Kapitel 1

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Xaras Sicht:

Sie saß einfach nur da und schaute in die Leere. Ich saß am Flughafen in New Orleans, Louisiana, USA, auf der einfachen eisernen Wartebank vor dem Check-in-Schalter, zwischen vielen nach Schweiß und Parfüm riechenden Menschen. Meine Nase zuckte vor Ekel, als sich ein fetter Mann mit sehr unangenehmem Duft neben mich setzte. Ich hasste Warteräume. Vor allem Warteräume in Flughäfen. Alles war so voller Stress und Hektik. Menschen hasteten von A nach B und man musste aufpassen nicht von umher hetzenden Menschen umgerannt zu werden. Wieder blickte ich auf den Platz mir gegenüber in einer Sitznische. Das Mädchen war verschwunden. Sie war mir in Erinnerung geblieben, mit ihrem knallroten Lockenkopf und den dazu passenden dunkelbraunen Augen. Wohin sie wohl wollte? Ihr Blick hatte geheimnisvoll ausgesehen, ihre Art sich zu bewegen ziemlich geschmeidig. Zwar war sie etwas kleiner, hatte jedoch etwas von einer Katze. Mit einem durchdringenden Blick hatte sie mich zuvor angesehen, bevor sie verschwunden war. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Wahrscheinlich würde ich sie eh nicht wiedersehen. Ja, es war sogar fast unmöglich. „Flug 2 nach Asuncion, bitte. Flugzeug 23." Ich stand auf. Langsam atmete ich aus. Meine Aufregung stieg an und mein Bauch fing an zu kribbeln. Nach 13 Stunden und 45 Minuten wäre ich schon dort. Bei meinen Großeltern. Meine Eltern waren berühmte Wissenschaftler, die ständig auf Forschungsreisen im Regenwald unterwegs waren, weshalb sie keine Zeit mehr für mich hatten. Deswegen sollte ich für ein paar Jahre zu meinen Großeltern ziehen, die gefühlt die halbe Welt entfernt wohnten. Ich reihte mich in die Schlange vor dem Check-in-Schalter ein. Auf einmal erkannte ich das rothaarige Mädchen vor mir. Sie wollte auch nach Asuncion? Sie war gerade im Check-in, als plötzlich das Gerät des Flugzeugwärters aufblinkte und wie wild anfing zu piepsen. Neugierig, wie ich war, lehnte ich mich zur Seite um besser erkennen zu können, was da vor sich ging. Gerade zog der Flugangestellte ein Taschenmesser aus ihrer Jackentasche, woraufhin sie ihm auf die Hand schlug und ihn ankeifte: „Das ist meins! Geben Sie es sofort wieder!"- „Immer ruhig junge Dame, wissen Sie denn nicht, dass solche Gegenstände auf keinen Fall ins Handgepäck dürfen?", antwortete der Mann. Doch sie ignorierte ihn und schrie weiter hysterisch herum.

Langsam stiegen ihr die Wuttränen in die Augen und auch ihr Kopf verfärbte sich puterrot. „Sie können es doch behalten. Ich tue es nur in ihren Koffer." Unbeeindruckt und ohne zu zögern schob er das Mädchen weiter, das keine Wahl hatte und laut fluchte.

10:12 Uhr. Das Flugzeug hob in den bewölkten Himmel ab. Man sah nur noch grau. Hoffentlich endete das hier nicht in einem Gewitter... Mein Bauch kribbelte, als sich das riesige Ungetüm in die Lüfte schwang. Kurz darauf war das Gefühl auch verschwunden. Ich drehte den Kopf auf die rechte Seite, in Richtung Fenster.

Charlies Sicht:

Genervt ließ ich mich in den Flugzeugsitz fallen. Dieser Scheißkerl, zog er mir einfach mein Taschenmesser ab! Ich brauche das doch! Was ist, wenn wir angegriffen werden oder sowas. Passiert ja immer häufiger. Mein Dad hatte mir immer eingetrichtert, abgesichert zu sein. Dad war bei der Armee genau wie Mum und mein großer Bruder Kyle. Ich liebte meine Familie, doch es war kacke, dass sie oft weg waren. Kyle und ich hatten bei meiner Grandma gelebt, doch Granny ist zu alt um auf einen Teenager aufzupassen, also muss ich nach Asuncion zu meiner Tante Leila, meinem Onkel Roger und meinem Cousin Isaac ziehen. Ich mochte sie wirklich gerne und hatte schon einige meiner Ferien dort verbracht. Es machte mir also nicht wirklich etwas aus, dort zu leben.

Gedankenversunkenstarrte ich aus dem Fenster und dachte an meine Familie, als ich bemerkte, wie sich jemand neben mich setzte. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah ein Mädchen dort sitzen. Sie grinste mich freundlich an und ihre smaragdgrünen Augen blitzen abenteuerlustig. Ich mochte sie nicht. Sie wirkte wie die Art von Leuten, die zu viel quatschten und ihre Nase in Dinge steckten, welche sie nichts angingen. Diese Art von Leuten, den ich normalerweise aus dem Wegging. "Na, auch auf dem Weg nach Asuncion?", fragte sie und ihre Stimme hatte für meinen Geschmack eine Spur zu viel Motivation. Innerlich verdrehte ich die Augen. Nee weißte, ich will jetzt zum Mond. "Wie es aussieht", erwiderte ich trocken und drehte meinen Kopf wieder zum Fenster. Doch irgendwie gefiel das dem Mädchen nicht so gut, denn sie tippte mich auf die Schulter und als ich keine Anstalten machte ihr Aufmerksamkeit zuschenken, begann sie wie ein Specht auf meine Schulter einzuhacken. Genervt aufstöhnend drehte ich mich wieder um und sah, wie ein gewinnerisches Grinsen sich auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Ich bin übrigens Xara Miller. Ich finde,wir sollten unsere Namen wissen, wenn wir schon den Flug zusammen verbringen." Bedauerlicherweise. Warum konnte sie mich nicht einfach in Frieden lassen? War das wirklich zu viel verlangt, einfach seinen Flug in Ruhe genießen zu wollen? "Ich heiße Charlie Anderson. Willst du sonst noch was wissen?" Sofort bereute ich diese Frage. Der Weg, wie ihre Augen aufleuchteten, gefiel mir ganz und gar nicht. Wahrscheinlich würde sie mich mit 100.000 Fragen durchlöchern, inklusive welche Schuhgröße ich habe und was meine 20. Lieblingsfrage ist. "Weißt du was? Ich würde gerade gerne etwas schlafen. Frag mich einfach später." Mit diesen Worten stopfte ich mir die Kopfhörer in die Ohren und hörte mein Lieblingslied.

Ginger und Little XWhere stories live. Discover now