Teil 10

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Danach war alles komisch gewesen. Wie immer bisher war Herr Bachert nach meinem Höhepunkt sehr weit auf Distanz gegangen. Mehr noch als sonst: er hatte mir meine Kleidung in die Hände gedrückt, ein „Bis morgen Rose" von sich gegeben, sich rumgedreht und war ins Badezimmer verschwunden. Danach hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Ich verstand dieses Verhalten seinerseits nicht. Es war fast so als wollte er der Situation entfliehen, in der man sich nach dem „Spiel" in die Augen sieht und miteinander redet. Natürlich verspürte auch ich danach eine gewisse Verlegenheit, was nicht zuletzt daran lag, dass ich irgendwo immer noch Bedenken bei der ganzen Sache hatte. Bisher war mir noch niemand so nah gekommen und dann war er noch mein Lehrer.
Aber trotzdem ließ mich sein Verhalten einsam fühlen. Es macht mir selbst Angst und ich wagte es kaum auszusprechen, aber ich sehnte mich nach mehr Nähe.
Doch warum sollte ich länger darüber grübeln. Ich konnte ja doch nichts ändern, wenn überhaupt hatte er Macht über mich und nicht andersrum.
Gleich würde mein Wecker klingeln, das wusste ich. Umso schwerer war es, mich davon zu überzeugen aufzustehen. Am liebsten wäre ich einfach im Bett geblieben!
Aber das ging natürlich nicht. Trotzdem gönnte ich mir zehn weitere Minuten, schließlich hatte ich gestern Abend noch geduscht und musste heute Morgen nicht mehr großartig ins Bad.

Als ich es dann doch schwerfällig aus meinem Zimmer geschafft hatte und in die Eingangshalle der Cafeteria trat konnte ich meinen Augen kaum trauen: eine beachtliche Menschenmasse an Schülern aber vor allem Schülerinnen, hatte sich halbkreisförmig am Eingang gebildet. Noch erstaunter war ich, als ich unter ihnen Bie, Loreen und Selene fand. Allerdings standen diese etwas Abseits. Das war vermutlich auch der Grund, warum sie mich bemerkten oder besser gesagt, warum Bie mich bemerkte und zu sich herüber winkte.
„Was ist denn hier los?"
„Der Neue ist da", antwortete Loreen prompt. Jetzt entdeckte ich auch Paul, der weniger interessiert zur Seite starrte.
„Und? Sieht er gut aus?", fragte ich der Begeisterung Loreens willens.
„Machst du Witze? Er ist umwerfend." Sie hatte ihre Stimme etwas gesenkt, damit Paul nicht mithören konnte.
Ich konnte nichts dagegen machen, aber etwas neugierig war ich jetzt auch und so langsam löste sich die Menge. Der arme Neuling, was musste er wohl denken wenn ihn eine Menschentraube so dreist anglotzte.
Doch als sich die Masse auseinander bewegte und ich einen Blick auf den Neuen werfen konnte, war mir der ganze Trubel bewusst. Er sah wirklich umwerfend aus! Loreen hatte nicht übertrieben. Selbst von weitem konnte man seinen wohlgeformten Körper bewundern, dessen Muskeln unter seinem Shirt spielten, als er sein Tablett zu einem Tisch beförderte.
Obwohl alle mindestens einen Platz für ihn freigelassen hatten setzte er sich an einen leeren Tisch.
Gespannt beobachtete ich, ob jemand den Mut besaß seine Entscheidung zu hinterfragen und sich neben ihn zu setzten. Vielleicht wollte er das ja sogar? Und tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht: Ein Mädchen aus der Stufe über mir setzte sich zusammen mit ihrem Gefolge gegenüber des Neulings an den Tisch.
„Was ja klar", murmelte Loreen. Das Mädchen, das die Dreistigkeit besaß sich ohne Essen zu ihm zu setzten, nur um ihn weiter anzustarren, war eines der Gefragtesten im Internat.
Ich hörte nicht gerne auf Klischees, aber sie war der Typ Mädchen, der in High-School-Teenie-Filmen immer unausstehlich war und als Gegenspielerin der Hauptfigur agierte. Die coolen liebten oder verehrte sie und viele mochten sie gar nicht. Ich gehörte zur letzteren Sorte. Aber wer konnte schon wissen zu welcher Sorte der Neuling gehörte!
Sein Gesichtsausdruck war höflich, doch meinte ich zu erkennen, dass ihm ein Essen in Ruhe lieber gewesen wäre, da konnte ich mich natürlich auch irren.
Die Blonde Schönheit fing allmählich an ungeduldig zu werden und ich war mir sicher, dass sie gleich zu sprechen loslegen würde, um ihre Chancen bei ihm auszuchecken. Ihre weiblichen Begleiterscheinungen waren nur Dekoration und sprachen nur wenn sie gefragt wurden, also quasi gar nicht.
Und tatsächlich fingen sich ihre Lippen im nächsten Moment an zu bewegen, was sie sagte konnte ich jedoch nicht verstehen.
Offensichtlich war nur, - und das erfüllt mich mit böswilliger Zufriedenheit - dass der Neue kein Interesse an ihrem Gerede zu haben schien, denn Kurzerhand erhob sie sich und verließ mit ihrem Gefolge den Speisesaal. Arme Tiffany.
Wir wechselten verheißungsvolle Blicke in der Runde, die so viel sagten wie: „Der ist einer von uns!"
Viel reden taten wir während des gesamten Frühstücks eher nicht, stattdessen beobachteten wir wie der Neue sein Essen aß, aufstand, das Tablett nahm, es zum Tablettwagen brachte und mit wehenden Haaren den Raum verließ.
Seine Haare wehten zwar nicht wirklich - seine braunen Locken waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden - doch hätte es bei seinem nahezu geschmeidigen, fast anmutigen Gang durchaus sein können.

Verschwitzt verließ ich die Sporthalle. Endlich noch mal auspowern! Das hatte ich gebraucht. Auch eine Dusche könnte ich jetzt gebrauchen, doch zuerst stand Geschichte an, bevor ich in die Pause durfte.
„Ich brauch ne Pause", schnaufte Bie neben mir und fiel mit einem lauten Rums auf die Umkleidebank.
„Ich muss mich beeilen, du weißt ja wie streng Herr Bachert ist." Es war komisch so von ihm zu reden.
„Der soll sich mal einkrieget. Den kann doch eh schon niemand leiden, da kann der sich wenigstens ein bisschen anstrengen, dass er nicht noch mehr gehasst wird." Ihr Atem beruhigte sich langsam wieder.
Irgendwie hatte ich das Bedürfnis ihn in Schutz zu nehmen:
„Sooooo schlimm ist er jetzt auch nicht. Am Anfang war er ziemlich blöd, das stimmt, aber er hat sich ja schon gebessert."
Bie sah mich mit einem Jaja-ist-klar-Blick an. Während ich schon fast fertig mit umziehen war, hatte sie noch gar nicht begonnen.
„Wann hast du heute Pause?", fragte ich von Thema ablenkend.
„Noch zwei Stunden." sie rollte mit den Augen und ließ die Zunge raushängen.
„Dann sehen wir uns erst in Mathe wieder."
„Ist gut."
Damit verließ ich die Umkleide und eilte zum Unterrichtsraum.

Ich war verblüfft als ich den Platz neben mir nicht mehr leer vorfand, sonder von einer mir vom sehen bekannten Person besetzt sah.
Verblüfft stellte ich meine Sachen neben ihn auf den Tisch.
„Entschuldigung, war der Platz hier schon besetzt? Ich habe mich einfach mal irgendwo hingesetzt." Sprachlos schüttelte ich den Kopf.
Grinsend reichte er mir seine Hand.
„Hi ich bin Nathan."

Lehrer meiner LustWhere stories live. Discover now