Kapitel 58 - Vom Intrigieren, Dechiffrieren, Konferieren und fiesen Viren

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~Mile~

Plötzlich war er wieder da. Als hätte jemand seinen On/ Off-Schalter betätigt und ihn so aufgeweckt.
Er klappte seine Augenlider hoch und starrte verschwommene graubraune Striche an.
Mile blinzelte noch einmal und rieb sich dann die Augen. Als er sie dann wieder öffnete, wurde das Bild endlich wieder schärfer.
Die Striche waren in Wirklichkeit dicke Holzbalken, die die Decke stützten. Es war dunkel. Nacht?
Vorsichtig stemmte Mile sich hoch. Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Red, der Nachtmahr, Sabrina, Hook Nebelfinger, Jeremy Topper, Mondkind... die Erinnerungsreise durch Mondkinds Unterbewusstsein... Mondkinds Vergangenheit... und... und die Orakel...
Verrückte Welt
, dachte Mile und schüttelte den Kopf.
Mittlerweile war ihm auch wieder eingefallen, wo er sich befand. Dies war Jeremy Toppers Zimmer im Rathaus. Er lag in dem Bett des Hutmachers, zusammen mit... nein, das stimmte nicht mehr. Da wo zuvor Seine Schwester und Mondkind gelegen hatten, war das Bett leer. Er lag hier ganz alleine.
Mile kratzte sich am Kopf. Wo waren die beiden? Hatte er... irgendwie verschlafen oder so was?
Er schwang seine Beine über den Bettrand und setzte seine Füsse auf die kühlen Dielen. Er zuckte zusammen. Er hatte sich daran gewöhnt, barfuss zu sein und vergessen, dass er in der Realität noch Schuhe trug. Wobei... Schuhe im Bett? Nun, Jeremy Topper schien es wohl nicht gestört zu haben, dass zwei Teenager voll eingekleidet in seinem Bett gelegen hatten. Jetzt kam ihm wieder Sabrina in ihrem braunen Schürzenkleid aus dem Zeitpalast in den Sinn und er grinste.
Mile stand auf. Die Welt schwankte. Er war wohl noch etwas zu benommen...
»Guten Morgen. Oder sollte ich lieber ‚gute Nacht' sagen? Nein, das klingt zu sehr nach einem Segen, der einen erholsamen Schlaf bringen soll, von dem du ja mittlerweile mehr als genug hattest, nicht wahr mein junger Freund?«
Jeremy Toppers Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch sie schnitt in die Stille wie ein Schwert durch das Fleisch seines Opfers und Mile zuckte zusammen. Schonwieder...
»Hutmacher«, seufzte Mile und war froh, sich schnell genug in den Griff bekommen zu haben, bevor er noch ausversehen irgendetwas hier in Brand gesetzt hatte.
»Wie geht es dir?«, erkundigte sich der Verrückte. Mile drehte seinen Kopf in die Richtung aus der die Stimme kam, doch er konnte Jeremy nicht erkennen. Erst als er seine Augen auf Nachtsicht umstellte, entdeckte er den Hutmacher. Er sass in einer Ecke des beengten Zimmers in einem grossen, alten, schweren Ohrensessel. War der schon vor ihrer Reise dort gestanden? Der Hutmacher selbst trug seine Standart-Hutmacher-Klamotten. Langer Mantel, Hemd, fingerlose Handschuhe, Weste, Fliege, Hosenträger, Hose, bunte Socken, Lackschuhe und seine Garnspulen-Schärpe. Sein Zylinder lag auf seinem Schoss. Die drei auffälligen Stecknadeln mit den Tierköpfen hatte der Hutmacher aus dem Hutband gezogen, um sie besser polieren zu können. Damit war er wohl vor Miles Erwachen beschäftigt gewesen.
»Ganz okay. Mir ist nur etwas schwindelig«, antwortete Mile.
Jeremy Topper lehnte sich vor. Seinen Polierlappen stopfte er in die Brusttasche seines Mantels. Die Nadeln behielt er in der Hand. Er musterte Mile genau, als wäre er eine Ware, die der Hutmacher kaufen wollte und sich nur noch ein letztes Mal von deren Qualität überzeugen wollte. Schliesslich nickte er und murmelte: »Scheint alles in Ordnung zu sein. Ich kann keine äusserlichen Nebenwirkungen erkennen. Sei aber wachsam. Diese Nebenwirkungen sind tückisch. Sie können nach Monaten erst auftreten.«
Mile verdrehte die Augen. Stimmte ja, diese Nebenwirkungen vor denen der Hutmacher sie vor ihrer Reise gewarnt hatte.
»Wird gemacht. Was ist mit Sabrina? Geht es ihr auch gut? Wo ist sie überhaupt? Und Mondkind? Red, Hook, Nebelfinger und dieser Dämon?«
»Sabrina geht es gut. Sie ist bei dem Piraten. Mondkind ist bei ihrer Familie. Der Dämon... was weiss ich. Deine Red schläft dort drüben.« Er deutete auf die andere Seite des Raumes. Mile drehte den Kopf und entdeckte die Rote zusammengerollt in einem weiteren Sessel. Ihr roter Umhang diente ihr als Decke. Ihre Brust hob und senkte sich gleichmässig. Sie schlief tief und fest. Mile beschloss, sie schlafen zu lassen. Sie sah so friedlich aus. Er wollte sie nicht wecken.
»Wenn Sabrina und Mondkind schon aufgewacht sind, wieso habt ihr mich dann nicht geweckt?«, fragte er ein wenig vorwurfsvoll.
»Man kann einen Traumreisenden nicht wecken. Er muss von selbst aufwachen.«
Mile verdrehte die Augen. Traumreisender. Er streckte sich und startete erneut einen Anlauf, aufzustehen. Er fragte: »Okay. Und wie lang habe ich geschlafen?«
»Sechs Tage.«
»Wa... Nein!«
»Doch. Sechs Tage. Sabrina und Mondkind kamen nach drei zurück.«
»Ach herrje«, zischte Mile und musste sich gleich wieder setzen. »Wie viel... Was habe ich verpasst?«
Der Hutmacher liess sich zurücksinken und brummte: »Hmm... Was ist denn so alles in der letzten Woche geschehen... Ach ja: Dem kleinen Rat ist natürlich die Abwesenheit der Herrscher aufgefallen. In den ersten drei Tagen wurdest du und Sabrina von Miss Rouge und dem Captain vertreten. Seit Sabrina wieder auf den Beinen ist, hat sie ihren Sitz im Rat wieder eingenommen. Sie und Rotkäppchen teilen sich seither auch deinen Platz. Du bist also bestens vertreten gewesen.«
»Und... wie ist unsere Abwesenheit erklärt worden?«
»Oh, da ich wohl so was wie der Hausarzt deiner Familie bin, konnte ich euch offiziell krankschreiben. Eine ganz fiese Grippe hat euch erwischt«, erklärte der Hutmacher mit einem stolzen Grinsen.
Mile nickte, doch als Antwort auf seine erste Frage reichte ihm das noch nicht und er hakte nach: »Okay, aber was ich verpasst habe, hast du mir noch immer nicht beantwortet.«
Der Hutmacher knirschte mit den Zähnen und murmelte: »Es wird dir nicht gefallen...«
»Jetzt spuck's schon aus!«
Jeremy Topper zögerte. Nervös klimperte er mit seinen Stecknadeln. Schliesslich seufzte er und brummte: »Sie haben Feivel entdeckt.«
Mile runzelte die Stirn. Feivel?
Als der Hutmacher sah, dass Mile mal wieder auf dem Schlauch stand, half er ihm auf die Sprünge: »Der Rattenfänger!«
Oh, verdammt!, schoss es Mile durch den Kopf. Aufgeregt zischte er: »Und was ist passiert? So ein Mist! Ich habe diesen Feivel doch schon vor einer Ewigkeit dem Rat vorstellen wollen, damit ich sie davon überzeugen kann, dass Feivel keine Gefahr, sondern ein Verbündeter sein kann.«
Der Hutmacher lachte freudlos und zischte: »Da wirst du aber froh sein, wenn ich dir nun das Neuste verraten darf: Feivel ist unser Verbündeter. Der kleine Rat hat zugestimmt, ihn als Geheimwaffe gegen die Dunklen einzusetzen. Er ist offiziell neues Mitglied des Spezialtrupps, der auf dem Piratenschiff in den Zeitpalast einfallen wird.«
»Was?!«, rief Mile, der ganz vergessen hatte, dass die schlafende Red ja auch noch im Zimmer war. »Wann wurde das entschieden?!«
»Mile?«, fragte eine leise Stimme hinter ihm.
Augenblicklich verflogen die tobenden Emotionen in ihm und machten einer fanatischen Freude Platz. Mile sprang auf und wirbelte herum. »Red!«, rief er freudig. Als nächstes wurde er von rotem Samt begraben. Seine Gefährtin umarmte ihn stürmisch.
»Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr aufwachen!«, lachte sie und nahm ihm die Möglichkeit zu antworten, indem sie ihm einen Kuss auf die Lippen drückte.
Hinter ihnen hüstelte jemand und rief: »Ich will euch beiden ja nicht eure freudige Wiedervereinigung verderben, aber ich denke, es gibt momentan wirklich Wichtigeres zu besprechen...«
Verwirrt löste sich Mile von Red und drehte sich zu dem Hutmacher um. Wieso war der Kerl auf einmal so ernst?
»Okay...«, murmelte Red, die genauso verwirrt aussah wie Mile, Jeremys Stimmungsumschwung jedoch gefasster aufzunehmen schien. Sie setzte sich auf das Bett und Mile tat es ihr gleich. Gerne hätte er sie sofort mit Erzählungen von seinen Erlebnissen überschüttet. Insbesondere die Aussprache mit Sabrina wollte er ihr unbedingt erzählen, aber er hielt sich zurück. Stattdessen kam er auf das Gespräch, das er zuvor mit dem Hutmacher geführt hatte, zurück: »Wo waren wir? Ach ja, der Rattenfänger. Wieso hat der kleine Rat zugestimmt, Feivel zum Verbündeten zu machen?«
Widererwarten kam Red dem Hutmacher mit ihrer Antwort zuvor und sie sagte: »Nun, sie haben Feivel vor etwa... vier Tagen entdeckt. Die Wachen haben ihn dann gleich zu Drosselbart geschleift, der sofort eine Notfallsitzung einberufen hat. Falk und ich haben dich und deine Schwester vertreten.«
Ein sehr, sehr ungutes Gefühl machte sich in Mile breit und er musste an die Worte denken, die Mondkind ihm vor langer Zeit einmal auf den Weg gegeben hatte. Der Flötenspieler! Der Rattenmann! Vertraue ihm nicht, dem Lügenwicht. Früher hatte er auf die Reime der Kleinen nichts gegeben und sie als das Gefasel einer irren Vierjährigen abgetan, doch nun da er wusste, wer oder besser was Mondkind war, jagten ihm diese Worte einen Schauer über den Rücken. Mondkind, das Orakel, hatte ihn vor Feivel gewarnt und er hatte nicht auf sie hören wollen. Unsicher fragte er: »Wie konnte das nur geschehen? Ich dachte, der Rat wäre konsequent gegen Feivel. Ich meine, sie hatten ihn ja ursprünglich foltern wollen, um an Informationen zu kommen!«
Red machte eine beschwichtigende Bewegung und bat ihn, still zu sein, sie würde ihm alles erzählen, was sie auch gleich tat: »Erst war der kleine Rat auch voll Misstrauen und hatten dem Rattenfänger kein Stück zuhören wollen. Azzarro hätte ihm wohl am liebsten gleich noch an Ort und Stelle die Kehle aufgeschlitzt. Hook und mir gelang es jedoch, ihre Einstellung zu ändern.« Red lächelte stolz und zwinkerte ihm zu. »Wir beide wussten ja, dass du Feivel vertraust, also haben wir das genutzt. Wir haben den Rat überreden können, Feivel eine Chance zu geben, schliesslich sei der Lichterlord ja von den guten Absichten des Rattenfängers überzeugt uns so was. Tja und Feivel kann nicht nur mit seiner Flötenmusik die Leute dazu bringen, zu tun was er will. Er hat es tatsächlich geschafft, das Vertrauen des Rats zu erlangen!«
Mile schüttelte ungläubig den Kopf und fragte: »Soll das heissen... Feivel hat den Rat überlistet? Er hat sie doch nicht mit seiner Flötenmusik...«
Red lachte und schüttelte den Kopf. Überrascht meinte sie: »Aber nein. Natürlich nicht. Es ging absolut alles mit rechten Dingen zu. Mile, was ist denn los? Wieso so misstrauisch? Ich dachte, du würdest dich freuen. Du wolltest doch, dass Feivel zu unserem Verbündeten wird, oder nicht?«
Mile schüttelte den Kopf und rief: »Ja... Nein... Früher dachte ich ja, es wäre das Richtige, aber jetzt... Feivel ist gefährlich!«
Red runzelte die Stirn. »Was hat deine Meinung geändert?«
»Mondkind! Sie sagte, der Rattenfänger sei ein Lügner!«
»Ja, das war kurz nachdem Sabrina von ihrer Suche nach dem blauen Mohn zu uns gestossen war. Ich war dabei. Warum glaubst du an das, was Mondkind erzählt?«
»Ja, früher... Aber jetzt... jetzt weiss ich es besser! Mondkind ist«, er senkte die Stimme, sodass sie kaum lauter als ein Flüstern war, »ein Orakel. Sie kann in die Zukunft sehen!«
Red nickte und meinte: »Das hat Sabrina mir bereits erzählt, aber ich kann es immer noch nicht richtig glauben. Orakel... so was hat es früher vielleicht gegeben, aber heute doch nicht mehr. Sie sind vor unzähligen Jahrtausenden ausgestorben. Das einzige, was davon zeugt, dass es sie jemals gegeben hat, sind die Prophezeiungen die die Hüter mit ihrem Leben schützen. Aber sonst... Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Mondkind!«
»Aber es ist wahr«, knurrte auf einmal der Hutmacher, der sich eine ganze Weile nicht mehr gemeldet hatte. »Es gibt die Orakel noch immer. Mondkind ist es. Sie ist das Orakel.«
Reds Blick zuckte zwischen Jeremy Topper und Mile hin und her. Sie klappte ihren Mund auf und zu, als könnte sie sich nicht entscheiden, was sie sagen wollte. Schliesslich traf sie eine Wahl. Sie sprang auf, warf die Hände in die Luft und rief: »Warum hat mich denn vor vier Tagen niemand gewarnt? Als Feivel entdeckt worden war!«
Mile schüttelte den Kopf und antwortete: »Ich habe das mit Mondkind auch erst jetzt erfahren.« Er drehte sich zu dem Hutmacher um. »Aber wieso hast du niemanden gewarnt. Du hättest das doch verhindern können!«
Der Hutmacher schüttelte nur den Kopf und meinte: »Ich bin nur der Hüter. Ich darf nicht in das Geschehen eingreifen.«
»Sagt wer?«
Der Hutmacher zuckte mit den Schultern. »Das war schon immer so. Niemand sollte die alten Regeln in Frage stellen. Du willst gar nicht wissen, was für Konsequenzen bei Verstössen winken können...«
»Von mir aus, das kann ja durchaus stimmen, aber ich denke, kein anderer Zeitpunkt als dieser wäre passender, als diese Regeln zu brechen«, zischte Mile. Er konnte einfach nicht verstehen, wie Jeremy sie hier ins offene Messer hatte laufen lassen können.
Der Hutmacher machte ein düsteres Gesicht. Beinahe bedrohlich lehnte er sich vor und knurrte: »Mein Bruder hat gegen alle möglichen Regeln verstossen. Was hat er davon? Frau und Kind sind weg!«
Mile horchte auf. Der Hutmacher erwähnte seinen abtrünnigen Bruder nur selten. »Rumpelstilzchen«, brummte Mile und legte den Kopf schief. »Du hast uns nie erzählt, wieso er sich überhaupt von seiner Bestimmung abgewandt hat. Er ist... oder er war doch auch einmal ein Hüter.«
»Er ist verrückt geworden«, kam es knapp zurück.
»Und warum?«, fragte Red, die Miles Neugier teilte.
Jeremy schüttelte den Kopf und murmelte: »Wie schon gesagt: Er hat gegen die alten Regeln verstossen.«
Mile tauschte einen Blick mit Red. Aus dem Hutmacher würden sie wohl nicht mehr über seinen Bruder erfahren.
»Dann bleibt also nur noch die Frage, wie wir Feivel wieder loswerden«, murmelte Red.
»Können wir den Rat nicht einfach die Wahrheit über Mondkind erzählen?«
Jeremy Topper machte ein Gesicht, als hätte Mile gefragt, ob er seinen geliebten Zylinder für eine kleine Feuerspuckershow ausleihen dürfe. »Nein, ausgeschlossen. Mondkinds Geheimnis muss auch ein Geheimnis bleiben. Wir können nicht riskieren, dass irgendetwas davon nach aussen dringt. Die Dunklen haben ihre Spione überall.«
»Aber das spielt doch sowieso keine Rolle mehr. Rumpelstilzchen war doch auch ein Dunkler? Bestimmt hat er Mondkind bereits verraten!«
Jeremy Topper schüttelte den Kopf. »So weit würde selbst er nicht gehen. Diesen Verrat kann kein Hüter begehen, selbst wenn er seiner Bestimmung den Rücken gekehrt hat.«
Mile nickte widerwillig und schlug vor: »Okay... Ich... ich sage dem Rat einfach einfach, dass ich Feivel nicht mehr... vertraue. Ich will ihn nicht bei unserer geheimen Aktion dabei haben.«
Red wog den Kopf hin und her und meinte: »Darauf würde ich nicht setzen. Du kennst doch Azzarro oder Rosanna. Die warten doch nur darauf, dass du irgendeinen Fehler machst, mit dem sie dich zu Tode kritisieren können.«
Mile fluchte. Er überlegte hin und her, doch ihm fiel einfach keine Lösung für ihr Problem ein. Schliesslich fragte er: »Sabrina ist doch schon seit ein paar Tagen wieder auf den Beinen. Sie hat Mondkinds Warnung doch auch mitbekommen. Hat sie schon irgendeinen Plan oder so was entwickelt?«
Red zuckte mit den Schultern und brummte: »Sabrina hat die Sache mit Feivel ganz ruhig aufgenommen. Keine Ahnung, warum sie das so auf die leichte Schulter...«
»Sie hat... nichts dazu gesagt? Sie hat das einfach so hingenommen?«, fragte Mile verwundert. Das konnte er sich überhaupt nicht vorstellen.
Red wich seinem Blick aus, was ihm sofort Sorgen bereitete. Irgendwas stimmte nicht. »Was ist los?«, fragte er.
»Sabrina...«, begann die Rote und zögerte.
»Jeremy sagte, ihr ginge es gut. Jetzt sagt schon? Fehlt ihr etwas? Etwa irgendwelche Nebenwirkungen?«
»Alpträume«, brachte sie schliesslich heraus. »Sie leidet, seit sie zurück ist, unter Alpträumen.«
Beinahe hätte Mile gelacht. Er hatte sich schon wer weiss was ausgemalt und dann waren es Alpträume?
»Macht mir doch nicht so eine Angst«, tadelte er seine Freunde. »Ich dachte schon, es wäre etwas Schlimmes.«
»Das ist es auch, Mile. Deine Schwester leidet jede Nacht psychische Qualen. Erst dachte ich auch, es wäre nichts Ernstes, doch so ist es leider nicht. Es ist schlimmer als du dir vorstellen kannst, glaube mir«, widersprach ihm der Hutmacher.
Nun wurde Mile wütend. »Wieso hast du das nicht gleich gesagt? Du hattest behauptet, ihr ginge es gut!«, rief er und durchbohrte Jeremy Topper mit seinen Blicken.
Der Hutmacher blieb ganz ruhig und sprach mit besänftigender Stimme: »Ich weiss, junger Lord. Aber sieh dich doch jetzt an. Du bist aufgebracht, aber was ich mit dir besprechen will, fordert noch immer deine Aufmerksamkeit und Konzentration.«
Mile schüttelte den Kopf. Dieser Oberchaot von Hutmacher konnte seine Prioritäten nicht richtig setzen? Schön. Das konnte ihm egal sein.
Der Hutmacher seufzte und schlug schliesslich einen Kompromiss vor: »Pass auf, Mile. Morgen um die Mittagszeit wirst du hier mit Sabrina eintreffen. Nehmt von mir aus je einen Begleiter mit, aber mehr nicht. Nebelfinger und Mondkind werden auch hier sein. Bestimmt können wir gemeinsam eine Lösung für alle Probleme finden.«
Wenn der Hutmacher von Problemen sprach, welche Art Probleme meinte er dann? Wusste er von dem Pakt, den ihnen das erste Orakel vorgeschlagen hatte? Oder meinte er nur die Sache mit Feivel?
Mile versuchte in der Miene des Hüters zu lesen, doch dieser hatte ein undurchdringliches Pokerface aufgesetzt. Er gab es auf, den Lügendetektor zu spielen und fragte stattdessen: »Wie viel weisst du von dem, was Sabrina und ich auf unserer Reise erlebt haben?«
Der Hutmacher antwortete: »Alles.«
»Auch die Sache mit dem Handel, den uns eines der Orakel vorgeschlagen hat?«
Jeremy Topper nickte und wiederholte: »Alles. Ich weiss alles. Ich bin ein Hüter.«
Mile kämpfte mit sich selbst. Er war durcheinander. Er konnte spüren, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Der Hutmacher hielt irgendetwas vor ihm geheim. Angefangen mit der Geschichte seines Bruders. Rumpelstilzchen.
Mile sah zu Red. In ihrem Gesicht konnte er lesen, doch helfen tat ihm das nicht viel. Sie schien noch verwirrter zu sein als er – kein Wunder, sie kannte Mondkinds Geschichte ja noch nicht...
»Okay, von mir aus. Wir werden kommen. Und jetzt will ich zu meiner Schwester«, brummte er und verliess den Raum. Red folgte ihm und zog vorsichtig die Tür hinter sich zu.

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