Dankend schüttelte er meine Hand und machte keine Anstalten sich bei Kian zu verabschieden, da dieser immer wieder irritiert aus dem Fenster blickte. Als McCandless weglief, erhob ich mich mit genervtem Blick. «So wird es also immer laufen? Ich mache die ganze Arbeit und du schaust wie ein Hund im Auto aus dem Fenster?» Ich war dabei meine Notizen in meiner Tasche zu verstauen, als Kian meinen Arm packte und mich in den Stuhl, in dem McCandless gesessen hatte, drückte. «Siehst du das?» Ich war etwas perplex, weil ich eigentlich eine Einladung erwartet hatte, wie ein: «Setzt dich bitte, Aya. Ich habe etwas gefunden, dass spannend sein könnte.» Aber nein. Er brach mir beinahe meinen Oberarm. «Was soll ich sehen?» Alles, was man sehen konnte, war das Fenster eines Büros, welches wahrscheinlich einem Polizisten gehörte. «Siehst du das echt nicht?» Gar schon enttäuscht drehte er sich in meine Richtung und wir beide ignorierten, wie nahe wir uns gerade waren. Instinktiv wollte ich mir seinen Mund, seine Lippen genauer ansehen, aber er stand schnell auf. «Als ob du das nicht siehst.»

Noch vollkommen verwirrt, wurde ich von meinem Partner aus dem Buchladen gezerrt. «Du reißt mir gleich den Arm aus, Elsa!» Bevor ich weiter heulen konnte, stoppte die Eiskönigin in ihren Schritten und drehte sich irritiert zu mir um. «Elsa? Dein Ernst?!» Daraufhin zuckte ich mit meinen Schultern und rieb meinen rechten Oberarm, da Kian ihn endlich losgelassen hatte. «Wolltest du mir nicht etwas zeigen?» Unschuldig klimperte ich mit meinen Wimpern und lächelte sanft. «Elsa», mein Gegenüber schüttelte seinen Kopf und sah mich mit bösem Blick an. «Elsa», murmelte er wieder, als konnte er nicht glauben, dass ich ihn so genannt hatte. Aber es passte. Eisblaue Augen. Aschblondes Haar. Jack Frost wäre auch ein passender Name, aber würde sein Ego wahrscheinlich weniger kränken als Elsa. «Hier ist ein Seil gespannt», grummelte die beleidigte Eiskönigin, als wir jetzt vor dem Fenster der Polizeistation standen. Und tatsächlich. Von drinnen hatte ich es nicht sehen können, aber jetzt war es deutlich erkennbar. Ein dunkelgraues Seil spannte sich über dem Fenster und war an der Klinke befestigt.

Mein Blick folgte dem Seil nach oben und mir wurde augenblicklich ganz kalt. Vielleicht lag es aber auch nur an dem Typen neben mir. Okay, ich sollte damit aufhören, schließlich war er mehr als eine Zeichentrickfigur. Obwohl, wenn ich diese Dinge nur dachte, konnte ich ihn nicht kränken. Disney beiseite. Über dem Fenster hing eine Art Klinge, die so aussah, als würde sie eigentlich unter einen Rasenmäher oder in ein Büro zu den Papiermaschinen gehören. Kurz formuliert. Eine Klinge, die mich und Kian innerhalb Sekunden halbieren könnte. Langsam kapierte ich, was sich vor uns abbildete und automatisch rückte ich näher an meinen Teampartner. Dieser legte einen Arm um mich und konnte seine Augen nicht von der vermeintlichen Falle abwenden. «Eine Falle, oder?» Schweigend nickte er und entfernte sich von mir, als er einen Schritt auf dieses Ding zuging.

«Was machst du?! Pass auf, dass du sie nicht auslöst! Wir müssen das melden.» Ich zog an seinem Arm und holte ihn wieder an meine Seite. «Haben nicht Valeria und Morris von einem Mörder gelabert? Dieser, der es auf Polizisten abgesehen hat» Meine Augen wurden ganz groß. Oh mein Gott, ja. War das wieder eine seiner Fallen?! Direkt, ohne länger darüber nachzudenken, begann ich die Umgebung abzuscannen, vielleicht gab es Hinweise. Irgendwas. Irgendetwas, dass helfen könnte. Aber nein. Ich bezweifelte, dass die leeren Fanta Dosen auf dem Boden uns zeigen könnten, wer diese Falle gestellt hatte.

«Hey! Ihr zwei!» Wir beide zuckten zusammen, als die Stimme erklang. Sie war gedämpft, was mich zuerst verwirrte, aber dann realisierten wir beide, dass die Stimme von dem Büro kam. Ein Typ stand auf der anderen Seite des Fensters und sah uns böse an. Er wies uns mit seinen Gesten an, dass wir verschwinden sollten. «Sucht euch gefälligst einen anderen Ort für eure Fortpflanzung. Am besten einen saubereren und privateren!» Seine Stimme wurde lauter und ich konnte, als wäre alles in Zeitlupe, zusehen, wie er seine Hand anhob. «Nein! Stopp! Hier ist eine Falle! Mach das Fenster nicht auf», schrie ich beinahe schon und ich wusste nicht, ob ich mich schon abwenden sollte. Denn es schien mir nicht so, als würde der Beamte auf uns hören. Auch Kian versuchte ihn davon abzuhalten, aber wir beide hatten keine andere Wahl als uns wegzudrehen, als der eigentlich noch junge Polizist das Fenster aufriss und die Falle auslöste. Das Fenster ließ sich nach Innen öffnen und ich konnte hören, wie sich die Klinge oben löste. Kian zog mich an seine Brust und drehte uns beide weg.

Mein Gesicht war in seiner Brust versteckt und zugleich von meinen Händen bedeckt. Meine Lunge fühlte sich an als wäre sie geplatzt oder hätte mindestens drei Löcher. Mein Herz raste schneller als die scheiß Schnecke in Turbo raste und ich spürte Kians unruhigen Atem, unruhig an meinem Ohr. War das gerade wirklich passiert? «Ich will mich nicht umdrehen», gab ich flüsternd zu und spürte Kians Nicken über meinem Kopf, als er sich aufrichtete. «Musst du auch nicht. Ich denke, es ist klar, was sich hinter uns abbildet. Lass uns nach vorne gehen und es der Station melden.»

Mit diesen Worten begann er mich in Richtung Eingang zu schieben, aber auch dort konnte ich mich nicht bewegen. Auch wenn ich es nicht gesehen hatte, war mein Hirn so großzügig und stellte sich die schlimmsten Szenarien vor. Schlimme Szenen, die mir Gänsehaut machten. Als hätte ich einen Schüttelfrost, schüttelte ich mich kurz durch. Kian hatte seine Arme zurückgezogen und musterte mein Gesicht. «Setz dich am besten. Hier, auf die Treppe. Ich gehe allein rein. Bin gleich wieder da.»

Würdet ihr es sehen wollen?

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Würdet ihr es sehen wollen?

BETRAYALWhere stories live. Discover now