»Ne, kein Bock«, weigerte sie sich.

»Mach jetzt!«, herrschte ich sie an. Es ging ein paar Mal hin und her, dann tat sie es. Wie immer.

»Was ist denn los mit dir?«, fragte Lexie, als sie mit den Chips in der Hand in mein Zimmer zurückkehrte. Sie warf mir die Tüte zu und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden.

»Was soll sein?« Ich öffnete die Packung und stopfte mir ein paar Chips in den Mund, ohne von dem Fernseher aufzusehen.

»Du siehst aus, als würdest du gleich heulen.«

»Fresse!« Ich trat nach ihr, doch sie konnte ihr Gesicht gerade noch rechtzeitig zurückziehen. Sonst hätte sie wohl meinen Fuß mitten in der Fresse gehabt. Mehr als verdient.

»Hat dir irgendein Mädel einen Korb gegeben?«, fragte Lexie belustigt.

»Ich scheiß' auf Weiber«, erwiderte ich und konzentrierte mich verbissen auf das Spiel.

»Ach, wie tragisch. Deine große Liebe hat dir das Herz gebrochen!«, seufzte sie theatralisch und legte sich eine Hand auf die Brust.

Ich verdrehte nur die Augen und ballerte mit einem Maschinengewehr einem gegnerischen Soldaten direkt in die Fresse. Wenn das doch nur meine verschissene Schwester wär'.


»Ah, Jonathan ... bevor ich's vergesse, hast du meine EC-Karte gesehen?«, fragte mich meine Mutter, als ich am nächsten Morgen kurz in die Küche ging, um mir etwas zu trinken zu holen.

Fuck. Ich hatte tatsächlich vergessen, die Karte wieder zurückzustecken. Auch nicht weiter schlimm, zu befürchten hatte ich ohnehin nichts.

»Ne, kein Plan«, sagte ich gleichgültig und stopfte die Flasche Cola in meinen Rucksack. Es stank in der ganzen Wohnung abartig nach Katzenpisse, die Sache mit dem Katzenklo hatte das scheiß Vieh irgendwie nicht so drauf.

»Weißt du, ich war eben, nach der Nachtschicht, kurz bei Lidl und das war echt peinlich, als ich dann die Sachen gar nicht mitnehmen konnte, die Leute haben schon krum geguckt.« Sie angelte sich ihre Zigarettenschachtel vom Tisch und zündete sich eine an.

»Was juckt's.« Das Desinteresse in meiner Stimme war nicht zu überhören. Ich öffnete eine der Schubladen, holte die paar trockenen Brotscheiben, die wir noch da hatten, hervor. Nicht mal was Vernünftiges zu essen, geil.

»Das ist echt ärgerlich, das kostet doch auch wieder Geld, so 'ne neue Karte ...«, jammerte die Alte rum und klopfte nervös mit ihren Fingern auf den Tisch. Die Nägel waren vom vielen Nikotin ganz gelb verfärbt.

»Heul' mich nicht voll, ganz ehrlich«, schnauzte ich sie an und schmiss das Brot achtlos in das vollgestellte Spülbecken. War auch noch verschimmelt, die Scheiße.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Tommy in die Küche trat und sich gegen den Türrahmen lehnte. »Du solltest nicht in diesem Ton mit deiner Mutter reden.«

»Bla bla.« Ich verdrehte die Augen, dann lachte ich spöttisch auf. »Denkst du echt, du kannst mir Befehle geben? Dass ich drauf hör?«

»Deine Mutter tut wirklich viel für dich und deine Schwester«, setzte er an, seine buschigen Augenbrauen wütend zusammengekniffen. Sein Gesicht verfärbte sich rot, nahm langsam die gleiche Farbe wie sein unordentlicher Bart an. Lächerlich, wie er sich wegen so etwas so sehr aufregte. Hatte halt sonst nichts in seinem mickrigen Leben.

»Lass es bleiben, Liebling. Ist schon gut«, versuchte die Alte ihn zu beruhigen und hielt ihm ihre Zigarettenschachtel hin.

Tommy schüttelte den Kopf, schob ihre ausgestreckte Hand zurück. »Meinst du, das macht sie für sich? Einen Zweitjob zu haben und auf alles zu verzichten, was sie selbst gerne hätte. Wie kann man nur so undankbar sein? Das ist widerlich!« Dann holte er tief Luft und verkündete: »Ich werd' nicht länger zulassen, dass du Corinna das Leben zur Hölle machst!«

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now