Sunhunters

By wolkenbonbons

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• 2021 Wattys Winner • „Hey, ihr Wichser, beamt mich hoch", verlangt eine verwaschene Stimme aus dem Lautspre... More

vorwort
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1 - Matthias Green
2 - Clara de Flocon
3 - Matthias Green
4 - Matthias Green
5 - Clara de Flocon
6 - Matthias Green
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8 - Clara de Flocon
9 - Clara de Flocon
10 - Clara de Flocon
11 - Matthias Green
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76 - Matthias Green

58 - Clara de Flocon

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By wolkenbonbons

„Haben wir irgendeine Möglichkeit, eine Systemdiagnostik laufen zu lassen?", fragt der erste Offizier, Tennessee, während sich alle um den langen Beratungstisch der Brücke sammeln.

Ihr fragt euch jetzt vielleicht, wieso nicht sofort Panik ausgebrochen ist und jeder losrennt, um zu irgendeinem Posten zu kommen, nicht wahr? Das Problem mit so einem Systemausfall ist, dass alles an Bord auf die DataWatches gemünzt ist. Das heißt, ohne eine gültige Bereichsfreigabe, kann man sich nur sehr schwer an Orte begeben, an denen man nicht sein sollte - und es heißt auch, dass man ohne funktionierende DataWatch nicht einmal durch die nächste Tür, geschweige denn in einen Aufzug kommt.
Matts Watch ist momentan der einzige Generalschlüssel an Bord. Doch selbst damit würde es Ewigkeiten dauern ohne Aufzüge in andere Teile des Schiffs zu kommen, sprich man muss erst einen Plan aufstellen, um nicht vollkommen ineffektiv durch die Gegend zu irren. Matt stupst mich an und nickt auffordernd in Richtung des ersten Offiziers.

„Wen fragst du das, Tennessee? Siehst du hier einen Ingenieur herumstehen?", fragt Siren bissig zurück. Sie steht unter Stress, wie wir alle, schließlich ist ihr Kreuzer gerade einfach ausgegangen und niemand weiß wieso. Mein Blick ist jedoch trotz der angespannten Situation nicht auf die Generalin, sondern auf Matts DataWatch gerichtet, die vor mir liegt und im Gegensatz zu allen anderen im Raum voll funktioniert.

Normalerweise nimmt man seine Watch nicht einmal zum Duschen ab. Damit, ausgerechnet mir, einer Rekrutin ohne Rang und Namen, diese eigens für die IV. Legion hergestellte Technik in die Hand zu drücken, bricht er zwar so ungefähr alle Gesetze, die der Geheimdienst diesbezüglich aufgestellt hat, aber um Matt zu zitieren: „Was soll's, wir sterben wahrscheinlich eh heute."

Wieder stupst mich der Sunhunter an. Ich schlucke meine Angst hinunter, lege seine Watch zur Seite und stehe auf. Ich bin die jüngste und mit Abstand rangniedrigste im Raum, weswegen die Situation ziemlich ungewöhnlich ist.

„Keine Systemdiagnostik möglich, ohne ins AI Kontrollzentrum hinunter zu steigen, Sir."

„Und wer sind Sie?", fragt Tennessee und setzt seine Brille ab.

„Paris, Sir. Kadettin."

„Kadettin? Was haben Sie hier zu suchen?"

„Sie wird euch den Hintern retten", antwortet der Sunhunter für mich, „Oder hat hier jemand Ahnung von Computern?"

„Eine Kadettin, wirklich?", höre ich den Kapitän zischen.

„Wir folgen dem Shutdown Protokoll auch ohne Systemdiagnose. Alle Schleusen zu den Außenhüllen sind geschlossen, das heißt, selbst wenn es ein Leck gibt, sind wir für den Moment sicher", schaltet sich Siren ein und wendet sich dann direkt an mich, „Irgendeine Ahnung, was den Ausfall ausgelöst hat?"

Mein Magen macht ganz seltsame Dinge unter dem intelligenten Blick der Generalin. Sie hat mich angesprochen, als würde ich an diesen Tisch gehören, als wären wir auf einer Augenhöhe. Man kann viel über Siren sagen, aber sie ist pragmatisch.

„Es gibt ein paar Möglichkeiten, aber wir befinden uns mitten im offenen Raum", was heißt, dass uns keinerlei Magnetfelder oder Ähnliches berühren und mit der Technik spielen könnten, „Das System ist sehr gut gesichert und wurde erst gewartet. Die einzige Möglichkeit, die AI herunterzufahren ist ein Hackangriff. Ein wirklich guter Hackangriff."

Stille senkt sich über den langen Tisch.

„Wir sind ein Militärkreuzer der Föderation, Kind. Wer bitteschön sollte die Mittel haben, sich mitten auf einer offenen Straße an uns anzuschleichen und unsere Technik lahmzulegen?", fragt Tennessee schleppend.

„Ein kleiner Fighter", sagt der Sunhunter, „Sehr gut getarnt und ohne VHN Signatur. ‚Aphel', wenn ich mich nicht täusche."

Ich sehe mich um, doch den meisten Anwesenden scheint der Name nichts zu sagen. Nur Siren sieht aus, als hätte sie in einen vergammelten Apfel gebissen.

„Ravenna ‚Sugarcube' Noyemi", ihre Lippen sind zu einem schmalen Strich zusammengeschmolzen. Mein Blick huscht zwischen der Generalin und Matt hin und her.

„Wer?", frage ich den Sunhunter leise, doch natürlich hören mich alle Anwesenden.

„Eine Söldnerin", antwortet Siren gedehnt, „Man nennt sie Sugarcube, weil sie eine Zeit lang ihre Sprengstoffladungen als Zucker getarnt geschmuggelt hat."

Der Sunhunter nickt.

„Ravenna lebt frei nach dem Motto ‚Es gibt kein Problem, das man nicht mit einer gewissen Ladung Sprengstoff lösen kann'."

„Großartig", murmle ich und ernte ein beruhigendes Schulterklopfen von Seiten des Sunhunters.

„Können wir sie abgreifen?", fragt Siren den Sunhunter beinahe hoffnungsvoll.

Dieser lacht kurz und ironisch auf.

„Die Föderation steigt meines Wissens mit Söldnern, aber nicht mit Wahnsinnigen ins Bett. Sugarcube ist eine Psychopathin."

„Wir können überbieten, was sie ihr gezahlt haben", wirft die Generalin ein, doch Matt schüttelt nachsichtig den Kopf.

„Ich denke nicht, dass sie sich kaufen lässt. Zur Abwechslung. Das hier ist kein rein profitorientierter Auftrag. Es ist persönlich."

Eisige Stille kehrt ein, in der die versammelten Generale den Sunhunter fassungslos anstarren.

Die Föderation steigt nicht mit Psychopatinnen ins Bett", betont dieser noch einmal und impliziert damit sehr deutlich, welcher Natur seine Vorgeschichte mit Noyemi ist.

„Ich hoffe, sie scherzen", grollt der Kapitän. Er sieht aus, als würde er gleich auf den Sunhunter losgehen, der inzwischen zumindest den Anstand zeigt, nicht mehr über das ganze Gesicht zu strahlen, weil „endlich wieder etwas in seinem Leben passiert".

„Es wird noch besser: sie ist nicht alleine", sagt Matt, tippt auf seine Data Watch und zoomt an einen anderen Punkt heran, der Minuten zuvor noch nicht auf der Karte zu sehen war. Elias von der Tanke, steht über der Schiffsignatur. Der Sunhunter räuspert sich, tippt den Namen an und ändert ihn zu Elias „Babydoll" Garcia. Siren und Sanchez starren den Namen und dann den Sunhunter an. Ich muss schlucken. Matt hat soeben folgendes kommuniziert:
1) Er kennt den meistgesuchten Söldner der äußeren Galaxis persönlich.
2) Wir haben nicht nur Noyemi an den Fersen, sondern auch Babydoll.

„Babydoll? Der Babydoll?", frage ich in die Stille hinein, „Der Pirat?"

„Wieso können Sie seine Signatur orten?", fragt Quispe, die ein wenig schneller schaltet als der Rest von uns.

Der Sunhunter kratzt sich unangenehm berührt am Nacken.

„Lange Geschichte. Ich war betrunken. Er war betrunken ... aber immerhin hatte ich am Morgen danach die Geistesgegenwärtigkeit ihn zu verwanzen. Ich meine natürlich, das war von Anfang an meine Intention. Er sieht auch gar nicht so gut aus, wie immer alle sagen."

Die Führungsriege des Kreuzers starrt Symphony an, als wäre er wieder ins Russische gewechselt.

„Seid doch nicht so prüde, mein Gott", sagt er, „Es ist das Jahr 3003!"

„Habe ich das richtig verstanden?", frage ich Matt und hebe sogar den Blick von seiner DataWatch, um ihn anzusehen, „Wir werden von zwei berüchtigten Kopfgeldjägern im Dienst der VHN gejagt und du hattest was mit beiden?"

„Ja", sagt der Sunhunter nüchtern, „Skrupellose Söldner - war eine Phase."

Siren massiert sich die Schläfen, als würde gleich ihr Kopf zerspringen. Matthias Green bleibt gelassen, während ich das Gesicht in den Händen verberge, um mein schamloses Lachen zu vertuschen. Dieses vergeht mir allerdings sehr schnell wieder, als der Kapitän das Wort ergreift.

„Symphony's Privatleben beiseite - wir haben zwei berüchtigte Kriminelle auf den Fersen, einen feindlichen Kreuzer nur ein paar hundert Klicks voraus und sind vollkommen manövrierunfähig, solange das System tot ist. Finden Sie mir eine Lösung und zwar plötzlich!"

Der Tisch bricht in eine wilde Diskussion aus, an der der Sunhunter aber nicht teilnimmt. Stattdessen steht er auf und verabschiedet sich mit einem koketten Winken.

„Was denken Sie, wo Sie hingehen?", fragt Siren über den Lärm hinweg, „Sie haben die einzige funktionierende Watch an Bord."

„Sicherstellen, dass wir nicht alle in die Luft fliegen", er deutet in meine Richtung, „Außerdem braucht ihr mich nicht, ihr habt sie."

Ich bin schon vor dem Sunhunter aufgestanden und ziehe gerade meine eigene DataWatch um mein Handgelenk fest. Siren dreht den Kopf zu mir, was mich normalerweise in kalten Schweiß ausbrechen lassen würde, aber heute bin ich nach wie vor zu fixiert auf das kleine leuchtende Display an meinem Handgelenk, um mir groß Gedanken darüber zu machen, was die Generalin von mir denkt.

„Weiß irgendjemand, wo sich der leitende Systemingenieur das letzte Mal aufgehalten hat?", frage ich in die Runde, während meine Watch wieder zum Leben erwacht. Der Raum verstummt nach und nach, als allen klar wird, was ich getan habe, während sie über Matts Liebesleben gelästert haben. Grabsy hält die Uhr fest, damit es mir leichter fällt, den Verschluss einrasten zu lassen.

„Wie haben sie das gemacht?", fragt Jefferson mit großen Augen. Sogar Siren scheint beeindruckt, ein Gesichtsausdruck, den man an ihr gefühlt nur jedes Neptunjahr, also alle 60.148 Tage, sieht.

„Ich kann es nicht für jede Watch tun. Eine sollte noch funktionieren, aber mit jedem zusätzlichen Gerät steigt die Chance, dass wir erwischt werden und uns das CCI System alle lahmlegt", ich strecke die Hand nach der Uhr des Kapitäns aus, „Darf ich?"

„Nicht in meinen Browserverlauf schauen, bitte", bemerkt der Sunhunter, der sich auf einem der Bürodrehstühle niedergelassen hat und sich fröhlich hin und her dreht. Irritiert gibt mir der höchstrangige Militär an Bord seine persönliche DataWatch. Ich werfe dem Sunhunter seine eigene Watch zu und er erhebt sich ächzend wie ein Achtzigjähriger aus seinem Stuhl.

„Ich geh dann mal den Systemingenieur suchen und ein paar Leute befreien. Irgendwer Lust eine halbe Stunde durch diese Konservendose zu joggen?"

„Sie warten gefälligst auf ihre Befehle", bellt der Kapitän.

„Wo könnte ich meine Skills sinnvoller einsetzen? Ich habe keine Ahnung von Computern, Adam, aber Aufzugschächte hinunterklettern kann ich gut."

„Ich muss sowieso zu den Triebwerken", klinkt sich Siren ein, „Ich passe auf ihn auf, Sir."

Sanchez zögert kurz, dann nickt er der Generalin zu. Auch Quispe erhebt sich wortlos von ihrem Platz. Der Sunhunter bietet beiden Frauen in seinem Expeditionsteam den Arm an und wird vollkommen ignoriert.

„Wir bleiben in Kontakt", sagt er zu mir und tippt auf seine Watch, während ich die des Kapitäns vom Armband streife und nicke. Sobald die Tür hinter dem Trio ins Schloss fällt, ist die Atmosphäre im Raum noch angespannter als zuvor. Letztendlich kann nämlich selbst die Flapsigkeit des Sunhunters die Tatsachen nicht ändern. Wir sitzen gerade in einem Raumschiff mit einem abgestürzten System fest. Niemand kann eine Diagnostik laufen lassen und sehen, ob es irgendwelche Schäden an der Hülle, den Triebwerken oder der Technik gibt. Noch haben wir Luft, künstliche Schwerkraft und keinerlei Druckschwankungen, aber mit dem abgestürzten System wissen wir auch nicht, wie lange das so bleibt.

Das beste, was ich momentan tun kann, ist eine dritte DataWatch wiederzubeleben, während der Sunhunter nach den verantwortlichen Ingenieuren sucht. Im gespenstisch roten Licht der Brücke beobachtet die Führungsriege des Kreuzers, wie ich noch einmal meinen Ärmel nach oben streife und eine dritte DataWatch auf die ID des Sunhunters anmelde. Selbst die mächtigsten Menschen an Bord sind ohne das System vollkommen machtlos. Bitte, lass es funktioniert haben, bete ich stumm, als ich die einundzwanzigstellige Sicherheits PIN des Sunhunters eingebe.
Das Display leuchtet auf und ich atme aus. Sobald ich fertig bin, wische ich die PIN mit einem Desinfektionstuch von meiner Haut und reiche dem Kapitän seine voll funktionstüchtige Uhr zurück.

„Wie heißen Sie?", fragt Captain Adam Maria Sanchez. Unter seinem Blick wird mir wieder klar, dass ich eigentlich gar nicht hierher gehöre. Als Rekrutin habe ich nicht einmal Zugang zur Brücke und doch stehe ich nun hier, habe gerade die DataWatch des Captains neu programmiert und plötzlich eine sehr trockene Kehle.

„Clara ‚Paris' de Flocon, Sir."

„Gute Arbeit, Kadettin."

~☀️~

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