01. Söldner und Soldaten

42 2 0
                                    

1.Kapitel

Söldner und Soldaten


Der Sandsturm fegte mit unberechenbarer Kraft am Horizont entlang. Mit einem skeptischen Blick wandte sich Neastra wieder zu seinen beiden Freunden, während er die Arme weit in die Luft streckte und gähnte. „Ich weiß überhaupt nicht, warum wir hier sind!" maulte er gelangweilt vor sich hin, als interessiere ihn die drohende Gefahr überhaupt nicht. „Es gibt so viele schöne Städte, und wir landen ausgerechnet in Perl!" Keiner der beiden Anderen würdigte ihn eines Blickes.

„Das haben wir doch deinem unnatürlich scharfen Verstand zu verdanken.", bemerkte Dojan spitz. Der blonde junge Mann saß auf seinem Zira, das große Reittier trottete ungraziös neben dem von Neastra her. Es schien nicht sehr erfreut darüber zu sein, dass seine Hufe es durch den schweren Wüstensand nicht so schnell trugen wie über die angenehm befestigten Straßen im Großteil des Restes der Welt.

„Hättest du die Karte richtig gelesen, wären wir jetzt schon längst wieder auf dem Schiff nach Seronie!" Eine heftige Windböe erfasste die drei Männer auf ihren Ziras und berieselte sie mit dem feinen Sand, der sich nur hier in der Kadarawüste so schnell und hartnäckig in jede Falte, Ritze oder Körperöffnung setzte. Schnell klappte Dojan den Mund wieder zu und knirschte mit den Zähnen. Aiax, der dritte Mann im Bunde, drehte sich nun zu seinen Freunden um. Er war wie ein schwarzer Fleck in dem trüben Nebel des Sandsturms. Neben seiner dunklen Kleidung und dem pechschwarzen Zira, auf dem er saß, rundete seine rotbraune Haut das Bild ab und erweckte den Eindruck einer dunklen Fackel mitten im Licht.

„Es bringt nichts ihm das immer wieder vor zu halten, Dojan." wandte er sich an seinen Gefährten. „So eilig haben wir es auch nicht. Ich habe noch zwei Goldstücke, und wenn die uns ausgehen, bevor wir einen neuen Auftrag an Land gezogen haben, wird Neastra sich seinen und deinen Lebensunterhalt eben mal wieder als Taschendieb verdienen müssen. Er wird gut für dich sorgen." Aiax feixte, und der blonde Dojan zuckte mit den Schultern.

„Jaaa", schnaubte er gedehnt, „ das wir pleite sind ist es ja gar nicht, was mich stört. Es ist Neastra! Und dieser vermaledeite Sand!" Demonstrativ rieb er sich die Augen. „Wenn wir nicht bald in Perl sind werde ich noch blind! Dann kommen wir nie nach Hause, dann muss Neastra nämlich bis ans Ende unserer Tage die Karte alleine lesen!"

Aiax entfuhr ein unterdrücktes Lachen, während Neastra eine Schnute zog.

„Etwas Gutes hat es doch!" sagte Aiax dann. „In Perl gibt es den Söldnerhort, wir brauchen uns nur dort erkundigen und müssen nicht jede Kneipe abklappern..."

„...was dich bisher doch nie gestört hat...", unterbrach ihn Neastra, woraufhin Aiax die Stimme hob, um weiter angehört zu werden, „um in Erfahrung zu bringen, wer unsere fabelhafte und viel zu kostengünstige Hilfe braucht! Perl ist ideal, wir dürfen uns in den Städten und Dörfern in halb Kristalien nicht mehr blicken lassen, von Seronie ganz zu schweigen! In Perl wird uns Niemand verhaften wollen!"

Dojan seufzte. Wie Recht sein Freund hatte. Sie waren Söldner, eine im Allgemeinen sehr annerkannte und gern gesehene Berufsgruppe auf allen drei Kontinenten. Jeder, der freundlich und tatkräftig genug war, seine Kunden nicht zu vergraulen, konnte Söldner werden, und sich auch durchaus einen Namen machen, ohne jemals etwas gelernt haben zu müssen. Ein Söldner übernahm alle Arten von Arbeiten, die keiner höheren Ausbildung bedurften. Er eskortierte Herrschaften von einem Ort zum anderen, übernahm Haus- und Gartenarbeiten, ja hütete manchmal sogar die Kinder. Es gab Söldner, die ihr ganzes Leben bei einer Familie blieben, wenn sich beide miteinander wohl fühlten. Wer höher hinaus wollte wandte sich an die Söldnerzunft, sie pflegte länderübergreifende Kontakte und trug die Namen fähiger Männer und Frauen auch über die Kontinente hinweg in die Welt hinaus, und vermittelte die größten und lukrativsten Angebote.

Die Macht der WächterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt