Soul Song

By next-door-left

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Connor ist Musiker mit Leidenschaft. Nichts bereitet ihm so viel Freude wie das Singen und Musizieren mit sei... More

Eine Stimme voller Melancholie
Ein zweiter Glückspilz
Ein schwarzer Americano
Ein nächtlicher Spaziergang
Ein schwesterlicher Rat
Eine überraschende Reaktion
Ein leeres Glas
Eine fragwürdige Entscheidung
Eine schwierige Mission
Ein langsamer Morgen
Ein gesamtes Orchester
Ein persönliches Gespräch
Eine heiße Blase
Ein schneller Lerner
Ein ruhiges Restaurant
Eine ehrenvolle Aufgabe
Ein chinesisches Frühstück
Eine bewegende Erkenntnis
Ein aufwühlendes Spiel
Eine direkte Antwort
Ein nächster Schritt
Ein geöffnetes Fenster
Ein unvollendetes Puzzel
Ein musikalischer Tag
Eine redundante Mahnung
Ein heißes Spiel
Ein heißeres Nachspiel
Eine getauschte Rolle
Eine haltende Umarmung
Ein paar Momentaufnahmen
Ein familiärer Brunch
Eine bestätigte Angst
Eine rastlose Entscheidung

Eine gewagte Nummer

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By next-door-left

Perplex sehe ich auf und erkenne den jungen Mann, der mir die ganze Zeit nicht aus dem Kopf gehen will. Elijah lächelt mich schief an. Beim näheren Betrachten fällt mir auf, dass er wunderschöne dunkelbraune Augen mit den beeindruckendsten Wimpern hat, die ich je gesehen habe. Als ich merke, dass ich ihn auschecke, blinzle ich meine Überraschung hinfort und erwidere sein Lächeln.

"Na klar," meine ich und werfe mein Vorhaben, zu gehen, sofort über den Haufen. Entspannt deute ich auf den einzigen freien Stuhl an unserem Tisch. "Setz dich. Ich bin Connor."

"Elijah. Schön, euch kennen zu lernen." Er reicht mir die Hand während er sich setzt. Sie fühlt sich warm und weich in meiner an und ich wünsche mir sofort, sie nie wieder loslassen zu müssen.

"Ich bin Matthew. Hi. Und das ist mein Verlobter, James," stellt sich der junge Mann mir gegenüber vor und sie schütteln sich ebenfalls die Hände. Ich bemerke, dass Elijah jedem in die Augen sieht und ihn anlächelt; sein Auftreten ist sehr selbstbewusst, aber nicht aufdringlich. Das war mir auch in der Gruppe schon aufgefallen und ich finde es umso beeindruckender, dass er auch bei Fremden so ist.

Ich wende mich Railey zu um ihr zu sagen, dass ich die Rechnung doch noch etwas warten lassen würde, bevor ich mich wieder Elijah zuwende. Ich kann nicht glauben, dass er wirklich hier sitzt - ich bin auf ein mal nervös und weiß gar nicht, was ich sagen soll.

"Du hast wunderschön gesungen," beginnt James und nickt zur Bühne. "Du hast den Titel, der Soul in Person zu sein, echt verdient."

Elijah neigt den Kopf und lächelt. "Vielen Dank. Toby T hat da aber auch seine Hände mit im Spiel. Er ist wie mein Onkel und hat mich mit Soul-Liedern in den Schlaf gesungen. So lernt man dann gezwungener Maßen den Text. Die Melodien... eher weniger."

Ich grinse. Der Besitzer der Bar ist zwar einer der freundlichsten und angenehmsten Menschen, die ich in meinen vier Jahren in New Orleans kennengelernt habe, aber Singen ist nicht unbedingt seine Stärke.

"Das glaube ich gerne," meine ich und schüttle den Kopf, "Toby T hat für den achtzigsten Geburtstag seiner Oma eine private Feier im Heart n' Soul organisiert, an der die Band und ich spielen durften. Als er Happy Birthday angestimmt hat, da wussten wir erst mal gar nicht, was das denn für ein Lied sein sollte, so schief war das."

Matt stupst seinen Verlobten schelmisch grinsend an. "Das könntest fast du sein. Du hast vorhin auch keinen Ton getroffen."

Dieser schnappt empört nach Luft. "Ich bitte dich, das war ein musikalisches Erlebnis! Solche vokale Schönheit wirst du nie wieder zu hören bekommen."

"Gott sei Dank," murmelt Matt amüsiert und leert sein Glas.

Elijah grinst und zuckt mit den Schultern. "Ich fand es nicht so schlimm," meint er und lugt kurz zu mir herüber. Ich versinke für einen Augenblick in seinen wunderschönen Augen, dann spricht James wieder.

"Wenigstens hält einer zu mir," sagt er mit einem gespielt schnippischen Unterton und formt mit seinen Lippen ein stummes 'Danke, Elijah'.

Dieser tippt sich galant an den Kopf, als würde er einen Hut heben.

Matt zieht ihn zu sich hin und küsst ihn auf die Schläfe. Dann flüstert er ihm etwas ins Ohr, was ganz verdächtig nach 'Ich entschuldige mich später bei dir' klingt.

Schnell wende ich meinen Blick ab und fokussiere wieder auf Elijah. Er hat einen entspannten, amüsierten Gesichtsausdruck, als er die liebevollen Neckereien betrachtet. Um seine Augen liegen kleine Fältchen, die eine glückliche Kindheit suggerieren. Dass er so tolerant auf die Darstellung gleichgeschlechtlicher Liebe reagiert, gibt mir ein wenig Hoffnung. Vielleicht hatten die beiden doch recht und dieser exotische Gott hat tatsächlich Interesse an mir.

Ich schiebe den Gedanken vorerst beiseite. In Tagträumen kann ich auch später schwelgen.

"Und, Elijah, du bist mit Freunden da?" fange ich wieder ein Gespräch an und wende mich ihm voll und ganz zu.

Er wackelt mit dem Kopf und lehnt sich vor, wobei sein maskuliner Duft mich umhüllt. "Eigentlich sind das die Freunde meiner Schwester. Ich soll sie nur begleiten, weil sie erst einundzwanzig geworden ist und naja... Das Küken der Familie wird für Eltern nie wirklich erwachsen."

"Oh, das kenne ich gut," meine ich und füge hinzu, "Ich hab eine größere Schwester, die sieben Jahre älter ist. Ich liebe sie auch echt, aber hab es trotzdem gehasst, wenn meine Eltern sie zum Babysitten verdonnert haben."

Elijah lacht leise auf und dreht sich zum Tisch um. "Das glaube ich gern. Angie hat es am Anfang auch gehasst, aber mittlerweile..." Ich folge seinem Blick und erkenne die hübsche Afroamerikanerin, die gerade mit einem strahlenden Lächeln ihrem Bruder winkt, "So schlimm ist es wohl doch nicht mit mir." Er hebt die Hand lässig, dreht sich dann wieder zurück und nimmt einen Schluck aus seinem Glas, das beinahe leer ist.

James steht plötzlich mit den Worten "Ich muss aufs Klo," auf und verlässt das Booth.

Elijah grinst wieder und lacht leise.

"Was," fragt Matt, muss aber auch schmunzeln.

"Nichts," meint Elijah, entscheidet sich aber doch anders. "Es war nur so Englisch. Wir würden nie vom Klo sprechen. Immer nur Badezimmer."

Matt zieht amüsiert die Augenbrauen hoch. "Aber es ist doch gar kein Badezimmer. Da ist nur ein Klo drin."

Elijah zuckt schmunzelnd mit den Schultern. "Ich weiß auch nicht, wieso wir es so sagen. Es macht wirklich keinen Sinn."

Ich springe mit ein und unterstütze meinen Landsmann. "Ganz ehrlich, ich sag es nach vier Jahren immer noch falsch. Das kommt einfach nicht da oben rein." Mit dem Zeigefinger tippe ich an meine Schläfe.

Elijahs erstaunte Aufmerksamkeit wandert wieder zu mir herüber. "Vier Jahre schon?"

"Jep," meine ich, "Hab mir aber erst vor knapp einem halben Jahr hier meine eigene Wohnung gekauft. Davor war ich immer vier Monate hier, dann zwei drüben."

"Verrückt. Aber wie stehen deine Freunde und Familie dazu? Das muss doch ganz schön schwer für sie gewesen sein, als du umgezogen bist," gibt Elijah mit ernster Stimme zu bedenken.

Matt antwortet rasch, bevor ich etwas sagen kann. "Es ist ziemlich scheiße, wenn du mich fragst." Mit verschränkten Armen sieht er mich vorwurfsvoll an. "Überhaupt mal so jemanden wie Connor zu finden ist eine Seltenheit, und dann zieht der verdammte Bastard auch noch ewig weit weg." Matt schweigt einen kurzen Moment, dann spricht er weiter. "Aber ich weiß, dass er hier glücklicher ist und das ist mir lieber als alles andere."

Meine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Schmunzeln. Matt hat seine eigene Art, Wertschätzung und Zuneigung zu zeigen.

Ich neige den Kopf. "Es stimmt aber schon. Manchmal ist es wirklich schwer und man vermisst seine Freunde und Familie. Da will man nichts anderes als zurückzugehen. Aber dann merkt man auch, wie schön es hier ist und welche tollen Menschen hier sind. Dann wird das Heimweh etwas kleiner."

Elijah nickt, leert sein Glas und dreht es in seinen Händen. Einen Moment schweigen wir, geben ihm einen Moment, nachzudenken. Irgendwann erhebt er wieder seine wunderschöne, tiefe Stimme. "Wow... Ich war noch nie außerhalb von Louisiana. Als Kind wollte ich immer durch die ganze USA fahren, aber daraus ist nie was geworden."

Matt zuckt mit den Schultern. "Was noch nicht ist kann ja noch werden. Gib die Hoffnung nicht auf."

Elijah zuckt mit den Schultern, sieht Matt an und lächelt. "Ja, vielleicht hast du recht." Mir erscheint es, als würde eine gewisse Melancholie in seiner Stimme mitschwingen, doch als er weiterspricht ist alles wieder so locker und entspannt wie zuvor. "Und wie lange bleiben James und du?"

"Wir heiraten im September in Kansas City, weil James da Familie hat. Danach geht's vermutlich wieder nach Hause," erklärt Matt mit glänzenden Augen und fasst unbewusst an seinen Ringfinger, an dem das goldene Band sitzt.

Auf Elijahs sinnlichen Lippen entsteht ein strahlendes Lächeln. "Dann wünsche ich euch das Beste dafür." Er sagt es mit einer solchen Freude, dass ich mir sicher bin, dass er es ernst meint.

In dem Moment kommt James zurück an unseren Tisch und setzt sich neben Matt. Ich sehe aus Gewohnheit auf meine Armbanduhr und ziehe überrascht die Augenbrauen hoch. Es ist eine halbe Stunde vergangen, seitdem ich vorhin geschaut habe. Es war wirklich für mich an der Zeit zu gehen. Enttäuschung, dass der schöne Abend nun zu Ende kommen würde und ich Elijah vielleicht nie wiedersehen würde, breitete sich in mir aus, doch ich versuchte sie zu vertreiben.

"Okay, ich muss langsam echt gehen. George nimmts mit den Zeiten sehr genau," meine ich mit einem Seufzen. "Es war mir aber eine Freude, dich kennenzulernen, Elijah."

"Die Freude war meine," meint er und grinst mich breit an. "Sehe ich euch denn nochmal hier? Ich meine, das Singen war schon ein Erlebnis." Elijahs Augen blitzen schelmisch auf.

"Hey," meint James, der sofort die Anspielung versteht, nimmt es allerdings mit Humor. "Ich habe wenigstens unsere Chancen erhöht."

Matt legt seine Hand auf dessen Unterarm und legt den Kopf zur Seite. "Wir sind leider nur noch bis übernächsten Montag da, aber wir sind morgen Abend in der Blue-Bar. Da spielt Connor mit seiner Band. Warum kommst du nicht auch dazu?"

Gespannt schweift mein Blick zurück zu dem attraktiven Afroamerikaner. Hoffnung sprudelt in mir auf, doch vergeht sofort, als ich Elijahs gequälte Mimik erkenne.

"Morgen Abend hab ich meiner kleinen Cousine versprochen, ins Kino zu gehen," erklärt er und mein Herz zieht sich enttäuscht zusammen. Ich will gerade schon resigniert mein Glück verfluchen, doch da meint Elijah, "Ich weiß nicht, wann der Film zu Ende ist, aber wenn ihr dann noch da seid, komm ich gerne."

Sofort fängt mein Herz an, rasant zu klopfen. Er will uns tatsächlich nochmal treffen.

"Das wäre super," meint James nun auch und ich nicke zustimmend.

"Nun denn, ich geh dann mal ins... Badezimmer. Bin gleich wieder da," meine ich schmunzelnd und stehe aus dem Booth aus. Ich verrichte mein Geschäft, wasche und trockne meine Hände, dann geh ich zur Theke und bezahle meinen Drink. Anschließend gehe ich zurück zu den anderen drei, die sich bereits ebenfalls erhoben haben.

"Gut, wir sind wieder vollzählig. Dann kanns ja los gehen. Hoffentlich bis morgen, Elijah," meint Matt lächelnd und reicht ihm die Hand.

"Würde uns freuen, dich da zu haben," fügt James hinzu und schüttelt dem hübschen Mann die Hand.

"Ich werde versuchen, zu kommen," erwidert er, sieht mir noch ein mal tief in die Augen und schüttelt mir ebenfalls die Hand. "Bis dann, Connor."

"Bis dann," erwidere ich. Nur zu ungern lasse ich seine große, weiche Hand aus meiner gleiten. Während Elijah zurück zu seinen Tisch geht, verlassen wir zu dritt die Bar. Wir nehmen uns einen Uber, der erst an Matt und James' Hotel vorbeifährt und mich schließlich an meiner Wohnung ablässt. Ich erklimme die Stufen in den dritten Stock und betrete mein Drei-Zimmer-Appartement. Dort mache ich mich zum Schlafen fertig, entkleide mich bis auf die Boxer und lege mich anschließend ins Bett.

Ich will gerade das Licht meiner Nachttischlampe löschen, da vibriert mein Handy. Verwirrt entsperre ich es und sehe eine unbekannte Nummer in meiner Nachrichten-App. Als ich den Text lese schlägt mein Herz schneller. Ein breites Grinsen schleicht sich auf meine Lippen und verschwindet nicht, bis ich eingeschlafen bin, seine Worte tief in meiner Erinnerung eingebrannt.


Hey, hier ist Elijah. Matt hat mir deine Nummer gegeben, als du kurz weg warst. Wollte nur sagen, dass ich den Abend sehr genossen habe und dich gerne wiedersehen würde. Falls das morgen nicht klappt, was wäre mit Montag Abend? Würde mich sehr freuen :)

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