Kribbeln

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„Ich bin so müde." 

Mit einem gähnen lässt Joong sich nach hinten, auf das Bett fallen. Nach dem Abendessen haben wir noch einen halbstündigen Livestream auf IG gemacht, deshalb kann ich verstehen, dass er jetzt so fertig ist. Ich selbst bin auch etwas müde, doch ich habe noch ein paar Aufsätze und Hausaufgaben für die Schule zu schreiben. 

Heute Mittag habe ich schon an ein paar Online-Kursen teilgenommen. Auch in dieser Ausnahmesituation, in der wir uns hier befinden, muss ich meine Aufgaben weiterhin erledigen. Doch bevor ich das mache, gehe ich erst mal duschen. Ich schnappe mir ein paar frische Sachen und mein Handtuch und mache mich Richtung Badezimmer auf.

Eine viertel Stunde später, komme ich wieder in mein Zimmer und finde Joong in genau derselben Position vor, in der ich ihn zurückgelassen habe, ausgestreckt auf dem Bett. Nur jetzt schläft er tief und fest. Durch die Dusche bin ich nun wieder völlig munter. Ich will ihn nicht wecken und schleiche leise zum Fenster, öffne es und lasse die kühle Nachtluft hinein. 

Damit Joong nicht anfängt zu frieren, schon allein deswegen, weil er immer noch oben ohne ist, breite ich die Decke über ihn aus. Danach knipse ich meine Schreibtischlampe und die Lichterkette an, lösche das große Zimmerlicht. 

Das schwache Licht gibt meinem Zimmer nun eine angenehme und kuschlige Atmosphäre. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und drehe mich mit meinem Stuhl so, dass ich Joong sehen kann. Eine Weile sitze ich einfach nur da und beobachte ihn.

Die meisten verschätzen sich bei seinem Alter, sie denken, er wäre um einiges älter, als er wirklich ist. Wenn er schläft, sieht er so viel jünger aus. So, als müsse man ihn beschützen. Gleichzeitig sieht er so friedlich und sorglos aus, als könnte ihn alles Böse nichts anhaben. 

So ist es eigentlich mit ihm. Abgesehen davon, dass er unglaublich eifersüchtig ist und oft schmollt, ist er so eine Frohnatur und nimmt alles wie es kommt.

Plötzlich beginnt er sich zu bewegen. Dabei hat er aber weiterhin seine Augen geschlossen, deshalb vermute ich, dass er noch schläft und einfach nur eine neue Position zum Schlafen sucht. 

Er dreht sich auf die Seite, ein Arm unter seinen Kopf, die Beine leicht angezogen. Er ist zwar nur knapp einen Kopf größer als ich, aber dafür hat er breitere Schultern und einfach generell eine sehr männliche Statur. Neben ihm sehe ich immer recht klein und zierlich aus. 

Auch jetzt hier im Bett, in dieser Kinderhaltung, sieht er immer noch so groß aus. Während er sich gedreht hat, sind ihm ein paar Haarsträhnen ins Gesicht gefallen. Am liebsten, mich juckt es schon in den Fingern, würde ich sie ihm gerne aus dem Gesicht streichen. 

Bevor ich wirklich noch aufstehe und das gedachte in die Tat umsetze, drehe ich mich wieder zu meinem Schreibtisch und schalte mein iPad an. Ich muss mich ablenken. Ein paar Aufsätze kann ich noch schreiben, bevor ich ins Bett gehe.

„Mhmm. Was machst du?"

Ich werde plötzlich aus meinem Schlaf gerissen, als Joong mich von meinem Stuhl zieht und hochhebt. Reflexartig schlinge ich meine Arme um ihn und kralle mich an seinen Schultern fest. Dabei bemerke ich, dass er immer noch kein T-Shirt trägt. Ich bin zwar etwas munterer, aber dennoch befinde ich mich noch im Delirium, weshalb mein Kopf zur Seite rollt und auf seiner Schulter und an seinem Hals zu liegen kommt. 

„Ich bringe dich ins Bett. Du bist wohl bei deinen Hausaufgaben am Tisch eingeschlafen. Dort kannst du aber nicht die ganze Nacht verbringen."

Während er redet, spüre ich die Vibration an seinem Körper, der, um das mal bemerkt zu haben, extrem warm ist. In Thailand ist es generell sehr heiß, auch in der Nacht ist es warm, doch gerade heute ist es ein wenig frisch geworden. Deshalb beschwere ich mich nicht, Joong so nah bei mir zu haben und mich bei ihm zu wärmen.

Viel zu schnell vergeht der Moment und er legt mich auf dem Bett ab und entfernt sich, was ich sofort mit einem seufzen kommentiere. Er lacht leise, während er sich weiter entfernt. Kurz darauf ist ein Klicken zu hören, weshalb ich vermute, dass er die Lampen ausgeschaltet hat. 

Ich öffne meine Augen einen Spaltbreit. Schwärze umgibt mich. Ein kleiner Blick zum Fenster verrät mir, dass es noch mitten in der Nacht sein muss. Ich schaue zu Joong, der jetzt auf mich zukommt und sich zu mir ins Bett legt. 

Sofort rücke ich wieder näher zu ihm. Er zieht die Decke über uns beide und sucht sich eine bequeme Position zum Schlafen. Diesmal bleibt er auf dem Rücken liegen. Ich beobachte ihn in der Dunkelheit. Er hat seine Augen schon wieder geschlossen und atmet immer gleichmäßiger. Einen Arm hat er hinter seinen Kopf gesteckt, sein Gesicht ist von mir weggedreht. 

Ein paar Sekunden warte ich, bis ich mir fast sicher bin, dass er wieder eingeschlafen ist, dann stütze ich mich vorsichtig auf einen Arm nach oben. Kurz verweile ich in dieser Position, meinen Blick immer noch auf Joong's Gesicht gerichtet.

Ein paar Strähnen haben sich wieder verselbstständigt und rutschen ihn ins Gesicht. Diesmal halte ich mich nicht zurück. Ich hebe meine Hand zu seinem Gesicht und streiche ihn ganz sanft die Haarsträhne aus der Stirn. 

Entweder habe ich ihn damit aufgeweckt oder er hatte noch nicht geschlafen, denn bei meiner Berührung dreht er seinen Kopf in meine Richtung. Seine Augen sind dabei offen und schauen mich ruhig an. Ich versteinere in meiner Bewegung und schaue Joong einfach nur an, gespannt, was als Nächstes passiert.  

„Komm her." 

Mehr sagt er nicht, bevor er seinen Arm hinter seinem Kopf hervorzieht und mit genau diesem, um mich herum greift, um mich an ihn zu ziehen. Ich rutsche, soweit es geht, an ihn heran und bette meinen Kopf auf seiner Brust. Seine Hand findet ihren Platz an meiner Hüfte. Ich schlinge einen Arm um ihn, was gleich damit belohnt wird, indem Joong mit seiner anderen Hand locker meinem Arm umfasst.

Wir haben schon oft Arm in Arm geschlafen oder sind so am nächsten Morgen aufgewacht. Doch das hier und jetzt bedeutet für mich auf einmal etwas ganz anderes. Mein ganzer Körper kribbelt und mein Herz macht gerade Höhenflüge. Ich hoffe so sehr, dass Joong davon nichts mitbekommt. Ich will mir schon eine passende Ausrede ausdenken, als er mich damit unterbricht, mir einen Kuss auf die Stirn zu geben. 

Mein Atem stockt und ich versteife mich kurz. Wir haben uns schon oft geküsst, nicht nur beim Dreh, auch außerhalb, als wir dafür trainiert haben. Für Joong war dieser Kuss bei 2Moons2 sein Erster überhaupt und da wollte er vorbereitet sein. Doch jetzt, dieser Kuss, ist etwas vollkommen anderes. 

Ohne etwas zu sagen, bettet er seinen Kopf so im Kissen, dass er mit seinen Lippen meinen Kopf weiterhin berührt. Kurz darauf ist er auch schon eingeschlafen und lässt mich, jetzt wieder hellwach, zurück mit meinen Gedanken.

Sleepless Nights JoongNineKde žijí příběhy. Začni objevovat