>>Also was sagen Sie? Sind Sie dabei? <<, fuhr ich fort, ohne auf einen Kommentar seinerseits zu warten. Er legte sich rechten Daumen und Zeigefinger ans Kinn und richtete seinen Blick auf die hellgestrichene Decke der Konditorei, bemühte sich um einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. Was eine Dramaqueen. Ich verdrehte die Augen über seinen Versuch, mich zu reizen. Dennoch strapazierte er meine Geduld bis ins Ermessliche. Ich wollte nur noch nach Hause. Zur Not würde ich erst morgen früh meinen Reinigungsdienst ad acta legen. Kurz schulte er zu mir rüber und merkte wohl, dass ich die Ungeduld in Person war, da ich bereits nach wenigen Sekunden immer wieder mit meinem rechten Fuß auf dem Boden herumwippte und gelegentlich auf meine Armbanduhr starrte, ihn aber trotzdem im Auge behielt.
>>Okay, ich mach's<<, beendete er endlich seine provokante Schauspielerei, wodurch ich mich zunehmend entspannte. Ich hatte schon befürchtet, er würde sich bis Morgen Zeit lassen. Im Kopf durchlief ich bereits all das, was für seine Anstellung erforderlich war. Unseren standardmäßigen Arbeitsvertrag könnte er mit wenigen Änderungen bereits morgen mitnehmen können. Die Führung durch die Konditorei, sowie die Erklärung seiner expliziten Aufgaben sind auch morgen erledigt. Die Bekanntmachung mit allen anderen ebenfalls. Irgendwas schien ich zu vergessen, aber was?
Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse, konnte aber nichts entdecken. Hinter mir befanden sich die Schränke und Schubladen, in denen wir Besteck und Geschirr für unsere Gäste lagerten, und die Kaffeestation. All das würde er morgen zu Gesicht bekommen. Die Kasse zu meiner Linken würde er anfangs nicht bedienen und auch sonst fiel mir nichts auf, das noch von Bedeutung wäre. Ich sah an mir herunter und erkannte meinen Fehler natürlich sofort. Innerlich klatschte ich mir meine Hand mitten in mein Gesicht. Ich müsste schleunigst eine schwarze Schürze, auf der bereits oben links sein Name genäht worden ist, bestellen. Passend zu meiner. Die Frage war nur noch, wie der Name meines zukünftig Angestellten lautete. Bei all dem Drama um sein Auftauchen nach Ladenschließung, haben wir doch glatt vergessen, uns einander vorzustellen. >>Wie professionell und engagiert<<, kommentierte ich ironisch mein vorheriges Verhalten im Geiste. Ich wollte nun auch nicht auf seinem Lebenslauf nachsehen müssen, das erschien mir dann doch zu unpersönlich.
>>Sehr schön, dann können wir uns ja jetzt miteinander bekannt machen<<, lächelte ich mein Benehmen von vorhin weg, als sei es nie da gewesen, und verließ den Bereich hinter der Tortenanrichte durch die schmale Lücke auf meiner rechten Seite, die wir zwischen Wand und Tortenanrichte freigelassen haben, um in den vorhergesehenen Bereich für die hier Arbeitenden zu gelangen oder ihn zu verlassen. Dieser Bereich bestand aus der Küche, in der ich backte, dem danebenliegenden klein gehaltenen Pausenraum, sowie dem Abschnitt hinter der Tortenanrichte und der Kasse, welcher auch die Kaffeestation und die Schränke und Schubladen, befüllt mit Geschirr und Besteck, umfasste.
Meine Schritte wurden immer kleiner als ich kurz vor ihm zum Stehen kam.
>>Lia Richards<<, sagte ich ihm, meine rechte Hand hinhaltend. Wieder kam mir der Geruch seines Aftershaves in die Nase, genüsslich atmete ich ihn ein. Es roch zwar wie jedes andere auch, eben nach Mann, aber ich hätte es am liebsten inhaliert, so sehr mochte ich diesen Duft. Bedauerlicherweise trug Aiden nämlich nie Aftershave oder überhaupt Parfüm. >>So etwas brauche ich nicht. Damit würde ich nur mein Geld verschwenden<<, hatte er damals bei unserem dritten Date gesagt, als ich ihn nach dem Grund fragte. Und da kam mir das erste Mal, seit ich in die grünen Augen des Mannes vor mir geschaut habe, wieder in den Sinn, dass mein Freund wahrscheinlich schon in meiner Wohnung, zu welcher er ebenfalls einen Schlüssel hatte, saß und auf mich wartete. Wie aufs Stichwort spürte ich eine regelmäßige Vibration in der Tasche meiner Schürze, in der ich immer mein Handy aufbewahrte. Ich versuchte es zu ignorieren und schaute auf meine ihm entgegengestreckte Hand, welche er immer noch nicht berührt hatte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen begegnete ich wieder seinem Blick, welcher überrascht war.
>>Möchten Sie nicht ran gehen Miss Richards? <<, bemerkte er, als würde ich die Vibration weder hören, noch an meinem rechten Unterbauch spüren.
>>Nein, möchte ich momentan nicht- und Lia reicht vollkommen aus<<, stellte ich klar und hoffte darauf, dass er endlich meine Hand schüttelte und mir seinen Namen verriet, damit ich endlich nach Hause zu meinem Freund konnte. Zu lang schon hatte ich meine Zeit mit diesem Fremden, dessen Aussehen mich buchstäblich beinahe umhaute, verschwendet. Schönheit ist aber nur zweitrangig, obwohl Aiden auch unwiderstehlich aussah mit seinen dunkelblonden Haaren, die ihm wuschelig auf dem Kopf saßen, und seinen gräulichen Augen, welche so bedrohlich wirken können, wenn er es wollte. Nicht zu vergessen sein Körper, der sich auf 1,90 m erstreckte und auf dem sich definierte Bauchmuskeln zeichneten, dass mir das Wasser im Mund zusammen lief.
Die warme Hand der Person mir gegenüber unterbrach die Gedanken an meinen Freund.
>>Oliver Cooper, aber Olli reicht vollkommen aus<<, zwinkerte er mir zu und wiederholte damit meinen vorherigen Wortlaut. Ich konnte mir kein Lächeln verkneifen, so sehr ich es auch wollte.
>>Schön Sie kennen zulernen Oliver, freut mich Sie ab morgen in unserem Team begrüßen zu dürfen<<, ignorierte ich grinsend seine Aussage, um ihn ein wenig zu ärgern, und bemerkte, dass wir hier immer noch standen. Unsere Hände umschlungen. Er machte auch keine Anstalten dies zu ändern, und ich? Ich auch nicht.
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Unknown Reader
RomanceEin Baum, der Seelenverwandte zusammenführt? Was für ein Irrsinn soll das bitte sein!? Das dachte sich auch Lia, als sie mit ihrer besten Freundin ihre selbstgeschriebenden Briefe in den Baum warf. Nichts ahnend, dass ihre dunklen Geheimnisse, die s...
