Wolkenzauber girlxgirl

Wolkenzauber

Hello,

bevor ich mich nun wirklich vollkommen auf meinen Unikram konzentriere, möchte ich gerne noch einen One-Shot mit euch teilen, den ich die letzten Tage geschrieben habe. Ich hoffe, dass er euch gefällt und ihr es mir nicht übel nehmt, dass es kein neues Kapitel von Küstenliebe gibt! Falls doch, beschwert euch doch bitte bei Skytie2910 oder thatisanna, die mich beide hierzu überredet haben und denen ich natürlich keinen Wunsch abschlagen kann... ;)

„Das ist nicht Ihr Ernst. Wieso können Sie Ihren Job nicht einmal richtig machen?" Alice gab sich gar nicht erst die Mühe, die Wut in ihrer Stimme zu verbergen. Ihre neue Assistentin war zwar erst seit zwei Monaten ein Teil ihres Teams, versagte bisher aber kläglich an ihren Aufgaben. Alice brauchte in ihrer Position jemanden, der ihr den Rücken stärkte und auf den Verlass war. Auf Alexandra oder Alessandra, sie hatte den Namen bisher immer verwechselt, war ganz offensichtlich kein Verlass.

„Es tut mir leid Miss Benson, aber Sie haben mir gesagt, dass Sie dringend einen Flug brauchen, der Sie heute noch nach Hamburg bringt. So kurzfristig konnte ich nichts anderes mehr finden." Alice konnte die Verzweiflung der jungen Frau am anderen Ende der Leitung hören, doch sie war niemand, der für Unfähigkeit auch noch Mitleid empfand. Für sie zählte allein Leistung und wer diese nicht erbringen konnte, hatte in ihrer Firma nichts zu suchen. Mit dieser Einstellung hatte sie sich zwar nicht immer nur Freunde gemacht und schon den ein oder anderen Mitarbeiter vergrault, aber sie war jemand, der zu seinen Prinzipien stand.„Es sind doch auch nur drei Stunden. Das bringt Sie immer noch schneller nach Hamburg als der ICE.", fügte ihre Assistentin kleinlaut hinzu und bei Alice klingelten sämtliche Alarmglocken.

„Was war das? Welcher Flug von Düsseldorf nach Hamburg dauert denn 3 Stunden?" Normalerweise flog Alice nicht viel länger als eine Stunde zu ihren Geschäftspartnern in der Hansestadt und sie hatte auch nicht vor, länger dafür zu brauchen. „Naja, es gibt leider einen kurzen Zwischenstopp. Ich konnte wirklich keine andere Lösung finden, dabei habe ich gestern Abend stundenlang das Internet durchsucht." Einen Zwischenstopp. Das bedeutete für Alice nicht nur, dass sie Zeit verlor, sondern auch, dass sie zweimal der Panik beim Starten des Flugzeuges ausgesetzt war. Man sollte meinen, dass sie bei der Anzahl der Flüge, die sie im Laufe der Jahre überlebt hatte, ihre Angst vor dem Fliegen langsam abgelegt hatte, doch dem war nicht so. In ihrem Hals bildete sich ein dicker Kloß und sie spürte jetzt schon die innere Unruhe, die sich in ihr ausbreitete.„Dann haben Sie wohl nicht gründlich genug gesucht. Wir reden nach meiner Rückkehr nochmal darüber."

Wütend legte Alice auf und trank den letzten Schluck Kaffee aus ihrem Becher. Nebenbei warf sie einen flüchtigen Blick auf ihren Terminkalender, der neben ihr auf dem Esszimmertisch lag. Jede kleinste Stelle auf den Seiten war beschriftet und so fühlte sich Alice momentan auch. Sie wusste nicht mehr, wann sie das letzte Mal einen freien Tag hatte. Selbst an Geburts- oder Feiertagen hatte sie mindestens ein paar Stunden am Tag vor dem Laptop gesessen und gearbeitet. Vielleicht hatte sich ihre mittlerweile Ex-Freundin deshalb von ihr getrennt. Ihr Job spielte für sie nun mal die erste Geige und das wirkte sich ohne Zweifel auch auf ihr Privatleben aus - sofern sie überhaupt noch eins besaß. Doch bevor Alice sich weiter in Zweifeln an ihrem Arbeitspensum hineinsteigern konnte, klingelte der Fahrer bei ihr, der sie zum Flughafen bringen sollte.  Wenigstens auf ihn ist Verlass, dachte Alice und schnappte sich ihre Unterlagen und ihren kleinen Koffer, den sie selbst auf ihren hohen Schuhen gekonnt die Treppe runtertragen konnte.

Auch Louisa war auf dem Weg zum Flughafen und kontrollierte nun zum siebten Mal, seit sie in der Straßenbahn saß, ob sie ihren Reisepass eingepackt hatte. Zu oft war es schon vorgekommen, dass sie wichtige Unterlagen im Hotelzimmer oder in ihrer Wohnung vergessen hatte. Erleichtert stellte sie auch nach dem siebten Mal fest, dass er sich noch immer in ihrem Rucksack neben den Müsliriegeln befand. Für Louisa konnte ihre Rückkehr in ihre Heimatstadt Hamburg gar nicht schnell genug gehen. Ihr Kopf platzte beinahe vor Ideen für neue Gerichte, die sie in der Küche ihres kleinen Restaurants direkt ausprobieren wollte. Sie konnte es gar nicht abwarten, ihre eigenen Kreationen bald ihren Gästen zu servieren. In ihrem Kopf erstellte sie schon die ganze Fahrt über einen Einkaufszettel und versuchte sich alle Zutaten zu merken. Sie hatte sich vorgenommen, alles zu Papier zu bringen, sobald sie im Flugzeug saß. Louisa liebte das Fliegen und hoffte, sie würde einen Platz am Fenster ergattern. Zwar wollte sie eigentlich zuvor einen Sitzplatz reserviert haben, doch ihr Datenvolumen war mal wieder aufgebraucht und in ihrer Unterkunft hatte es kein kostenloses WLAN gegeben. Ab und zu wünschte sie sich nichts sehnlicher, als sich mit ihren Kochkünsten und ihrer Gastfreundschaft in der Stadt einen Namen zu machen, denn dann würden sie wenigstens keine finanziellen Sorgen mehr quälen. Bisher war ihr Restaurant immer gut besucht und hatte es auch schon in einige Blogs von bekannten Reisebloggern geschafft, welche für Louisa und ihre Küche Werbung machten. Trotzdem waren finanziell noch keine großen Sprünge drin und an manchen Ecken fehlte das Geld.  Um ihren Traum von einem eigenen Restaurant zu ermöglichen, hatte  sie einiges an Geld investieren müssen. Geld, welches sie während ihres Studiums mühevoll zusammengespart hatte. Louisas Eltern hatten sich immer gewünscht, dass sie nach ihrem Psychologiestudium auch in dem Bereich arbeiten würde. Doch ihr Freigeist und der Drang danach, dem nachzugehen, was ihr am meisten Spaß machte und die größte Freude in ihr Leben brachte, überwog von Anfang an. Also hatte sie die Zähne zusammengebissen, mehrere Nebenjobs angenommen und sogar noch einen kleinen Kredit aufgenommen, nur damit sie ihre Leidenschaft fürs Kochen ausleben konnte. Nach dem Bachelorabschluss hatte sie noch eine Lehre als Köchin angefangen und danach alles auf eine Karte gesetzt.