The Fairytale Of A Witch

By yukimoon9810

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Kreoniel ist das Zentrum aller Märchenwelten. Die dort lebende Hexe hat 100 Jahre die Aufgabe, für die Ordnun... More

Prolog
Eins: Die weiße Hexe
Zwei: Eine neue Bekanntschaft
Weltenbuch I
Drei: Es werde Licht
Vier: Alleine
Fünf: Hexenjagd
Sechs: Zurück zum Alltag..?
Weltenbuch II
Sieben: Die Nacht der fallenden Sterne
Acht: Die falsche Prinzessin
Neun: Schuldgefühle
Weltenbuch III
Zehn: Das Schloss des blauen Ritters
Elf: In der Höhle des Löwen
Zwölf: Und wenn sie nicht gestorben sind..
Weltenbuch IV
Dreizehn: Im Schloss der Eiskönigin
Fünfzehn: Familienbande
Weltenbuch V
Sechzehn: Hinter dem Spiegel
Siebzehn: ...so leben sie noch heute!
Epilog

Vierzehn: Die Schatten der Vergangenheit

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By yukimoon9810


KÖNIGREICH ESYLLT

NEVA

"Du.. bist.. der Schneekönig?", fassungslos starrte ich Chion an.

"Aber wie..?"

Chion zuckte nur mit den Schultern.

"Bis vor kurzem waren all meine Erinnerungen an diesen Ort gelöscht. Ich hatte erst wieder Zugang zu ihnen, als uns die wandelnden Pfade hierher gebracht haben."

Immer noch sprachlos schüttelte ich meinen Kopf.

"Das.. das heißt du.. Maeve, du konntest ihr gar nicht helfen oder?"

Zornig ballte Chion seine Hände zu Fäusten. "Ich wusste es nicht. Dass..", seine Kiefermuskeln spannten sich an.

"..dass du Maeve hättest heilen können.", beendete ich flüsternd seinen Satz.

Mitgefühl stieg in mir auf und setzte sich in meiner Brust fest. Aus einem mir unerklärlichen Grund tat es weh, Chion so voller Selbsthass zu sehen. Auch das letzte bisschen Wut war mit einem Mal wie weggeblasen.


Entschlossen stemmte ich mich hoch und tapste mit wackeligen Schritten auf ihn zu. Dann griff ich seine Schultern und zwang Chion, mich anzusehen.

"Chion, hör auf. Du kannst nichts dafür, was passiert ist. Wie hättest du ohne deine Erinnerungen wissen sollen, dass du so etwas kannst?" 

"Trotzdem hätte ich irgendwie.. irgendetwas fühlen .."

Einem plötzlichen Impuls folgend schlang ich beide Arme um Chions Mitte und legte meinen Kopf auf seine Brust. Dann begann ich, in sanften Bewegungen über seinen Rücken zu streichen. Augenblicklich verkrampfte sich Chions Körper; ich konnte hören, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.

"Sei nicht so hart zu dir Chion, du bist kein schlechter Mensch.", entgegnete ich bestimmt.

Ich merkte, wie Chion sich durch meine Worte entspannte; gelöst vergrub er sein Gesicht in meinem immer noch feuchten Haar. Eine Weile standen wir so da und ich registrierte, wie Chion sich langsam beruhigte.

Mit einem gemurmelten "Danke." löste er sich schließlich von mir und stützte mich auf meinem Weg zurück zum Bett. Dann holte er ein paar frische Leinentücher aus einem Schrank im Nebenzimmer und wechselte die nassen Bettlaken. 



Nachdenklich blickte ich zu dem blauen Stoff über mir auf. Der Baldachin meines Bettes hatte denselben Farbton wie Chions Augen- ein kräftiges eisblau.

"Wessen Zimmer ist das hier eigentlich?", fragte ich beiläufig. 

Dieser Raum war zu edel eingerichtet, um einem einfachen Bediensteten zu gehören und ich wollte keinesfalls einer von Chions Schwestern das Zimmer streitig machen. 

"Normalerweise schlafe ich hier."

Mein Blick schnellte zu Chion zurück. Dem Schneekönig. 

Götter, ich befinde mich im Schlafzimmer eines KÖNIGS.

Blut schoss mir in die Wangen und färbte diese rosa. An Chions spöttischen Grinsen erkannte ich, dass auch ihm meine Verlegenheit nicht verborgen geblieben war. Mit drei großen Schritten war er bei mir. 

"Denkst du etwa an etwas Unanständiges?", immer noch grinsend ließ er sich auf die andere Seite des Himmelbettes fallen; mit hinter dem Kopf verschränkten Armen lehnte er sich an das hölzernen Kopfteil, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. Genau so hatte mich auch der kleine Junge angesehen- als wäre ich eine Schatzkarte, die es zu entschlüsseln galt.

"N..nein, wie kommst du darauf!", entgegnete ich heftiger als gewollt. Was dazu führte, dass ich gleich noch ein Stück röter wurde.

Prima, von Weitem sehe ich inzwischen bestimmt wie eine Tomate aus.

Chions Lachen ließ meinen Magen flattern.

Schlägt die Medizin etwa auf meinen Magen?

"Und du meinst also, du bist eine Hexe mit hundert Jahren an Erfahrung. Anscheinend bist du in manchen Dingen wohl doch nicht so ..sachkundig, wie du anderen weismachen willst."

"Schläfst du etwa hier?", nervös nestelte ich an meinem Verband herum, während ich versuchte, Chion mit dieser Frage abzulenken.

Mit einem Prusten rollte Chion sich auf die Seite; hakte aber tatsächlich nicht weiter nach.

"Ja, immerhin wohne ich hier. Außerdem hat mich deine Heilung viel Kraft gekostet und der Boden ist keine gute Option.", alleine der Gedanke an den harten Marmorboden ließ Chion das Gesicht verziehen.

"Aber es gibt doch sicher andere Zimmer-", setzte ich an.

"Leider nur fühle ich mich in keinem davon sicher, Schneeflocke. Meine Familie ist etwas.. speziell, was das angeht.", entgegnete Chion.


Ich seufzte, dann hob ich kapitulierend beide Hände.

"Ist ja gut, ich sage nichts mehr. Du hast mir mein Leben gerettet, da schadet etwas Dankbarkeit wohl nicht."

Chions Gesicht leuchtete auf.

"Reicht deine Dankbarkeit auch so weit, dass du zu mir kommst?", sein neckender Tonfall ließ meine Haut kribbeln.

"Träum weiter!", lehnte ich vehement ab. Schnell drehte ich mich Richtung Wand und zog die Decke bis zu den Schultern. 

Mein Gesicht machte der Temperatur meines Medaillons abermals absolute Konkurrenz. Mit einem leisen Lachen drehte Chion sich auf den Rücken, dann war es still. An seinen tiefen Atemzügen erkannte ich, dass er bereits eingeschlafen war.

Ich werde diese Nacht wohl kein Auge zutun.





Als mich die ersten Sonnenstrahlen an der Nase kitzelten, wurde mir bewusst, dass ich doch irgendwann eingeschlafen sein musste. Angenehme Wärme umfing mich, wohlig seufzend kuschelte ich mich tiefer in die Decken. Dabei stieß ich auf Widerstand in meinem Rücken, der sich erstaunlich.. menschlich anfühlte. Vorsichtig griff ich hinter mich und ertastete dabei nackte Haut. Erschrocken riss ich meine Augen auf und drehte meinen Kopf. Direkt hinter mir lag Chion; die obersten Knöpfe seines weißen Hemds hatten sich geöffnet, sodass ein Teil seiner leicht gebräunten Brust zu sehen war. Er hielt mich mit beiden Armen umschlungen, mein Kopf ruhte auf der Kuhle unterhalb seines Halses. Die Strähnen seiner kurzen schwarzen Haare waren zerzaust und fielen ihm in die Augen.

Mit angehaltenem Atem sog ich den Anblick in mich auf. Im letzten Moment konnte ich meine Hand stoppen, die sich automatisch erneut nach ihm ausgestreckt hatte.

Reiß dich zusammen Neva! 

Ich schluckte und holte tief Luft. Dann begann ich, mich vorsichtig aus Chions Umarmung zu winden. Seine Augen flatterten kurz, doch er schlief weiter.

Erleichtert stand ich nach einigen Minuten neben dem Bett und blickte auf den schlafenden Schneekönig. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass Chion aus einem Märchen stammte. Von dem ich bis zum heutigen Tag übrigens noch nie etwas gehört hatte.

So leise es meine immer noch schwerfälligen Beine zuließen, schlich ich zur Türe. Ich wollte diese Gelegenheit nutzen und mich etwas umsehen. Da dieses Schloss mehr oder weniger Chion gehörte, hatte ich keine große Angst. Außerdem wollte ich unbedingt mehr über ihn herausfinden- jetzt, wo ich schon einmal hier war.

Als meine nackten Füße auf den Boden vor Chions Schlafgemach trafen, zuckte ich zusammen. Der Boden war eisig kalt. Es fühlte sich an, wie barfuß durch Schnee zu laufen. Mit meinem sauberen, aber viel zu kurzen Leinenkleid war ich entsprechend schlecht gekleidet. Bevor ich mich umdrehen und in dem Zimmer hinter mir nach passendem Schuhwerk suchen konnte, hielt mich eine kleine Hand an meinem Kleid zurück. Überrascht sah ich an mir herunter. 

Hinter mir stand ein kleines Mädchen, deren weißes Haar noch heller schimmerte als mein eigenes. Es stand in starkem Kontrast zu ihren dunklen Augen, die blau wie die tiefste See glänzten. 

"Ich bin Eira!", die Stimme des kleinen Mädchens klang älter, als ich erwartet hatte.

Wie ein Vogel legte sie ihren Kopf schief und beobachtete mich. 

"Mein Bruder hat dich mitgebracht, hab ich Recht?"

Meint sie etwa Chion?

"Ja.. ich glaube schon."

Verzückt klatschte Eira in die Hände und nahm mich dann bei der Hand. 

"Komm mit, ich muss dir meine Schwester vorstellen!"

Summend hüpfte sie durch den langen Gang aus Eis und zog mich dabei hinter sich her. Schon bald spürte ich den kalten Frost an meinen Füßen nicht mehr, so sehr hatte mich das Schloss in seinen Bann gezogen. Die Wände waren gesäumt von unzähligen filigranen Eisskulpturen, die beinahe lebendig aussahen, so naturgetreu waren sie gestaltet. Staunend lauschte ich den Gesängen des Eises, die die unterschiedlichsten Geschichten zu erzählen schienen.

"Das sind die Seelen unserer Vorfahren.", erklärte Eira, als sie meinen versonnenen Gesichtsausdruck bemerkte.

Ich nickte nur und ließ mich von ihr weiterziehen. Ich hatte keine Ahnung, warum ich ihr überhaupt gefolgt war, doch es kam mir inzwischen absurd vor, eine Entscheidung dieses entzückenden Wesens anzuzweifeln.

Kurz darauf erreichten wir eine weiße Doppeltür, die Eira mit einer Hand aufstieß.

"Schwester, ich habe eine Überraschung für dich!"





CHION

Als Chion erwachte, war das Bett neben ihm leer. Fluchend schleuderte er das große Kissen aus seinen Armen, Nevas unverkennbar blumigen Duft nach Orangen und Minze immer noch in der Nase. Die Decken waren noch warm, sie konnte noch nicht lange weg sein.

Oh Götter, ich kann sie wirklich nicht aus den Augen lassen.


Er wollte Neva keinesfalls einsperren- sie liebte ihre Freiheit und diese würde Chion ihr nie nehmen. Doch sie wusste in ihrem derzeitigen Zustand nichts über seine Familie oder seine Vergangenheit, was gefährlich werden konnte.

Chion seufzte. Diese Frau ließ ihm wahrlich keine ruhige Minute.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. 

Das hat sie noch nie getan.

Routiniert wählte Chion ein hellgraues Ensemble aus Anzug und silber besticktem Mantel, dann griff er nach dem gläsernen Stirnreif, der in Esyllt alleine dem König jeder Generation zustand. Es war an der Zeit, seine Schwestern auf ihren Platz zu verweisen. Er würde nicht zulassen, dass sie Neva zu ihrem neuen Zeitvertreib auserkoren.




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