Teil 1

2 0 0
                                    

Es war ein Dienstagmorgen, als ich ihn das erste Mal sah. Nein, keine männliche Gestalt. Es war ein Geist. Ein richtiger Geist und ich sah ihn auch als solchen, auch wenn ich es nicht wusste. Eine weiße Kugel, eine kleine Wolke in der Größe eines Schokoladenstücks, die wieder und wieder vor meinem Gesicht herum sprang, während ich gerade zur Schule lief. Mehr als 10 Minuten lang flog dieses nervige weiße Ding vor meinem Gesicht rum und ließ sich einfach nicht vertreiben, egal wie oft ich versuchte es mit der Hand wegzuschlagen. Es schenkte mir mehr Aufmerksamkeit, als so manch andere, mit denen ich seit mehr als 5 Jahren auf eine Schule ging, in ihrem gesamten Leben.

Doch die Aufmerksamkeit von diesem Ding wollte ich nicht haben, weshalb ich dauerhaft versuchte es zu verscheuchen, bis es mir endgültig reichte. Und ich tat etwas, auf das ich definitiv nicht stolz bin. Ich schrie dieses weiße Ding an.

„Sag mal, könntest du den Mist vielleicht mal lassen? Du nervst mich! Verschwinde einfach und such dir irgendeinen anderen Idioten, den du stalken kannst!", rief ich und schlug das Ding im selben Moment weg. Nicht erwartet hatte ich jedoch, dass das Ding mich zurückschlagen würde.

Schwungvoll flog es gegen meine Nase und so ein mini Wölkchen hatte eine Wahnsinns Kraft, wenn ich das mal sagen dürfte.

„Au, spinnst du?", erneut versuchte ich es zu schlagen, doch es wich geschickt aus. „Wer redet hier mit einem fliegenden Fussel.", entgegnete der Fussel und ich wollte schon antworten, bis mir auf einmal in den Kopf kam, dass dieses weiße Ding gar nicht reden können sollte.

„Bitte, was?", fragte ich.

Der Fussel antwortete, „Na, ich bin doch ein Fussel. Und Fussel leben nicht. Sie atmen nicht, sie essen nicht, sie trinken nicht, sie tun auch sonst nichts. Verstehst du, was-"

Ich unterbrach ihn: „Jaja, ich bin ja nicht blöd."

„Doch, anscheinend schon.", erwiderte die weiße Wolke, „Sonst würdest du ja nicht mit mir reden!"

„Ja, das stimmt schon, aber du hast ja angefangen!", meinte ich und die Wolke schüttelte sich einmal.

„Das stimmt nicht. Du hast mich zuerst angeschrien und mich dann gefragt, ob ich spinne. Und ich habe nur höflich wie ich bin geantwortet!"

So langsam wurde es mir zu blöd. „Weißt du was, ich spinne wirklich und jetzt lass mich in ruhe, ich komme zu spät zur Schule."

Und das tat ich wirklich. Beides.

Jemand, der mit einer fliegenden mini Wolke redet, der kann nur spinnen. Und jemand, der 5 Minuten damit verbringt, der kann auch nicht mehr pünktlich kommen.

Ich warf einen Blick auf die Uhr. Um die verlorene Zeit aufzuholen, musste ich sprinten und das tat ich auch. Zu spät kommen, das konnte ich einfach nicht ausstehen.

Mit einem Satz sprang ich an der Wolke vorbei und rannte los. Wobei, man konnte es nicht wirklich rennen nennen. Es war eher so eine Mischung aus rennen, joggen, hüpfen, komisch wippen und versuchen seine Tasche auf dem Rücken zu behalten. Also Tanzen!

In Eiltempo tanzte ich zur Schule und vergaß die Wolke dabei, völlig konzentriert darauf weiter zu tanzen, obwohl ich schon nach den ersten Meter völlig aus der Puste war. Ich glaube mich zu erinnern noch ein lautes „Hey,", gehört zu haben, aber ganz sicher bin ich mir da nicht. Eventuell hatte ich mir das auch nur im Eifer des Gefechts ausgedacht.

Als ich kurz darauf am besagten Ort ankam war ich völlig fertig und hätte eigentlich gleich wieder heimgehen können, doch Fehlstunden konnte ich mir nicht leisten. Nicht wo mein Abi so kurz, als ein Jahr, entfernt lag.

Das kleine weiße Wölkchen, das merkwürdigerweise in der Lage war zu reden, hatte ich bis dahin ganz vergessen. Viel wichtiger war der Deutsch Unterricht, der den Tag schön einleitete.

You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: Apr 27, 2019 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

Das WölkchenWhere stories live. Discover now