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Ich kenne Steven schon seit einer Ewigkeit. Damals, als noch niemand von Sudden geredet hat, geschweige denn von Duff, schon damals waren wir beste Freunde. Sind damals, als kleine Sprösslinge, schon zusammen auf Abenteuer gegangen. Damals, als man diese so genannten Gameboys, noch mit solch ominösen Kabeln verbunden hat, um gemeinsam spielen zu können.

Wenn man weiß, wie lange wir uns schon kennen, könnte man denken, dass ich ziemlich spät erst gemerkt habe, dass ich mehr von ihm will, als nur Freundschaft. Ich bin immer davon ausgegangen, dass man sich bei seinem besten Freund einfach wohlfühlen sollte. Es hatte mich aber eine ganz schöne Zeit gebraucht, um zu merken, warum ich mich bei ihm so wohlfühlte, dass eine einfache Berührung seinerseits schon eine Gänsehaut bei mir auslöste. Genauso lange brauchte ich, um diesen Gedanken zu akzeptieren.

„Daniel?", reisst mich die gewohnte Stimme aus meinen Gedanken.

Ich drehe mich um und zupfe weiterhin an meiner Weste rum.

Er kommt näher und legt mir mit einem Grinsen seine Hand auf die Schulter. „Bereit die Menge zu verzaubern, PaffPaffDuff?"

Selber grinsend nicke ich ihm zu. „Sobald Twizzy bereit ist", sage ich und drehe mich suchend nach ihm um. Im selben Moment kommt nun auch die 1,20 Meter Snitch auf uns zu.

Es dauert nicht lange, da bekomme ich auch schon mein Mikrofon in die Hand gedrückt.

Ich gehe im Kopf noch mal meinem Text durch. Trotz dass es nun das dritte Mal ist, dass wir das ganze vor Publikum machen, bin ich immer noch unglaublich nervös. Die Musik geht aus und die Lichter werden gedimmt. Das hilft meiner Nervosität auch nicht gerade.

Steven schlägt mir noch einmal freundschaftlich auf die Schulter, woraufhin ich mich noch einmal zu ihm umdrehe und in mehrere aufmunternd lächelnde Gesichter sehe, bevor ich mit langsamen Schritten auf die Bühne trete.

Die Scheinwerfer werden auf mich gerichtet. Da der Rest des Clubs dunkel ist, kann ich nicht allzu weit sehen. Ich versuche mir einzureden, dass nur die erwartungsvollen Blicke der ersten drei, vielleicht vier Reihen, wenn ich meine Augen anstrenge, auf mir ruhen.

Was sich wie eine Ewigkeit anfühlt, sind in Wahrheit nur ein paar Sekunden, die ich planlos auf der Bühne stehe. Dann finde ich endlich meine Stimme und die passenden Worte.

„Hallo Köln!", rufe ich in die Menge, woraufhin ich Geschrei/Gejubel, wie auch immer man das nennen will, als Antwort bekam. Wer schon einmal auf einem Konzert war, wird wissen, was ich meine.

Ich rattere meinen Text runter und hoffe einfach, dass ich nichts Wichtiges vergesse.

Nach nur ein paar Minuten tausche ich meinen Platz mit Twizzy und bin somit schon wieder von der Bühne runter.

Erleichtert nehme ich eine Wasserflasche entgegen und nehme einen großen Schluck.

Euch jetzt mit auf das ganze Konzert zu nehmen, würde zu lange dauern und wäre mir ehrlich gesagt auch zu anstrengend.

Ich will nur einen bestimmten Moment mit euch teilen, der, wenn ihr die Story nicht kennt oder sie möglicherweise auch schon vergessen habt, weil ihr euch vielleicht lieber besoffen habt, anstatt einer wirklich wundervollen Bühnenshow zu folgen, wahrscheinlich keinen Sinn macht.

Also fasse ich euch die Story mal grob zusammen. An der Stelle setze ich allerdings mal eine Spoiler-Warnung, da wir ja erst mitten im dritten Konzert sind und einige von euch sich vielleicht noch auf den nächsten Konzerten überraschen lassen wollen.

Also hier im Schnelldurchlauf:
Sudden hat Geburtstag.
Ich hab ihm eine Überraschungsparty organisiert und wollte ihm seine Super Sudden Maske schenken.
Twizzy klaut die Box, in der die Maske drin ist.
Weil Steven zu Super Sudden mutiert ist, geht er nach den ersten paar Songs, weil er ja lieber die Welt rettet, anstatt mit mir mal ein paar Schnäpse zu trinken.
In einer der Geschenke ist ein böser Flaschengeist drin, der Köln und mir einen Wunsch gewährt.
Wir wünschen uns, dass Sudden wieder zurück kommt, jedoch hat er sich verändert.
Er fängt an zu kiffen und zu trinken. (Nach dem Joint ist mir die Show übrigens viel leichter gefallen.)
Ich gestehe ihm, dass ich die Maske verloren habe und er rastet vollkommen aus. (Auch wenn ich weiß, dass es nur gespielt ist, muss ich meine Trauer und meinen Schock nicht spielen, den ich immer wieder von ‚Evil Sudden' bekomme.)
Wir streiten uns und er feuert mich als seinen Sidekick.
Stattdessen ruft er wieder Twizzy auf die Bühne.
Nach dem nächsten Song komme ich in meinem PaffPaffDuff Outfit und der Truhe wieder auf die Bühne, wo wir uns weiterhin streiten.
Er erschießt mich und danach sich selbst, als er merkt, dass die Maske nicht in der Truhe ist.
Eine Konfetti Bombe explodiert und wir springen beide wieder auf, weil das alles nur ein Scherz war.

Zugegeben ist das Ende nicht so wirklich durchdacht, aber den Leuten gefällts.

Um jetzt endlich auf den Punkt zu kommen:

„Wir sind gar nicht tot!", ruft Steven ins Mikrofon. „Und wir hassen uns auch nicht!" Er legt seinen Arm um meine Schulter.

Ich grinste ihn an. Das Publikum, seine Nähe, der Joint... das alles machte mich zum dritten Mal in ein paar Tagen wieder unglaublich glücklich. Ich meine, klar sind wir vorher schon zusammen auf Tour gegangen. Klar, gab es da auch Gras und kreischende Teenies. Aber jedes weitere Mal fühlt sich wieder an wie das erste. Und kein Mal ist gleich. Also irgendwie gleich, aber trotzdem anders. Ich kann einfach nicht klar denken.

Ich wollte gerade zu ITC laufen, um ihn auch zu umarmen, da zieht Steven mich wieder zu sich und drückt seine Lippen auf meine. Es war nur ein kleiner Kuss. So ein Bussi, den man auch mal seinem besten Freund geben kann, ohne dass es direkt komisch wäre. Es war also nicht gerade lang, nicht leidenschaftlich oder so. Alle Timigatoah Fans werden mit Sicherheit unglaublich enttäuscht sein, dass ich mich wegen einem kleinen Kuss so freue. Wie oft bin ich schon mit den Jungs auf Tour gegangen. Wie oft hab ich mir den legendären Trostpreis Kuss schon angesehen und mir gewünscht, Sudden und ich wären auch so... Dieser kleine Kuss löst in mir allerdings eine unglaubliche Welle von Endorphinen aus, die mich in eine Art Ekstase bringen. Ich fühle, wie sich jedes Haar an meinem Körper aufstellt. Höre, wie Fangirls im Club Suddens Namen schreien. Schmecke seine Lippen auf meinen. Rieche, wie verschwitzt er ist. Sehe, wie er sich mit seinem unglaublich schönen Gesicht langsam von mir entfernt. Spüre, wie alles in Zeitlupe vergeht. Habe eine Millionen verschiedene Gedanken, die gleichzeitig in meinem Kopf rumspringen. Und jeder einzelne davon handelt von ihm.

Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich wieder klarer denken kann. Die Zeit vergeht jetzt wieder normal, wenn nicht sogar noch schneller, und Sudden ist schon auf der anderen Seite der Bühne, während ich immer noch perplex hier rum stehe.

Das Grinsen von vorher ist aus meinem Gesicht verschwunden. Ich kann spüren wie verlegen und unangenehm mein Lächeln stattdessen aussehen muss.

Ich versuche mich auf der Bühne zu bewegen, so wie die anderen das tun. Steven schaut zu mir rüber und auch sein Lächeln ist verändert. Ein eher dreckiges Grinsen ziert sein heißes Gesicht.

Am liebsten würde ich gerade von der Bühne rennen. Ich würde Steven natürlich hinter mir herziehen und rausfinden, ob dieses Grinsen mir gilt, allerdings scheint er sich mehr auf die Mädchen in der vorderen Reihe fixiert zu haben. Er fickt zwar schon lange keine Groupies mehr, zeigt aber trotzdem noch öfter Interesse an ihnen.

Wir spielen noch die letzten Songs, bauen die Bühne ab und dann noch Autogrammstunde. Ich persönlich habe dabei natürlich nicht so viel zu tun wie Steven. Nur mal hier und da ein bisschen quatschen, mal ein Autogramm geben und mal ein Foto machen. Ich bewundere ihn dafür, dass er das alles so aushält. Ohne den Joint vorhin im Backstage, würde ich nicht mal die paar Leute aushalten, die was von mir wollen.

Sudden nimmt sich für jeden Fan Zeit. Deshalb dauert es eine Weile, bis der Club leer ist. Twizzy wollte mit so einer dünnen Schlampe abhauen. Und auch von IDC ist keine Spur mehr. Brücke ist schon gegangen, nachdem er den Merchstand abgebaut hat. Also sind es nur noch Steven und ich. Und die Security Menschen, die alles aufräumen natürlich, aber darum geht es nicht.

Er hob seine Hand, woraufhin ich bei ihm einklatsche.

„Drittes Tour Date auch gemeistert, mein lieber Duff." man kann ihm ansehen, wie glücklich er ist. Alleine dieser Ausdruck in seinen Augen, ließ meinen ganzen Körper erwärmen.

Also ja. So wie Sudden es schon erwähnt hat: Köln ist nun auch offiziell geschafft.

Im Suff gefangenWhere stories live. Discover now