Schließlich entschied ich mich für das Buch, dass meine Mutter mir mal empfohlen hatte. Ein ganzes halbes Jahr. Den Film hatte ich bereits gesehen und er war zum Heulen gewesen.

Eigentlich stand ich eher auf Krimis und Thriller, aber diesmal zog es mich einfach zu den Liebesromanen. Naja so selten wie ich las.

Ich ließ mich auf eines der vielen grünen Sofas nieder und schlug das Buch auf. Es gab keine Lesezeichen, also schnitt ich mit ein Stück Papier aus meinem Block aus.

Das Buch fesselte mich sofort und ich vergaß alles um mich herum komplett. Es gab nur noch die Welt der Geschichte und die Beschreibung der Hauptperson, die sich um den heißen gelähmten Mann kümmerte.

"Da bist du.", sagte Alec außer Atem und ich erschrak so, dass ich kurz aufschrie.
Von irgendwo zischte jemand Shhhht!

"Die Pause ist fast zu Ende."

"Was?", sagte ich und hörte erneut ein Shhht! hinter den Regalen.
Unwillkürlich erhob ich mich und schlug das Buch zu.

"Jetzt komm, wir sind schon fast zu spät für Physik.", hetzte Alec leicht genervt. Er war wütend, weil ich ihn ständig sitzen ließ.

Wir beeilten uns, aber als wir die Tür erreichten, räusperte sich die Bibliothekarin ziemlich laut.

"Oh!", machte ich und sprintete zu ihr, um mir das Buch auszuleihen und dann mit Alec zu Physik zu rennen.

Wir kamen außer Atem noch kurz vor dem Lehrer an und ließen uns lachend auf unsere Plätze fallen.

"Tut mir leid.", sagte ich, als unsere Lungen sich erholt hatten.

"Was hast du denn in der Bücherei verloren?", fragte er grinsend. Ich mochte ihn so sehr dafür, dass er einem nie wirklich böse war und immer sehr gelassen reagierte.

"Ich habe gelesen.", sagte ich stolz.

"Du?", fragte er vielleicht ein bisschen spöttisch lächelnd.

"Ja ich.", erwiderte ich. "Ist das so schwer zu glauben?"

"Ein wenig.", antwortete er nur, aber da kam schon der Lehrer und begann uns zu quälen. Ich hasste Naturwissenschaften genauso sehr wie Sprachen. Schule mochte ich allgemein überhaupt nicht. Das Einzige, worauf ich mich immer gefreut hatte, war damals in der Mittelstufe, als wir Sexualkunde durchgenommen hatten. Irgendwie war ich immer etwas Besonderes gewesen, hatte Alec mal gesagt.

Mathe danach war mindestens genauso grausam und ich atmete erleichtert auf, als er klingelte und ich endlich nach Hause konnte.

Aber als ich gerade das Schulgelände verließ, sah ich etwas im Augenwinkel. Ich betete, dass es nicht das war, war ich befürchtete, aber leider wurde ich enttäuscht, als ich Jesse braune Haare sah.

Ich erkannte sie sofort von hinten und auch, dass sie mit niemand geringerem als Caine rummachte. Klar waren Amber und er sich nicht wirklich treu, aber dass ausgerechnet meine beste Freundin sich auf das Niveau einer Affäre herabließ, enttäuschte mich unglaublich.

Kopfschüttelnd drehte ich mich um und ging in die andere Richtung nach Hause. Unfassbar wie man so sein konnte. Sie regte immer über Ambers Verhalten auf, aber selbst war sie ein Stück besser.

Als sie mich anrief, wahrscheinlich um mir alles zu erzählen und zu erwarten, dass ich es gut fand, ließ ich es einfach klingeln und antwortete nicht auf die Nachrichten.
Brooke! Du glaubst nicht, was passiert ist.

Doch glaube ich, ich musste es leider mitansehen!

Genervt schaltete ich mein Handy auf lautlos und begann irgendwelche Hausaufgaben zu machen. Hauptsache keinen Kontakt zur Außenwelt.

Wahrscheinlich rief Alec auch gerade an, jedoch hatte ich im Moment wirklich keine Lust - auf niemanden!

*
Am nächsten Tag in der Schule blieb das Thema einfach in der Luft hängen und nicht mal Jesse wollte es mir noch erzählen. Keiner von uns sprach darüber. Die ganze Woche nicht.

Auch Jace beachtete mich gar nicht mehr. Er hielt sein Versprechen. Leider! Ich sah sogar hin und wieder, wie er sich in die Bibliothek stahl, um sich wahrscheinlich mit Ellison zu treffen, aber es hatte mich ohnehin nicht mehr zu interessieren.

Als dann auch noch Alec am Samstag sturmfrei hatte und mich zu sich einlud, war die Woche gelaufen.

Verdammt! Ich weiß, was das bedeutet!

Mein erstes Mal und ich wusste nicht, ob ich dafür bereit war. Aber wen gab es besseres, als die Person, die ich seit dem Kindergarten kannte und der ich mehr als jedem anderen vertraute?

Da ich mit niemandem darüber zu sprechen wagte, weil es sich so anfühlte, als wären Jesse und ich uns Welten entfernt, baute sich in mir Druck auf.

Ich versuchte mich selbst zu beruhigen, indem ich meditierte und mir Mut zusprach.

Du schaffst das? Was soll schon schief gehen?

Trotzdem war ich nicht sonderlich gelassen, als ich samstags vor Alec's Haustür stand und mit nervösem Kribbeln im Bauch wartete, dass er mir die Tür öffnete.

Als ich eintrat, grinste er breit und gab mir einen schnellen Kuss. Es war hier dunkel, dafür, dass draußen noch recht hell war.

Nur spärliche Lampen erleuchteten sein Zimmer als wir dort ankamen und der Fernseher war eingeschaltet.

"Sollen wir was schauen?", fragte er noch immer lächelnd und ich versuchte mich auf seine Worte und nicht auf seine nackte Brust zu konzentrieren.

"Klar.", antwortete ich, jedoch ohne ihm in die Augen zu sehen.

Wir suchten irgendeinen komischen Komödie-Romantik-Film raus, was mich wenig interessierte, denn als er sein Gesicht zu mir drehte, waren wir uns plötzlich noch näher.

Meine Lippen öffneten sich leicht und er begann mich zu küssen. Sehr intensiv und innig. Ich schwang mich auf seinen Schoß und fuhr mit den Händen durch seine Haare.

Seine Finger glitten unter mein Shirt und er zog es mir langsam über den Kopf. Als er kurz inne hielt und mich fragend ansah, nickte ich zögernd.

Dark RaceWhere stories live. Discover now