Stärke

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<<MIA>>

„Wenn du das sagst, Bruder. Aber wir wissen beide, dass sich unsere Familie irgendwann selbst zerfleischen wird. Wenn nicht heute, dann irgendwann und dann, dann werde ich die Einzige sein, die aus der Asche aufersteht."

Das Rauschen des Meeres dringt in meine Ohren. Ich bin zuhause. Wieder einmal betrete ich das Gefängnis, das mein Vater und mein Bruder für mich geschaffen haben. Doch dieses Mal werde ich es nicht hinnehmen. Oh nein.

Ich werde kämpfen, denn wenn mir der Ausflug nach Chicago eines gezeigt hat, dann ist es, dass ich nicht länger das Opfer sein kann. Ich muss zur Kämpferin werden. Zur aktiven Kämpferin, die ihrer Familie zeigt wen sie da erschaffen haben. Und das beginnt hier und jetzt.

Eigentlich habe ich mir vorgenommen, mich zuerst umzuziehen, mich herauszuputzen um ihnen klar zu machen, wer ich geworden bin. Doch es kann nicht länger warten. Innerlich müde und ausgelaugt von den Ereignissen zuvor, straffe ich die Schultern, recke das Kinn und schlage den Weg zum Arbeitszimmer meines Vaters ein.

Er liegt zwar im Krankenhaus, aber mein Bruder wird es nicht sein. Nicht um diese Uhrzeit. Denn die Geschäfte liegen niemals still. Madox habe ich vorsichtshalber noch einmal rausgeschickt, weil ich mein Handy dort liegen gelassen habe.

Mit Absicht, aber das muss er ja nicht wissen. Denn er würde mich niemals zu meinem Bruder lassen, schon gar nicht alleine. Und genau das will ich aber. Ich will ihm zeigen, dass mir dieser kurze Ausbruch gut getan hat und dass er mich nicht mehr so einfach herumschubsen kann.

Mit einem Krachen fliegt die Doppeltür aus schwerem Mahagonieholz auf, als ich den Raum betrete. Wie ich es mir gedacht habe, sitzt er hinter dem Schreibtisch unseres Vaters und hebt den Kopf. Seine Augen verdunkeln sich nicht nur, sondern verengen sich auch zu Schlitzen.

„Was willst du?", knurrt er und behält mich im Blick. Doch das ist mir egal. Die Zeiten in denen sie mich herumkommandiert haben sind vorbei und sie sind so dumm und haben mir den Schlüssel für das alles selbst in die Hand gedrückt. Die Idee dazu kam mir auf dem Rückflug und je näher wir uns LA genähert haben, desto aufgeregter und angespannter wurde ich.

„Die Frage ist mehr, was habe ich bereits getan?" Ich stütze mich an der Rückenlehne des Stuhls fest, auf dem ich vor einigen Wochen zuvor gesessen und zugehört habe, wie mein Vater mir offenkundig mit einer Zwangsheirat oder dem Tod gedroht hat.

Doch jetzt liegt er im Krankenhaus und mein Bruder wird sich noch ins eigene Fleisch beißen, denn ich werde nicht so schnell wieder zu dem duckmäuserischen Ding werden, dass sie aus mir gemacht haben.

„Was soll das? Wenn du es noch nicht gehört hast, Vater wurde -"

„Angeschossen? Ja ich weiß das. Aber weißt du auch wieso?", scheide ich ihm das Wort ab und lächle ihn triumphierend an. Liams Züge verdunkeln sich erneut und eine steile Falte taucht auf seiner Stirn auf. Sie lässt ihn lächerlich aussehen und je mehr ich ihn auf die Folter spanne, desto wütender wird er auf mich. Aber das ist gut so. Er soll wütend werden, denn erst dann wird mein Plan aufgehen.

„Mia, ich habe keine Zeit für deine dämlichen Sticheleien." Er spielt mir den viel beschäftigten und besorgten Sohn vor, doch das ist alles nur eine langjährig geprobte Scharade. Der ich ein für alle Mal das Handwerk legen werde.

„Tut mir leid Liam wenn ich das sagen muss, aber du bist wirklich dumm." Eine Ader pulsiert an seinem Hals und mit jedem Zucken wird mein Grinsen nur noch breiter.

„Treibe es ja nicht bis zum Äußersten." Seine Stimme ist dunkel und gefährlich leise, doch das macht mir keine Angst mehr. Nie wieder.

„Aber das habe ich doch schon längst. Zähl doch eins und eins zusammen. Warum wollte ich so dringend nach Chicago, hm? Denk nach, Liam. Denk nach", säusle ich und betrachte meine Fingernägel. Ich mache alles, um ihn noch mehr zu reizen. Und das macht einen Heidenspaß.

🔱Chicago Queen Du gehörst mir🔱Onde as histórias ganham vida. Descobre agora