17 | Chancen und Niederlagen

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»Was wollte ich?« Skeptisch fuhr Tommy sich über seinen kahlen Hinterkopf.

»Du weißt ganz genau, wovon ich rede.« Mit zusammengekniffenen Augenbrauen musterte ich ihn. »Schau mal, ich bin kein vollkommenes Arschloch. Meine Mutter wird nichts davon erfahren, wenn du einfach abhaust. Dann kommst du unbeschadet aus der Sache.«

»Glaubst du echt, du kannst mich so zum Gehen zwingen?« Tommy verschränkte seine Arme vor der Brust.

»Ansonsten erfährt's halt meine Mutter. Meinste, sie hat Bock auf'n Kerl, der ihre verfickte Tochter anpackt? Das ist ekelhaft, Mann.« Grob stieß ich ihn zurück.

In diesem Moment tauchte die Alte im Türrahmen auf. »Was ist denn hier los?«

»Ich glaube, dein Sohn braucht echt Hilfe ... Er denkt sich jetzt schon Geschichten aus, um mich loszuwerden.« Mit leicht zusammengekniffenen Augen schüttelte er mit dem Kopf. Ich biss die Zähne aufeinander. Ich hätte diesen Bastard einfach zusammenschlagen sollen: Direkt, ohne zu reden, und so hart, dass er aus Schiss nicht mehr hier auftauchen würde. Verdient hätte er es.

»Er erzählt, ich hätte seine Schwester angefasst. Auch wenn ich keine Ahnung hab, wann – oder warum – ich das hätte tun sollen«, fuhr Tommy fort. Er war so eine verdammte Pussy, die nichts konnte als rumzuheulen. Eine verkackte Memme.

»Ernsthaft?« Meine Mutter sah richtig enttäuscht aus, als ihr Blick auf mir ruhen blieb. Kopfschüttelnd strich sie sich die fettigen Strähnen ihrer rotgefärbten Haare aus der Stirn.

Verdammt. Ich hatte es erwartet. Mir war immer klar gewesen, dass sie sich auf seine Seite schlagen würde und doch traf es mich mehr, als es sollte.

»Denkst du echt, dass ich mir das nur ausgedacht habe?« Fassungslos sah ich sie an.

Warum hatte ich mit dem Thema nicht gewartet, bis Lexie auch dabei war? Das hätte viel mehr Wirkung gehabt. Jetzt aber hing sie mit ihren Freunden rum und ich war alleine mit diesen gestörten Idioten.

»Du mochtest Tommy doch von Anfang an nicht.« Diese verschissene Heuchlerin bemühte sich um eine einfühlsame Stimme, doch das linderte nichts an der Wut, die in mir aufwallte. »Hattest einen regelrechten Hass auf ihn und wolltest nicht, dass er hier ist. Und ich weiß doch, wie du bist, es muss immer alles nach deinem Kopf laufen. So 'ne Aktion sieht dir ähnlich.«

»Verdammt, warum glaubst du diesem Wichser mehr als mir? Was ist eigentlich nicht richtig bei dir?«, fuhr ich meine Mutter an und machte einen Schritt auf sie zu, doch wurde bestimmt von Tommy zurückgeschoben. Lächerlich.

Sie sah mich mit nachsichtigem Blick an. »Ich weiß doch, dass das alles gerade schwer für dich ist. Aber das rechtfertigt dein Verhalten nicht, Jonathan.«

Wütend starrte ich sie an. »Es ist die scheiß Wahrheit!«

»Alexandra hätte mit mir darüber gesprochen, wenn das wahr wär'.«

»Sie vertraut dir aber nicht, dass ist dir schon klar, oder? Weil du verdammt nochmal nie da warst. Für uns jedenfalls nicht. Um deinen scheiß Kerl kannst du dich ja kümmern. Dass er Lexie ficken will, ist dann auch egal«, fuhr ich sie zornig an.

Verdammt. Das war mehr an Gefühlen, als ich je hatte aussprechen wollen.

»Fickt euch alle, ganz ehrlich.« Eilig schlüpfte ich in meine Sneaker und fluchte, als mein rechter Fuß erst beim zweiten Versuch in den Schuh rutschte. Ohne einem von ihnen noch einen Blick zuzuwerfen, verließ ich die Wohnung und knallte die Tür so fest wie möglich zu.

Ich rannte los. Weil es sich auf einmal richtig anfühlte.

Die Treppen runter, raus aus unserem Plattenbau, mit dem 44er durch die Stadt.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now