Der Anfang und das Ende

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... Ich ließ meine Füße von der Bettkante baumeln und schaute auf meine Beine. Ich hatte relativ lange helle Beine, auf die ich recht stolz war. Ein bisschen Bräune würde meinen Beinen nicht schaden, aber egal wie lange ich in der Sonne war, braun war ich noch nie geworden, weder an den Beinen, noch am Rest meines Körpers. Meine Beine, sowie mein Körper waren gut trainiert, da ich die letzten Jahre, abgesehen davon die menschliche Schule zu besuchen, nicht viel mehr gemacht hatte, als zu trainieren. Mein Ziel war es seit fünf Jahren, als ich von der Schattenwelt erfuhr, eine Schattenjägerin zu werden. Und da heute der große Tag war, um dies in die Tat umzusetzen, ging ich ins Bad und wusch mir unter der Dusche den Schweiß der Nacht ab. Ich schloss die Augen und nahm nur das Plätschern des Wassers auf meiner Haut und auf dem Boden wahr. Ein angenehmes Geräusch, dass mich in Gedanken versinken ließ. Heute war der letzte Tag, an dem ich ein gewöhnliches Mädchen sein würde, ich würde Teil von etwas Größerem werden. Der heutige Tag war gleichzeitig Ende und Anfang und ich war darauf vorbereitet. Darüber, dass ich die Prüfung nicht bestand, machte ich mir keine Sorgen. Es gab wahrscheinlich nicht viele, die so ehrgeizig an diesem Ziel festhielten wie ich. Ein Hämmern an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. „Hey, wie lang brauchst du denn noch? Die Schule fängt bald an und ich muss auch noch duschen." rief Jess durch die Badezimmertür. „Gib mir noch zehn Minuten Jess." antwortete ich. Ich hörte nur ein genervtes Stöhnen und Schritte, die sich von der Tür entfernten. Also sprang ich aus der Dusche, kämmte meine wirren Haare und föhnte sie schnell. Beim Zähneputzen betrachtete ich mich im Spiegel. Helle Haut, braune Augen mit grünen Sprenkeln, die hin und wieder auftauchten. Heute waren sie gut zu sehen. Und ich hatte hellbraune etwas länger als schulterlange Haare. Dazu volle rote Lippen, die den Spiegel anlächelten, bereit heute Alles zu geben. Zuletzt nahm ich noch meine Kette aus dem Badezimmerschränkchen. Es war eine goldene Kette mit einem Kreuzanhänger. In der Mitte des Anhängers waren Sonnenstrahlen eingraviert und am unteren Ende war das Gold leicht gesprungen. Diese Kette war mein Ein und Alles, mein wertvollster Besitz, denn sie hatte meiner Mutter gehört. Sie ist alles was mir von ihnen geblieben ist. Und ich trug sie jeden Tag und legte sie nur ungern ab.

Ich verlies das Bad und ging in mein Zimmer zurück, wo ich meinen Bademantel abstreifte und in Jeans und T-shirt schlüpfte. Das war zwar recht einfach, aber mehr war nicht gefordert. Dort würde ich die meiste Zeit sowieso Sportkleidung tragen, die ich nun aus dem Schrank in meine Tasche packte. Die Prüfung dauerte den ganzen Tag und wir würden morgen früh die Ergebnisse erfahren. Übernachten würden wir in der Akademie, sodass man erste oder letzte Eindrücke von dem Leben dort bekam. Man durfte sich nur ein Mal bewerben, wer nicht genommen wurde, für den wars das. Meine Tasche war schnell fertig gepackt, da ich nicht viel besaß. Ich schwang sie mir über die Schulter und marschierte die Treppe hinunter. Es war eine Holztreppe mit abgerundeten Stufen, das Geländer war ebenfalls abgerundet und meine Hand glitt grade so darüber. Oft hatte ich versucht das Geländer herunterzurutschen, was meistens nicht geklappt hatte. Aber schwerwiegende Verletzungen hatte ich nie davon getragen, mal einen verstauchten Unterarm hier und ein geprelltes Handgelenk dort. Das würde nun das letzte Mal sein, dass ich dieses Geländer berührte und diese Treppe hinabstieg. Unten angekommen strich ich nochmal bedächtig über das Geländer, dann drehte ich mich um und marschierte den Flur hinunter. An der Haustür angekommen legte ich meine Tasche ab und schlenderte in die Küche, wo ich mir ein Brötchen nahm und es mit Frischkäse und Wurst belegte. Nun kamen auch Jess und die anderen in die Küche. Sie nahmen sich alle etwas zu Essen und setzten sich an den großen Tisch, der wie das Geländer aus Holz und an den Kanten abgerundet war. Alle waren gut gelaunt, hatten aber auch ein wenig Traurigkeit in den Augen, da sie wussten, dass sie mich nach heute wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen würden, außer wenn ich sie mal besuchen kam, was in frühestens ein paar Monaten der Fall sein würde und dann waren Jess und Lenard auch schon nicht mehr hier. Lenard war einer von der Sorte Mann, die man gerne um sich hatte, aber mit dem man nie etwas anfangen würde. Er sah wirklich gut aus, aber er war nicht mein Typ. Lenard hatte dunkelbraune Haare, die sich in seinem Nacken gräuselten, dazu kastanienbraune Augen und ein Lächeln, dass immer von Herzen kam. Und dann war da noch Jess, meine beste Freundin hier. Sie war wunderschön, hatte blonde lange Haare, die ihr den Rücken wie ein Wasserfall hinunterfielen, blaue Augen und kleine Sommersprossen um die Nase. Es machte mich traurig, dass ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Sie wurde nächsten Monat 18, genauso wie ich letzte Woche. Nun hatte ich die Freiheit zu gehen und ich ging ... in die Schattenjäger-Akademie. Wenn ich nicht genommen werden sollte, wars das. Dann säße ich auf der Straße, da ich mich um keinen Alternativplan gekümmert hatte. Aber soweit würde es nicht kommen.

Just a mundi trying to become a shadowhunterWhere stories live. Discover now