Oh mein Engelchen! Irgendwie hatte es mir gefehlt. Wo waren meine Stimmen seit Wochen geblieben? Lag das vielleicht an London?

„Wir haben entschieden etwas essen zu gehen!", meinte Caine nur. „Kommt ihr?"

„Klar.", antwortete ich, als Jace zögerte.

Caine nickte mir zu und verließ das Zimmer, ließ aber die Tür offen.

Ich trat zu Jace an die Couch und streckte die Hände vor.

„Komm schon, steh auf!", forderte ich ihn. „Wir essen jetzt."

Er spannte seinen Kiefer unsicher an.

„Wann hast du das letzte Mal, was gegessen?", fragte ich erschrocken.

„Ich glaube... ähm vor ein paar Tagen, hat mich Caine gezwungen.", antwortete er.

„Na dann wird es Zeit! Ich fütter dich durch!" Hastig griff ich nach seinen Händen und versuchte ihn zu mir zu ziehen.

Es war schwieriger als gedacht. Er war immer noch ziemlich kräftig.

„Jace! Essen! Jetzt! Ich verspreche, wenn du nicht-", befahl ich.

„Was?" Er grinste provokant und sah mir in die Augen.

„Dann" Ich musste kurz überlegen. „Rede ich nicht mehr mit dir."

Das war eigentlich eine schlechte Idee, weil ich das selbst nicht wollte.

„Das glaube ich dir nicht. Dafür magst du mich zu sehr.", meinte er entspannt und machte keine Anstalten aufzustehen, als ich weiter an ihm zog.

„Tzzz." Ich hatte keine Ahnung, was ich erwidern sollte und drehte mich von ihm weg.

Gespielt beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust und hob das Kinn an.

„Jetzt sei nicht beleidigt Mauerblümchen." Seine Stimme kam immer näher. „Ich komme ja mit."

Jetzt stand er direkt hinter mir und hauchte die Worte an mein Ohr.

Dort stellten sich unwillkürlich alle meine Härchen auf.

Seine Arme schlangen sich um meinen Körper und er küsste die Stelle an meinem Ohr. Ich könnte spüren, wie er grinste.

Ich gab mein gespieltes Beleidigtsein auf und lehnte mich gegen ihn.

„Los geht's!", flüstere ich leise. Im Moment war ich so glücklich, wie nie zuvor. Warum war Amber bloß nicht hier?

Wir verließen das Zimmer und als wir im Flur standen, griff er nach meiner Hand und drückte sie.

Caine und Mateo warteten unten auf uns und letzterer ersparte sich die Frage, wie es gelaufen war, als er unsere verschränkten Hände sah.

*
Wir standen vor einem Restaurant namens Jamie Oliver's Fifteen. Es sah wirklich edel und lecker aus. Ich wünschte mir, ich hätte mich nochmal umgezogen, statt dort in Schuluniform hineinzugehen.

Caine hatte uns mit dem Auto hergefahren, da das Restaurant eher im Zentrum lag.

Jace und er gingen voraus zum Eingang und ich blieb mit Mateo ein Stück zurück.

„Und hast du Caine schon umgedreht?", flüsterte ich ihm verschwörerisch zu und grinste.

„Nein, er ist noch zu widerspenstig!", meinte Mateo. „Weißt du, ob er schonmal eine Freundin hatte?"

„Klar. Amber und Jesse und-"

„Nein. Ich meine so richtig mit Liebe und so.", verbesserte er. In seinen Augen konnte ich sehen, wie gern er Caine mochte. Ich wollte ihm diesen Funken einfach nicht nehmen.

So wie ich Caine kannte, war er absolut hetero, aber wie sollte ich das meinem schwulen, hartnäckigen besten Freund erklären? Vielleicht erkannte er es wie immer von selbst.

„Das weiß ich nicht.", sagte ich und da fiel mir auf, dass er wahrscheinlich nie eine hatte.

Caine hatte gerne Spaß, aber noch nie hatte ich ihn irgendwie verliebt gesehen. Als wäre er nicht der Typ für Gefühle.

Ein Kellner führte uns an einen Tisch für vier und ich setzte mich neben Jace, gegenüber von Caine. Mateo und ich konnten uns trotzdem gut mit Blicken verständigen.

Uns wurden die Karten gebracht, aber Jace ließ seine zuerst unangerührt auf dem Tisch liegen und schaute sie feindselig an.

„Hey man. Du solltest echt was essen!", forderte Caine ihn auf, jedoch blickte er darauf nur angewidert drein.

„Jace.", fing ich an. „Er hat recht. Es müssen auch nicht gleich zwei Pizzen sein, fang klein an. Wenn du willst, teilen wir uns was."

Ich rutschte näher an ihn ran und hob die Karte so, dass er sie lesen konnte.

Wir lächelten uns eine Sekunde lang an, dann schlang er seinen Arm um mein Bein und drückte mich an ihn.

Ich bot ihn eine Reihe von Gerichten an, bei deren Klang er immer wieder das Gesicht verzog.

„Worauf hast du denn Lust?", fragte ich gezwungen ruhig, als meine Geduld langsam schwand.

„Nichts.", meinte er trocken.

„Vielleicht Salat?", fuhr ich ungerührt fort. „Ich glaube mit Caesar Salad macht man nichts falsch."

„Hmm.", brummte er.

„Das nehme ich als Ja.", sagte ich und war kurz davor uns einen Kellner herzurufen.

„Hab ihr schon was?", fragte ich die anderen.

Caine nickte und Mateo antwortete: „Wer isst denn bitte Lachs auf Blätterteig und Trüffelsoße? Und dann diese Preise! Sehe ich aus als scheiße ich Geld oder was?"

Jace und ich starrten ihn nur an, während Caine sich hinter seiner Karte versuchte zu fangen.

Er versteckte sein Lachen regelrecht dahinter. Als er sich beruhigt hatte, blickte er mit gerötetem Gesicht über den Kartenrand.

„Das geht auf mich. Ich lade euch ein.", meinte er und grinste immer noch in sich hinein.

„Na gut, dann nehme ich... hmm... ach keine Ahnung! War jemand von euch hier schon öfter?", fragte Mateo in die Runde.

„Ja, ich kenne den Besitzer.", sagte Caine und rutschte zu ihm, um ihn in die Karte einzuführen.

„Schon komisch, dass ich in London wohne, aber du dich besser auskennst.", hörte ich Mateo sagen.

Caine grinste. „Von mir kannst du noch was lernen.", sagte er. „Schau dir das an. Als ich mit meinem Vater hier war, habe ich es..."

Weiter hörte ich nicht zu, sondern wandte mich an Jace.

„Also wir trinken Wasser zusammen würde ich sagen?"

Draußen färbte sich der Himmel schon in verschiedenen Blautönen. Die Sonne ging langsam unter und ich wusste, ich musste meinen Eltern noch Bescheid geben.

In den ersten Tagen in London hatte ich ihnen so ein schlechtes Gewissen eingeredet, dass sie mir seither eigentlich alles erlaubten.

„Ja, versuchen wir das mal.", sagte Jace und lächelte. Ich wusste, er strengte sich an gesund zu werden.

Scheint als wendet sich alles zum Guten oder?🤔

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