Scherbenhaufen

Prolog

Ich war nicht besonders. Ich war so wie viele andere Menschen. Wie viele andere Töchter. Einfach durchschnittlich. Weder besonders hübsch, noch hässlich. Ein bisschen reicher als andere. Aber die wirklich reiche Person in meiner Familie war mein Vater. Ich war also immer normal.

Ich wusste, dass es viele Menschen wie mich gab. Ich wusste, dass ich nicht die einzige war. Ich versuchte, mit meinem Leben zufrieden zu sein. Aber manchmal – nein, meistens wünschte ich mir, ich wäre noch durchschnittlicher. Noch normaler. Und hätte ein viel langweiligeres Leben.

Als ich acht war, hat meine Mutter meinen Vater betrogen. Ich habe das damals nicht wirklich kapiert. Aber was ich kapiert habe, war, dass meine Mama plötzlich weg war. Mein Papa war darauf viel beschäftigt und im Nachhinein habe ich erfahren, dass er das alleinige Sorgerecht erkämpft hat. Und dass meine Mama Kontaktverbot zu mir hatte. Ich weiß bis heute nicht, wie er das geschafft hat, aber ich muss wohl nicht mehr sagen, als dass er sehr viel Geld hat.

Nun ja, auf jeden Fall war ich dann plötzlich allein. Mein Papa kam plötzlich nur noch viel später nach Hause und redete kaum noch mit mir. Das war damals schlimm für mich, weil ich so beide meine Eltern verloren habe. Zu dem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich bald über jede Nacht, in der ich allein war, froh sein würde.

Dann begann die Zeit, in der ich meinen Papa nicht mehr Papa nannte, sondern Vater. Ich denke, das spricht für sich.

Auf jeden Fall sind wir irgendwann umgezogen, sodass ich auch meine Schulfreunde verloren habe und ich musste meine Hobbies aufgeben. Das war nicht schlimm für mich, weil ich nur wieder Zeit mit meinem Vater verbringen wollte. Aber mit der Zeit verflog dieser Wunsch wie eine Sternschnuppe am Himmel.

Drei Jahre nach dem Umzug wurde ich dann langsam zur Frau. Ich veränderte mich und sah – zumindest sagte das mein Vater oft – immer mehr aus wie meine Mutter. Ich wusste nicht viel damit anzufangen. Ich konnte mich immerhin kaum noch an sie erinnern. Meinen Vater störte das aber sehr wohl.

Als ich dreizehn Jahrealt war, begann alles. Und ich dachte, es würde niemals aufhören.