Kapitel 2

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„Albus!" schrie Harry und lies seine Sachen einfach fallen. Er rannte auf den weinenden Jungen zu und nahm ihn in den Arm. Der kleine schniefte und sah seinen Vater aus großen Augen an.

„Was ist passiert?" flüsterte Harry ihm beruhigend zu. 
Als Antwort schniefte Albus nur ein zweites Mal. Harry streichelte ihm sanft über den Rücken, nahm das kleine zarte Gesicht des Jungen in beide Hände und wischte mit seinen Daumen die Tränen darauf weg.

„Scorpius und i-ich..." sagte Albus und versuchte aufzuhören zu weinen. „Wir sind mit dem Flopulver durch den Kamin gegangen." gestand er leise. Harry nickte abwartend. „Ich weiß." und er erzählte von Scorpius, der bei ihm und Draco aufgetaucht war. Warum er überhaupt dort gewesen war, verschwieg er ihm. Es war besser so.

„Scorpius hat aber nicht geweint." beendete Harry seine Erzählung und sah Albus fragend an.

„I-ich... ich kann's Dir nicht sagen, Dad!" brüllte Albus. Harry erschreckte sich von der plötzlichen Wut und nahm seine Hand weg. „Okay..." murmelte er dann besänftigend. Er hatte seinen Sohn noch nie so aggressiv erlebt.

„Wenn du nicht darüber reden willst, dann ist das schon okay. Aber ich bin immer da. Nur für den Fall, dass du es dir doch noch anders überlegst, hm?" er drückte noch ein letztes Mal auf Albus' Schulter und ging dann in sein Schlafzimmer. Harry wusste, wie er sich fühlte. Er wusste, dass Albus jetzt lieber allein sein wollte.

Die Ferien gingen eher holprig los. Jetzt, wo ihre Söhne wieder da waren, hatten Draco und Harry kaum Zeit für sich. Harry vermisste es, Dracos herzförmige Lippen auf seinen zu spüren. Doch hauptsächlich kreisten seine Gedanken um seinen Sohn.

Seit Albus und Scorpius unerlaubter Weise durch den Kamin gefloht waren, war er so komisch. So seltsam ruhig. Harry machte sich wirklich langsam Sorgen um ihn. Das war gar nicht seine Art. Wo nur war sein aufgeweckter Abenteurer? Stattdessen saß Albus morgens und abends immer schweigend am Esstisch und lies sich außerhalb seines Zimmers so gut wie gar nicht blicken. Harry wurde so verzweifelt, dass er sich an Hermine und Ron wandte. Seine besten Freunde.

Gleich am nächsten morgen hatten sie einen Termin vereinbart. Er würde Albus mit nehmen, ob er wollte, oder nicht. Sie stiegen in Harrys Muggelauto und brausten davon. Bis zu einem kleinen, abgelegenen Haus in der Nähe eines Waldes. Die Sonne schien in orangenen Tönen über das braune Dach und versetzte die Atmosphäre in ein angenehmes Herbstgefühl.

Harry nahm seinen Sohn an die Hand und klopfte an der schweren Holztür. Ein gedämpftes „Komme schon!" drang daraus hervor und wenig später stand Hermine davor. Sie hatte die schlafende Rose auf dem Arm.

„Harry!" rief sie fröhlich. „Schön, dass du mal wieder da bist! Rose' Geschrei bringt mich noch um den Verstand und Ron ist auch am Ende mit seinen Nerven. Weißt du, seit er Weasleys Zauberhafte Zauberscherze übernommen hat, kommt er nur noch mit Augenringen zum Frühstück. Ich glaube er braucht wirklich mal eine Pause. Oder einen Partner. Naja. Hallo Albus!" Harry lächelte über Hermines Redeschwall. Sie betraten das gemütliche Haus und sofort stieg ihm der Geruch von Butterkuchen in die Nase. Er schloss genießerisch die Augen. Bei Hermine und Ron war immer etwas los und doch war es angenehm und friedlich bei Ihnen.

Im Grimmauldplatz 12 dagegen war es leer. Harry hatte alles, was ihn an Sirius oder Remus oder irgendein anderes Mitglied des Ordens erinnert hatte, auf den Dachboden verbannt, damit er nicht immer wieder trauerte. Bisher hatte er wegen Draco und seiner Arbeit als Auror kaum Zeit gehabt, etwas Leben in ihre Wohnung zu bringen.

Hermine legte Rose in ihr kleines, helles Bettchen und stemmte die Arme in die Hüfte. „So, nun kommt erstmal. Magst du Kuchen, Albus?"

Albus nickte eifrig. „Klar." Na immer hin wollte er hier essen, dachte Harry. Ob es an ihm lag, dass Albus sich so komisch verhielt? Aber warum redete er nicht mit ihm?

Sie folgten Hermine in die Küche, wo schon Ron saß und im Tagespropheten las. Harry hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, sich den Tagespropheten zukaufen, da entweder nur etwas über ihn oder irgendwelche Rückfälligen Todesser darin stand, oder irgendein Stuss, der nicht stimmte oder einfach niemanden interessierte.
Als Ron seinen besten Freund bemerkte, legte er die Zeitung sofort weg und strahlte Harry an.

„Kumpel! Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe! Es ist gar nicht mehr hier auszuhalten ohne dich!" Hermine schnappte empört nach Luft. Zur Besänftigung drückte Ron ihr einen Kuss auf die Schläfe. Es zeigte Wirkung, denn Hermine erinnerte sich an den Kuchen.

Sie verteilte großzügige Stücke an ihre Gäste und ihren Mann. „Hermine, du bist die beste. Der Kuchen ist fabelhaft!" schwärmte Ron, der nicht abwarten konnte und gleich ein Stück probiert hatte. Hermine lächelte. „Ist das Rezept von Molly."

Sie aßen ihren Kuchen solange, bis alle pappsatt aufstöhnten. Hermine hatte Harry ein paar Blicke zu geworfen. Sie hatten sich schließlich nicht nur zum Kuchen essen verabredet. Harry hatte ihr am Telefon noch nicht genaueres sagen wollen. 

„Albus?" fragte sie, damit Harry endlich mit der Sprache heraus rücken konnte. Der Junge hob den Kopf. „Willst du im Garten fliegen üben? Ron leiht Dir bestimmt seinen Besen. Aber nicht zu hoch, hörst du?" Albus nickte sofort begeistert. Er hatte jetzt fast ein Jahr Flugunterricht bei Madam Hooch gehabt, genau wie sein Vater. Es machte ihm Riesen Spaß und auf Rons Besen zu fliegen, war eine richtige Ehre für ihn. Er folgte Ron nach draußen in den Garten.

Sofort legte Hermine mit ihren Fragen los: „So! Und nun sag mir was du so dringendes besprechen willst! Du hast ja ein Riesen Geheimnis daraus gemacht! Geht es um deine Alpträume? Kommen sie wieder? Oder geht es um Draco? Um Ginny? Um Gottes willen, es geht nicht um Ginny oder?" Harry musste sogar lachen, dass Hermine sich solche Sorgen machte. Sie war auch mit Ron die einzige, die von ihm und Draco wussten. Zuerst war sein Freund ganz und gar nicht begeistert davon gewesen, aber so langsam akzeptiere er es. Auch, wenn er Draco nicht gleich glücklich um den Hals fiel.

„Es geht um Albus." sagte Harry ganz ruhig. Erstaunt hob Hermine die Augenbrauen. „Um Albus? Er wirkt auf mich ziemlich normal." Harry schüttelte niedergeschlagen den Kopf und berichtete von seinem Verhalten. „Das ist ja merkwürdig." sprach Hermine, nachdem sie Harry aufmerksam zugehört hatte, aus, was Harry schon die ganze Zeit gedacht hatte. Er nickte schweigend.

„Was gab ich verpasst?" fragte Ron, der soeben den Raum betreten hatte und sich auf den leeren Stuhl neben Harry fallen lies. „Albus war total begeistert von dem Besen! Er war aber ein bisschen groß für ihn, deshalb musste ich ihn kürzer zaubern. Jetzt fliegt er alleine ein bisschen. Hat Harry schon erzählt, was los ist?" Hermine nickte ernst. Auch ihm erzählten sie, was es mit Albus auf sich hatte. Ron runzelte die Stirn. „Auf mich wirkte er eigentlich wie immer."

„Ja," stimmte Hermine ihm zu. „Das habe ich auch gesagt, aber vielleicht liegt es nur daran, dass hier mehr Leute um ihn sind, und er abgelenkter ist."

„Meint ihr, es liegt an mir?" fragte Harry verbittert.

„Ach Quatsch, Mann! Bei euch ist es nur etwas...naja. Kahl. Vielleicht solltest du mal renovieren oder so. Du sagst, er ist seit er von der Schule kam so seltsam?" Harry nickte.

„Ich werde in den Ferien mal etwas Farbe ins alte Black Anwesen bringen. Vielleicht wird es dann besser."

Hermine überlegte. „Ich weiß nicht...das hat ihn doch vorher auch nicht gestört. Es muss etwas in der Schule vorgefallen sein. Vielleicht wird er gemobbt?"

Harry starrte sie an. „Du meinst, er hat keine Freunde? Natürlich hat er die!"

„Nein, nein. Aber vielleicht ist da ein Schüler, der ihn fertig macht. Vielleicht solltest du mal mit ihm reden."

„Gut okay, Tapetenwechsel und ein Gespräch. Wärs das erstmal?" Ron und Hermine nickten.

„Danke für eure Hilfe Leute, Echt." Hermine lächelte und Ron legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Immer doch, Kumpel."

Wo die Liebe hinfällt Where stories live. Discover now