Tollpatschige Liebe

By Quzelkurt

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Shirin ist auf dem Weg einen neuen Abschnitt in ihrem Leben zu beginnen. Weg aus der Kleinstadt, welche man s... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49

Kapitel 8

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By Quzelkurt

Wenn ich sage, dass ich meinen Chef die letzten Wochen gemieden habe, dann habe ich das auch. Es tat meinem Blutdruck überhaupt nicht gut, in seiner Nähe zu sein. Ich habe still meine Arbeit verrichtet, habe protokolliert, sobald eine Verabredung mit einem Kunden anstand, habe fleißig die Tabellen gefüllt und ausgewertet sowie meine Umfragen. Die kamen gut an! Und bald gibt es auch Kakao! Aber erst muss alles für die Gala stehen. Es wurde schon eine Location gefunden, nur will mein Chef schauen, ob es auch gut genug ist. Und deshalb machen wir uns gleich auf den Weg. Ob ich absolut nervös bin und jetzt schon Schluckauf habe? Ja. Hört man es in der ganzen Etage? Ebenso. Ich bin schon bei meinen Kollegen bekannt dafür und sobald sie einen Hickser von mir hören, beginnen sie schon wissend zu lachen. Es ging auch schon herum, wie ich mit dem Chef rede. Du traust dich aber etwas! oder Und du hast keine Abmahnung bekommen? Ich bin ja selbst überrascht, dass ich es ohne einen Beinbruch fast einen Monat geschafft habe. Aber ich muss zugeben, dass ich mich seit dem Bollywoodabend auch so gut es geht vor ihm verstecke. Immer, wenn ich ihn sehe, dann habe ich seinen Schoß, seine Oberarme und sein schönes Hemd an meinem Gesicht im Kopf. Ich will dann immer kreischen und ich habe es auch oft in meinem Büro gemacht. Aber dann denke ich an den Spruch: Einmal ist keinmal. Also war das eine Mal auf dem Schoß meines Mannes ... meines Ehem-, großer Gott! Chef! C. H. E. F! Das eine Mal auf dem Schoß meines CHEFS war also keinmal. Das zählt nicht. Das war eine Probe. Mehr nicht.

Ich seufze verzweifelt. Ich schwärme von meinem Chef! Das ist nicht gut. Er ist aber so lieb und nett, wenn er mal nicht trocken ist. Er ist oft trocken und deshalb beschimpfe ich ihn in meinem Büro allein oder mit Narin, wenn wir unsere Pause miteinander verbringen. Wir verstehen uns echt gut und ich habe sogar ihre Nummer. Sie ist meine erste Freundin hier in der Großstadt und ich habe sie schon zu mir nach Hause eingeladen! Wir sind letzten Freitag sofort zu mir gefahren, haben Sushi bestellt und ich habe ganz viele Süßkartoffelpommes und einen Teller mit Tortilla-Chips und Guacamole gemacht. Wie sich herausgestellt hat, liebt sie Shah Rukh Khan und als ich ihr meinen lebensgroßen Pappaufsteller gezeigt habe, ist sie durchgedreht. Sicherlich haben meine Nachbarn sie schon gehört. Sie hat sogar Fotos mit dem Papp-Shah-Rukh-Khan gemacht und wir sind bis nach Mitternacht noch auf dem Sofa geblieben und haben getratscht. Das tat wirklich gut. Das habe ich gebraucht. Ich habe ihr von all meinen liebsten Sachen erzählt. Ich habe ihr meine Schneekugelsammlung gezeigt, meine Pflanzen vorgestellt, ihr meine Elefantengießkanne gezeigt. Sie war begeistert von meiner Lippenstiftsammlung. Das fand ich auch besonders schön. Sonst wurde mir immer gesagt, dass es zu viel wäre und ich es niemals aufbrauchen werde, aber darin besteht doch der Sinn einer Sammlung. Dass die Sammlung immer bestehen bleibt.

Wovon ich ihr aber nicht erzählt habe, war vom Besuch meines Chefs. Das ist ein kleines, schmutziges Geheimnis. So schmutzig, dass ich die Stelle, auf der er saß, beim Reinigen meines Sofas nicht mit einbezogen habe. Und ich sitze komischerweise jetzt immer dort. Niemand darf erfahren, dass ich in meinen Chef verknallt bin, aber es kann mir auch niemand übelnehmen! Nicht bei diesem hübschen Mann, der so toll umarmen kann. Aber so toll ich ihn auch finde, will ich gerade echt nicht an der Tür klopfen, aber wir müssen los! Wir müssen in einen anderen Stadtteil für die Besichtigung. Ich atme einmal tief ein, klopfe dann an der Tür, ohne mir Zeit zu lassen, als ich hineintrete. Er schreibt gerade etwas zu Ende und dann schaut er mich mit seinen hellblauen Augen an. Mich überkommt das Bedürfnis, meine Lider zusammenzukneifen, als ich sie ansehe. Sie sind so verdammt hell. Wo er wohl einkaufen geht? Penny? Nein. Lidl? Vielleicht? Er sieht aus wie ein Edeka-Typ. Groß, viel Auswahl und teuer. Ja, das passt zu meinem Chef mit dem kuscheligen Schoß. "Können wir los?" Er nickt, erhebt sich dann, um sein Jackett zuzuknöpfen. Sein dunkelgraues Jackett. Ein Jackett, das ihm sehr gut steht. "Wir fahren gemeinsam." "Ich weiß. Immerhin kenne ich mich hier nicht aus. Da kann ich nicht anders, als auf Sie zu warten", antworte ich, als er sich vor mich stellt. Oh Mann, riecht er gut.

"Nein. Sie haben mich falsch verstanden. Wir fahren gemeinsam in einem Auto." Oh ... oh Gott. Mir wird heiß, aber jetzt kann ich ihn endlich Toto vorstellen! "Okay. Wir fahren mit Toto." Seine Augenbraue hebt sich. Will er etwa nicht mit Toto fahren? "Gibt es ein Problem?", frage ich streng. Schämt er sich etwa, mit Toto zu fahren? "Nein, ich bin nur überrascht von Ihrem Durchsetzungsvermögen." "Sie können sich glücklich schätzen, Toto kennenlernen zu dürfen. Er ist der Beste!" "Sie geben wirklich alles und jedem einen Namen, nicht wahr?" "Natürlich. Immerhin möchten Sie ja auch, dass man Ihren Namen kennt und ihn verwendet." Was ist das für eine blöde Frage? Ich fühle mich manchmal schuldig, wenn ich Sachen, die mir wichtig sind, keine Namen gebe. So herrscht keine persönliche Verbindung. "Kennen Sie meinen überhaupt noch?" Wie könnte ich Ihren hübschen Namen vergessen, Sie hübscher Hübschling. Ich kann nicht einmal Ihren Schoß vergessen und ihre warme Brust und ihre tollen Oberarme und oh Gott, wenn ich wieder daran denke, wie ich Ihren Rücken berührt habe, als ich Sie ins Wohnzimmer geschubst habe. "Shirin?" "Huh? Oh, ja klar! Ich kenne Ihren Namen noch." Und ich werde ihn niemals vergessen. Erst recht nicht, wenn meine Wangen sich wieder anfühlen, als würden sie in Flammen stehen.

Mein Chef schaut mich eindringlich an, während ich das Gefühl habe zu platzen. Wieso schaut er mich an? Er soll wegschauen! Ich kneife wieder meine Lider zusammen. Seine Augen sind wirklich unbeschreiblich hell. "Ist alles in Ordnung?" "Alles bestens", erkläre ich ruhig. Sehr ruhig. Zu ruhig. Zum Glück hat er keine Blutdruckmanschette hier und auch kein Stethoskop, sonst würde er bemerken, wie hoch mein Blutdruck gerade ist. "Gut." Er nickt, wenn auch mit zusammengezogenen Augenbrauen und deutet mir an, vorzugehen. Denkt er manchmal auch an den Abend? Fand er es schön? Angenehm? Oder hat er mich als penetrante Klette im Kopf? Aber genervt wirkte er nicht. "Werden wir lange brauchen? Ich habe Hunger." "Es wird nicht lange dauern. Keine Angst", erwidert er nah. Warum seine Stimme so nah an meinem Ohr ist, verstehe ich nicht. Erst, als ich seine Hand sehe, die sich auf meine legt, als ich die Tür öffnen will. Oh Gott! Er zieht sie langsam zurück und ich erstarre. Seine Hand ist so schön warm. Und schon wieder beginnen die Geigen zu Humko Humise Chura Lo in meinem Kopf zu spielen. "Verzeihen Sie. Ich wollte nicht übergriffig werden." "Nicht schlimm", murmele ich erhitzt. Erst jetzt realisiere ich, dass es gerade seine Brust war, die meinem Rücken berührte. Oh Mann, ich kippe gleich um. "Ist alles in Ordnung?" Oh Gott! Ich darf nicht schwärmen, wenn er hinter mir ist! "Ja", schreie ich schon fast. Ich muss mich zusammenreißen!

Damit öffne ich die Tür und eiere aufgeregt zum Aufzug. "Wollen Sie nicht Ihre Jacke holen?" Mir ist gerade so heiß, dass ich mich am liebsten in den braun-grauen Restschnee am Straßenrand werfen will. "Geht schon. Toto wird schnell warm. Mein Bruder hat in einer Kfz-Werkstatt gearbeitet, bevor er sich selbstständig gemacht hat und er hat Toto optimiert. Sie werden nicht frieren", verspreche ich ihm auf dem Weg zum Aufzug, als ich mich wieder zu ihm umdrehe. Ich verliere aber mein Gleichgewicht auf den hohen Schuhen durch das Drehen zu ihm. "Shirin!" Er hält mich. Er hält mich! Oh Gott, er soll mich in den Schnee werfen, mir wird heiß! Vor Narin auch noch! Ihre Augen weiten sich, aber ihr Grinsen sagt mir, dass sie mir nicht böse ist. Aber Hendrik schaut auch überrascht und weil es mir so unangenehm ist, verstecke ich mich an seiner tollen Brust. "Sind Sie umgeknickt?" "Nein", murmele ich, als er mich stabilisiert. Für das nächste Mal weiß ich Bescheid, dass ich mich entweder für das Reden oder für das Drehen entscheiden soll und danach erst die nächste Handlung ausführe. Zwei Sachen auf einmal sind doch zu viel für mich. Ich drehe mich einfach um und schaue ihn nie wieder an.

Der Aufzug ist leer. Um diese Uhrzeit ist das normal, aber gerade verfluche ich sämtliche Mitarbeiter, die keinen Aufzug fahren. Ich stelle mich dicht an die Aufzugknöpfe, ignoriere so gut es geht die Anwesenheit meines Chefs hinter mir. "Sicher, dass Ihnen nicht kalt wird?" "Wir laufen doch nur zu meinem Auto." "Es ist aber kalt draußen." "Sie haben doch ebenfalls keine Jacke mitgenommen." "Ich habe sie Ihretwegen vergessen." Meinetwegen? Jetzt verstoße ich doch gegen meine Regel und schaue streng zu ihm. "Also mich als Grund für den anfangenden Gedächtnisschwund zu nehmen, finde ich jetzt gemein. Je älter man wird, desto schneller vergisst man Sachen." Stille. Nur das leise Ping des Aufzugs und das Aufgehen der Türen ist zu hören. Wir bleiben noch einige Sekunden in der Kabine, starren uns an. Er fassungslos und ich stumpf. Also mich muss er jetzt wirklich nicht beschuldigen. Das ist mehr als unangebracht. "Wir müssen noch zu einem Besichtigungstermin." Damit beende ich den Starrwettkampf und stolziere zu Toto. Das habe ich gut hingekriegt. Selbstbewusst und ohne einen einzigen Hickser! Das muss ich meiner Familie erzählen.

Ach du Heiliger, wie kalt ist es draußen? Ich ziehe scharf die Luft ein. Heute Morgen war es aber nicht so kalt. Vermutlich, weil ich eine Jacke anhatte. Ich erschaudere. "Und? Kalt?" Dieser alte Mann! Ich drehe mich wütend zu ihm. "Nein", erwidere ich. "Sicher?" "Sehr sicher." "Wieso sind Ihre Schultern dann angehoben und wieso fahren Sie sich über Ihre Arme?" "Wieso beobachten Sie mich?" Jetzt hält er inne und hebt seine Augenbraue. "Wir haben einen Termin, Shirin. Diskutieren Sie nicht mit mir, weil mir auffällt, dass Sie frieren." Und damit geht er zu Toto - und ich bin sprachlos. "Warum sind Sie jetzt so gemein?", murmele ich schmollend. War das zu viel? War ich zu ausfallend? Ist er jetzt sauer auf mich? Ich trotte ihm ernüchtert nach. Er muss nicht sofort so gemein zu mir sein. Wie er vor Toto steht, ist ungewöhnlich. Es passt nicht zu ihm. "Wie finden Sie ihn?", frage ich, als ich das Auto aufschließe. "Etwas klein für meinen Geschmack." Als ich einsteige, spanne ich mich an. Toto ist eiskalt! Mein Atem bildet sogar Flöckchen! Heute Morgen war das nicht so! Oh Gott, schnell den Wagen anschalten und die Heizung hochdrehen. "Oh Gott!", presse ich hervor. Es ist arschkalt! "Haben Sie die Adresse?" "Ja. Ich sage Bescheid, sobald Sie abbiegen sollen." Okay, dann kann ich die Musik anschalten und losfahren.

Das erste Lied ist Party in the U.S.A. Ein absoluter Klassiker von Miley Cyrus. Ich summe sofort mit. "Kennen Sie das Lied?" "Nein." "Nicht? Kennen Sie Hannah Montana?" "Kommt mir bekannt vor." "Tun Sie nicht so. Jeder, der eine gute Kindheit hatte, hat Hannah Montana geschaut." "Wahrscheinlich in Ihrer Generation. Zu meiner Zeit gab es andere Serien." Ach so. Stimmt, er ist ja älter. "Hören Sie eigentlich Musik?" "Gelegentlich." "Und was für Musik?" "Alte Klassiker. Sie müssen nach rechts." Ich blinke sofort. "Also Mozart und so?" "Nein." "Was dann?" "Definieren Sie als Klassiker Mozart?" "Nein, aber Sie wirken wie jemand, der Mozart hört." Zumindest denke ich, dass reiche Schnösel so etwas hören. "Was ist Ihrer Ansicht nach ein Klassiker?" "Billie Jean oder Thriller." "Sie hören Michael Jackson?", fragt er nun verblüfft. "Wenn nicht ich, wer dann? Ich habe das Gefühl, dass keiner um mich herum seine Musik hört, obwohl er der Beweis für guten Musikgeschmack ist." Ich schmeiße ihm mein Handy zu. "Schauen Sie sich meine Playlist an. Suchen Sie sich Lieder aus." "Wieso haben Sie eine gelbe Blume als Titel für Ihre Playlist?" "Weil ich gelbe Blumen und vor allem gelbe Rosen liebe. Orangene noch mehr, aber davon gibt es keinen Emoji. Haben Sie Lieblingsblumen?" "Nein. Gleich müssen Sie links auf die Autobahn." So sieht er auch aus, aber das verkneife ich mir. "Was ist Ihr Lieblingslied?" Da muss ich tief seufzen. "Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube Dirty Diana, aber ich mag auch Wanna Be Startin' Somethin' und You Rock My World und The Girl Is Mine. Das Lied gibt mir gute Laune. Hören Sie Ihn auch?" "Er ist mein liebster Interpret."

Und schon wieder beginnen die Geigen zu spielen. Wir haben eine Gemeinsamkeit. Oh Gott, er hat Geschmack! Wir könnten immer zusammen Michael Jackson hören. "Haben Sie ein Lieblingslied?" "Remember The Time." Ich summe glücklich. "Eine gute Wahl! Das ist ein echt gutes Lied. Spielen Sie es ab! Es ist in meiner Playlist." "Ich sehe, dass Sie ein Gemisch mehrerer Genres in Ihrer Playlist haben." "Ja. Ich mag unter anderem lateinamerikanische Volksmusik." "Und Bollywood, wie unschwer zu erkennen ist." Jetzt muss ich wieder an unseren gemeinsamen Abend denken. Hat es ihm gefallen? Denkt er manchmal daran? Meine Schultern heben sich verlegen. "Ja. Das ist eine Liebe." "Sind das Soundtracks aus Mario-Spielen in Ihrer Playlist?" Ich japse nach Luft. "Ja! Spielen Sie die ab! Ich liebe es, diese Lieder auf der Autobahn zu hören." Er spielt sofort das erste Lied ab: Coconut Mall. Ich überhole sofort den grünen LKW, als ich auf die Autobahn fahre. "Shirin!" Ich wechsele auf die linke Spur, um alle zu überholen. Mein Chef scheint nicht begeistert davon zu sein, aber ich bin eine gute Fahrerin! "Machen Sie sich keine Sorgen." "Machen Sie das öfter?", fragt er unruhig. "Immer, wenn ich die Musik höre." Am liebsten würde ich eine Bananenschale aus dem Fenster werfen. "Fahren Sie langsamer, wir müssen die nächste Ausfahrt nehmen." Schade, aber es hat trotzdem Spaß gemacht.

Als wir die Ausfahrt verlassen, bemerke ich sofort, dass wir uns in einer vornehmen Gegend befinden. Hier sind nur riesige Häuser. Einige davon erinnern mich an das Anwesen der Raichands. "Dauert es noch?" "Weniger als fünf Minuten." "Haben Sie eigentlich die restlichen Tacos gegessen?" Ich muss es wissen. Diese Frage plagt mich seit Tagen. "Habe ich, Shirin." Puh! Und er spricht meinen Namen wieder so wunderbar aus. Das darf er ruhig öfter tun. "Sie mochten es, oder?" "Tatsächlich." "Sind Sie wählerisch?" "Bin ich." Ist er. Und ich habe ihn mit der ersten Speise sofort überzeugt! Ich kann nicht anders, ich muss grinsen! "Fahren Sie die Auffahrt hoch. Hier direkt." Das riesige Ding? Das ist ja ein Schloss! "Wow", hauche ich. Es ist wunderschön. Hier möchte ich heiraten. Ich fahre uns durch die gold verzierten Tore direkt vor den riesigen Springbrunnen. Der ist wunderschön. So einen möchte ich auch haben. Ich bin überwältigt. "Ich weiß nicht, ob man hier parken darf." Das ist mir egal. Ich wollte schon immer vor einem Springbrunnen parken. "Es sind doch nur wir, oder?", murmele ich abgelenkt, als ich das Auto abschalte. "Ja." Damit öffne ich meinen Gurt. "Na dann. Haben Sie diesen schönen Brunnen gesehen?" "Habe ich tatsächlich." Ich kann meinen Blick nicht abwenden! Er ist wunderschön!

Was ich leider vergessen habe, ist die Kälte. Oh Gott, ich zittere sofort! Kann ich nicht mit Toto ins Schloss fahren? Mir war die restlichen Tage noch nie so kalt wie heute. "Kommen Sie, sonst erfriere ich noch", ächze ich auf dem Weg zum Eingang. Ich kann nicht auf ihn warten, weil mir so schrecklich kalt ist. Es wird nur noch schlimmer, als ich die schwarzhaarige Frau sehe, die ausgerechnet jetzt hinaustritt, um uns zu begrüßen. Das kann sie auch machen, wenn wir drin sind! "Herr Azwer! Wir haben schon auf Sie gewartet." "Auf uns", korrigiere ich sie genervt. Wieso steht sie hier und friert nicht? Sie hat keine Jacke an. Ihre dünnen Augenbrauen heben sich, als sie mich ansieht. Ich sehe, dass sie grüne Kontaktlinsen trägt. "Natürlich." Es setzt sich ein einstudiertes Lächeln auf ihre roten Lippen. "Sie sind?" "Shirin." Oh Mann, seine warme Stimme spricht meinen Namen immer so perfekt aus. Ich will mich gerade zu ihm drehen, als oh! Er legt sein Jackett über meine Schultern. Mein Chef legt sein gut riechendes Jackett über meine Schultern! Ich kippe gleich um! Heute werde ich nicht duschen. Sowohl ich als auch die Schwarzhaarige sind überrascht von seiner romantischen Tat.

"Guten Tag." Ich bin zu benebelt von seiner Schönheit und seiner tollen Tat. Seine freie Hand wärmt meinen linken Oberarm. Der andere berührt die Hand der Frau. "Ich bringe Sie sofort rein, bevor Ihre Partnerin friert." Ja, bitte! Ich kann nicht mehr. Ich schlüpfe in die Ärmel des Jacketts, drücke es an meinen Körper und atme wahrscheinlich noch lauter als sonst. Das ist wirklich nett von ihm. Wir folgen der Frau in die riesige Empfangshalle. Links und rechts führen weiße Treppen mit den schönsten Geländern hoch, um eine perfekte Aussicht auf alle Gäste zu bieten. Ich höre der Frau gar nicht zu. Wie gern ich hier hunderte von Pflanzen hinhängen und aufstellen würde. Efeu um die Geländer wickeln, einige schöne Blumen mitwachsen lassen. Es ist herrlich hier. "Wenn wir durch die braunen Türen gehen, kommen wir auch schon zum Hauptraum. Garderoben sind nach Geschlecht getrennt und werden von Personal bewacht." Ich bin überwältigt. Wie schön! Die kunstvollen Verzierungen der weißen Wände. Der wunderschöne, große Kronleuchter. Das Muster auf dem beigen Hochglanzboden erinnert mich an ein schönes Mandala. Ich stelle mich unter den Kronleuchter, genau auf die Narbe der Blume, drehe mich langsam dabei. Es ist perfekt. Ich will! Hier will ich tanzen. Ich stelle es mir schon vor, in einem schönen Abendkleid, mit einem tollen Mann ... also meinem Chef. Das wird so niemals passieren, aber die Vorstellung genügt meinem romantischen Herzen.

Mein Blick fällt auf meinen Chef, der mich schon sanft anlächelt. Damit weiß ich, dass wir diese Location nehmen werden. "Ihre Partnerin scheint begeistert zu sein. Was halten Sie davon?" Nach ihrer Frage legt sie den Kopf zur Seite. Ihre Augen glänzen, als sie auf seine Arme schaut, die durch die Verschränkung vor seiner Brust besonders schön in diesem weißen Hemd betont werden. Sie braucht sich nicht noch näher zu ihm zu stellen. Er hört sie schon gut genug, auch wenn er alt ist. Ich ziehe das Jackett enger um mich, straffe meine Schultern dabei und gehe auf die beiden zu. "Und?", frage ich ihn, weil er der aufdringlichen Dame nicht antwortet. Ich weiß nicht wieso, aber ich kann nicht aufhören zu lächeln. Das liegt aber daran, dass er mich anlächelt. Er sieht so gut aus, wenn er lächelt! Und mir wird schwindelig deshalb. "Ihre Reaktion hat mich überzeugt, Shirin. Das hier ist die perfekte Location." Das ist sie! Ich freue mich! "Eine großartige Entscheidung! Ich führe Sie noch in die Nebenräume." Das kann sie gern machen, aber sie soll ihre Hand nicht auf seinen oberen Rücken legen. Meine Laune sinkt sofort. Sie kennen sich nicht und er kann es als übergriffig empfinden. Es kann sein, dass er sich dabei nicht wohlfühlt und es ihm zu unangenehm ist, es auszusprechen. Meine Lippen zucken, meine Hand ballt sich für einen Moment zur Faust.

Ich mag es nicht, wenn andere sich zu wohl fühlen und Leute ohne deren Erlaubnis einfach so berühren, ohne die Grenzen zu kennen. Ich habe meinen Chef einmal zwar am Handgelenk hinter mir hergezogen, aber für mich ist es ein Unterschied, wenn er bei mir zu Hause ist und wir uns gut verstehen und wenn es eine wildfremde Frau macht, die die ganze Zeit seinen Körper mustert. Ich sehe ihre Körpersprache. Wie sie sich mit hervorstehender Brust und heller Stimme an ihn wendet und ausschließlich ihn mit Informationen anspricht. Da herrscht keine relativ platonische Verbindung. Es erinnert mich an meine Erfahrungen. "Okay, aber wir haben nur noch fünf Minuten Zeit", wende ich ein. Es tut mir leid, dass ich seinen Arm nehme, aber es brennt mir auf der Seele, dass er sich vielleicht auch unwohl fühlt und gerettet werden muss. Ich werde mich gleich auch deshalb entschuldigen. Nur bin ich gerade verdammt emotional und will es schnell hinter mich bringen. Ich lasse seinen Arm nicht los, ziehe ihn immer ein Stück näher zu mir, sobald ich das Gefühl habe, dass die Frau Körperkontakt zu ihm sucht. Ich hoffe, er nimmt es mir nicht übel, dass ich seinen Arm umklammere. Es tut mir auch leid, dass ich Druck auf ihn ausübe, sobald der Blick dieser penetranten Frau auf uns fällt, aber es ist gleich vorbei.

Als wir endlich fertig sind und ich mir sicher bin, dass die Frau uns nicht folgt, atme ich erleichtert aus. Mir ist nicht einmal mehr kalt, weil ich die ganze Zeit angespannt, nervös war und die höchste Aufmerksamkeit aufbringen musste, um jeden Schritt der Frau zu verfolgen. Mein Chef hat sich nichts während der restlichen Führung anmerken lassen. Auch jetzt wirkt es nicht so, als wäre er verärgert, aber ich muss es trotzdem ansprechen. "M-Miran?" Es kostet mich Überwindung. Würde er nicht vor mir laufen, würde es mir sicherlich noch schwerer fallen. Mich überfällt eine Hitzewelle, als er stehenbleibt und sich dann anschließend zu mir dreht. "Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht überfallen und Sie auch eigentlich gar nicht festhalten. Mich hat es nur gestört, wie die Frau so übergriffig war." Ich hoffe, er ist mir nicht sauer. Ich kann verstehen, wenn er sich durch mich unwohl gefühlt hat, aber er soll wissen, dass ich überhaupt nicht dieselben Intentionen wie die Frau hatte. "Ich kann verstehen, wenn Sie mein Verhalten für unangemessen halten und es unangenehm für Sie war, aber ich wollte Sie in dem Moment nur schützen." So schützen, wie ich es mir damals gewünscht hätte. Das Thema geht mir verdammt nah. So nah, dass meine Augen schon glasig sind. Ich meinte es wirklich nur gut mit ihm!

Mein Chef sagt kein Wort. Ich sehe nur eine leichte Wölbung zwischen seinen Augenbrauen, als er einen Schritt auf mich zukommt. "Es tut mir wirklich leid. Seien Sie mir bitte nicht-," "Shirin." Mein Herz setzt einen Moment lang aus. Ich halte die Luft an, als er seine Hände auf meine Oberarme legt. Wenn er nur den Unterschied zu all den anderen männlichen Händen auf meiner Haut kennen würde, wüsste er, wie erleichternd sich seine Berührungen anfühlen. "Danke." Danke. Er dankt mir. Mich verlässt all die Anspannung. "Ich habe verstanden, was Ihre Intention war. Sie müssen sich weder entschuldigen noch rechtfertigen. Ich fühle mich geehrt, von Ihnen beschützt zu werden. Und Sie waren keineswegs unangenehm. Auf mich wirkte das Auftreten der Frau penetrant. Sie haben gute Augen und einen bemerkenswerten Beschützerinstinkt." Ich könnte hier und jetzt losweinen. Vor Erleichterung, vor Stolz und auch vor Überwältigung. Er kann sich nicht vorstellen, wie viel mir das bedeutet. Oh Gott, ich muss wirklich ein bisschen weinen. "Tschuldigung, ich kann nicht anders." Mein verlegenes Lachen überkommt mich, als ich mir die Tränen wegwische. "Sie dürfen fühlen. Alles ist in Ordnung." Ich kann mich auch schwer nicht in Ordnung fühlen, wenn er so sanft meine Schultern drückt und mich so schön anlächelt. Dann flattert mein tollpatschiges Herz immer so schön.

Bei dem Blick in seine hellen Augen überkommt mich das Gefühl, in ein warmes Meer zu gleiten, das mich vor all dem Bösen beschützt.
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Könnt ihr Shirins Reaktion nachvollziehen?

Die Playlist findet ihr auch auf Spotify auf meinem Profil Helan"

- Helo

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