The Dark in our Stars

Von selindevie

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❝Tu es mon étoile sombre.❞ «Ich wollte immer wissen, wieso verflucht man Frankreichs Hauptstadt die ›Stadt d... Mehr

Vorwort
Widmung
Aesthetics
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Epilog
Nachwort
Wie geht es weiter?

Kapitel 20

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Von selindevie

»Hold me close tonight until
you start to know the truth.
Shut your lips before
I spill my heart and soul to you.«

- Stay Quiet, Jeremy Zucker

Nova

Heute war der erste Samstag im November und Chloé und ich hatten morgens auf den Terrassenplätzen im Les Deux Margots gefrühstückt. Die kühle Luft hatte uns kein bisschen abgeschreckt, im Gegenteil, wir hatten uns mit heißen Getränken aufgewärmt und zusammen die Atmosphäre mit herrlicher Aussicht auf die Kirche Saint-Germain des-Près genossen.

Jetzt war es schon lange dunkel. Es war kurz nach zehn am Abend, als ich mit Chloé das Phil's erreichte. Phils Nachricht am Donnerstag fiel wie aus dem Himmel, ich war noch nie eine ganze Nacht in einem Café gewesen, und eigentlich war ich ein Mensch, der auf spontane Aktionen überhaupt nicht gut zu sprechen war, weil ich schon immer ein sehr strukturiertes und getaktetes Leben führte, mir das viel Sicherheit gab und mich vor einem schlechten Gewissen bewahrte.

Aber seit ich vor über zwei Monaten nach Paris gezogen war, spürte ich, dass sich etwas verändert hatte. Ich war anders geworden. Ich sah das Leben von einer völlig anderen Perspektive und wollte seitdem meinem Leben nicht mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben schenken.

Dass man etwas zu erzählen hatte und Dinge einfach tat, ohne groß darüber nachzudenken, nicht in unnötige Gedankenspiralen abzurutschen, sich einen Haufen Gedanken über Dinge machen, die in fünf Jahren sowieso keine bedeutende Rolle mehr spielen würden.

Einfach leben.

Ein Schild, auf dem »Fermé« stand, hing von innen an der Tür des Cafés, als meine Mitbewohnerin sich gegen diese lehnte und das helle Klingeln über uns ertönte. Im Café war es wie leergefegt, es brannte gedimmtes Licht und ich erwischte Lou dabei, wie sie mit Streichhölzern in den Händen ein paar Kerzen anzündete.

»Hey ihr«, flüsterte Lou und pustete das Streichholz aus, als sie auf uns zukam und uns in eine Umarmung schloss.

»Ich habe nach der Arbeit Pizza und Pasta für uns mitgebracht, Adrien und Leo kommen noch nach und Phil-« wollte sie sagen, doch dann kam er auch schon mit einem Tablett Cookies aus einem Hinterraum, stellte es auf die Theke ab, band sich die Schürze los, strich sich mit dem Backhandschuh über die Stirn und schaute schließlich zu uns auf.

»Hey Leute, ich habe Cookies gebacken!«, rief er begeistert, als Lou Chloé und mich dazu drängte, uns endlich aus den Mänteln zu schälen und sie kurzerhand in den Raum verschwand, der nur für Mitarbeiter befugt war.

»Phil, du bist echt der König im Cookies backen«, sagte Chloé glücklich, während sie von einem Cookie kostete.

»Sag mir etwas, was ich noch nicht weiß.« Mit einem selbstgefälligen Grinsen probierte er ebenfalls einen.

»Leute, nicht vor dem Essen alle Cookies verputzen!«, beschwerte sich Lou und schaute uns mit gehobenem Zeigefinger gespielt böse an.

»Ist ja gut«, meinte Phil, stibitzte sich gleich noch einen Cookie und hob danach erst ertappt die Hände, worauf ich lachte. »Sag mal, Phil, ist das denn überhaupt in Ordnung, dass wir alle die ganze Nacht im Café sind? Ich meine, haben deine Eltern denn nichts dagegen?«, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. »Ach Quatsch, mach dir keinen Kopf, Nova, meine Eltern wissen Bescheid und das ist ja auch nicht das erste Mal, dass wir hier eine ganze Nacht verbringen. Das Café ist das Wochenende, bevor meine Eltern geschäftlich unterwegs sind, immer geschlossen und dann gehört es mir, sprich, ich darf es dann nutzen, wie ich will.«

Verstehend nickte ich. »Das ist wirklich cool.«

Malou spazierte einmal um den Tresen herum und wärmte das von ihr mitgebrachte Essen auf, als ich in diesem Moment ein weiteres Mal das mir bekannte, sanfte Klingeln durch das Café hörte und mich augenblicklich umdrehte. Leo und Adrien steuerten geradewegs lachend auf uns zu.

»Na, was geht bei euch so?«, fragte Adrien, als er und Leo die Jacken auszogen und die beiden sich rechts und links neben Chloé und mir auf die Barhocker fallen ließen.

»Lou meckert uns an, weil wir vor dem »vernünftigen« Essen schon Cookies verputzt haben«, erklärte meine Mitbewohnerin, worauf besagte Freundin mit den Augen rollte, Phil lachte und mit ihr zusammen das Essen auf die Teller verteilte.

»Ist ja nicht ungewöhnlich«, meinte Adrien.

»Das ist eben Cornetto, wie wir sie kennen«, kam es dann von Phil.

»Ich habe doch gesagt, du sollst mich nicht so nennen!«

»Wie seid ihr überhaupt auf diesen Namen gekommen?« Ich lachte, während ich etwas Kräuterbutter auf eins der Pizzabrötchen strich.

»Also, das war folgendermaßen«, fing Phil an und erzählte, wie sie zu fünft im April mit dem Zug nach Berlin gefahren sind, um dort ein paar Tage ihrer Semesterferien zu verbringen. Phil und die anderen waren kurz in einem Supermarkt gewesen und er hatte ein Eis gefunden, das dem Nachnamen von Lou ähnelte. Es hieß Cornetto und Phil fand den Namen so lustig, dass er Lou wohl den ganzen restlichen Tag mit diesem Namen angesprochen hatte, was sie scheinbar nicht einmal halb so lustig fand wie er.

»Er hat sich den ganzen Tag lang so kaputtgelacht, wirklich.« Das war Leo, der sich heute zum ersten Mal ins Gespräch einmischte und mich für eine kurze Sekunde ansah.

Kennt ihr diese Sekunde, in der euch jemand einen Augenblick zu lang ansieht? Genauso ein Moment war das gerade gewesen. Kleine, kurze Momente, deren Wichtigkeit nur mein Herz verstand.

Ein unverschämtes Grinsen zierte Phils Gesicht. »Hallo? Das war lustig. Ich finde es nur noch witziger, dass Cornetto jedes Mal so wunderbar darauf anspringt.«

Ich liebte einfach die Atmosphäre, die das Phil's ausstrahlte. Es war ganz anders als das Les Deux Margots heute Morgen, viel ruhiger, wärmer und friedlicher, die Kerzen und das schwache Licht warfen Schatten auf die schönen Gemälde, die Preistafeln und die hellgestrichenen Wände, während leise Musik in meine Ohren drang. Wir saßen auf den Barhockern; Lou, Phil und Leo hatten es sich irgendwann hinter der Theke bequem gemacht.
Mir entging nicht, wie Leo mich die ganze Zeit ansah, als Phil uns die Cornetto-Geschichte erzählte. Ich erwiderte seinen Blick immer erst einen Wimpernschlag später und das Kribbeln in meiner Magengrube verstärkte sich, ich hatte Mühe, dem Gespräch zu folgen. Nicht an seine tiefe Stimme zu denken; an sein wunderschönes, raues Lachen; an die tiefen Ozeane in seinen Augen, in denen ich mich viel zu lang und gern verlor.

»Wir müssen mal ein bisschen Stimmung reinbringen, wie wäre es mit einer entspannten Runde Never have I ever?«, fragte Phil amüsiert in die Runde und tischte mit einem breiten Schmunzeln auf dem Gesicht zwei Flaschen Wein auf den Tresen.

»Das Spiel ist nie entspannt, Dupont«, sagte Chloé missmutig, stimmte allerdings – genau wie wir alle – zu. Nach dem Essen setzten wir uns für das Spiel in unsere Lieblingsecke. Adrien und Leo bereiteten das Spiel vor, in dem sie jedes unserer Gläser mit Wein und anderen alkoholischen Getränken befüllten.

»Also, das Spiel ist ganz einfach«, begann Phil, »reihum stellt jeder von uns eine Behauptung auf. Jeder, der die Frage nicht mit »Ja« beantworten kann, erklärt sich schuldig im Sinne der Anklage und muss einen Schluck seines alkoholischen Getränks nehmen.«

»Noch Fragen?« Adrien schaute in die Runde.

»Gut«, meinte dieser schließlich und drehte die Flaschen zu. »Ich fange an. Also Leute, ich habe noch nie so viel getrunken, dass ich am nächsten Tag einen Filmriss hatte.«

Phil, Adrien und Chloé nahmen einen Schluck, worauf der Captain des Fußballteams Chloé mit einem teuflischen Grinsen auf den Lippen angrinste. Interessant. Schien so, als hatte er es gewusst oder war sogar dabei gewesen, wer weiß.

»Okay, nächste Frage. Ich habe noch nie jemanden geküsst und es danach bereut«, behauptete Chloé schnell. Diesmal waren es Lou, Leo und ich, die einen Schluck nahmen und ein Raunen ging durch die, als auch ich peinlich berührt an meinem Weinglas nippte. Ich erinnerte mich nur ungern an meinen Abschlussball vor einem Jahr zurück, auf dem ich einen beliebten Typen in meiner Stufe geküsst hatte, obwohl wir uns beide absolut nicht hatten ausstehen können. Ich hatte an dem Abend (leider) keinen Filmriss gehabt, dafür ein bisschen zu viel Alkohol intus.

»Ich habe noch nie ein Referat aus dem Internet ausgedruckt und in der Schule oder in der Uni vorgetragen«, behauptete ich und musste mit Entsetzen feststellen, dass neben Phil ernsthaft Malou ihr Glas in die Hand nahm. »Das war ein Notfall«, rechtfertigte sie sich, »nachdem ich das Referat vorgetragen hatte, wollte mein Lehrer, dass ich am Ende des Unterrichts noch ein paar Minuten sitzen bleibe und ich habe vor Verzweiflung angefangen zu weinen. Das war das letzte und erste Mal.« Das hätte von unserer klugen Jurastudentin wohl niemand gedacht.

»Alles klar, jetzt ich. Ich habe noch nie meinen besten Freund oder meine beste Freundin geküsst«, sagte Leo und lehnte sich lässig zurück, worauf ich ihn fragend anblickte. Er kniff nur amüsiert die Augenbrauen zusammen und ich realisierte viel zu spät, wie Adrien und Chloé ertappt ihr alkoholisches Getränk zur Hand nahmen und ich mit offenem Mund zwischen den beiden hin und her blickte.

»Solltest du wissen, dachte ich«, flüsterte mir Leo ins Ohr und lachte, »und wenn du genau aufgepasst hast, dann weißt du, dass sie es nicht bereut haben«, schob er noch hinterher, was mich ungläubig aufatmen ließ. Leo hatte recht, die beiden haben in der letzte Runde nicht getrunken. Fassungslos schüttelte ich den Kopf. Chloé war mir so was von eine Erklärung schuldig, da durfte sie sich noch auf etwas gefasst machen.

Im Laufe des Spiels wurden die Gläser noch ein paar Mal befüllt. Unter anderem erfuhr ich, dass Phil, als er jünger war, einen roten Lippenstift aus der Kosmetiktasche seiner Mutter stibitzt und damit die weißen Wände im Haus beschmiert hatte; Lou einmal vergaß, einen Strafzettel abzubezahlen; Chloé erst beim dritten Versuch ihren Führerschein bestanden und Leo und Adrien im betrunkenen Zustand beinahe ein Straßenschild von einer Baustelle mitgenommen und sich im letzten Moment glücklicherweise doch noch dagegen entschieden hatten. Ich hatte gestanden, dass ich tatsächlich schon einmal Eifersucht verspürt hatte, weil ein Prominenter, für den ich geschwärmt hatte, bereits vergeben war. Vor den ganzen Offenbarungen und der Kramerei in der Vergangenheit hielten uns wir die Bäuche vor lauter Lachen. Der Alkohol in unserem Blut entspannte uns und wir genossen den Abend.

Irgendwann verschlug es uns herüber in den Raum, der nur für Mitarbeiter befugt war und ich staunte nicht schlecht, da dieser Raum alle meine Erwartungen übertraf: Er glich nicht einem dieser typischen, kleinen verstaubten Räume, in die man nur auswich, um seine Pause zu verbringen, nein, eine große, beige Couch mit bunten Kissen war neben dem Flachbildfernseher, der auf dem hölzernen Lowboard stand, das Highlight in diesem Raum. Drei Stühle, ein Sessel und zwei schmale Tische boten in kleinen und großen Pausen noch zusätzlich Platz.

Die Couch war groß genug, dass wir sechs mit minimalem Gequetsche passten. In Decken eingepackt, schauten wir zwischen Cookies, ein paar heißen Getränken und noch mehr Cookies Passengers mit Jennifer Lawrence und Chris Pratt in den Hauptrollen. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich ein wenig angetrunken, es mittlerweile schon zwei Uhr in der Nacht oder aber daran lag, dass ich zwischen Chloé und noch näher an Leo auf der Couch saß und es mir deshalb so verdammt schwer fiel, mich auf den Film zu konzentrieren.

Irgendwann legte ich den Kopf auf Leos Schulter, als er kaum später den Arm um meine Schultern legte. Mein Herz schlug schneller gegen meine Rippen und meine Gedanken überschlugen sich, immer weiter und weiter, denn dieses Gefühl, dass er durch meinen Körper sandte, war viel schöner, als der schönste Sommertag in Arizona.

Als der Abspann des Films lief, schälte ich mich aus der Decke und streckte mich einmal, stellte dabei fest, dass alle, außer Leo und mir bereits seelenruhig schliefen. Ich beobachtete ihn dabei, wie er den Fernseher ausschaltete. Ein einziges warmes Licht brannte in dem Raum.

»Wie spät ist es?«, fragte ich möglichst leise. Leo fischte sein Handy heraus und verriet mir, dass es bereits viertel vor drei in der Nacht war.

»Willst du nicht schlafen?«, fragt er.

»Ich kann jetzt nicht schlafen, ich bin überhaupt nicht müde.«

»Ich auch nicht.«

Wenn zwei junge Menschen nachts in einem Café in Paris waren und an schlafen nicht zu denken war, machten sie es ja vielleicht wie wir: gegen drei fanden Leo und ich uns auf den Barhockern des Cafés wieder, ich hinter der Theke und Leo mir gegenüber. Wir drehten ein wenig Musik auf, unterhielten uns leise, zündeten die Kerzen an, die Lou vorhin wieder gelöscht hatte. Ich beobachtete, wie der Regen gegen die Fensterscheiben prasselte; wie das Wachs der Kerzen runtergebrannt war. Und wie die Flammen Leos Augen erhellten, als er eine Kerze vor mir abstellte.

»Ich habe Lust auf Eis«, sagte ich irgendwann.

»Jetzt?«, fragte er verwundert und ich nickte eifrig.

»Phil hat doch sicher nichts dagegen, oder?«

»Nein, bestimmt nicht, aber ungewöhnlich, dass du um drei Uhr nachts an Eis denkst.«

»Was ist schon gewöhnlich?« Schmunzelnd knabberte ich auf meiner Unterlippe.

»Punkt für dich.« Er lief einmal um den Tresen und suchte zwei Schüsseln aus dem Schrank, dann mischten wir Vanille-, Haselnuss- und Stracciatellaeis zusammen und verfeinerten das Eis mit Toppings und Soßen.

Ein kleines Sofa mit Fensterplatz im hinteren Teil des Cafés stiel unsere Aufmerksamkeit. Mit dem Eis auf dem Schoß machten wir es uns bequem, mir absolut egal, dass es fast halb vier morgens war, es draußen nur noch tröpfelte und mein früheres Ich darüber nur den Kopf geschüttelt hätte. Der Mond und die leuchtenden Punkte am schwarzen Himmel waren neben den brennenden Kerzen die einzige Lichtquelle in dieser Nacht.

Leo skizzierte mein Gesicht förmlich mit seinen eisigen Augen. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Irgendwas sagte mir, dass er eines Tages ein guter Architekt werden würde.

Dann sagte er plötzlich etwas, womit ich nicht im Geringsten gerechnet hatte: »Weißt du, Nova, ich hatte in meinem Studium schon haufenweise schlaflose und anstrengende Nächte gehabt. Die Sommernächte manchmal auf dem Balkon verbracht, nach Sternenbilder gesucht, mich von ihnen inspirieren lassen und gezeichnet. So lange, bis ich die Augen nicht mehr offenhalten konnte. Das Studium war nicht immer einfach, viel anspruchsvoller und härter, als ich anfangs dachte, dennoch irgendwie machbar. Wir skizzieren, zeichnen und berechnen viel. Wir fertigen provisorische Miniaturen an und alles passt auf den Millimeter genau. Perfekt ausgerechnet und abgestimmt.«

Er machte eine kurze Pause, atmete tief durch, bevor er mich wieder ansah, mir noch viel tiefer und intensiver in die Augen schaute, ich die Lippen aufeinanderpressend. Ich wollte nichts lieber, als mich dem tiefen blau seiner Augen hinzugeben.

»Aber bei den Sternen ist das anders. Sie faszinieren mich auf eine ganz andere Art und Weise, denn da kann man nicht einfach rechnen. Es gibt nicht für alles eine perfekte mathematisch korrekte und einzige Lösung oder Erklärung.«

Seine Stimme hatte einen tiefgründigen Ton angenommen und Leo ließ mich immer noch kein einziges Mal aus den Augen, der Mond erhellte die linke Seite seines Gesichts, er taxierte mich in dem Moment, während ich mich nun gänzlich zu ihm drehte. Er schien mit sich selbst zu ringen, als ob er nicht ganz sicher sei, ob die Worte, die er jetzt sagen würde, die richtigen wären.

»Und Nova, du ... du bist genauso. Ich kann dich nicht so leicht durchschauen oder aufstellen wie eine Matheformel. Du bist schwer. Du ähnelst den Sternen. Und deine Augen leuchten jedes Mal so wie die Sterne, wenn ich dich ansehe. Und Nova bedeutet doch heller Stern

Ich schluckte. Stille. Regen. Flackerndes Kerzenlicht, Haselnuss-, Straciatella und Vanilleeis um weit nach drei Uhr in der Nacht. Paris. Leo und ich.

»Nova, du bist mein heller Stern.«

Ich hatte das Gespür dafür verloren, etwas zu sagen. Mir gelang es nicht, eine einzige Silbe über meine Lippen zu bringen, weil ich vergaß, wie man Wörter sinnvoll aneinanderreihte. Mir war abhandengekommen, wie man gleichzeitig atmete, nachdachte und Wörter fand, die das Gefühl in mir beschreiben konnten.

»Hey«, sagte ich irgendwann empört und lachte zusätzlich, als er kurz darauf nach der Schüssel Eiscreme griff und mir mit dem Löffel Eis auf die Nasenspitze schmierte. »Du warst wie eingefroren«, entgegnete er, während ich mit meinem Handrücken über die Nase strich.

Ich lächelte sanft und Leo erwiderte es. Wir waren wirklich ziemlich verrückt. Und dann lehnte sich Leo weiter vor, so weit, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte und sich alle meine Nackenhaare aufstellten. Mir heiß wurde. Ich spürte dasselbe Gefühl wie an jenem Tag, als er krank gewesen war, ich mich um ihn gekümmert und versorgt hatte.

Er strich mir qualvoll langsam eine Strähne aus meinem Gesicht, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte. Meine Wangen glühten, als seine kalten Fingerkuppen vorsichtig über meine Wange strichen. Mein Herz machte einen Sprung, die Schmetterlinge in meinem Bauch schlugen die Flügel nur so um die Wette.

»Ich – O mein Gott«, sagte eine helle Stimme plötzlich und hatte für ein voreiliges Aus unserer Zweisamkeit gesorgt. Peinlich berührt zog ich das Gesicht zurück und widmete meine völlige Aufmerksamkeit dem Eis auf meinem Schoß, bevor Leo und ich in Chloés entsetztes Gesicht starrten.

»I-ich, sorry, ich wollte nur ... nur ein Glas-«

Mir fiel es schwer, meine zuckenden Mundwinkel zu verstecken, ich fuhr mit den Fingerkuppen den Stoff des Sofas nach, bemerkte, dass die Situation für unsere beste Freundin weitaus unangenehmer war, als für uns beide.

»Du bist nicht die Erste«, meinte Leo irgendwann zwischen Chloés Versuchen, sich aufrichtig bei uns beiden zu entschuldigen.

»Das-das ist schon mal fast passiert?«

Ich grinste in mich hinein, aß nichtssagend mein Eis weiter, während ich mich so unauffällig wie nur möglich an Leo lehnte.

Es war schon wieder so knapp.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass Chloé nicht wenigstens ein kleines bisschen schmunzelte. Es war ganz unauffällig und klein, meine Augen flatterten schon, als sie wieder zurück in den Raum tapste. Plötzlich hatte mich die Müdigkeit in ihren Fängen, Leos Stimme an meinem Ohr, leise, so leise, dass ich kein Wort verstand und ich gänzlich ins Land der Träume abdriftete.

Bitte schlagt mich nicht, ich weiß, dass ihr wütend auf mich seid...
Ich hoffe, es hat euch dennoch gefallen!♥️

-S

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