Kirschblüten

1.6K 46 1
                                    

Am nächsten Morgen, war ich bereits um acht Uhr wach. Ich konnte vor lauter Aufregung einfach nicht mehr schlafen. Mein Körper kribbelte vor lauter Anspannung. Heute, würde ich den ganzen Tag mit Han verbringen. Ich stieg aus meinem Bett und ließ erst einmal Licht in mein Zimmer. Suki, war schon in ihrer Werkstatt. Ob Neela wohl schon wach war? Normalerweise stand sie immer früh auf. Naja, einen Versuch war es wert. Ich nahm mein Handy und wählte sie an. „Hey meine Liebe, du bist schon wach? Sonst schläfst du doch immer lange. Was war da eigentlich gestern zwischen Han und dir los? Ich habe mich total für dich gefreut, als ich euch beide so nah zusammen gesehen habe." „Ja, ich kann nicht mehr schlafen. Han ist auch der Grund für meinen Anruf. Er kommt mich heute um elf Uhr abholen und wir verbringen den Tag zusammen." Stille am anderen Ende der Leitung. Hatte sie jetzt etwa einen Herzinfarkt bekommen? Doch dann, hörte ich Neela's freudiges Gekreische. „Ahhhh, ich freue mich sooo für dich. Das ist ja toll...Habt ihr euch denn schon geküsst"? „Ja, gestern Abend, kurz bevor er gefahren ist. Er wollte sogar nicht mit herein kommen, weil ich etwas Besonderes für ihn werden soll." Schon wieder Gekreische am anderen Ende. „Oh Gott, ich bekomme heute noch einen Herzinfarkt wegen dir meine Liebe. Du hast also den unnahbaren Frauenheld Han gezähmt. Oder bist zumindest dabei." „Sag mal Neela, was weißt du eigentlich noch über Han, außer dass er ein Frauenheld ist und ein kleiner Macho dazu?" „Eigentlich nicht viel. Er ist vor knapp zwei Jahren hier in Tokyo aufgetaucht und hat niemandem etwas über sein früheres Leben erzählt. Noch nicht einmal Sean. Naja und sonst nur das, was ich dir schon erzählt habe. Du musst mich auf jeden Fall heute noch mal anrufen oder wir treffen uns dann morgen mal zum Quatschen. Ich wünsche dir ganz viel Spaß. Sean kommt mich jetzt gleich abholen. Wir wollten zum Hafen, damit er noch etwas driften üben kann. Vielleicht, sehen wir uns da ja sogar." „Ja, das könnte gut sein, denn Han wollte mir seine Lieblingsplätze zeigen. Ich wünsche dir ganz viel Spaß mit Sean. Trau dich endlich mal ihn zu küssen. Ihr wärt so ein schönes Paar." „Ja...also...okay...ich versuche es. Bis später" Neela hatte aufgelegt und ich konnte ihre Schamesröte bis hier spüren.

Pünktlich um elf Uhr hielt Han mit seinem Mazda vor Suki's Haus. Er trug eine verwaschene Jeans, ein weißes T-Shirt und ein schwarzes Jackett. Kurz gesagt, er sah unwiderstehlich aus. Ich hatte fast eine Stunde vor meinem Kleiderschrank verbracht, bis ich etwas Passendes gefunden hatte. Meine Wahl viel auf einen grauen Bauchfreien Pulli und eine Shorts mit gürtel. Dazu hatte ich mir schwarze overknees angezogen. Meine Haare trug ich offen. Kurz bevor ich rausging, nahm ich mir noch meine schwarze, kleine Umhängetasche. Von weitem, hatte er ja schon gut ausgesehen, aber jetzt vom nahen, warf er mich mal wieder vollkommen aus der Bahn. „Konnichi wa Han! Du bist aber sehr pünktlich und hast auch noch Sonnenschein mitgebracht." „Eine schöne Frau, sollte man nicht warten lassen und du siehst heute wieder unwiderstehlich aus." Han trat näher an mich heran, zog mich in seine Arme und gab mir einen kurzen aber intensiven Kuss. Meine Beine wurden zu Wackelpudding und ich fragte mich gerade wirklich, wie ich den Tag überstehen sollte. Wir gingen zu seinem Auto. „Wo fahren wir denn jetzt als erstes hin?", fragte ich ihn. „Lass dich überraschen Serena. Es ist mein Lieblingsplatz und ich habe ihn noch nicht vielen Leuten gezeigt."

Han hatte mal wieder einen rasanten Fahrstil drauf, doch mich störte es nicht. Je schneller, desto besser, war anscheinend unser gemeinsames Motto. Wir fuhren aus Tokyo heraus und ich sah zum ersten Mal das weite offene Land, welches die Stadt umgab. Schon von weitem, sah ich das schimmernde Pink der Kirschbäume. Der Himmel wies an diesem Tag ein strahlendes blau auf und die Farbe der Kirschblüten bot einen tollen Kontrast. Han hielt auf einem der Parkplätze an und meinte, wir müssten von hier aus zu Fuß gehen.

Am Anfang des Weges, waren wir wie zwei schüchterne Teenager nebeneinander her gegangen, deren Hände sich immer wieder „zufällig" berührten. Irgendwann, wagte ich den Schritt und nahm Han's Hand in die meine. Sofort, verschränkten sich unsere Finger miteinander. Han lächelte mich an. „Es ist wirklich wunderschön hier. Eigentlich, fehlen mir die Worte um die Schönheit zu beschreiben. Weißt du, ich liebe Kirschbäume wirklich sehr." „ Dann habe ich ja genau das Richtige ausgesucht. Diesen Park hier, habe ich vor knapp zwei Jahren entdeckt, kurz nachdem ich in Tokyo angekommen bin. Seitdem, komme ich oft hierher, wenn ich mal von allem abschalten möchte. So da sind wir auch schon" Vor uns lag ein kleiner See, um den überall gemütliche Bänke standen. Im Wasser glitzerte die Sonne und die Kirschblüten wurden vom Wind durch die Luft getragen. Mir stand der Mund offen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. „Wollen wir uns setzten?" Ich konnte nur noch Nicken.

In den ersten Minuten waren wir beide still und schauten auf den See. Keiner von uns beiden wusste, wie er ein Gespräch beginnen sollte. War Han etwa schüchtern, obwohl er doch als Frauenheld galt? Oder hatte er dieses eine Mal einfach nur Angst etwas falsch zu machen? Ich wusste es nicht, doch ich wollte mich öffnen und ihn an meinem bisherigen Leben teilhaben lassen. Auf jeden Fall, musste ich herausfinden woher er Dom kannte. Ich spürte, wie Han mit seinen Fingern anfing in meinen Locken zu spielen und dabei ein Kirschblütenblatt herauszog. Dieses flog leicht wie eine Feder aus seinen Händen in Richtung des Sees. Ich drehte mich zu ihm und küsste ihn einfach. Es war mir egal, was er dachte. Ich wollte, konnte nicht mehr warten. Brauchte ihn jetzt schon, wie meine Luft zum Atmen. Han erwiderte meinen Kuss voller Leidenschaft. Doch wir waren ja nicht hier, um den ganzen Tag wie zwei verliebte Teenager herumzuknutschen. Ich löste mich mit leichtem Bedauern von seinen Lippen und richtete meinen Blick auf den See. „Kannst du dich noch an das erste Gespräch von uns beiden nach dem Rennen erinnern?" „Ja, wie könnte ich nicht. Du hast mich an diesem Abend schon mit deiner Art verzaubert. Du warst anders als die anderen Frauen und das nicht nur wegen deinem Äußeren. Von außen, siehst du aus wie ein typisches amerikanisches Girlie. Doch tief in dir drin, ist eine geheimnisvolle, vielleicht auch dunkle Seite versteckt. Habe ich recht?" Ich war gerade wirklich sprachlos. Das hatte er nach einem Gespräch herausgefunden? „Ja, das stimmt. Du hast dir über die Jahre eine gute Menschenkenntnis zugelegt." Han lächelte mich nur aufmunternd an. Ich atmete noch einmal tief durch. Jetzt oder nie Serena...

„Du hast mich ja gefragt, woher ich so gut driften und fahren kann. Es würde dir nur einer einfallen, der es mir so gut hätte beibringen können." Jetzt sah Han mich wirklich interessiert an. „Ich habe dir gesagt, dass es mein Onkel war... und du hattest mit deiner Vermutung Recht. Dominic Toretto ist der Bruder meines Vaters. Ich bin seine Nichte." Han war anscheinend sprachlos. Es schien, als wenn er in seinen eigenen Gedanken versunken war. Also fuhr ich einfach fort. „Ich komme wie gesagt aus L.A., war dort in der Tuning-Szene sehr bekannt und auch erfolgreich. Von meinen Eltern, habe ich mich immer mehr entfernt. Nachdem ich dann bei meinem letzten Rennen von den Bullen geschnappt worden bin, haben sie mich in den Flieger zu Dom nach Rio gesetzt. Sie dachten, dass er mich schon wieder auf die richtige Bahn lenken würde. Meine Eltern wussten, dass er Rennen fuhr und einige krumme Dinger gedreht hatte, aber er hätte sich ja jetzt geändert und ich könnte einiges von ihm lernen. Wenn du meinen Onkel Dom kennst, dann weißt du ja sicherlich auch wer Brian und Mia sind." Han nickte mir zu. „Am Anfang lief es gut in Rio, doch schon nach vier Wochen bekamen Dom und ich uns immer mehr in die Haare. Ich war nie die Frau, die auf lange Beziehungen stand. Meine Welt bestand aus One- Night-Stands, Sex ohne Liebe."

„Ich glaube, da sind wir beide nicht so verschieden. Für mich, waren Frauen bisher nur Spielzeuge", sagte Han und drückte meine Hand leicht. „Ja, das altbekannte Spiel mit dem Feuer. Daran habe ich mir in Rio auch die Finger verbrannt. Diego war der Name meiner letzten Romanze. Sein Vater war einer der Drogenbosse in Rio und sein Sohn galt als brutal. Nach drei Wochen wollte ich mich von ihm trennen, doch er wollte es nicht zu lassen. Diego hat mich geschlagen, mich gewürgt und wenn die Polizei nicht vorbei gekommen wäre, würde ich jetzt nicht hier neben dir sitzen." Ich spürte,wie mir dieTränen in die Augen traten und Han sah mich aus seinen wunderschönen Seelenspiegeln geschockt an. „Ich musste aus Rio flüchten, denn Diego hätte mich immer wieder gefunden. Brian und Dom hatten dann die Idee mich nach Tokyo zu schicken. Hier wären Menschen wie Suki, die auf mich aufpassen würden. Naja, und ich habe Menschen wie Dich, Neela, Sean und Twinky kennen gelernt. Aber nun zu dir. Woher kennst du meinen Onkel und wieso bist du nach Japan gekommen? Hast du dir die Finger an einem Mädchen verbrannt?"

Bei meiner letzten Aussage musste ich lachen. Han war ein Frauenheld und ich würde mit meiner Aussage sicherlich nicht so falsch liegen. Wie nah ich jedoch an der Wahrheit lag, konnte ich noch nicht ahnen. Ich würde in Han eine tiefe Narbe aufreißen.

Tokyo, where the world turns into lightOù les histoires vivent. Découvrez maintenant