4. Kapitel ~Auf der Flucht~

3 0 0
                                    

Sie laufen jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit, immer die Sonne im Rücken, über Stock und Stein und durch dichten Wald, dann wieder über große Lichtungen. Fang schmerzen die Pfoten. Immer wieder leckt er sich über die wunden Ballen, doch sein Vater bleibt nicht stehen. Selbst wenn Fang nicht weiter geht, dreht er sich nicht nach ihm um. Stets sind seine Ohren nach allen Richtungen ausgerichtet.
„Papa, ich kann nicht mehr!", ruft Fang zum gefühlt hundertsten Mal.
Wieder reagiert Aaron nicht.
Fangs Magen knurrt laut. Seit sie aufgebrochen sind, hat er nichts mehr gefressen, auch um etwas zu trinken, sind sie nicht stehen geblieben, dabei liegen bereits zwei Seen und ein Fluss hinter ihnen.
„Papa, ich habe hunger!"
„Halt noch ein bisschen durch!", sagt Aaron und läuft unbeirrt weiter.
Fang will nicht mehr durchhalten. Die Sonne brennt heiß durch das Blätterdach, ihm hängt schon die Zunge weit aus dem Maul. Selbst das Hecheln bringt keine Erleichterung mehr. Der junge Löwe sieht nach oben, keine Wolke ist zwischen den Blättern hindurch auszumachen. Dabei wäre es so schön, wenn es jetzt regnen würde, dann bräuchte er nur das Maul weit öffnen und die Regentropfen einfangen.
Etwas Spitzes bohrt sich in Fangs Pfote, er schreit auf und bleibt stehen. Unter seiner Pranke ist eine dornenbespickte Pflanze, die sich quer über den Trampelpfad schlängelt.
Vorsichtig hebt Fang die Pranke. Ein großer Dorn steckt mitten in seinem Pfotenballen. Bei dem Anblick kommen dem jungen Löwen die Tränen. Er versucht den Dorn mit den Eckzähnen zu greifen, doch es will ihm nicht gelingen. Das ist nun eindeutig zu viel für das Löwenjunge. Fang bleibt liegen, leckt und kaut auf dem Dorn herum. Er gibt jammernde Laute von sich, während der Vater hinter einer Hecke verschwindet.
Aarons Pfoten brechen im Unterholz kleine Äste, Fang kann ihn noch ganz deutlich hören. Schließlich bleibt sein Vater irgendwo in der Ferne stehen.
Fang jammert weiter, er gibt die kläglichsten Laute von sich, die er produzieren kann.
Es raschelt im Gestrüpp, die knackenden Äste sind nun lauter. Aus der Hecke löst sich die Gestalt Aarons. Er sieht sich nach allen Seiten um, dann fällt sein Blick auf Fang. „Was ist denn?", fragt er harsch.
Fang antwortet nicht, er steckt lediglich die Pfote mit dem Dorn darin, in Richtung seines Vaters. Wimmernd rollt er sich auf dem Rücken hin und her.

Aaron geht die wenigen Schritt bis zu ihm und legt sich auf die Erde. Mit den Pranken fixiert er die Pfote seines Jungen und senkt den mächtigen Kopf mit der flauschigen Mähne. Vorsichtig greift er den Dorn mit den Eckzähnen und zieht ihn heraus.
Fang gibt einen fiependen Ton von sich, zappelt und zerrt an seiner Pfote.
Aaron hält ihn weiter fest, er leckt die über den Pfotenballen, bis kein Blut mehr nachkommt. Erst jetzt wird ihm bewusst wie wund die Pfoten Fangs sind. Er hat seinem Jungen zu viel abverlangt. Auch das laute Knurren von Fangs Magens kann er nun nicht mehr überhören. Vielleicht ist es ja doch an der Zeit eine Rast einzulegen und nach etwas Fressbarem Ausschau zu halten, aber wo sollen sie anfangen. Sie sind weit weg von ihren üblichen Jagdgründen. Es hilft ihm dieses Mal nicht sich an die Gewohnheiten der Beutetiere im Jagdgrund zu erinnern. Es gibt auch keine Weibchen, die er losschicken könnte. Das er selbst gejagt hat, ist schon lange her. Aaron lauscht in das Unterholz hinein, die Nase hält er in den Wind. Da gibt es viele Arten von Flügelpickern und ein Bau voller Nagezähnen muss ganz in der Nähe sein. Aaron kann sie unter der Erde graben hören. In der ganzen Umgebung riecht es nach ihrem Kot und Urin. Er meint sogar einen Nagezahn ganz in der Nähe zu wittern, es bewegt sich durch das Unterholz und knabbert am wenigen Grass, dass hier unter dem dichten Blätterdach wächst. Ein Nagezahn ist zwar nur eine Zwischenmahlzeit, aber zumindest würde es Fang sattmachen. „Still Junge, hörst du dass?", sagt Aaron in einem verführerischen Tonfall.
Fang unterbricht sein Wehklagen, mit frischen Tränen in den Augen schaut er sich um, seine Ohren sondieren die Umgebung.
Aaron senkt seinen Kopf bis tief auf die Erde, jetzt kann er seinem Sohn in die Augen sehen. Flüsternd sagt er: „Da sitzt ein Nagezahn im Gebüsch. Kannst du hören, wie er am Grass nagt?"
Fang richtet seine Ohren auf das Gebüsch aus. Ein Lächeln legt sich auf seine Lefzen, er macht sich ganz klein, so flach wie möglich, legt er sich auf die Erde. „Ja Papa!", sagt er leise.
„Pass auf, ich schleiche um das Gebüsch herum und versperre ihm den Fluchtweg. Du springst in den Busch und treibst es in meine Richtung."
„Au ja!" Fangs schaut angriffslustig, er behält seine geduckte Haltung bei.
Aaron nickt seinem Jungen zu, dann schleicht er davon.

Dostali jste se na konec publikovaných kapitol.

⏰ Poslední aktualizace: Sep 10, 2019 ⏰

Přidej si tento příběh do své knihovny, abys byl/a informován/a o nových kapitolách!

ZweimondsagaKde žijí příběhy. Začni objevovat