Kapitel 4

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»Meister Kall!«

Der Adee hob die Hand. »Ich hoffe, dich nicht erschreckt zu haben?«

Mäat schüttelte den Kopf, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Er hatte so viele Fragen an den Meister, die ihm schon seit seiner Abreise aus dem Dunkelforst auf der Seele brannten, doch nun, wo er in der Dunkelheit vor ihm stand, war er sprachlos.

»Canis hat dich gerochen und ich dachte mir, dass es sich gut trifft, mit dir hier in Ruhe zu sprechen. Die Dorfbewohner sind mir gegenüber nicht mehr so gut gestimmt und daher wollte ich es vermeiden, dich in deren Mitte aufzusuchen.«

Mäat nickte. Die Worte des Meisters machten auch für ihn Sinn und er konnte die Nähe des Zossken nun deutlich fühlen. Obwohl er ihn trotz Mondlicht nicht entdecken konnte, wusste er, dass er da war. »Auch ich wollte mit dir reden«, krächzte Mäat mehr, als er es sagte.

»Das dachte ich mir«, flüsterte der Alte und trat einen Schritt näher. Dabei beäugte er Mäat neugierig.

Der wiederum wusste nicht recht, wie er nun anfangen sollte und schwieg deshalb.

»Du kennst mich als den alten Lernmeister und auch ich kenne dich nur als den Bengel, der mir so einige Streiche gespielt hat«, Mäats Kopf wurde bei den Worten Kalls heiß, », doch wir beide sind nicht mehr das, was wir einmal waren.«

Der junge Adee nickte schnell.

Er war mehr als dankbar, dass ihm der Meister seine Flausen nicht mehr sonderlich übel zu nehmen schien. Der Alte erinnerte ihn auch kaum mehr an den Griesgram aus früherer Zeit. Nein. Der Adee, der nun vor ihm stand, glich mehr dem Korro, den Mäat aus dem Erzählungen aus dem Dunkelforst kannte.

» Ich möchte dir erklären, wie ich zu dem Zosskenreiter geworden bin."

Mäat nickte.

„Wie du von Borrb höchstwahrscheinlich bereits weist, bin ich mit ihm zusammen aufgewachsen. Er, Thurs Schwester Thilf, ich und unsere Hörnchen waren eine unzertrennliche Gruppe. Durch Thilfs Tod wurden wir auseinander gerissen. Sie war plötzlich weg, Borrb im Zellenschlupf und ich mit meinem Hörnchen alleine. Ich habe nie wieder solche Freunde gefunden und mich in Tamieheid zurückgezogen. Die Lernmeisterei habe ich als brillanter Schüler abgeschlossen und meine Ausbildung zum Meister absolviert, aber ich war einsam.« Kall atmete tief durch. Dann ging er einig Schritte und ließ sich auf einem Baumstamm nieder. Dabei schien es ihm nichts auszumachen, dass das verkohlte Holz seinen Umhang beschmutzte. Er bedeutete Mäat, sich neben ihn zu setzen, welcher der Aufforderung zögernd nachkam. »Als dann auch noch mein treues Reittier starb, hielt mich nichts mehr im Eichenwald. Ich wollte die Welt rund um mein Gefängnis kennenlernen und machte mich auf den Weg. Die anderen Adeen hielten mich für verrückt, auch Borrb, und wenn ich ehrlich bin, war es das auch. Doch dann traf ich Canis und ich wurde ein Zosskenreiter.«

Mäat wollte gerade nachfragen, wie es zu dem Zusammenschluss zwischen den beiden gekommen war, doch der Alte sprach bereits weiter.

»Er war schnell und unglaublich stark und ermöglichte es mir noch weiter in die mir unbekannten Gebiete von Tleweid, wie ich das Gebiet rund um uns nenne, vorzudringen. Auf die ersten, die ich stieß, waren die Dehenreiter im Dunkelforst.« Kall deutete nach Westen.

»Die ersten?«, stieß Mäat entsetzt aus, doch Kall lächelte und hob beschwichtigend die Hand.

»Ja, die ersten. Ich freundete mich mit dem jungen Polon an und schaffte es, mich als verloren geglaubtes Mitglied seiner Gemeinschaft einzuschleusen. Eigentlich hätten die Dorfbewohner skeptisch sein sollen, doch sie konnten mich gut leiden und schienen irgendwann sogar vergessen zu haben, dass ich keiner von ihnen war. Natürlich alle außer Snahgnal.« Der Meister grinste in sich hinein. »Aber es trieb mich weiter in die Welt hinaus.«

Waldwesen - KiefernfrostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt