Teil 4

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Auf dem Weg dorthin schauen mich viele neugierige Gesichter an. Mich außerhalb des Palastes zu sehen ist eine Ausnahme. Nicht, dass es mir nicht erlaubt wäre, aber mein normalerweise straffer Zeitplan gibt kaum Freizeit her. Und so sehe ich da wunderschöne Atlantica leider viel zu selten. Ich grüße die Menschen freundlich und versuche, mich ruhig zu verhalten. Hier draußen zu sein erfüllt mich jedes Mal mit so viel Tatendrang, Neugier und Energie, dass ich im Kreis tanzen könnte. Ein Jammer, dass ich diese Momente so selten erlebe. Und diesen Moment erlebe ich auch nur, weil ich mich gegen die Regeln gesträubt habe. Beim Gedanken daran und an den wütenden Blick meines Vaters, wenn ich zurückkehren würde, wird mir ganz übel. Also versuche ich mich abzulenken. Die Sonne steht nun schon höher als zuvor und doch sehe ich das wunderschöne Glitzern des Meeres im am Horizont. Ich versuche mich darauf zu konzentrierten, während ich weiter auf dem Pflastersteinweg Richtung Bibliothek gehe.

Ich drücke mit aller Kraft eine der beiden Seiten der riesigen Flügeltür auf und zwänge mich ins Innere. Ein paar wenige Besucher bestaunen die Bücher in den hohen Regalen. Es ist vollkommen leise hier drin. Ich höre nur die Geräusche von Büchern, die aus den Regalen genommen oder zurückgestellt werden. Ich rieche das alte Papier und höre das Umschlagen von Seiten. Ich such mit meinen Augen schnell den Raum nach Beddi ab. Der Schreibtisch auf dem Podest in der Mitte des Raumes ist vollkommen leer. Normalerweise sitzt Beddi dort und pflegt die Ausleihhistorie in den großen Notizbüchern, in die sich die Besucher eintragen müssen. Doch im Moment ist der große Sessel vollkommen leer. Ein leises „Verdammt", gefolgt von metallischem Klirren und einem dumpfen Ton, lässt mich aufhorchen. Aus der Richtung, in der ich das Geräusch vermute, sehe ich Beddi auf dem Boden sitzen. Die Leiter neben ihm liegt quer auf dem Boden und einige Bücher sind um ihn herum verteilt. Ich kann ein leises Kichern nicht unterdrücken und begebe mich zu dem Regal rechts vom großen Sessel. Beddi kratzt sich am Kopf, schaut nach oben zum Regal und beginnt, die Bücher aufzusammeln, die ihm heruntergefallen sind. Ich komme zu ihm und hebe eines der Bücher auf. Daraufhin schaut Beddi zu mir auf und seufzt.

„Du erwischst mich aber auch immer in meinen glorreichsten Momenten." Während ich die restlichen Bücher aufsammle und ihm anschließend aufhelfe, grinse ich zurück.

„Ach was, ich finde es immer äußerst unterhaltsam mit dir. Hast du dir auch nicht wehgetan?"

Beddi winkt nur lässig ab, dann nimmt er mir die Bücher aus der Hand. Ich deute auf das untere Buch, das über Runen.

„Hier, das hast du ja vermisst."

„Ich wollte dich schon fragen, was du hier machst. Danke! Und das, obwohl du gleich Training hast." Beddi sieht ehrlich geschmeichelt aus. Ich zögere eine Weile, dann antworte ich:"Naja, eigentlich hätte ich jetzt im Moment Training..."

Beddi zieht die Augenbrauen fragend zusammen. „Was machst du dann hier?"

„Hast du von den Rebellen gehört?"

Nun weiten sich seine grünen Augen. „Ja, natürlich, davon habe ich gehört, aber worauf möchtest du hinaus, Elionara?"

Ich sehe ihn weiter unsicher an, aber sage nichts. Beddi schaut mich erst weiter verständnislos an, dann öffnet er seinen Mund leicht, als er begreift. Zielstrebig bringt er die Bücher zu seinem Schreibtisch.

„Frenius!" ruft er durch die Bibliothek. Hinter einem Regal am Eingang kommt Frenius zum Vorschein und läuft uns schnell entgegen. „Ja, Beddict?"

„Kannst du für eine Stunde übernehmen? Ich muss dringend los."

Nun schaue ich Beddi fragend an. Wortlos nimmt er meine Hand und zieht mich aus der Bibliothek. „Dann gehen wir mal auf zum Hafen und schauen, was da los ist."

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⏰ Last updated: Dec 01, 2022 ⏰

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SonnenmondWhere stories live. Discover now