Sunhunters

By wolkenbonbons

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• 2021 Wattys Winner • „Hey, ihr Wichser, beamt mich hoch", verlangt eine verwaschene Stimme aus dem Lautspre... More

vorwort
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1 - Matthias Green
2 - Clara de Flocon
3 - Matthias Green
4 - Matthias Green
5 - Clara de Flocon
6 - Matthias Green
7 - Matthias Green
8 - Clara de Flocon
9 - Clara de Flocon
10 - Clara de Flocon
11 - Matthias Green
12 - Matthias Green
13 - Clara de Flocon
14 - Clara de Flocon
15 - Clara de Flocon
16 - Matthias Green
17 - Matthias Green
18 - Matthias Green
19 - Clara de Flocon
20 - Clara de Flocon
21 - Clara de Flocon
22 - Matthias Green
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24 - Clara de Flocon
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75 - Clara de Flocon
76 - Matthias Green

36 - Clara de Flocon

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By wolkenbonbons

Nach den harten Straftrainings, mit denen uns Siren in den letzten Tagen gequält hat, schmerzt jeder einzelne Muskel in meinem Körper. Hinzu kommt, dass ich auf meinen üblichen Routen gefühlt jedes Mal einen dreifachen Umweg nehmen muss, um dem Sunhunter nicht zu begegnen.

Seitdem er beim Training mit seinem vollen Gewicht auf mir gelegen ist und mir zehn Minuten später angeboten hat, mich selbst zu unterrichten, ist die Stimmung aufgeladen.
Ich weiß, dass er will, dass ich über sein Angebot nachdenke und seit Tagen tue ich nichts anderes. Beim Essen, auf den Gängen, nachts im Bett – immer wieder drehe ich Matts Worte in meinem Kopf hin und her und immer wieder komme ich zum selben Schluss: so egoistisch kann ich nicht sein.

Obwohl ich mich bereits entschieden habe, graust es mir davor, ihm meinen Entschluss mitzuteilen. Schon jetzt komme ich mir undankbar und auch irgendwie naiv vor, aber ich kann mich einfach nicht so gegen meine Prinzipien stellen.

Ich bin dazu übergegangen meine Pausen im Zwischendeck zu verbringen. Zwar haben wir hier Dragon versteckt bei seinem wahnsinnig bescheuerten Spiel, doch ich habe nicht im Traum daran gedacht, ihm und Louis zu verraten, was sich zwei Türen weiter verbirgt.

Mein Rückzugsort ist nicht unbedingt groß, aber frei von Kommilitonen und Sunhuntern. Ich habe gefärbte Bettlaken an die hässliche Betondecke gehängt und auch an die kahlen Wände, sodass man ein bisschen das Gefühl hat, sich in einem Zelt zu befinden. Da ich eine Zeit lang in der Bordwäscherei Dienst geschoben habe, war es ein leichtes hier und da ein löchriges Laken einzustecken, anstatt es wegzuwerfen.

Meine Comics liegen in einem sauberen Stapel an einer Wand, gegenüber stehen auf umgedrehten Obstkisten und Kartons ein altersschwacher Laptop aus der IT und weiteres technisches Equipment.
Im ganzen Raum verteilt stehen Schattenpflanzen, die auch im Inneren des Schiffs gedeihen und Ableger um Ableger bilden – so schnell, dass ich sie in Töpfe aus der Kaffeteria, rostige Werkzeugkästen und sogar alte Turnschuhe pflanzen muss.
Ich habe sogar eine winzige Auszieh-Couch ergattern können, die letztes Jahr aus dem Aufenthaltsraum aussortiert wurde und jetzt mein Lieblingsplatz auf dem ganzen Schiff und das Herzstück meiner Höhle ist.

Hier lese ich also, genieße die Stille und programmiere im Geheimen an meiner AI herum.
Sie ist noch lange nicht so ausgefeilt wie das Stützradprogramm, das der Sunhunter uns auf die UniJets gespielt hat, aber ich bastle immer wieder daran herum, weil es mir so Spaß macht.

Ich sitze gerade auf meiner Couch, trinke Früchtetee und tippe Codereihen in die Projektion meiner DataWatch, während das schlafende Gesicht einer freundlich aussehenden Frau aus sanftem, grünem Licht vor mir in der Luft hängt.
Noch ein Grund, wieso ich gerne eine AI hätte – dann wäre ich nie alleine, auch wenn mein Team in anderen Schlafsälen schläft oder mir alles zu viel wird und ich mich hierhin zurückziehe.

Ich lasse einen Befehl zur probe laufen und seufze, als eine Fehlermeldung aufblinkt.
Das Frauengesicht runzelt missbilligend die Stirn. Ich wünschte, ich hätte ihr das nicht einprogrammiert.
Ich lehne mich zurück, fische den Teebeutel aus meiner Tasse und lege ihn in einen leeren Aschenbecher zu meinen Füßen.

Ich bin unkonzentriert heute.
Alles nur, wegen des dummen Angebots, das mir der Sunhunter fast beiläufig gemacht hat. Soetwas könnte mein Leben vollkommen auf den Kopf stellen – es sollte doch nicht einfach in einer Sportumkleide stattfinden, oder?
Ein solches Angebot flüsterte man verstohlen in eine mondhelle Nacht in einem Renaissance Garten und nicht in die nach Schweiß stinkende Luft einer Rekrutenumkleide.

Ich presse mir die Handballen auf die Augen und lausche ein paar Momente meiner sanft dahinplätschernden Lo-fi HipHop Musik, die aus meinen eigentlich nur für Kampfsimulationen bereitgestellten Kopfhörern tönt.

Zuerst halte ich das Pochen für Teil der Musik, doch als es wiederkehrt, ist es nicht im Rhythmus.
Langsam ziehe ich mir die Kopfhörer aus den Ohren und lausche.
Da – schon wieder.
Lauter diesmal.

Vor Schreck kippe ich fast aus meinem Stuhl, als ich realisiere, was passiert.
Es klopft jemand an die Tür des ersten Lagerraums und das so laut, dass ich es bis hier hinten höre. Ich springe auf, lösche das Licht und durchquere die beiden angrenzenden Räume, schon eine Ausrede auf den Lippen.
Doch dann ...

„MacClara."

Ich schieße die Augen und fluche. Meine Gedanken rasen. Wenn ich ihn ignoriere, macht er wahrscheinlich einen Aufstand und verrät dabei durch seinen Vortrag mein Versteck an irgendwelche Ingenieurspraktikanten. Wenn ich ihn hereinlasse, geht er wahrscheinlich nie wieder. Ganz davon abgesehen, dass er mich verpfeifen könnte.

„Ich weiß, dass du da drin bist", ruft der Sunhunter durch die Tür, „Kann ich mit dir reden?"

Ich hüpfe auf einem Bein durch die Gegend, während ich meinen zweiten Schuh zubinde. Dann öffne ich notgedrungen die Tür einen Spalt breit. Der Sunhunter sieht aus wie immer, viel zu gut und lässiger als man an Bord einer Militärkreuzers in Mitten eines Krieges je sein sollte – vor allem als Agent der Föderation.

„Was machst du hier?", flüstere ich und spähe über seine Schulter, bevor ich ihn ansehe. Immerhin ist niemand in Sichtweite.

„Was machst du hier?", fragte der Sunhunter und späht in den Raum hinter mir. Er hat nasse Haare, wahrscheinlich also gerade geduscht. Ich wünschte, er würde sich in seiner Suite eine Föhnfrisur toupieren und dabei ‚My Heart Will Go On' singen anstatt mich hier zu cornern.

„Nichts", ich versuche, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch er hat den Fuß auf die Schwelle gestellt, „Du Stalker hast meine Signatur gehackt."

„Du hast deinen Ortungsdienst nicht ausgemacht und meine Freigabe war noch aktuell", korrigiert er.

Ich halte inne, als ich realisiere, dass ich das wirklich vergessen habe.

„Shit", fluche ich und schalte meine DataWatch ein, um seine Freigabe umgehend zurückzuziehen. Doch dafür ist es eigentlich schon zu spät. Ganz kurz flackert das Gesicht meiner schlafenden AI zwischen uns auf.
Matt blinzelt irritiert.

„Jetzt bin ich neugierig", grinst der Sunhunter dann ungezwungen, „Darf ich? Ich sage auch ‚Bitte bitte'."

Ich kaue auf meiner Unterlippe, werfe einen Blick über die Schulter und versuche noch einmal an der Tür zu rütteln. Sie bewegt sich nicht. Er hat seine rechte Hand flach an das Metall gelehnt und beugt sich vor, um nun seinerseits über meine Schulter zu spähen.

„Schon einmal was von Privatssphäre gehört?", frage ich und knalle die Tür noch einmal gegen seinen Stahlkappenschuh.

„Komm schon, MacClara", er sieht verschmitzt zu mir hinunter, „Alles, was mein Kopf sich gerade ausmalt ist wahrscheinlich interessanter als die Wahrheit. Willst du mich wirklich mit diesen Gedanken wieder gehen lassen?"

Finster halte ich seinem Blick stand.

„Persönliche Leichenhalle?", fragt er und versucht wieder über meine Schulter zu spähen, „Dein geheimes Backwarenlager? Oder gar ... ein Spielzimmer?"

Matt sieht zu mir hinunter und hebt suggestiv eine Augenbraue.

„Kleiner Scherz", er seufzt, „Denkst du wirklich, ich würde dich verpfeifen?"

„Ich habe mich verbotenerweise auf dem Zwischendeck eingenistet", knurre ich, „Du könntest mir eine Verwarnung ausstellen. Müsstest mir eine Verwarnung ausstellen."

„Ach, schnickschnack, ich bin jetzt Student, schon vergessen? We're all in this together."

Ich ändere meine Taktik, schiebe mich durch die Tür und auf den Sunhunter zu. Ich pokere darauf, dass er zurückweicht, was er aber zuerst nicht tut. Einen Moment versuche ich mich an ihm vorbei zu schieben, was nicht nur unmöglich ist, sondern mich auch viel zu nah an ihn heranbringt. Mein Oberkörper liegt an seinem, ich steige ihm auf den Fuß und der Sunhunter muss lachen angesichts dieses tollpatschigen Versuchs, ihn zurückzudrängen. Nichtsdestotrotz funktioniert es.

„Wenn du kuscheln willst, hättest du es einfach sagen können", er tritt einen Schritt zurück, während hinter mir die Tür ins Schloss fällt.
Dem Universum sei Dank.

Ich lasse den Kopf gegen das Metall sinken, schlage zu fest auf und reibe mir in der Folge stöhnend den Hinterkopf.
Kopfschüttelnd mustert er mich. Immer noch so nah. Immer noch liegt seine Hand an der Tür, neben meinem dröhnenden Kopf.
Ich räuspere mich.

„Würdest du bitte noch einen Schritt zurück machen."

Mit großer Geste kommt er meiner Aufforderung nach.

„Bitte um Vergebung."

Aus sicherer Entfernung mustere ich ihn und plötzlich bin ich nicht mehr geschockt, sondern einfach nur sauer. Was fällt ihm ein, meiner Signatur zu folgen? Es ist doch wohl offensichtlich, dass ich nicht mit ihm reden will.

„Was ist dein Problem?", frage ich entnervt.

„Du", gibt er ohne Umschweife zurück, „Du ignorierst mich nämlich. Anfangs war es ja ganz witzig, aber wir sind doch beide vernünftige erwachsene Menschen. Lass uns einfach miteinander reden."

„Vernünftig und erwachsen?"

„Das sagt man so."

Ich werfe einen weiteren Blick über seine Schulter, darauf gefasst erwischt zu werden. Doch nach wie vor sind wir alleine. Sein Blick ist erwartungsvoll, als ich ihn wieder ansehe.

„Hast du noch einmal darüber nachgedacht?", fragt er dann leiser, „Bitte sag' mir, dass du dich umentschieden hast."

Ich schüttle irritiert den Kopf unter seinem intensiven Blick.

„Nein, ich ...", wieder lehne ich den Kopf an die Tür, „Ich kann das nicht. Ich kann so nicht spielen, verstehst du? Ich bin nicht wie Panic oder du. Wenn ich so an mein Ziel komme, dann bedeutet mir der Gewinn gar nichts. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, zu betrügen oder abzuschreiben oder sonst irgendetwas, ist es schief gegangen."

„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt."

„Was?", frage ich ernsthaft genervt.

„Es ist Krieg, MacClara. Es geht nicht um dein Ehrgefühl, es geht ums blanke Überleben. Ihr seid so geschützt hier in der Ausbildung – du weißt nicht, was da draußen auf dich zu kommt."

„Hör' auf damit, so auf mich runterzureden", fauche ich.

Der Sunhunter legt den Kopf schief.

„Ich kann das nicht. Wer bin ich denn, wenn ich meine Freunde so verrate?", setze ich noch einen drauf, „Wer bin ich, wenn ich so egoistisch handle?"

Er schweigt einen Moment, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. Es ist immer nervenaufreibend, wenn er letztendlich ernst wird, weil es so einen harten Kontrast zu seinem Dasein als Frohnatur vom Dienst bildet.

„Es wäre klug, mein Angebot anzunehmen, MacClara. Dein Idealismus ist bewundernswert, aber er wird dich Kopf und Kragen kosten in dieser Welt. Jeder andere Rekrut, dem ich dieses Angebot machen würde, wäre sofort dabei. Jeder deiner Teamkameraden."

„Bullshit."

Ich will an ihm vorbei, doch Matt blockt mit seinem Körper meinen Fluchtweg. Wir funkeln uns an, wütend und voller Unverständnis für die Position des anderen.

„Du weißt, dass ich Recht habe", sagt er dann vorsichtig, „Deswegen tut es so weh, darüber nachzudenken."

„Du weißt nichts über mich", gebe ich zurück, „Du kennst mich nicht, Matthias Green. Und jetzt lass mich in Ruhe und geh zurück zu deiner Freundin. Ich bin sicher, sie wird deine Fürsorge zu schätzen wissen."

Er sieht aus, als hätte ich ihn geschlagen. Noch nie zuvor habe ich ihn bei seinem vollen Namen genannt. Als ich den Gang hinunter verschwinde, kommt er mir dieses Mal nicht nach.

~☀️~

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Der Name sagt eigentlich schon alles, aber im 1. Kapitel werde ich nochmal ne kleine Beschreibung reinklatschen^^