und schaue auf unsere Hände.

>Ich...ich bin dafür verantwortlich, dass mein bester Freund nie wieder in sein altes Leben zurückkehren wird, dafür, dass er niemals seinen Traum leben wird. Unseren Traum.< er schluckt und ich beobachte seinen Adamsapfel, der sich in seinem Hals verschiebt.

Dieses Mal traue ich mich, ihm ins Gesicht zu schauen. Es sieht in diesem Licht so schön aus. Zerbrechlich, maskulin, aber trotzdem noch stark.

>Bestimmt hast auch du schon eine Version gehört, wie es dazu gekommen ist, dass mein bester Freund Miguel im Koma liegt. Naja, dass ich daran Schuld bin, weil ich mit Restalkohol gefahren bin, ist wahr. Ich bin schuldig, Parker.< wieder schluckt er und ich lege reflexartig meine Hand an seinen Hals und seinen Unterkiefer. Mein Daumen streicht über die kleinen Bartstoppeln und ich spüre, wie Marlow lange und langsam die Luft einzieht. Warum hat er diese heftige Anziehungskraft auf mich, die ich einfach nicht kontrollieren kann?

>Jeder Mensch tut in seinem Leben schlimme Dinge...< beginne ich vorsichtig. Was sagt man zu jemanden, der einem gerade so ein Geständnis gemacht hat? Jemanden den man eigentlich gar nicht kennt, aber mit dem ich mich gerade so sehr verbunden fühle, wie bisher nur mit einem anderen Menschen in meinem Leben?

>Schon gut, du musst dazu nichts sagen. Ich wollte nur, dass du die Wahrheit kennst.< Das Lächeln auf seinem Gesicht ist müde und er ergreift mit seiner Hand meine, die an seinem Hals liegt. Warum wirkt alles mit ihm so vertraut für mich?

>Danke...< es ist tonlos, aber aufrichtig.

>Verrätst du mir, wofür du dich jeden Tag selbst bestrafst?< Ich zucke zusammen und erstarre. Ich habe mir vielem gerechnet aber nicht damit. I

Ich beiße mit meinen Zähnen so stark aufeinander, dass es in meinen Ohren pfeift. Warum fragt er mich genau DAS? Bestrafe ich mich selbst? Oder ist es einfach die Art und Weise, wie mein Gehirn funktioniert? Wehre ich mich dagegen Glück zu empfinden?

>Das mache ich gar nicht...< Ich lasse meine Arme sinken und schlinge sie um meinen Körper.

>Weißt du...manchmal wenn ich dich anschaue, habe ich das Gefühl, dass du es dir verbietest glücklich zu sein...oder irre ich mich?< Mit seinen großen Händen zeichnet er große Kreise auf meinem Rücken und ich lasse meinen Kopf an sein Schlüsselbein sinken. Ich möchte ihm einfach nah sein, denn er hat recht. Da ist dieser Teil in mir, der immer wieder aus voller Kehle brüllt, dass ich es nicht verdient habe. Dass ich nicht gut genug bin, weder für eine Familie, noch für Freunde geschweige denn dafür Glück oder Liebe zu empfinden. Warum ist Cooper wohl sonst vor mir abgehauen? Oder meine Eltern? Warum werde ich weiter gereicht wie eine ungewünschte Retoure. Ich denke, es ist nur das schlechte Gewissen, dass mich noch niemand endgültig verschrottet hat.

Mit zwei Fingern hebt Marlow mein Kinn an und zwingt mich dazu ihn anzuschauen.

>Du hast es mir versprochen zu antworten, also lass mich jetzt nicht hängen, Parker.< Eine Reflexion blitzt in seinen Augen auf und ich zwinge mich dazu seinen neugierigen Blick zu erwidern.

>OOOkay, was läuft hier?!< Es ist Kelly, die die Tür zur Abstellkammer geöffnet hat und jetzt mit der Hand vorm Mund Marlow und mich abwechselnd mustert. Meine Chance aus dieser Situation zu entkommen.

>Gar nichts, Kelly. Aber ich warte noch auf eine Antwort von Parker.<

Immerhin hat er jetzt die Arme sinken lassen und legt nur noch seinen Kopf schief, während ich versuche etwas mehr Abstand zwischen uns zu bringen.

>Ich schätze es ist Masochismus mit einem Hauch von Vertrauensproblemen. Und jetzt entschuldige mich bitte.< unsanft schiebe ich mich an ihm vorbei, versuche dabei keine Dosen umzustoßen und begleite Kelly wieder an die frische Luft. Die Sonne ist so hell in meinen Augen, dass ich meine Augen abschirmen muss um etwas zu erkennen. Bei Marlow war es eben noch so warm, jetzt vermisse ich eine Jacke. War es ein Fehler ihn dort einfach stehen zu lassen? Der Aufbaufür die Hochzeit ist jetzt vollständig abgeschlossen und die Meisten der Gäste haben bereits auf den Stühlen vor einem hölzernen, berankten Bogen platz genommen.

Wie lange sind wir in der Abstellkammer verschwunden, hat noch jemand was gemerkt und Kelly...was glaubt sie gesehen zu haben?

>Lil, ich mag dich, aber bitte klär mich endlich über Marlow auf. Läuft da was zwischen euch, stehst du auf ihn? Und dann bist du mit ihm feiern, in der Schule schwänzt du aber die Kurse mit ihm, klär mich bitte auf, ich bin neugierig!< ihre Stimme ist schrill, als sie sich bei mir unterhakt und mich zu einer der freien Reihen führt.

>Und wegen deines Hausarrests konnten wir gar nicht reden...<

Die letzten Stühle um uns herum werden nach und nach auch besetzt  und ich schätze, dass ich Kelly wohl auch weiterhin mit den gewünschten Infos vertrösten muss, wenn sie nicht die halbe Trauung ihrer Schwester verpassen möchte. Ich lege meinen Finger an die Lippe als ein sanfte Melodie erklingt. Auf der kleinen Bühne rechts von uns steht Mallory mit einem hinreißenden -grün-weißen Kleid und spielt die Einzugsmelodie auf ihrer Geige. Collin und Manuel kommen zuerst an uns vorbei und man hat beinahe den Eindruck, dass Collin Manuel hinter sich herzieht, so wenig kann er die folgende Zeremonie abwarten. Mit starrem Blick auf die Terrasse kommt er zum stehen und zwingt sich sichtlich zu langen und langsamen Atemzügen.

Manuel schaut sich in der Menge um und bleibt mit einem Lächeln bei seiner Schwester hängen. Sein Blick ist voller Stolz. Erst als Mallory absetzt und auch erwartungsvoll auf die üppig geschmückte Terrasse schaut, folgen wir alle ihrem Blick und erheben uns. Amber sieht umwerfend aus. In ihrem Kleid sind viele kleine Blumen eingenäht und ihre Schleppe bedeckt den gesamten Mittelgang bis zum Altar. Mallory spielt wieder und ein Raunen wandert durch die Menge, als Amber gemeinsam mit ihrem Dad an uns vorbei schreitet. Collin kann seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Er sieht so aus wie ein kleiner Junge, wenn er weint, so stark verzieht er dabei sein Gesicht. Manuel hat ihm seine große Hand auf die Schulter gelegt und grinst ihn aufmunternd an.

>Mit so einem Kleid, könnte ich auch noch mal über das Heiraten nachdenken.< flüstere ich zu Kelly, die seit dem Einzug mich fragend von der Seite anschaut und anstupst.

>Dazu musst du aber einen Ehemann finden, Lil...< entgegnet sie mit einem Zwinkern und schaut sich anschließend um, beinahe so als würde sie schon Ausschau nach einem passenden Modell halten. Vorsichtig stoße ich sie mit dem Ellbogen an und wir folgen der Zeremonie.

Ich war vorher noch nie auf einer Hochzeit und ich schätze auch nicht, dass die, die noch folgen werden, dieser hier das Wasser reichen können. Die Trauung ist nicht pseudoreligiös sondern wirklich romantisch. Alle um mich herum sind damit beschäftigt ihre Augen abzutupfen, inklusive Kelly, als sie für ihre Worte auf die Bühne gerufen wird. Ich versuche die Tränenflüssigkeit so gut es geht weg zu blinzeln. Öffentliche Zurschaustellung von Gefühlen ist nicht mein Ding.

>mhhhm Hallo? Hallo! Mein Name ist Kelly Glenmora, ich bin jetzt die stolze Schwägerin von Collin O'Riley!< ihre Wangen glitzern von den Tränen auf ihrem Gesicht, als sie ihren Schwager und ihre Schwester umarmt.

>Meine Schwester Amber hat mich gebeten ein paar Worte zu sagen...Amber ist eine wunderbare, talentierte Sängerin, das wisst ihr bestimmt alle schon, aber nicht, dass sie wohl alle ihre Songs nur über ihren Collin schreibt. Amber, du bist wohl die einzige Person, die ich kenne, die an die wahre Liebe glaubt und sie auch gefunden hat. Und dann auch noch so Klischeemäßig in einem Angestellten der eigenen Ranch.< ein Lachen geht durch die Reihen und Kelly wandert mit den Augen durch die Reihen. Sie bleibt bei mir stehen.

>Ich habe Amber gefragt, warum Er, warum Collin? Und sie sagte...< ihre Stimme beginnt zu beben und sie schaut kurz zu Boden, als ihre Schwester ihren Arm um sie legt.

>Sie sagte, dass dieser Mann all das in ihr vervollständigt, von dem sie Gedacht hat, dass sie es niemals finden wird. Ihren Mut, das Gefühl von Heimat, die wir zurücklassen mussten, die Risse, die andere in ihrem Herzen hinterlassen haben und zuletzt ist Collin ihr bester Freund- warum sollte er das nicht für immer sein?< Kelly kämpft mit den Tränen, aber Collin und Amber schließen sie in ihre Arme. Auch ich habe mit das Atmen verboten, aus Angst, dass ein Schluchzen heraus dringen könnte.

>Aber das wichtigste, was sie zu mir gesagt hat ist wohl: Kelly, alles was wir in unserem Leben tun, ist vergänglich, aber wenn wir es mit Liebe tun, werden sich die Menschen daran erinnern. Zu lieben ist das Beste was wir tun können!< Mit diesen Worten ergreift sie ein Glas von dem Tablett und hebt es in die Luft.

>Auf Amber und Collin! Ich liebe euch!< Mein Herz fühlt sich in diesem Moment so schwer an und auch ich kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Liebe ist schon etwas seltsames.

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