Meg Thomas - Vorgeschichte

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Als ich an Geschwindigkeit verlor, dachte ich darüber nach, wie spät es wohl schon war.
Wie lange würde ich noch durchhalten?
Der Schmerz wurde immer stärker.
Doch Aufgeben war nie etwas, worüber ich nachzudenken wagte.

Irgend wann verging der Schmerz und nach dem Schmerz kam die Gleichgültigkeit.
Der Wille zu gewinnen und es meinem Sportlehrer zu zeigen!
Ich war nicht nur stur, sondern auch enorm ehrgeizig und Willensstark!
Meine Beine spürte ich nun schon längst nicht mehr.
Mein Körper fühlte sich immer leichter an.
Meine Beine fingen an wie von alleine zu laufen und ich gewann wieder an Geschwindigkeit.
Es fühlte sich so an, als würde ich alle Sorgen einfach 'weg' laufen können.
Ich fühlte mich das erste Mal in meinem Leben ausgeglichen und frei.

Ein Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit und ich wurde schneller und schneller.
Getrieben von.. von was eigentlich? Von dem Wille zu gewinnen?
Das Gesicht meines Lehrers zu sehen, wenn er mich hier immer noch laufen sehen würde?
Von meinem Ehrgeiz?
Ist ja auch egal! Hauptsache war, dass ich lief!

Ich lief die ganze Nacht durch.
Ob meine Mutter sich wohl sehr sorgen musste?
Als Die Sonne aufging sah ich, wie der Hausmeister die Schule auf schloss. Die ersten Lehrer kamen herein und ich lief immer noch meine Runden auf dem Sportplatz.
Ich schien Luft für sie zu sein.
Ihre Verachtung gab mir neue Energie es gut machen zu müssen.
Natürlich werde ich es mal zu etwas bringen!
Was bildet sich dieser hochnäsige Kahlkopf eigentlich ein!

Nach einer ganzen Weile traf auch mein Sportlehrer ein.
Er war baff.
"Läufst du etwa wirklich schon die ganze Nacht?? Wow, wie hast du das geschafft?? Ich bin wirklich erstaunt!"
So etwas in der Art sagte er.
Ich rannte weiter, aber senkte mein Tempo langsam.
Als ich zum stillstand kam, ging ich zu ihm und er umarmte mich.
Ich war überrascht und erleichtert zugleich.
Wir redeten eine Weile. Es fühlte sich so toll an, dass mal jemand anderes als meine Mutter stolz auf mich war.
Er ermutigte mich, meine überschüssige Energie dem Laufen zu widmen, anstatt sie an meinen Mitschülern auszulassen und meiner Mutter Probleme zu bereiten.
Er sagte, ich hätte das Zeug dazu mal ein High-School-Star zu werden, als er mir die wunden Füße verband und dies wurde dann auch zu meinem Ziel.

Seit dieser Nacht änderte sich mein Leben drastisch.
Jeden Tag nach der Schule, verbrachte ich meine Zeit auf der Laufbahn.
Ich wurde ruhiger und umgänglicher.
Zuhause half ich meiner Mutter gerne und sah oft ihr glückliches Gesicht.
Ich schien mein Leben echt in den Griff zu bekommen.

Als alle von meinem Talent des Laufens und der Ausdauer erfuhren, wurde ich doch tatsächlich noch zu einem High-School-Star.
Ich war das schnellste Mädchen - generell der schnellste Läufer - in meiner Altersklasse und im ganzen Land.
Ich nahm an unzähligen Turnieren teil und gewann sie jedes Mal.
Ich war in den verschiedensten Zeitungen zu sehen, das Idol vieler junger Läuferinnen und auch im Fernsehen liefen Beiträge über mich.
Das Preisgeld nutzte ich, um meine Mutter zu unterstützen und schon bald bekam ich mein heiß ersehntes Stipendium für die Universität.

Leider meinte es das Schicksal nicht gut mit uns und meine Mutter erkrankte schwer.
Ich verzichtete auf mein schwer erarbeitetes Stipendium, um für die Frau zu sorgen, die mich aufzog und immer für mich da war.
Ich versuchte ihr und mir einzureden, dass alles gut werden würde.
Ich verbrachte die meiste Zeit bei und mit ihr und musste mit ansehen, wie sie jeden Tag schwächer wurde.

Früh bereitete ich ihr das Frühstück zu. Wusch sie, begleitete sie auf die Toilette. Dann ging ich auf Arbeit - nur ein Mini-Job um wenigstens etwas Geld nachhause bringen zu können. Nachmittags kam ich heim, machte uns Mittagessen und erzählte ihr stets fröhlich und ausführlich von meinem Tag.
Ich munterte sie auf und gab ihr ihre Medizin.
Wir spielten zusammen Brettspiele, soweit sie das noch konnte und ich las ihr Abends Geschichten vor.
Nach dem Abendessen half ich ihr wieder im Bad, zog sie um und brachte sie zu Bett.
Sie sagte mir oft wie stolz und dankbar sie mir doch wäre.
Wie sehr sie mich doch lieben würde.
Ich umarmte sie jedes Mal und wünschte ihr eine gute Nacht.

Nachdem sie einschlief, lief ich jede Nacht einige Stunden im Wald hinter dem Haus meine Runden, um abzuschalten.
Um vor den Sorgen und Problemen wegzulaufen und einfach den Kopf frei zu kriegen.
Ich dachte mein ganzes Leben lang sehr viel nach.
Doch auch ich musste irgendwann realisieren, dass Geschwindigkeit nicht das Wesentliche ist.
Ziel ist es, die Ziellinie zu erreichen, egal ob als Erster oder als Letzer, Hauptsache man kommt lebend am Ziel an.
Ich konnte nicht ewig vor meinen Problemen weglaufen.

Jede Nacht spürte ich eine Kälte, die hinter mir her zog. Eine Finsternis die mich einholen wollte und mit jedem Mal näher kam.
Ich war mir sicher: Da ist etwas, was mich verfolgt. Was mich jagt und zu fressen versucht.
Ich drehte mich niemals um um nachzusehen, dazu war ich zu stolz.

Doch eines Nachts packte mich meine Neugier. Was war das, was mich jede Nacht verfolgte?
Ich konnte nicht anders, ich musste es wissen!
Also begann ich den größten Fehler meines Lebens und blieb einfach stehen. Ruckartig. Von 100 auf 0.
Alles begann sich zu drehen.
Mein Kopf wurde leerer und leerer.
Mein Atem schwerer und schwerer.
Die Dunkelheit, die immer nur wenige Meter hinter mir war, erreichte mich langsam.
Sie umarmte mich von hinten und ich spürte, wie die Farbe meiner Haut entwich.
Ich spürte meine Schwäche. Meine Angst. Meine Unsicherheit.
Was.. tue ich hier? Wieso halte ich an..?
Ich zwang mich weiter zu laufen, doch irgend etwas hielt mich fest.
Die Dunkelheit verschlang mich allmählich.
Verliere ich den Verstand?

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An einem Sommertag verschwand Meg Thomas nach einem langen Lauf tief im Wald. So viel auch gesucht wurde, ihre Leiche fand man nie..

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⏰ Last updated: Jan 19, 2021 ⏰

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