Assassin's Creed Oneshot II

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- @colorlesspieces lässt mir keine Wahl, hier ist mehr Assassin's Creed -

"Evelyn Kenway."

Zufrieden und verliebt lächelten Shay und Elizabeth einander an. Es war ein wunderschöner, vielleicht sogar perfekter Morgen.
Ein sanfter Nebelschleier zog sich durch das bereits rege Paris. Erst vor Kurzem brachte Elizabeth die kleine Evelyn zur Welt, das zweite Kind der Liebe der beiden Templer.

Mit Stolz in der Brust schritt Shay zum Fenster und öffnete es. Frische Luft gelangte in das Zimmer - glücklicherweise hatten die Kenways ein Haus außerhalb der Innenstadt organisiert bekommen. Der Geruch, nein, der Gestank, er wäre unerträglich und dem Kind mehr als schädlich gewesen.
Plötzlich: lautes Poltern.
Schnelle Schritte, die sich der Tür näherten.
Instinktiv schnellte Elizabeth vor die Krippe, um Evelyn zu schützen.
Shay zog sein Schwert, machte sich bereit, kämpfen zu müssen.
Die Tür schwang auf und ein atemloser Bediensteter stolperte ins Zimmer.
Kritisch beäugte Shay den nach Luft schnappenden Mann.
"Draußen.. an der Wand.. Kritzelei", keuchte er.

Elizabeth warf Shay einen kurzen Blick zu und sie schnellten nach draußen, um zu sehen, was der Mann zu meinen versuchte.

FUROR TEUTONICUS

FUROR TEUTONICUS

VENI

FUROR TEUTONICUS

VIDI

FUROR TEUTONICUS

VALIDUS

FUROR TEUTONICUS

FUROR TEUTONICUS

Die ganze Hauswand war mit Blut beschmiert.
Schriftzüge und einzelne Worte, die selbst in mehreren Metern Höhe noch angeschrieben waren.

"Furor... Teutonicus..." wiederholte Elizabeth langsam.

"Furor Teutonicus...Das kommt mir bekannt vor", murmelte Shay.

"Aber klar!"Elizabeth fasste Shay an den Schultern. "Die teutonische Wut, das germanische Ungetüm. Das kann nur der Bruder der preußischen Assassinen sein!"

"Dann will der Bruder tatsächlich seine Rache."

"Dann ist er tatsächlich dumm genug" giftete Elizabeth, "soll er doch kommen!"

Shay rief einen Bediensteten zu sich, befahl ihm, die Umgebung abzusichern, Fenster und Türen zu schließen. Mit gezogenen Schwertern schritten Shay und Elizabeth durch das Haus, geschwind hoch und zurück zu Evelyn. Es galt, sie zu schützen.
Der Bedienstete saß, langsam wieder gefasster, auf dem Boden und beobachtete das Mädchen. Shay nickte ihm zu, schritt zur Krippe und strich Evelyn über ihren kleinen Kopf.
So schnell hatte sich alles gewendet. So schnell war die Perfektion vorüber.
Vergangen wie Rauch an einem stürmischen Abend.

Rauch.

Rauch!

Rauch.
Hier war Rauch.
Feuer!

Wieder sahen Shay und Elizabeth einander an. Doch dieses Mal ernsthafter, bitterer. Ihr Glück war nicht von langer Dauer gewesen.

Sie mussten sich nicht absprechen. In Windeseile, noch bevor sich das Feuer ausbreiten konnte, hatten die beiden Templer alles Wichtige zusammengepackt und auf die Kutsche verfrachtet. Sie stiegen auf und fuhren eine Straße am Rande von Paris entlang. In einem anderen Distrikt der Stadt befand sich ein Quartier der Templer, es war nicht allzu weit. Dort würden sie Schutz finden, dessen waren sich beide sicher.
Schweigend saßen Elizabeth und Shay auf der Kutsche, Evelyn in einem kleinen Körbchen zwischen ihnen. Sie sprachen es nicht aus, doch wussten beide, was der andere dachte.
Sie flohen. Sie hatten dem Preußen die Chance gegeben, dieses Attentat vorzubereiten. Mag es noch so schlecht gewesen sein, noch so ineffizient; sie hatten es zugelassen. Nicht verhindert. Das war eine Demütigung - gerade für die erfolgreichsten Assassinenjäger ihrer Zeit.
Nach einer kurzen Zeit begann Evelyn zu schreien.
Sie schrie.
Und schrie.
Und schrie, laut, immer lauter, weinte, strampelte um sich, als ob ihr jemand Schmerzen bereitete.

Sofort nahm Elizabeth sie in den Arm, redete sanft auf sie ein, schaukelte sie.

"Was ist mit ihr?", fragte Shay besorgt, aber ruhig.

"Ich weiß es nicht",stieß Elizabeth hervor, "vielleicht ist sie lediglich geschockt?"

Zart strich Elizabeth dem kleinen Mädchen über den Körper - bis sie in der Hand eine winzige, spitze Nadel entdeckte, die sich in ihr Fleisch gebohrt hat.
Erschrocken, doch mit aller Vorsicht zog sie die Nadel heraus.
Das Kind schrie lauter.
Shay griff nach der Nadel und begutachtete sie, sichtlich außer sich vor Sorge.

Darauf stand ein einziges Wort geschrieben. Shay kniff die Augen zusammen und entzifferte es. Es war deutsch.

"Geißel",las Shay vor.
Elizabeth sah ihn mit großen Augen an. Mit zitternder Stimme fragte sie: "Was ist Geißel? Es klingt deutsch, so, wie du das sagst. Doch ich kenne das Wort nicht!"

"Eine Geißel", stotterte Shay, "eine Geißel ist wie eine Art Peitsche. Eine Bestrafung." Er konzentrierte sich auf den Weg. Er musste. Er musste schnellstmöglich zum Quartier der Templer. Sie mussten schnellstmöglich.

"Shay..." flehte Elizabeth bestürzt, "fahr schneller. Bitte, so schnell es geht! Sieh nur. Ihr rechtes Auge... Es... Es verfärbt sich!"
Was Shay sah, ließ ihn erschaudern. Die Iris Evelyns' Auge verfärbte sich zu einem dreckigen, schalen gelb.
Es war ein Nervengift.
Sie brauchten einen Arzt.
Schnell.
Verdammt sei er, dachte Shay, während er die Pferde an ihr Äußerstes trieb.
Verdammt sei dieser Assassine!
Nur kurze Zeit später erreichten sie das Quartier.
Elizabeth stürzte sich mit dem Kind in das Quartier und rief nach allen Ärzten, Medizinern und Apothekern, die aufzufinden waren.

Shay griff nach den mitgebrachten Habseligkeiten, die noch auf der Kutsche lagen.

"Lasst mich das ruhig erledigen, monsieur!"
Ein ansässiger Bediensteter verbeugte sich vor Shay und machte Anstalten, ihm das Gepäck abzunehmen.
"Danke, aber nein", erwiderte Shay ruhig, aber bestimmt.
Es konnte nur dieser Bedienstete gewesen sein, der seine Tochter vergiftet hatte. Er konnte ihnen nicht trauen.
Empört hob der Angestellte die Hände und sah ihn an.
"Ich muss doch sehr bitten!"
Shay sah den Mann an. Er schien nicht viel jünger zu sein als er. Trotz seiner eher durchschnittlichen Körpergröße war er von athletisch Statur und wirkte damit auffallend präsent. Er sah Shay aus grauen, scharfen Augen an, die sich von seinem dunklen Haar abhoben.
Shay musterte die strengen Gesichtszüge des Mannes. Er sah nicht aus wie ein Franzose.
"Wie heißen Sie?", fragte er ihn forsch.
"Mein Name ist François Jeauteau, monsieur! Ich komme ursprünglich aus Versailles, doch hat es mich nach Paris gezogen. Die Frauen hier sollen bezaubernd sein, wisst Ihr" antwortete der Mann in einem starken, fließenden Französisch.
Nie. Und. Nimmer.
Er war kein Franzose.
Shay musterte ihn kritisch, als François näher an ihn herantrat.
"Ihr scheint mir nicht zu vertrauen, monsieur!"
"Vertrauen Sie keinem Mann, mein Freund, daran tun Sie besser", murmelte Shay, während er das Gepäck anhob und sich von François entfernte.
Schnell begab er sich in das Zimmer, in welchem Evelyn versorgt wurde.
Sie werde durchkommen, versicherten ihm die Ärzte. Sie werde es überleben, sie werde wieder gesund werden. Nur ob die Verfärbung rückgängig zu machen wäre, wüssten sie noch nicht. Ein solches Gift sei ihnen noch nie untergekommen.
Elizabeth erstarrte, als sie einen Zettel auf dem Flurboden, nicht nahe entfernt der Tür entdeckte.
"Furor Teutonicus" stand darauf geschrieben.
Wie auf der Hauswand.
Wie es der Preuße kurz vor seinem Tod wie besessen von sich gab.
"Es ist hier nicht sicher für sie", zischte Elizabeth zu Shay, während sie ihn eindringlich ansah, "wir müssen nach London zurückkehren. Ich wäre sogar einverstanden, würden wir nach Amerika segeln, aber wir müssen Paris verlassen! Schnellstmöglich!"

Zufrieden sah François durch ein Fenster seinem Werk zu. Gemächlich, ganz unauffällig, spazierte er in das Stadtesinnere, wo er sein Häuschen, ferner eine kleine Bruchbude betrat. Er zog eine kleine Kiste unter seinem Bett hervor und entfaltete die darin enthaltene Uniform. Ein prächtiges Gewand in schwarz, weiß und rot.
Er entledigte sich seiner Kleidung und legte die Uniform und Waffen an.
Pistolen.
Dolche.
Granaten.
Eine versteckte Klinge.
Und schließlich ein prächtiger, preußischer Säbel, mit Gold verziert und dennoch dem Kämpfe zugute schlicht gehalten.

François Jeauteau.

Der Mann spuckte auf den Boden und zog sich die Kapuze tief ins Gesicht.

Er war der Furor Teutonicus. Er war Friedhelm Raginhari.

Und er würde seinen Bruder, Willhelm Raginhari, rächen.

Heute Nacht.

Entwürfe. Where stories live. Discover now